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Baudouin (Belgien) – Wikipedia

König Baudouin (Foto, 1960)
Büste von König Baudouin vor der Brüsseler Kathedrale

Baudouin – gebürtig französisch Baudouin Albert Charles Léopold Axel Marie Gustave, niederländisch Boudewijn Albert Karel Leopold Axel Marie Gustaaf, deutsch Balduin Albert Karl Leopold Axel Marie Gustav – (* 7. September 1930 auf Schloss Stuyvenberg, Laeken; † 31. Juli 1993 in Motril, Spanien) aus dem Haus Sachsen-Coburg und Gotha war von 1951 bis 1993 König der Belgier.

Nach der Abdankung seines Vaters Leopold III. folgte ihm Baudouin am 16. Juli 1951 als belgischer König nach.[1]

Die königliche Familie wurde nach der Landung der Alliierten in der Normandie 1944 von den Deutschen zunächst ins sächsische Hirschstein und im März 1945 nach Strobl in Österreich verschleppt.[2] Am 7. Mai 1945 erfolgte die Befreiung durch US-amerikanische Truppen. Ein Großteil der Belgier hielt König Leopold III. vor, im Krieg gegen die Deutschen zu früh kapituliert zu haben. Er konnte deshalb zunächst nicht nach Belgien zurückkehren. Mit der Begründung, dass sich sein Bruder in „der Unmöglichkeit zu regieren“ befinde, hatten die Vereinigten Kammern dem Bruder des Königs, Prinz Karl von Belgien, bereits am 20. September 1944 die Regentschaft übertragen.[3]

Da man keine politische Lösung der Kontroverse um den König fand, gab es eine Volksabstimmung für oder gegen die Rückkehr des Königs, wobei 58 % der Wählerschaft zu Gunsten des Königs stimmten, mit starken regionalen Unterschieden. Am 22. Juli 1950 kehrte der König nach Brüssel zurück. Doch nach schweren Unruhen, vor allem von wallonischen Arbeitern, dankte Leopold III. ab und schlug vor, seine königlichen Befugnisse seinem Sohn Prinz Baudouin zu übertragen. So legte dieser am 17. Juli 1951 seinen Eid auf die Verfassung ab und wurde der fünfte König der Belgier.

König Baudouin und Königin Fabiola (1969)

Im Sommer 1960 besuchte Baudouin Léopoldville, die Hauptstadt des Kongo. Am 29. Juni, einen Tag vor der Unabhängigkeit des Kongo von Belgien, machte der deutsche Fotograf Robert Lebeck das berühmt gewordene Foto vom Degendieb von Léopoldville, das später zu einem Symbol für das Ende des Kolonialismus in Afrika wurde.

Anlässlich seines 25-jährigen Thronjubiläums 1976 wurde die König-Baudouin-Stiftung ins Leben gerufen, die sich die Verbesserung der Lebensbedingungen der belgischen Bevölkerung zum Ziel gesetzt hat.

Baudoin und Fabiola waren streng katholisch.[4] Weil er das mit seinem Gewissen nicht vereinbaren konnte, weigerte sich Baudouin 1990, ein Gesetz zu unterzeichnen, das eine Fristenregelung für Schwangerschaftsabbruch vorsah. Die Regierung erklärte Baudouin deshalb auf dessen eigenen Wunsch hin am 4. April 1990 für regierungsunfähig. Für diesen Fall sieht die Verfassung vor, dass die gesamte Regierung die Funktion des Staatsoberhauptes übernimmt. Nachdem alle Regierungsmitglieder das Gesetz unterzeichnet hatten, erklärte die Regierung am nächsten Tag, dem 5. April 1990, Baudouin wieder für regierungsfähig.[5]

Grabstätte König Baudouins in der Liebfrauenkirche (Laeken)

Baudouin regierte 42 Jahre bis zu seinem Tod am 31. Juli 1993, als er in der Villa Astrida in Motril in Südspanien an Herzversagen starb. Die Trauer um den Tod des „einzigen Belgiers“ wurde in der Bevölkerung über alle Sprachgrenzen hinweg tief empfunden. Baudouin wurde in der königlichen Gruft in der Liebfrauenkirche zu Laeken, Belgien, beigesetzt. Da er keine Kinder hatte, wurde Baudoins Bruder Albert sein Nachfolger.

König Baudouin heiratete am 15. Dezember 1960 die spanische Adelige Fabiola Mora y Aragón (* 11. Juni 1928 in Madrid; † 5. Dezember 2014 in Brüssel), eine ehemalige Krankenschwester und Kinderbuchautorin. Die Ehe blieb kinderlos, da alle Schwangerschaften der Königin mit Totgeburten endeten.

Eine im Jahre 2002 einberufene Kommission des belgischen Parlaments untersuchte die Ereignisse um die Ermordung des ersten kongolesischen Ministerpräsidenten Patrice Lumumba einschließlich der Rolle von König Baudouin.[6]

Papst Franziskus verehrt König Baudouin. Bei seiner Reise nach Belgien im September 2024 wich er vom Protokoll ab, um am 28. September die Königliche Krypta zu besuchen und am Grab Baudouins und Fabiolas zu beten.[7] Während einer Messe am folgenden Tag kündigte er an, dass er das Verfahren zur Seligsprechung des verstorbenen Königs einleiten werde.[8]

Ahnentafel Baudouin, König der Belgier von 1951 bis 1993
Ururgroßeltern

Belgische Königskrone
Leopold I., König der Belgier
(1790–1865)
⚭ 1832
Prinzessin
Louise d’Orléans
(1812–1850)

Fürst
Karl Anton (Hohenzollern)
(1811–1885)
⚭ 1834
Prinzessin
Josephine von Baden
(1813–1900)

Herzog
Max Joseph in Bayern
(1808–1888)
⚭ 1828
Prinzessin
Ludovika Wilhelmine von Bayern
(1808–1892)

König
Michael I. (Portugal)
(1802–1866)
⚭ 1851
Prinzessin
Adelheid von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg
(1831–1909)

König
Oskar I. (Schweden)
(1799–1859)
⚭ 1823
Prinzessin
Josephine de Beauharnais von Leuchtenberg
(1807–1876)

Herzog
Wilhelm I. (Nassau)
(1792–1839)
⚭ 1829
Prinzessin
Pauline von Württemberg
(1810–1856)

König
Christian IX. (Dänemark)
(1818–1906)
⚭ 1842
Prinzessin
Luise Wilhelmine von Hessen
(1817–1898)

König
Karl XV. (Schweden)
(1826–1872)
⚭ 1850
Prinzessin
Luise von Oranien-Nassau
(1828–1871)

Urgroßeltern

Prinz
Philippe, Graf von Flandern (1837–1905)
⚭ 1867
Prinzessin
Maria Luise von Hohenzollern-Sigmaringen (1845–1912)

Herzog
Carl Theodor in Bayern (1839–1909)
⚭ 1874
Prinzessin
Maria Josepha von Portugal (1857–1943)

König
Oskar II. (Schweden) (1829–1907)
⚭ 1857
Prinzessin
Sophia von Nassau (1836–1913)

König
Friedrich VIII. (Dänemark) (1843–1912)
⚭ 1869
Prinzessin
Louise von Schweden (1851–1926)

Großeltern

Belgische Königskrone
Albert I., König der Belgier (1875–1934)
⚭ 1900
Elisabeth, Herzogin in Bayern (1876–1965)

Prinz Carl von Schweden, Herzog von Västergötland (1861–1951)
⚭ 1897
Prinzessin Ingeborg Charlotte von Dänemark (1878–1958)

Eltern

Belgische Königskrone
Leopold III., König der Belgier (1901–1983)
⚭ 1926
Prinzessin Astrid von Schweden (1905–1935)

Belgische Königskrone
König Baudouin (1930–1993)

  • Baudouin I. in: Internationales Biographisches Archiv 43/1993 vom 18. Oktober 1993, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  • José-Alain Fralon: Baudouin. L’homme qui ne voulait pas être roi. Fayard, Paris 2001, ISBN 2-213-60578-5.
  • Christian Koninckx (Hrsg.): Le roi Baudouin. Une vie, une époque. Racine, Bruxelles 1998, ISBN 2-87386-138-X.
  1. Jiri Louda, Michael MacLagan: Les Dynasties d’Europe. Bordas, 1995, ISBN 2-04-027115-5, Tafel 82.
  2. König Baudouin, Monarchie.be, abgerufen am 10. Februar 2025.
  3. Prinzregent Charles, Monarchie.be, abgerufen am 10. Februar 2025.
  4. Baudouin I.: König mit Mission. Belgien gedenkt Baudouin I. – Er verstand sich vor allem als Katholik., in: Die Tagespost, 27. August 2023
  5. Gerard Cremer: 25 Jahre Abtreibungsgesetz in Belgien: Für Erzbischof Léonard „ein Drama“. In: Ostbelgien Direkt, 5. April 2015, abgerufen am 10. Februar 2025.
  6. Annelies Verdoolaege, Paul Kerstens: The South African Truth and Reconciliation Commission and the Belgian Lumumba Commission: A Comparison. In: Africa Today, ISSN 0001-9887, Jg. 50 (2004), Nr. 3, S. 75–91, hier S. 83.
  7. Jean Lannoy: Le pape a prié sur la tombe du roi Baudouin et salué son courage face à l’avortement, Radio chrétienne francophone (RCF), 28. September 2024, abgerufen am 10. Februar 2025.
  8. Ann Willems, Sandra Cardoen: Paus Franciscus start procedure op tot zaligverklaring van wijlen koning Boudewijn: “Moedige man die weigerde moorddadige wet te ondertekenen”. In: VRT. 29. September 2024, abgerufen am 1. Oktober 2024 (niederländisch).
VorgängerAmtNachfolger
Leopold III.König der Belgier
1951–1993
Albert II.
LeopoldHerzog von Brabant
1934–1951
vakant, ab 1993 Philippe
Personendaten
NAME Baudouin
ALTERNATIVNAMEN Boudewijn I. (niederländisch); Balduin I. (deutsch); Baudouin Albert Charles Léopold Axel Marie Gustave (vollständiger Name, französisch); Boudewijn Albert Karel Leopold Axel Marie Gustaaf (vollständiger Name, niederländisch)
KURZBESCHREIBUNG belgischer Adeliger; König von Belgien (1951–1993)
GEBURTSDATUM 7. September 1930
GEBURTSORT Schloss Stuyvenberg, Laken, Belgien
STERBEDATUM 31. Juli 1993
STERBEORT Schloss Motril, Granada, Spanien