Kurvenintegral – Wikipedia
Das Kurven-, Linien-, Weg- oder Konturintegral erweitert den gewöhnlichen Integralbegriff für die Integration in der komplexen Ebene (Funktionentheorie) oder im mehrdimensionalen Raum (Vektoranalysis).
Den Weg, die Linie oder die Kurve, über die integriert wird, nennt man den Integrationsweg.
Wegintegrale über geschlossene Kurven werden auch als Ringintegral, Umlaufintegral[1] oder Zirkulation bezeichnet und mit dem Symbol geschrieben.
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Das Wegintegral einer stetigen Funktion
entlang eines stückweise stetig differenzierbaren Weges
ist definiert als
Dabei bezeichnet die Ableitung von
nach
und
die euklidische Norm des Vektors
.
Die Bildmenge ist eine stückweise glatte Kurve in
.
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Das Wegintegral über ein stetiges Vektorfeld
mit einer ebenfalls so parametrisierten Kurve ist definiert als das Integral über das Skalarprodukt aus und
:
Sind und
einfache (d. h.,
und
sind injektiv) Wege mit
und
und demselben Bild, parametrisieren sie also dieselbe Kurve in derselben Richtung und durchlaufen sie die Kurve (bis auf Doppelpunkte) genau einmal, so stimmen die Integrale entlang
und
überein. Dies rechtfertigt den Namen Kurvenintegral; ist die Integrationsrichtung aus dem Kontext ersichtlich oder irrelevant, kann der Weg in der Notation unterdrückt werden.
Da eine Kurve das Bild eines Weges
ist, entsprechen die Definitionen der Kurvenintegrale im Wesentlichen den Wegintegralen.
Kurvenintegral 1. Art:
Kurvenintegral 2. Art:
Ein Spezialfall ist wieder die Länge der durch parametrisierten Kurve
:
Der in den Kurvenintegralen erster Art auftretende Ausdruck
heißt skalares Wegelement oder Längenelement. Der in den Kurvenintegralen zweiter Art auftretende Ausdruck
heißt vektorielles Wegelement.
Seien ,
Kurvenintegrale gleicher Art (also entweder beide erster oder beide zweiter Art), sei das Urbild der beiden Funktionen
und
von gleicher Dimension und sei
. Dann gelten für
,
und
die folgenden Rechenregeln:
(Linearität)
(Zerlegungsadditivität)
Ist ein geschlossener Weg, so schreibt man
- statt
auch
und analog für geschlossene Kurven
- statt
auch
.
Mit dem Kreis im Integral möchte man deutlich machen, dass geschlossen ist. Der einzige Unterschied liegt hierbei in der Notation.
- parametrisiert. Wegen
- ist die Länge der Kurve gleich
.
- Dabei bezeichnet
die numerische Exzentrizität
der Ellipse. Das Integral auf der rechten Seite wird aufgrund dieses Zusammenhanges als elliptisches Integral bezeichnet.
Ist ein Vektorfeld ein Gradientenfeld, d. h.,
ist der Gradient eines skalaren Feldes
, mit
,
so gilt für die Ableitung der Verkettung von und
,
was gerade dem Integranden des Wegintegrals über auf
entspricht. Daraus folgt für eine gegebene Kurve
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Dies bedeutet, dass das Integral von über
ausschließlich von den Punkten
und
abhängt und der Weg dazwischen irrelevant für das Ergebnis ist. Aus diesem Grund wird das Integral eines Gradientenfeldes als „wegunabhängig“ bezeichnet.
Insbesondere gilt für das Ringintegral über die geschlossene Kurve mit zwei beliebigen Wegen
und
:
Dies ist insbesondere in der Physik von großer Bedeutung, da beispielsweise die Gravitation diese Eigenschaften besitzt. Da die Energie in diesen Kraftfeldern stets eine Erhaltungsgröße ist, werden sie in der Physik als konservative Kraftfelder bezeichnet. Das skalare Feld ist dabei das Potential oder die potentielle Energie. Konservative Kraftfelder erhalten die mechanische Energie, d. i. die Summe aus kinetischer Energie und potentieller Energie. Gemäß dem obigen Integral wird auf einer geschlossenen Kurve insgesamt eine Arbeit von 0 J aufgebracht.
Wegunabhängigkeit lässt sich auch mit Hilfe der Integrabilitätsbedingung zeigen.
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Ist das Vektorfeld nur in einer (kleinen) Umgebung eines Punktes nicht als Gradientenfeld darstellbar, so ist das geschlossene Wegintegral von Kurven außerhalb von
proportional zur Windungszahl um diesen Punkt und ansonsten unabhängig vom genauen Verlauf der Kurve (siehe Algebraische Topologie: Methodik).
Ist eine komplexwertige Funktion, dann nennt man
integrierbar, wenn
und
integrierbar sind. Man definiert
.
Das Integral ist damit -linear. Ist
im Intervall
stetig und
eine Stammfunktion von
, so gilt wie im Reellen
.
Der Integralbegriff wird nun auf die komplexe Ebene wie folgt erweitert: Ist eine komplexwertige Funktion auf einem Gebiet
, und ist
ein stückweise stetig differenzierbarer Weg in
, so ist das Wegintegral von
entlang des Weges
definiert als
Der Malpunkt bezeichnet hier komplexe Multiplikation.
Die zentrale Aussage über Wegintegrale komplexer Funktionen ist der Cauchysche Integralsatz: Für eine holomorphe Funktion hängt das Wegintegral nur von der Homotopieklasse von
ab. Ist
einfach zusammenhängend, so hängt das Integral also überhaupt nicht von
, sondern nur von Anfangs- und Endpunkt ab.
Analog zum reellen Fall definiert man die Länge des Weges durch
.
Für theoretische Zwecke ist folgende Ungleichung, die Standardabschätzung, von besonderem Interesse:
, wenn
für alle
gilt.
Wie im reellen Fall ist das Wegintegral unabhängig von der Parametrisierung des Weges , d. h., es ist nicht zwingend notwendig,
als Parameterbereich zu wählen, wie sich durch Substitution zeigen lässt. Dies erlaubt die Definition komplexer Kurvenintegrale, indem man den obigen Formeln den Weg
durch eine Kurve
in
ersetzt.
- Harro Heuser: Lehrbuch der Analysis – Teil 2. 1981, 5. Auflage, Teubner 1990, ISBN 3-519-42222-0. S. 369, Satz 180.1; S. 391, Satz 184.1; S. 393, Satz 185.1.
- ↑ Klaus Knothe, Heribert Wessels: Finite Elemente. Eine Einführung für Ingenieure. 3. Auflage. 1999, ISBN 3-540-64491-1, S. 524.