Quasiordnung – Wikipedia
Eine Quasiordnung, auch Präordnung, (englisch preorder) ist eine abgeschwächte Variante einer Halbordnung, bei der es möglich ist, dass verschiedene Elemente in beiden Richtungen vergleichbar sind. Die Antisymmetrie muss also nicht erfüllt sein. Jede beliebige zweistellige Relation kann zu einer Quasiordnung erweitert werden, indem man ihre reflexiv-transitive Hülle bildet. Insbesondere die totalen Quasiordnungen treten in praktischen Anwendungen beim Anordnen von Objekten in Sortierverfahren, Tabellenkalkulationsprogrammen oder Datenbanken auf.

Eine zweistellige Relation auf einer Menge
heißt eine Quasiordnung (englisch preorder), wenn sie reflexiv und transitiv ist. Für alle
muss also gelten
Man nennt dann eine quasigeordnete Menge oder kurz eine Quasiordnung.
Eine Quasiordnung heißt total, auch Präferenzordnung (englisch total preorder), wenn je zwei Elemente immer vergleichbar sind. Für alle muss also gelten:
(Totalität)
Man nennt dann eine total quasigeordnete Menge oder kurz eine totale Quasiordnung.
Die Reflexivität wird nicht mehr für alle Elemente verlangt, sondern nur noch für solche, die irgendwo in der Relation vorkommen.
Eine zweistellige Relation auf einer Menge
heißt partielle Quasiordnung (englisch partial preorder), wenn sie reflexiv und transitiv ist, wo sie definiert ist. Für alle
muss also gelten
Man nennt dann eine partiell quasigeordnete Menge oder kurz eine partielle Quasiordnung.
- Bei den totalen unter den Quasiordnungen kommt das vierte Ergebnis nicht vor – es bleiben maximal drei Möglichkeiten, und man spricht von einer Trichotomie der Ordnung.
- Der wechselseitige Einschluss
ist bei einer partiellen Quasiordnung eine partielle Äquivalenzrelation, also symmetrisch und transitiv.
- Vergleicht man komplexe Zahlen anhand ihres Betrags, erhält man eine totale Quasiordnung. Deren Definition lautet also:
. Dies ist keine Halbordnung, da zum Beispiel die Zahlen
und
gegenseitig vergleichbar sind, also
und
gilt.
- Auf der Knotenmenge eines gerichteten Graphen erhält man eine Quasiordnung durch die Festlegung
es gibt einen gerichteten Weg von
nach
(
ist also von
aus erreichbar).
Diese Quasiordnung ist genau dann eine Halbordnung, wenn der Graph zyklenfrei (azyklisch) ist, also keine oder nur triviale Zyklen enthält.
Tatsächlich lässt sich jede endliche Quasiordnung auf diese Weise aus einem geeigneten Graphen gewinnen. - Die Teilbarkeitsrelation | ist eine Quasiordnung auf der Menge der ganzen Zahlen. Sie ist keine Halbordnung, da zum Beispiel 3 | −3, aber auch −3 | 3 gilt. Betrachtet man die Teilbarkeit auf der Menge der natürlichen Zahlen, kommt die Antisymmetrie hinzu, so dass eine Halbordnung vorliegt.
- Ist das Vergleichen von (reellen oder rationalen) Zahlen mit einer Schwankungsbreite (Messabweichung, Ungenauigkeit) behaftet, dann handelt es sich nicht um eine Quasiordnung, da die zugehörige Duplikatrelation (siehe unten) keine Äquivalenzrelation ist.
- Dagegen ist das Vergleichen nach Abschneiden von Dezimal- oder Binärstellen, oder allgemeiner nach Rundung, eine totale Quasiordnung.
- Die Normen für die alphabetische Sortierung im Deutschen sind bei der Groß-/Kleinschreibung und der Behandlung von Umlauten Beispiele für totale Quasiordnungen, die keine Totalordnungen sind.
- Die auf Computern üblichen IEEE-Gleitkommazahlen sind mit der Ordnung
<=
eine partielle Quasiordnung. Sie ist nicht voll reflexiv, weil für NaN-Werte jeder Vergleich falsch ist. Daher ist auch==
auch nur eine partielle Äquivalenzrelation. Sie ist auch keine Halbordnung, weil+0.0 == −0.0
, also+0.0 <= −0.0
und+0.0 >= −0.0
gilt, die beiden aber nicht identisch sind: Die Berechnung1.0/(+0.0)
ergibt positive Unendlichkeit und1.0/(−0.0)
die negative; die natürlich verschieden sind.
Eine Quasiordnung auf einer Menge
erzeugt eine Äquivalenzrelation – die „kanonische“, das heißt die zu
gehörige, ausgezeichnete Äquivalenzrelation –
auf
durch die Festlegung
.
Zwei Elemente sind also äquivalent, wenn sie gegenseitig vergleichbar sind. Diese Äquivalenzrelation sei der Kürze halber als Duplikatrelation der Quasiordnung bezeichnet. Ist bereits eine Äquivalenzrelation, entsteht durch diese Konstruktion wieder
.
Da quasigeordnete Mengen Kategorien sind, werden Elemente, die bezüglich dieser Äquivalenzrelation in Beziehung stehen, auch isomorph genannt.[1]
Die Nebenklasse von ist die Menge
.
Weiterhin erhält man die kanonische Striktordnung auf
vermöge
.
Ist total, dann ist
eine strenge schwache Ordnung. Generell ist das Komplement einer totalen Quasiordnung eine strenge schwache Ordnung, und umgekehrt.
Zwischen der Ursprungsrelation und den 2 induzierten Relationen besteht der folgende Zusammenhang:
,
wobei die zwei Bedingungen auf der rechten Seite sich gegenseitig ausschließen.
Beispiele:
- Vergleicht man komplexe Zahlen anhand ihres Betrags (siehe oben), dann sind zwei Zahlen genau dann äquivalent, wenn ihr Betrag gleich ist. Die Äquivalenzklassen sind also die Kreise um den Nullpunkt in der komplexen Ebene. Eine Zahl ist „kleiner“ als eine zweite, wenn sie auf dem Kreis mit kleinerem Radius liegt (Radius 0 ist zugelassen).

- Die Teilbarkeitsrelation ist auch eine Quasiordnung auf jedem Integritätsring. Zwei Elemente sind genau dann äquivalent (im Sinne der Quasiordnung), wenn sie assoziiert sind, also durch Multiplikation mit einer Einheit auseinander hervorgehen.
Auf der Quotientenmenge oder Faktormenge (also der Menge der Äquivalenzklassen) erhält man die kanonische Halbordnung durch die wohldefinierte Festlegung
(wobei die Klasse von mit
bezeichnet ist).
Ist die gegebene Quasiordnung total, dann ist das Ergebnis eine Totalordnung.
Beispiele:
- Beim Vergleich komplexer Zahlen anhand ihres Betrags (siehe oben) ist die Halbordnung auf der Quotientenmenge isomorph zur gewöhnlichen (totalen) Ordnung
auf den nichtnegativen reellen Zahlen.
- Bei der Teilbarkeitsrelation auf den ganzen Zahlen (siehe oben) ist die Halbordnung auf der Quotientenmenge isomorph zur Teilbarkeitsrelation auf der Menge der natürlichen Zahlen (einschließlich 0).
Eine Quasiordnung kann gespiegelt werden:
(siehe auch Umkehrrelation).
Normalerweise nimmt man dann die Schreibweise:
.
Ist die gegebene Quasiordnung total, dann ist auch das Ergebnis total.
Ist sie eine Halbordnung, so auch das Ergebnis.
Die Spiegelung der Spiegelung ist das Original.
Auf zwei quasigeordneten Mengen und
kann die Zusammensetzung komponentenweise-kleiner-oder-gleich
auf der Menge
der Paare wie folgt definiert werden:
Die Zusammensetzung ist wieder eine Quasiordnung.
Asymmetrie bleibt erhalten. Totalität geht jedoch verloren, das heißt, bei zwei totalen Quasiordnungen bleibt nur eine Quasiordnung, bei zwei Totalordnungen nur eine Halbordnung übrig. (Beispiel: (1,0) ist nicht vergleichbar mit (0,1).)
Eine Art Kommutativität ist vorhanden, denn ist isomorph zu
.
Für zwei quasigeordnete Mengen und
wird die lexikographische Zusammensetzung
auf der Menge
der Paare wie folgt definiert:
Die Zusammensetzung ist wieder eine Quasiordnung.
Sind die gegebenen Quasiordnungen alle total (auf ihren jeweiligen Komponentenmengen), und nur dann, entsteht wieder eine totale Quasiordnung. Sind sie allesamt Halbordnungen, entsteht wieder eine Halbordnung; sind sie Totalordnungen, entsteht wieder eine Totalordnung.
Die folgenden Quasiordnungen für variabel lange Symbolsequenzen (Wörter) lassen sich nach dem lexikographischen Prinzip ableiten. Sei dazu quasigeordnet und seien
und
die Längen zweier Wörter
(Kleenesche Hülle von
)
und sei .
- Dann wird
durch
quasigeordnet, wobei für die Ordnung der gleich langen Wörterder Einfachheit halber wieder
für
und
für
geschrieben ist. M. a. .W.: Ist
der kleinste Index mit
dann gilt
Außerdem ist das leere Wort
als alle nicht-leeren Wörter.
Die so zusammengesetzte Ordnung nennt man wieder lexikographisch. Sie entspricht der Zusammensetzung
aus lauter gleichen Komponenten.
- Eine andere Zusammensetzung mit sehr ähnlichen ordnungstheoretischen Eigenschaften ist die quasi-lexikographische
[2]
mit analogem Zeichenfür die Ordnung gleich langer Wörter.
Die Zusammensetzungen verhalten sich assoziativ, das heißt
und
.
Bemerkungen:
- Bei den Tabellenkalkulationsprogrammen entspricht eine „Spalte“ einer Komponentenmenge
. Die in diesen Programmen häufig angebotene Sortierfunktion entspricht einer lexikographischen Zusammensetzung mit zu spezifizierender Rangfolge der Spalten, wobei es in der Regel zu jeder Spalte eine „Standard“-Ordnung gibt, die eine totale (fürs Sortieren erforderlich!) Quasiordnung ist. Es kann die „aufsteigende“ oder „absteigende“ Sortierreihenfolge gewählt werden.
- Wenn die einzelnen Spalten stabil sortiert werden, dann kann die Gesamtsortierung in Einzelsortierungen der umgekehrten Rangfolge zerlegt werden.
Sei eine nicht-leere Menge,
eine quasigeordnete Menge und
eine beliebige Abbildung. Dann kann vermöge
die Menge quasigeordnet werden.
Ist total quasigeordnet, so ist es auch
.
Ist eine Halbordnung, so ist
eine Halbordnung genau dann, wenn
injektiv ist.
Bemerkung:
- Seit 1991 gibt es für die digitale Codierung der Alphabete die internationale Norm des Unicode, die sich immer stärker durchzusetzen scheint. Über die Anordnung der Zeichen ist damit noch nicht allzu viel ausgesagt, da hier neben Sonderproblematiken wie den Umlauten zum Beispiel auch die Beachtung/Nichtbeachtung der Groß-/Kleinschreibung und Sonderzeichen die Abbildung zu einer nicht-injektiven machen kann.
Ist eine Quasiordnung und
eine beliebige nicht-leere Menge, so kann
wie folgt auf die Menge
erweitert werden:
.
Wie ist auch
eine Quasiordnung.
Ist total, so ist das Ergebnis wieder eine totale Quasiordnung.
Antisymmetrie geht im Allgemeinen verloren, das heißt, wenn die gegebene Quasiordnung eine Halbordnung (bzw. Totalordnung) ist, ist das Ergebnis nur dann wieder eine Halbordnung (bzw. Totalordnung), wenn
aus genau einem Element besteht. Besteht
aus mehreren Elementen, so ist das Ergebnis nur noch eine Quasiordnung (bzw. totale Quasiordnung).
ist die Quasiordnung
(mit der trivialen Ordnung
auf
). Man kann sich
als eine Vergleichsfunktion vorstellen, die auf ihren Schlüsselfeldern in
operiert. Die Ergebnisordnung kann also ohne Verlust an Genauigkeit wieder mit
bezeichnet werden.
Hat man auf einer Menge mehrere Quasiordnungen
, so kann man ähnlich wie oben die lexikographischen Zusammensetzungen
bilden gemäß
.
Sie bilden eine (nicht-kommutative) Halbgruppe mit dem (beidseitig) neutralen Element .
ist eine Verfeinerung von
. Das heißt auch, dass eine einer (auf ganz
totalen) Totalordnung nachgeschaltete Quasiordnung nichts mehr ändert.
Beispiel:
die Zahlen 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12 um zu 2, 3, 4, 6, 5, 8, 10, 12, 7, 9, 11 wegen 1, 2, 2, 2, 4, 4, 4, 4, 6, 6, 10 für die -Werte.
In naheliegender Weise wird von einer Quasiordnung die Einschränkung
auf eine Teilmenge
gebildet.
Bemerkung:
- Die Definitionsbereiche sind in der Regel konzeptionell unendliche Mengen. Insoweit können Aussagen über die Eigenschaften der Ordnungsrelationen (insbesondere über die Transitivität) nur aus mathematischen Überlegungen stammen. Die Belegungen in den Anwendungen der Informatik sind natürlich stets endlich.
Ähnlich wie bei den Zahlen lässt sich allgemeiner bei quasigeordneten Mengen ein Intervallbegriff einführen – in einer Notation, wie man sie von der Schule her kennt:
Die Duplikatsklasse von ist dann
.
Für uneigentliche Intervalle gibt es die Notationen:
- ↑ Roy L. Crole: Categories for Types. S. 3.
- ↑ im Englischen quasi-lexicographic, radix, length-plus-lexicographic oder shortlex order