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Seite 1.720, Arabien (Bodengestaltung, Klima, Pflanzen- und Tierwelt) | eLexikon

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Weltgegenden ihre Herrschaft ausgebreitet. Aber auch sie haben nirgends ihre Nationalität, Sprache [* 2] und Religion verlassen, sondern allenthalben dem Fremden und Ausländischen sich ebenso unzugänglich gezeigt wie ihre Wüstenheimat. Hier aber erhielten sich die alte Geteiltheit in kleine Gebiete und das patriarchalische Hirtenleben bis auf die Gegenwart.

[Bodengestaltung und Klima.]  

Zu seinem Grenzsaum hat Arabien im O., S. und W. ringsum ein flaches, schmales Küstenland; nur an einzelnen Punkten fallen die Gebirge unmittelbar ins Meer ab. Die höchste Erhebung der Halbinsel (über 2000 m), im S., Serat genannt, befindet sich an der Westseite, dem Roten Meer in seiner ganzen Ausdehnung [* 3] parallel, also von NNW. nach SSO. streichend. Gegen das Innere und den Osten senkt sich das Land mehr und mehr, und wahrscheinlich findet in der Sandwüste Roba el Chali zwischen 45 und 54° östl. L. v. Gr. eine bedeutende Depression [* 4] statt.

Dann erhebt sich das Terrain in Omân noch einmal zu mehr als 3000 m Höhe. Ebenso senkt sich das Land gegen N. und vorzüglich gegen die Euphrat-Tigrisniederung im NO., von der es durch die große nördliche oder Syrische Wüste geschieden wird. Die Landschaft Nedschd in der nördlichen Hälfte Arabiens ist dagegen ein Hochland, welches gleichfalls 2000 m Höhe oder mehr erreichen mag. An genauen Höhenmessungen, von Küstenpunkten abgesehen, fehlt es fast gänzlich.

Mineralien und Gestein

Bild 11.646a: Mineralien und Gesteine
* 5 Gesteine.

Der geologische Aufbau Arabiens ist von großer Einfachheit: eine Grundlage kristallinischer, granitischer Formationen, darüber Sandstein und auf letzterm Kalk. Diese Gesteine [* 5] wurden namentlich längs der Westküste von Basalten und Laven durchbrochen, und wahrscheinlich zieht sich von Palmyra bis Mekka, ja bis Perim und Aden [* 6] eine fortlaufende vulkanische Zone (sogen. Harras) hin. Am Persischen Meerbusen und in der Nähe des Euphrat tritt Basalt in Säulen [* 7] auf; Omân hat Flöz- und Urgebirge. In Jemen fand Seetzen vulkanischen Boden; bei Mokka, Aden u. a. O. kommen Pechsteine, Laven und Porzellanerde vor.

Achat, [* 8] Onyx, Karneol, Obsidian, Jaspis etc. werden mehr oder weniger häufig überall gefunden. Salzlager durchziehen die Wüsten und zeigen sich auch an den Küsten. Eisen, [* 9] Kupfer [* 10] und Blei [* 11] werden wenig gewonnen, und an edlen Metallen scheint das Land (von Midian im NW. abgesehen) arm zu sein. Die Bewässerung der Halbinsel ist eine äußerst dürftige, ja kein Land in Asien, [* 12] Ost-Iran ausgenommen, ist so trocken wie Arabien Eigentliche Flüsse [* 13] und Landseen scheinen gänzlich zu fehlen; man kennt bloß tief eingeschnittene Thalrinnen (Wadis), die nur zur Regenzeit Wasser führen und dann monatelang trocken liegen.

Himation - Himmel

Bild 8.544: Himation - Himmel
* 14 Himmel.

Die Küstenebene (Tehama) sowie auch der größte Teil des Innern sind wasserlos, afrikanisch dürr und einförmig. Der unbewölkte Himmel [* 14] verbreitet brennende Glut; freundlicher ist die Nacht mit ihren flammenden Sternen und kühlendem Niederschlag, dem einzigen Labsal der schmachtenden, spärlichen Vegetation. Aber diese Nächte sind zugleich auffallend kalt und verwandeln auf der Hochebene die Tautropfen nicht selten in Reif. Acht Monate hindurch ist alles verbrannt und dürr, unter einer Glut, die mitunter selbst im Schatten [* 15] zu der Höhe von 35° R. steigt.

Nur zur Regenzeit wird der Boden zur grünen Flur; aber diese Lebensperiode ist keineswegs überall eine regelmäßig eintretende und sichere, selbst im glücklichen Jemen bleibt sie oft mehrere Jahre nacheinander aus. Regen fällt an der Westküste vom Juni bis September, an der Ostküste vom Dezember bis zum März, eine Folge der Monsune, welche den südlichen Teil Arabiens beherrschen. Im ganzen ist aber das Klima [* 16] Arabiens gesund, und wenige Völker der Welt leiden so wenig an Krankheiten wie die Araber, was indes auch Folge ihrer Mäßigkeit sein mag.

An den Küsten erscheint die Pest; Augenübel sind häufig, wohl infolge des feinen Sandstaubs. Der Samum, welcher vom Juni bis September zuzeiten auftritt, steigert die Hitze noch um ein Bedeutendes und ist im nördlichen Teil des Landes gefährlich. Bei solcher Beschaffenheit der Natur und des Bodens kann Arabien nur auf einzelnen günstig gelegenen Strichen (besonders in den Stufengeländen) eine üppige Vegetation erzeugen und im ganzen keine reiche Tierwelt und keine dichte Bevölkerung [* 17] ernähren.

Getreide (Zusammensetz

Bild 7.264: Getreide (Zusammensetzung, Nahrungswert etc.)
* 18 Getreide.

[Pflanzen- und Tierwelt.]  

Die Pflanzenwelt ist in dem größten Teil Arabiens dürftig; doch wird selbst im Küstenstrich und auf der Hochebene etwas Getreide, [* 18] vorzüglich Hirse, [* 19] gebaut. Die Dattel- und die Kokospalme sind ein Hauptsegen der Küstenländer. Zuckerrohr, Baumwolle, [* 20] Indigo [* 21] kommen nur in geringer Quantität und Qualität vor. Das edelste Erzeugnis des Landes und der Hauptgegenstand seines Handels ist der Kaffee, welcher vorzüglich in den Gebirgen von Jemen gedeiht.

Andre Gewächse der Halbinsel sind: die das Gummi arabikum liefernde Akazie, Aloe, der Weihrauchbaum (vorzüglich in den östlichen Gegenden), Balsambäume (besonders um Medina), Südfrüchte und viele Obstarten. Gebaut werden, je nach den Bodenverhältnissen, auch Reis, Bohnen, Linsen, Melonen, Tabak, [* 22] Safran, Sesam, Rizinus, Trüffeln, Koloquinten, Gurken, Mohn, Oliven. In der arabischen Tierwelt nimmt die erste Stelle ein das Pferd, [* 23] an Schnelligkeit, Ausdauer und Gelehrigkeit das erste seiner Art. Das Hochland Nedschd ist das eigentliche Vaterland dieser Pferde, [* 24] über deren unvermischtes Blut Stammbäume geführt werden.

Schiff I

Bild 14.454c: Schiff I
* 25 Schiff.

Das Kamel ist der unentbehrlichste Begleiter des Wüstenbewohners, sein »Schiff«, [* 25] mit dem er das Sandmeer durchschneidet, und oft sein einziger Reichtum. Der Esel und das Maultier sind hier schöner und stärker als bei uns und in den Gebirgsgegenden Arabiens sehr häufig; Rinder, [* 26] Ziegen und Schafe [* 27] nähren die Ackerbauer, die Bergbewohner und vorzüglich die Beduinen der Oasen, deren einziger Reichtum die Herden sind. Affenarten finden sich in Jemen. Gazellen und Gemsen bewohnen die Randgebirge und die innere Hochebene.

Die Wüsten bergen Strauße, Löwen, [* 28] Hyänen, Schakale, an den Küsten nistet die Kropfgans; von Raubvögeln finden sich Adler, [* 29] Geier, Falken und Eulen, [* 30] welchen Tauben, [* 31] Hühner, [* 32] Fasanen etc. zur Beute werden. Heuschrecken [* 33] sind oft Landplage; einige Arten derselben werden gegessen. An Reptilien ist Arabien wegen seiner Dürre verhältnismäßig arm. Skorpione und giftige Spinnen [* 34] finden sich häufig. An den Küsten des Persischen Meerbusens wird seit Jahrtausenden Perlenfischerei getrieben.



Arabien (die einzelnen

Bild 1.721: Arabien (die einzelnen Gebiete)
* 36 Seite 1.721.

[Bevölkerung.]  

Bei einem Flächeninhalt, welcher den von Deutschland [* 35] viermal übertrifft, hat Arabien nach den neuesten Schätzungen nur 4-5 Mill. Einw., während die Bevölkerung früher auf 11-12 Mill. angegeben wurde. Am stärksten ist dieselbe noch in Hidschas, Jemen, Omân und El Ahsa, also auf der Ost- und Westküste, unverhältnismäßig dünner in Nedschd und auf der Sinaihalbinsel, während die Wüsten ganz unbewohnt sind. Im Innern von Arabien

Asiatische Völker

Bild 1.911c: Asiatische Völker
* 37 Völker.
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sind nur die fruchtbarern Thallandschaften seiner Gebirgsränder als feste Kulturstellen bekannt. Daher besteht die arabische Bevölkerung der Mehrzahl und dem Kerne nach aus Beduinen (s. Tafel »Asiatische Völker«, [* 37] Fig. 10), die nomadisch von Viehzucht [* 38] leben und in zahlreiche zerstreute Stämme zerfallen; der kleinere Teil sind Hadesi (Ansässige), welche in Städten und Landgemeinden unter Imamen wohnen und sich von Ackerbau (als Fellahs) oder vom Handel nähren.

Die Bewohner des Südens und Ostens sind der Abstammung wie der Sprache nach von denen des Nordens verschieden, wenn sie auch beide dem großen semitischen Stamm angehören. Erstere sind die Joktaniden (die Sabäer oder Himjariten des Altertums); ihre Sprache nennen sie selbst Echkili, während die Bewohner des Nordens die Ismaeliten sind, deren Sprache sich zum Koran-Arabisch entwickelte. Sie sind das letzte unter den semitischen Völkern, welche in der Geschichte auftraten, und zeigen in Sprache und Sitte die größten Altertümlichkeiten, so daß der Ismaelit ethnologisch als Urtypus des Semiten gelten kann.

Wie Arabiens Boden gleichartig und stetig ist, so gleicht auch der Araber von heute dem aus Hiobs Zeit. Er ist von mittlerm, hagerm, aber muskulösem Körperbau, welcher das schönste Ebenmaß zeigt. Sein Bedürfnis an Speise und Trank ist gering. Im steten Hader untereinander, vereinigen sich die arabischen Stämme nur wider den fremden Eindringling, sogar wider den Reisenden, wenn diesen nicht das Gastrecht vor ihren Lanzen schützt. Habsüchtig und betrügerisch im Handel und Wandel, aber tapfer und freigebig, voll Stolz, Mut und Freiheitsliebe, dankbar und vor allem gastfrei und treu in Erfüllung des gegebenen Worts (selbst dem Feind gegenüber), ein munterer Gesellschafter, witzig, wohlberedt und voll dichterischer Phantasie, ein warmer Verteidiger seiner Ehre und strenger Rächer jedes Schimpfes, den er nur in Blut abwäscht - hat der heutige Beduine noch alle die Vorzüge und Mangel des Charakters seiner Ahnen vor Jahrtausenden.

Seine Wohnung ist das Zelt;

sein Gerät Kamelsattel und Wasserschlauch;

seine Kleidung ein wollenes Hemd und ein Mantel;

Rüstungen und Waffen

Bild 14.100a: Rüstungen und Waffen
* 39 Waffen.

seine Waffen [* 39] Speer und Schwert, bei manchen auch Helm und Panzer;

seine Speise süße und saure Milch des Kamels, ungesäuertes Brot, [* 40] Butter, Datteln, Trüffeln;

sein Reichtum das Kamel und das Pferd;

seine Haustiere der Hund und die Katze. [* 41]

Daß bei einem so einfachen Volk von Industrie kaum die Rede sein kann, liegt auf der Hand. [* 42] Nicht unbedeutend ist dagegen die kommerzielle Thätigkeit der Araber seit uralter Zeit. Vor Jahrtausenden schon liefen die indischen und persischen Handelsflotten in die Häfen von Katif (Gerra), Aden (Adane) und Mokka ein; Dschidda war und ist jetzt noch der Landungsplatz der afrikanischen Handels- und Pilgerkarawanen. Südarabien liefert jährlich zwischen 50,000 u. 100,000 Ztr. Kaffee, den sogen. Mokkakaffee aus der Provinz Jemen und dem Innern, außerdem Pferde, Datteln, Gummi, Räucherwerk; es bezieht Waffen aus Persien, [* 43] Stoffe aus Indien und Luxusartikel aus Europa. [* 44]

Einen einzigen Staat hat Arabien nie gebildet; es bestand zu allen Zeiten wie noch jetzt aus einer Anzahl einzelner Staaten. Bei den Nomadenstämmen finden wir noch die patriarchalische Regierungsform der biblischen Welt. An der Spitze eines Stammes steht gewöhnlich ein Fürst, welcher Imam (Oberpriester), Scherif (Edler), Emir (Befehlshaber), Sultan (König) oder Scheich (Ältester) heißt, aber keineswegs mit orientalischem Despotismus herrscht, vielmehr in der Ausübung seiner Macht durch den Koran, mehr noch durch Sitte und Herkommen wesentlich beschränkt ist.

Die Religion des Arabers ist der Islam, der in Arabien entstand und von hier aus im Verein mit seiner Sprache über drei Weltteile sich ausbreitete. Der größte Teil der Einwohner gehört zu den Sunniten, welche außer dem Koran noch die Sunna oder Tradition festhalten; an der Ostküste gibt es viele Schiiten, welche sich lediglich an den Koran halten. Das Wahabitentum (ein reformierter Islam) in Nedschd ist unlängst zu Grunde gegangen. Kadis und Mollas bekleiden in Arabien die richterlichen und geistlichen Würden.

Der Mann darf vier Frauen haben, hat aber gewöhnlich nur eine. Die Heirat ist ein Kauf; Weiber und Töchter der Vornehmen leben im Harem, die Söhne erzieht der Vater. In manchen Gegenden, z. B. in Omân und im östlichen Nedschd, betreiben die Weiber allein die Wirtschaft und den Acker- und Weinbau. Das träge Leben des Mannes wechselt mit den größten Strapazen: er durchzieht die Wüste unter den unsäglichsten Entbehrungen Hunderte von Meilen weit und erträgt Hunger, Durst und die Sonnenglut mit stetem Gleichmut.

Die einzelnen Gebiete Arabiens.

Die alten Geographen unterschieden das Wüste Arabien (Arabia deserta), welches die Sandstriche südlich von Palmyra und Thapsakos umfaßte, und das Glückliche Arabien (Arabia felix), d. h. die ganze Halbinsel jenseit der nördlichen Wüsten; vorzüglich aber verstand man unter letzterm Namen die Küstenländer am Arabischen Meerbusen. Seit Ptolemäos nahm man drei Teile an: das Glückliche, Wüste und Peträische Arabien (Arabia Petraea);

letzteres, nach der Stadt Petra im Edomiterland benannt, umfaßte die Sinaihalbinsel und das Gebirge im O. des Wadi el Araba.

Jetzt ist diese alte und im wesentlichen prinziplose Einteilung mit Recht verlassen, und man zerlegt in die einzelnen Küstenlandschaften: Hidschas, Jemen, Hadramaut, Omân (Maskat), El Ahsa und die innere Plateaulandschaft Nedschd. Der türkische Großherr beansprucht zwar die Oberherrlichkeit über Arabien als ein von Sunniten bewohntes Land, aber nur auf einem beschränkten Gebiet besteht dieselbe thatsächlich.

Ägypten etc

Bild 1.209a: Ägypten etc
* 45 Ägypten.

Das türkische Gebiet (abgesehen von El Ahsa am Persischen Meerbusen, welches unter dem falschen Namen »Nedschd« von den Türken zum Wilajet Basra gerechnet wird) zerfällt in zwei Wilajets: Hidschas und Jemen, und erstreckt sich längs der ganzen Ostküste des Roten Meers (s. Karte »Ägypten« [* 45] und die Geschichtskarte [* 46] »Türkisches Reich«) von 13-30° nördl. Br., etwa 200-300 km breit. Gegen O. sind die Grenzen [* 47] so unbestimmt und je nach der Stärke [* 48] der türkischen Garnisonen wechselnd, daß es unmöglich ist, Areal und Bevölkerung (nach Helle 1874: 1,134,375 Seelen) oder den augenblicklichen Besitzstand des osmanischen Reichs daselbst mit Sicherheit anzugeben.

Die nördliche Hälfte dieses Gebiets ist die Landschaft Hidschas. Dieselbe besteht aus dem 25-40 km breiten sandigen und dürren Uferland (Tehama) und dahinter ansehnlichen, zum Teil vulkanischen Gebirgen. Auch letztere sind öde und nackt, und nur in den engen Thälern (Wadis) ist Vegetation. Die Meeresküste ist bis zur Meerenge Bab el Mandeb hinab von Sandbänken und Korallenfelsen umsäumt und die Schiffahrt in der Nähe der Ufer höchst gefährlich. Mekka und Medina, die heiligen Städte der

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