Seite 5.337, Ehe (Ehehindernisse) | eLexikon
- ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
- ️Sat Feb 06 1875
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Ehe nur für bestimmte Personen verhindern. Zu den erstern gehören: Fehler der physischen Fähigkeit, wie Mangel der Ehemündigkeit, also zu junges Alter (nach römischem Recht wurde Pubertät [für Männer 14, für Weiber 12 Jahre], nach dem deutschen Reichsgesetz vom 6. Febr. 1875, betreffend die Beurkundung des Personenstandes und der Eheschließung, werden für Männer 20, für Weiber 16 Jahre gefordert), Kastration und Impotenz; Mangel der Fähigkeit zu einer Willensbestimmung: Wahnsinn, Trunkenheit.
Bei mangelnder Ehemündigkeit ist nach dem angezogenen deutschen Reichsgesetz Dispensation zulässig. Wer schon verheiratet ist, kann keine fernere Ehe eingehen (impedimentum ligaminis); diejenigen, welche das Gelübde der Keuschheit abgelegt haben, sind nach katholischem Kirchenrecht durch dasselbe von dem Eingehen einer Ehe abgehalten, namentlich also katholische Geistliche. Witwen dürfen während des Trauerjahrs um ihren Gatten, nach dem deutschen Reichsgesetz vom 6. Febr. 1875 während der ersten zehn Monate nach seinem Tod, nicht wieder heiraten; doch ist Dispensation zulässig.
Ein absolutes, meist nur aufschiebendes Hindernis ist Mangel der Einwilligung von seiten der Eltern, Verwandten, Vormünder und Vorgesetzten. Nach dem angezogenen deutschen Reichsgesetz bedürfen eheliche Kinder, solange der Sohn das 25., die Tochter das 24. Lebensjahr nicht vollendet haben, der Einwilligung des Vaters, nach dem Tode des Vaters der Einwilligung der Mutter und, wenn sie minderjährig sind, auch der Einwilligung des Vormundes. Sind beide Eltern verstorben, so bedürfen Minderjährige der Einwilligung des letztern.
Uneheliche Kinder sind in dieser Beziehung wie vaterlose eheliche Kinder zu behandeln. Es kann aber bei grundloser Vertagung der Einwilligung großjährigen Kindern gegenüber das Gericht dieselbe ergänzen. Personen, die im öffentlichen Kirchen-, Hof-, Zivil- oder Militärdienst stehen, bedürfen des Ehekonsenses von seiten der vorgesetzten Dienstbehörde. Zu den relativen Hindernissen gehört zunächst die Verwandtschaft. Das mosaische Recht verbot die Ehe mit der Mutter, mit des Sohnes Tochter, mit der Tochter Tochter, mit der vollbürtigen und halbbürtigen Schwester, mit der Mutter Schwester. Im römischen Recht bestanden Eheverbote zwischen Aszendenten und Deszendenten, zwischen Personen, die im Respectus parentelae (Verhältnis zwischen Oheim oder Tante einerseits und Neffen oder Nichte anderseits) standen, und zwischen Geschwistern.
Das kanonische Recht stellte strengere Regeln auf und verbot nicht bloß die Ehe zwischen Geschwisterkindern, sondern selbst die zwischen Andergeschwisterkindern (sobrini), also bis zum 6. Verwandtschaftsgrad einschließlich nach römischer Komputation. Um die Eheverbote und mit diesen die Dispensationsgebühren zu mehren, ließ man später zwar den Worten nach das Verbot bis zum 6. Grad fortbestehen, führte aber eine neue Zahlungsart der Grade ein, die sogen. Computatio canonica, bei welcher nicht, wie bei der römischen Berechnungsweise, die Zeugungen auf beiden Linien, sondern nur auf der einen und zwar der längern gezählt werden.
Hiernach waren also durch das kanonische Recht die Ehen erst vom 14. Grad römischer Komputation an erlaubt. Papst Innocenz III. beschränkte jedoch 1216 die Eheverbote wieder bis auf den 4. Grad kanonischer Komputation inklusive. Nach evangelischem Kirchenrecht ist die gerade Linie durchgehends ein vernichtendes, indispensables öffentliches Ehehindernis, die Seitenlinie desgleichen im 1. Grad, also in Ansehung der Geschwister. Außerdem bestand früher ein dispensables Ehehindernis in dem vorhandenen Respectus parentelae.
Auch die Schwägerschaft bildet ein Ehehindernis. Nach mosaischem Recht war verboten die Ehe mit der Stiefmutter, Stieftochter, Schwiegermutter, Schwiegertochter, Tochter des Stiefsohns und der Stieftochter, des Bruders Frau und des Vatersbruders Frau. Hatte aber der verstorbene Bruder mit seiner Frau keinen Sohn erzeugt, so war die Ehe mit seiner Witwe nicht nur erlaubt, sondern sogar eine Pflicht (Leviratsehe). Das römische Recht untersagte die Ehe zwischen verschwägerten Aszendenten und Deszendenten; in der Seitenlinie war Schwägerschaft meist kein Hindernis, erst später wurde Verheiratung mit der Frau des verstorbenen Bruders und der Schwester der verstorbenen Frau verboten.
Von dem kanonischen Recht wurden, ähnlich wie bei der Verwandtschaft, die Verbote unter Verschwägerten unmäßig ausgedehnt; doch setzte Innocenz III. dies Verbot bis auf den 4. Grad herab, und das evangelische Kirchenrecht verminderte die Verbote des kanonischen Rechts ebenso wie bei der Verwandtschaft. Ein ferneres Ehehindernis war die Adoptivverwandtschaft und Schwägerschaft. Das römische Recht verbot nicht nur die Ehe zwischen Adoptiveltern und Adoptivkindern sowie zwischen dem Adoptivkind und dem Agnaten des Adoptivvaters, sondern auch die Ehe des Adoptivvaters mit der Witwe des Adoptivsohns und umgekehrt.
Das tridentinische Konzil leitete endlich auch aus der durch Taufe und Firmung entspringenden Cognatio spiritualis Ehehindernisse zwischen dem Taufenden sowie zwischen dem Paten und dem Taufkind und analog bei der Firmung her. Die evangelische Kirche und ebenso die neue deutsche Reichsgesetzgebung verwerfen jedoch den ganzen Begriff. Nach römischem Rechte durften ferner der Vormund und dessen Sohn die Mündel vor abgelegter Vormundschaftsrechnung nicht heiraten.
Das deutsche Reichsgesetz vom 6. Febr. 1875 hat dies Impediment beibehalten und die Eheschließung eines Pflegebefohlenen mit seinem Vormund oder dessen Kindern während der Dauer der Vormundschaft für unzulässig erklärt. Doch kann eine gleichwohl abgeschlossene Ehe als ungültig nicht abgefochten werden. Im übrigen kennt des Gesetz vom 6. Febr. 1875 (§ 33) folgende Ehehindernisse:
1) Verwandtschaft in auf- und absteigender Linie;
2) das Verhältnis zwischen voll- und halbbürtigen Geschwistern, 3) zwischen Stiefeltern und Stiefkindern, Schwiegereltern und Schwiegerkindern jeden Grades, gleichviel ob dies Verhältnis auf ehelicher oder außerehelicher Geburt beruht, und ob die Ehe, durch welche die Stief- oder Schwiegerverbindung begründet ist, noch besteht oder nicht;
4) das Rechtsverhältnis zwischen Personen, von denen die eine die andre an Kindes Statt angenommen hat, während der Dauer desselben;
Ehe (Form der Eheschli
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Seite 5.338.5) endlich ist die Ehe untersagt zwischen einem wegen Ehebruchs Geschiedenen und seinem Mitschuldigen, doch kann von diesem letztgedachten Ehehindernis dispensiert werden. Dagegen ist die katholische Priesterweihe ein staatliches Ehehindernis nicht mehr. Weiter hat das gedachte Gesetz, abgesehen von den bereits besprochenen und von ihm beibehaltenen dispensabeln Hindernissen der noch nicht erreichten Ehemündigkeit, des mangelnden Konsenses und des für Witwen bestehenden Verbots des Abschlusses einer anderweiten Ehe vor Ablauf [* 2] des zehnten Monats seit Beendigung der frühern Ehe, verordnet, daß an den partikularistischen Bestimmungen über die Wirkungen des Zwanges, Irrtums und Betrugs auf die Gültigkeit der Ehe nichts geändert ¶
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werden solle. Ebenso ist das Verbot wiederholt, daß niemand eine neue Ehe schließen dürfe, bevor seine frühere Ehe aufgelöst, für ungültig oder für nichtig erklärt sei (s. Bigamie). Was aber den Zwang als Ehehindernis anbetrifft, so gilt eine Eheschließung als erzwungen, wenn jemand durch absolute oder durch psychische Gewalt, z. B. durch ernstliche Drohung eines bedeutenden Übels, zur Eheschließung genötigt worden ist. Dahin gehört aber nicht der sogen. Metus reverentialis, d. h. die Furcht vor dem elterlichen Zorn im Fall einer Weigerung.
Entführung war im römischen Recht ein absolut vernichtendes Ehehindernis, heute fällt sie lediglich unter den Gesichtspunkt des Zwanges. Der Irrtum kann ebenfalls einen Grund zur Annullierung der Ehe abgeben, so Irrtum über die Identität der Person, über Eigenschaften, welche bei Eingehung der Ehe ausdrücklich zur Bedingung gemacht worden sind, z. B. Virginität, über körperliche, bereits bei Eingehung der Ehe vorhandene Gebrechen, welche die Zwecke der Ehe vereiteln, etc. Dagegen ist der Betrug nicht als ein besonderes Ehehindernis zu betrachten, sondern es hängt hier alles von dem Grade des durch den Betrug hervorgerufenen Irrtums ab. Was die Religionsverschiedenheit (disparitas cultus) anlangt, so waren nach gemeinem Kirchenrecht Ehen mit Juden, Heiden oder Mohammedanern unstatthaft.
Verteilung der Konfess
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Konfessionen.Die moderne Gesetzgebung hat jedoch jene Ehehindernisse, welche aus der Verschiedenheit der Konfessionen [* 4] entnommen waren, mehr und mehr beseitigt, und das nunmehrige deutsche Reichsgesetz vom 3. Juli 1869 hat alle Beschränkungen der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte aus der Verschiedenheit des religiösen Bekenntnisses und somit auch alle derartigen Eheverbote aufgehoben. Schon zuvor war durch Gesetz vom 4. Mai 1868, welches jedoch in Bayern [* 5] und in Elsaß-Lothringen [* 6] noch keine Gültigkeit erlangt hat, bestimmt worden, daß Bundesangehörige künftighin zur Eingehung einer Ehe oder zu der damit verbundenen Gründung eines eignen Haushalts weder des Besitzes noch des Erwerbs der Gemeindeangehörigkeit oder des Einwohnerrechts, noch der Genehmigung seitens der Gemeinde, der Gutsherrschaft oder des Armenverbandes, noch einer obrigkeitlichen Erlaubnis bedürfen sollten.
Überhaupt geht die Tendenz der modernen Bevölkerungspolitik auf möglichste Beseitigung polizeilicher Ehebeschränkungen (s. Bevölkerung, [* 7] S. 854). Was die Dispensation von Ehehindernissen anbelangt, so war früher in der katholischen Kirche für alle vernichtenden Ehehindernisse und für das aufschiebende Ehehindernis der Ketzerei der Papst allein zur Dispensation befugt. In allen übrigen Fällen war der Bischof kompetent. In der evangelischen Kirche erteilen die Dispensation je nach der Wichtigkeit der Fälle der Landesherr oder die hierzu geordneten Behörden.
Das oft erwähnte deutsche Reichsgesetz vom 6. Febr. 1875 hat dagegen ausdrücklich verordnet, daß die Befugnis zur Dispensation von Ehehindernissen nur dem Staat zustehen solle. Über die Ausübung dieser Befugnis haben die Landesregierungen zu bestimmen. Ist bei einer ungültigen Ehe das der Gültigkeit entgegenstehende Ehehindernis einem Ehegatten unbekannt gewesen (Glaubens-, Putativehe, matrimonium putativum), so gilt derselbe insoweit und so lange als rechtmäßiger Ehegatte, und die aus einer solchen Verbindung hervorgegangenen Kinder haben die rechtliche Stellung von ehelichen.
Wer übrigens bei Eingehung einer Ehe dem andern Teil ein gesetzliches Ehehindernis arglistig verschweigt, oder wer den andern Teil zur Eheschließung arglistig mittels einer solchen Täuschung verleitet, welche den Getäuschten berechtigt, die Gültigkeit der Ehe anzufechten, wird nach dem deutschen Strafgesetzbuch (§ 170), wenn aus einem dieser Gründe die Ehe aufgelöst worden ist, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. Doch tritt die strafrechtliche Verfolgung nur auf Antrag des getäuschten Teils ein.
Kopulation - Korallen
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Kopulation.Form der Eheschließung.
Das römische Recht faßte die Eheschließung wesentlich aus dem Gesichtspunkt eines Vertrags auf; daraus erklärt es sich, daß Hochzeitsgebräuche wohl üblich waren, daß sich mit der Zeit auch der Brauch einer kirchlichen Weihe des Ehebündnisses (hierologia, Kopulation, [* 8] Trauung) ausbildete, daß aber die Gültigkeit der Ehe selbst von diesem religiösen Weiheakt keineswegs abhängig war. Ebensowenig war die kirchliche Trauung ursprünglich nach kanonischem Recht zur bürgerlichen Gültigkeit der Ehe erforderlich; es gehörte dazu lediglich die übereinstimmende Willenserklärung der Verlobten.
Daher bezeichnet das kanonische Recht Ehe und Verlöbnis mit einem und demselben Wort: »Sponsalia« und läßt das Verlöbnis (sponsalia de futuro) schon durch die fleischliche Verbindung der Verlobten von selbst zur Ehe (sponsalia de praesenti) werden. Indessen waren mit diesem formlosen Abschluß der Ehe manche Mißstände verbunden, weshalb das tridentinische Konzil (1563) die Gültigkeit der Ehe von der Konsenserklärung der Brautleute vor dem Pfarrer und vor zwei oder drei Zeugen nach vorgängigem Aufgebot abhängig machte.
Hieran sollte sich als angemessene und übliche Form der Eheschließung die kirchliche Trauung anschließen. Auch nach den Satzungen des tridentinischen Konzils ist indessen die Trauung nichts andres und nicht mehr als ein kirchlicher Weiheakt. Das Wesentliche ist die Konsenserklärung. Zuständig ist zu deren Entgegennahme der Pfarrer des Wohnorts der Brautleute oder ein von diesem durch einen Entlaßschein (dimissoriale) hierzu ermächtigter Geistlicher. Zu gewissen Zeiten, namentlich zur Advents- und Fastenzeit (geschlossene Zeit), sollen keine kirchlichen Trauungen vorgenommen werden; doch ist Dispensation statthaft.
Das protestantische Eherecht schloß sich ursprünglich dem kanonischen Recht an. Es bildete sich jedoch bald der Grundsatz aus, daß die priesterliche Einsegnung der Ehe zu einer gültigen Eheschließung erforderlich sei. Die Unterlassung des auch in der protestantischen Kirche vorgeschriebenen Aufgebots (s. d.) dagegen machte die gleichwohl abgeschlossene Ehe nicht zu einer ungültigen. Erst in neuerer Zeit brach sich mehr und mehr die Auffassung Bahn, daß die bürgerliche Gültigkeit der Ehe von dem religiösen Akt unabhängig sein müsse.
Diese Auffassung entspricht dem unser heutiges öffentliches Recht beherrschenden Grundsatz der Religions- und Gewissensfreiheit. Sie findet ihre Anerkennung in dem Rechtsinstitut der Zivilehe oder Ziviltrauung, d. h. in der Konsenserklärung der Brautleute vor einem staatlichen Beamten (Standesbeamten), wodurch die Ehe zu einer bürgerlich vollwirksamen wird. Schon in der Mitte des 17. Jahrh. führte in Holland die religiöse Duldsamkeit zu einer gesetzlichen Anerkennung der bürgerlichen Eheschließung, und zu derselben Zeit wurde in England, allerdings nur vorübergehend, die Zivilehe eingeführt. Die französische Revolution führte in Frankreich die obligatorische Zivilehe ein, entsprechend dem Grundsatz der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz. Daß nämlich der Staat die bürgerliche Wirksamkeit der Eheschließung und die Form der letztern durch seine Gesetzgebung ¶
Fortsetzung Ehe:
→ Seite 5.339 || normieren kann, unterliegt keinem Zweifel. Er wird dadurch allen Religionsparteien gerecht und