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Seite 7.793, Großbritannien (Geschichte: Eduard III., Richard II.) | eLexikon

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  • ️Sat May 23 1322
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schottische Hilfe eintraf, bei Boroughbridge gefangen und enthauptet. Nun wurden die Festsetzungen der Ordainers widerrufen und bestimmt, daß in Zukunft in allen Kron- und Staatsangelegenheiten nur das Gesetzeskraft haben sollte, was der König selbst mit Zustimmung der zum Parlament versammelten geistlichen und weltlichen Stände des Landes verfügen würde. Man hat mit Recht gesagt, daß dies Statut vom 23. Mai 1322 in der Verfassungsgeschichte von Großbritannien [* 2] eine hervorragende Stelle einnimmt, da in ihm zuerst der Gedanke der parlamentarischen Regierung deutlich zu Tage tritt.

Auch mit Schottland wurde 1323 ein neuer Waffenstillstand auf 13 Jahre geschlossen. Aber der König kam dadurch nicht zur Ruhe. Seine eigne Gemahlin Isabella, Schwester Karls IV. von Frankreich, verließ ihn, um sich zu Paris [* 3] mit ihrem Liebhaber und Günstling, Lord Mortimer, zu vereinigen, die Barone der Lancasterschen Partei verbanden sich mit ihr, als sie nach England zurückkehrte; die d'Espencers wurden hingerichtet, Eduard selbst gefangen, zur Abdankung genötigt und im Gefängnis zu Berkeley ermordet.

Eduard III. und der Untergang der Plantagenets.

Eduard III. (1327-77), sein Sohn und Nachfolger, ließ sich anfangs von Isabella und Mortimer beeinflussen, befreite sich aber 1330 von beiden, indem er letztern durch das Parlament zum Tod, erstere zu ewiger Haft verurteilen ließ. Unter ihm ward Schottland, wo dem Sohn des 1329 gestorbenen Robert Bruce, David, der Sohn John Baliols, Eduard, die Krone streitig machte, durch die Schlacht von Halidon 19. Juli 1333 genötigt, die englische Oberhoheit wieder anzuerkennen, und ein Versuch, die Unabhängigkeit wiederzugewinnen, scheiterte 1346 durch die Schlacht bei Neville's Croß.

Calabrese - Calais

Bild 3.728: Calabrese - Calais
* 4 Calais.

Nachdem 1328 die gerade Linie der Kapetinger in Frankreich mit Karl IV. ausgestorben war, erhob Eduard III. Erbansprüche auf Grund des Rechts seiner Mutter Isabella und machte Philipp VI. von Valois seit 1338 die Krone streitig. Er hatte anfangs glänzenden Erfolg: Philipp erlitt bei Crécy 26.-27. Juli 1346 eine entscheidende Niederlage, welche die Eroberung von Calais [* 4] durch die Engländer zur Folge hatte; ja, des Königs berühmter Sohn Eduard (der Schwarze Prinz) führte nach dem ebenso glänzenden Sieg bei Poitiers 19. Sept. 1356 sogar Philipps VI. Nachfolger, den König Johann II., gefangen im Triumph nach London, [* 5] und der Friede zu Bretigny (8. Mai 1360), durch den Eduard zwar seine Ansprüche auf die französische Krone aufgab, dagegen außer Calais und Guines auch Poitou, Guienne und Gascogne erhielt, schien die Macht der englischen Könige in Frankreich neu begründet zu haben.

Doch verlor Eduard allmählich wieder nicht nur seine Eroberungen, sondern selbst das französische Erbe seiner Väter bis auf die Hafenstädte Guines und Calais. Unter Eduard III. griff die Bewegung gegen die Besteuerung des Landes zu gunsten des päpstlichen Stuhls sowie gegen andre Übergriffe der Hierarchie, namentlich durch Johann Wiclefs kühnes Auftreten, immer weiter um sich. Durch Verbindungen mit den Hansestädten sowie mit flandrischen und lombardischen Kaufleuten, Förderung der Schifffahrt und des Bergbaues legte Eduard den Grund zum spätern Aufschwung des Handels und der Seemacht Englands.

Vor allem wichtig war aber seine Regierung für die Entwickelung des Parlamentarismus. In seinen ersten Jahren berieten die vier Stände des Parlaments, Prälaten, Lords, Ritter, Gemeine, in vier getrennten Versammlungen; allmählich traten aber die beiden ersten zu einem obern, die beiden letztern zu einem untern Haus (Haus der Gemeinen) zusammen. Das Recht des Parlaments in Bezug auf Steuerbewilligung und Gesetzgebung wurde anerkannt; mit seiner Zustimmung ward die Unterwerfung Englands unter den Papst durch König Johann für nichtig erklärt. Unter Eduard III. machte es 1376 auch den ersten Versuch einer Anklage (Impeachment) gegen Lord Latimer u. a.

Eduard starb 21. Juni 1377. Ihm folgte sein Enkel, der Sohn des Schwarzen Prinzen, Richard II. (1377-1399). Seine drei Vatersbrüder, Johann von Gaunt, Herzog von Lancaster, Edmund, Graf von Cambridge (nachmals Herzog von York), und Thomas von Woodstock (später Herzog von Gloucester), huldigten ihm; eine Regentschaft von 17 Personen wurde vom Parlament ernannt. Die ersten Jahre der Minderjährigkeit Richards verflossen unter Kriegen mit Frankreich und Schottland.

Bevölkerungsstatistisc

Bild 2.851a: Bevölkerungsstatistische Karten
* 6 Bevölkerung.

Die Geldverlegenheit der Regierung zwang dieselbe, dem Haus der Gemeinen immer größern Einfluß einzuräumen und demselben über den Staatshaushalt Rechnung zu legen. Die Umlage einer Kopfsteuer rief 1381 einen Aufruhr der niedern Schichten der Bevölkerung [* 6] unter Wat-Tyler (s. d.) hervor. Ein nach vielen Tausenden zählendes Heer von Unzufriedenen zog sich in Essex und Kent zusammen, rückte nach London, verübte hier viele Gewaltthaten, ward aber endlich durch den Mut des Königs und die Tapferkeit der Londoner zerstreut. Da sich Richard II. mit seinen Oheimen entzweite, traten diese an der Spitze des Parlaments als seine eifrigsten Gegner auf, so daß er, um die zu einem Kriege gegen Schottland, in das er 1385 einfiel, sowie zu Rüstungen [* 7] gegen Frankreich nötigen Subsidien zu erlangen, ihnen unter anderm auch die Verbannung seiner Günstlinge zugestehen mußte.

Doch war der König keineswegs gewillt, die Bevormundung durch seine Oheime dauernd zu ertragen. Nachdem er mit Frankreich 1396 einen 15jährigen Waffenstillstand geschlossen und sich im Innern zahlreiche Freunde verschafft hatte, führte er vielmehr 1397 einen unerwarteten Handstreich aus, ließ seine Hauptgegner gefangen nehmen, den Erzbischof Thomas Arundel von Canterbury und dessen Brüder, die Grafen von Arundel u. Warwick, sowie den Herzog von Gloucester wegen Hochverrats verurteilen, erstere teils verbannen, teils hinrichten, letztern nach Calais ins Gefängnis schicken, wo derselbe ermordet wurde.



Großbritannien (Geschi

Bild 7.794: Großbritannien (Geschichte: Heinrich IV., Heinrich V.)
* 8 Seite 7.794.

Richard war nun im Vollbesitz der Macht, ließ die ihm früher aufgedrungenen Statuten durch das Parlament zurücknehmen und sich ansehnliche Geldbewilligungen auf Lebenszeit machen, ja sogar in durchaus verfassungswidriger Weise einen Ausschuß, bestehend aus 12 Lords und 6 Gemeinen, mit fast unbeschränkten Vollmachten niedersetzen, so daß er für die Folge der Notwendigkeit, ein volles Parlament einzuberufen, ganz überhoben zu sein glaubte. Als er aber 1399 nach dem Tode des Herzogs von Lancaster die großen Güter desselben einzog, unternahm dessen Sohn und Erbe, der Herzog Heinrich von Hereford, der als Verbannter in Paris lebte, während Richard auf einem Feldzug gegen einige aufrührerische irische Fürsten begriffen war, in Verbindung mit den Grafen von Westmoreland, Northumberland u. a. eine Landung in Yorkshire. Auch der Regent des Reichs, der Herzog von York, schlug sich zu seiner Partei. Zu einer Zusammenkunft mit Hereford eingeladen, ward Richard auf dem Weg dahin überfallen und nach London gebracht. Hier zwang man ihn erst zur Abdankung und ließ ihn darauf durch das Parlament absetzen (1399). Die 35 Anklageartikel gegen ihn bezogen sich

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besonders darauf, daß er willkürliche Verhaftungen angeordnet, die Geistlichen zu Abgaben gezwungen und vor weltliche Richter gestellt, Sheriffs ohne Wahl ernannt, die freie Wahl der Parlamentsmitglieder beschränkt, die Kronschätze ohne Genehmigung der Stände versetzt und überhaupt eine Willkürherrschaft angestrebt habe. Der Herzog von Hereford als nächstberechtigter Enkel Eduards III. bestieg nunmehr den Thron [* 9] unter dem Namen Heinrich IV.; Richard aber wurde nach dem Schloß Pontefract geschickt, wo er 1400 entweder von seinen Wächtern ermordet ward, oder den Hungertod starb.

Die parlamentarische Verfassung hatte sich, wie hier noch einmal rekapituliert werden möge, unter den letzten Regierungen immer fester entwickelt und besonders zu immer steigender Bedeutung des Hauses der Gemeinen geführt. Aus dem Petitionsrecht sowie aus dem Steuerbewilligungsrecht erwuchsen demselben alle andern Rechte, welche es nach und nach errang. Neue Vorstellungen für Verbesserungen, neue Bitten um Schutz gegen Mißbräuche wurden von dem Hause stets an seine Geldbewilligungen geknüpft.

Unter Eduard III. legte das Haus der Gemeinen den Grundstein zu seiner Macht und bildete sich seit seiner Trennung vom Oberhaus zu einem abgeschlossenen Staatskörper aus, der sich in seinem Sprecher dem König wie dem Oberhaus gegenüber ein Organ schuf. In der Regel ging schon die Initiative zu allen wichtigern Akten von ihm aus; die gewöhnliche Formel, mit der die Statuten verkündet wurden, lautete: der König verordnet auf Antrag der Gemeinen mit Zustimmung der Lords und Prälaten.

Unter Richard II. erhielt das Haus der Gemeinen das Zugeständnis, daß »bei Feststellung der Gesetze, der Geldbewilligungen und aller sonstigen Dinge für den gemeinen Nutzen des Königreichs seine Zustimmung erforderlich sei«, daß es ohne dieselbe an kein Gesetz gebunden sein sollte. Endlich hatte es, wie erwähnt, unter Eduard III. 1376 zum erstenmal als geschlossene Korporation von seinem Anklagerecht Gebrauch gemacht, und unter Richard II. erfolgten schon sehr häufig Anklagen gegen große Kronbeamte, bis dann der König selbst durch einen Anklageakt des Parlaments, den sechs Prokuratoren, zwei für die Prälaten, zwei für die weltlichen Lords, zwei für Ritter und Gemeine, vertraten, seines Throns verlustig erklärt ward.

Herrschaft des Hauses Lancaster.

Mit Heinrich IV. (1399-1413) kam das Haus Lancaster auf den Thron. Auch er hatte mit vielfachen Verschwörungen zu kämpfen;

schon 1400 versuchten zahlreiche Edelleute in Windsor sich seiner Person zu bemächtigen, büßten aber, nachdem ihr Plan gescheitert war, mit dem Leben. 1402 trat in Schottland ein falscher Richard II. auf, der zahlreiche Anhänger fand;

an der Nordgrenze dauerte der Kampf zwischen schottischer und englischer Ritterschaft fort;

letztere unter Führung des Grafen von Northumberland und seines Sohns Heinrich Percy, genannt Hotspur (»Heißsporn«),

siegte bei Nesbit Moor 26. Juni und Homildonhill 14. Sept. Bald nachher kam es aus noch wenig bekannten Gründen zu einem Bruch zwischen dem König und den Percys;

dieselben wandten die Waffen gegen Heinrich, doch die Schlacht bei Shrewsbury 21. Juli 1403, in der Percy fiel, entschied für den König.

Burgen

Bild 3.650a: Burgen
* 10 Burgen.

Northumberland ergab sich darauf, wurde 1404 begnadigt, empörte sich aber 1405 aufs neue in Verbindung mit dem Erzbischof von York und dem schon seit 1401 im Aufstand begriffenen Owen Glendower, welcher Titel und Herrschaft der alten Fürsten von Wales beanspruchte und seine Landsleute um sich zu scharen gewußt hatte. Trotzdem Frankreich und Schottland die Empörer unterstützten, behauptete sich Heinrich, nahm 1405 den Erzbischof gefangen und ließ ihn hinrichten, zwang Northumberland zur Flucht und brach seine Burgen, [* 10] nahm den Thronfolger von Schottland, den Prinzen Jakob, dessen Vater Robert III. 1406 starb, durch einen glücklichen Zufall auf einer Fahrt nach Frankreich gefangen und verband sich gegen das letztere mit dem Herzog von Burgund.

Als Northumberland 1408 wieder in England einfiel, verlor er 15. Febr. bei Bramham Sieg und Leben, während gleichzeitig der gleichnamige Sohn Heinrichs wenigstens den Süden von Wales wieder unterwarf. Im Innern verband sich Heinrich IV. mit dem orthodoxen Klerus und bekämpfte die Anhänger Wiclefs, die Lollarden (s. d.); unter ihm flammten die ersten Scheiterhaufen in England. Auch mit dem Parlament stand der König in gutem Einvernehmen, sicherte den Gemeinen ihr Steuerbewilligungsrecht und ihren Anteil an der Gesetzgebung, räumte ihnen 1404 sogar eine Kontrolle über die Verwendung der bewilligten Steuern ein und gewährte ihnen in seinem neunten Regierungsjahr das Recht der Initiative in Geldangelegenheiten (the originating of money bills). Anderseits wußte Heinrich auch seine Prärogative zu wahren und wies 1406 den kecken Antrag der Gemeinen, einen Teil der kirchlichen Güter einzuziehen, ungnädig zurück. Ein kraftvoller und kluger Herrscher, unter dem sich Englands Handel und Wohlstand bedeutend hoben, starb Heinrich 20. März 1413 und hinterließ das Reich seinem Sohn.

Heinrich V. (1413-22) war als Prinz von Wales von seinem Vater wegen des ausschweifenden Lebenswandels, dem er sich ergeben hatte, wiederholt zurückgesetzt worden, entfaltete aber nach seiner Thronbesteigung im Kabinett wie im Feld eine seltene Begabung. Daß er die lustigen Genossen seiner zügellosen Jugend aus seiner Umgebung entfernte, ist historische Wahrheit; wenn aber Shakespeare ihn auch den Ratgebern seines Vaters, die ihn bis dahin verfolgt hatten, verzeihen läßt, so ist das Erdichtung: die einflußreichsten derselben wurden gleich in den ersten Tagen der neuen Regierung entfernt.

In der Verfolgung der Lollarden ahmte er seinem Vater nach, erstickte einen Aufstand derselben 1414 im Keim und ließ die ergriffenen Rädelsführer hinrichten. Unmittelbar darauf erneuerte er die Ansprüche Eduards III. auf den französischen Thron, indem er die innern Zerrüttungen Frankreichs unter dem wahnsinnigen König Karl VI. benutzte, schloß einen geheimen Bundesvertrag mit dem Herzog von Burgund, landete im August 1415 mit 30,000 Mann in der Normandie und bemächtigte sich infolge seines Siegs bei Azincourt 25. Okt. fast der ganzen Normandie.

Rotzloch - Rouen [unko

Bild 63.1032: Rotzloch - Rouen [unkorrigiert]
* 11 Rouen.

Ein Vermittelungsversuch des deutschen Kaisers Siegmund, der 1416 selbst nach England kam, blieb erfolglos; Heinrich landete 1417 abermals in Frankreich, eroberte 1419 Rouen, [* 11] knüpfte nach der Ermordung des Herzogs Johann von Burgund das Bündnis mit dessen Nachfolger Philipp noch enger und schloß 21. März 1420 mit Karl VI. den Frieden zu Troyes. Er wurde durch denselben zum Erben der französischen Krone ernannt, worauf er sich mit der Prinzessin Katharina, der Tochter Karls VI., vermählte, verscherzte aber die Gunst des Volkes durch Hochmut und Härte. Als der enterbte Dauphin darauf den Kampf fortsetzte und 1421 bei Baugé einen Vorteil über den Herzog von Clarence gewann, ging Heinrich noch einmal nach Frankreich, um den Fortschritten des Dauphins Einhalt zu

Fortsetzung Großbritannien: → Seite 7.795 || thun, und eroberte im März 1422 Meaux, starb aber noch in demselben Jahr zu Vincennes 31. Aug.