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Seite 14.381, Schaf (europäische Rassen des Hausschafs) | eLexikon

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und großen ungehörnten Rassen vor. Zu den erstern gehören die in Island, [* 2] Skandinavien, auf den Färöern vorkommenden nordischen Schafe, [* 3] vor allen aber die in der Lüneburger [* 4] und Bremer Heide sowie im Süden Oldenburgs und Ostfrieslands heimischen Heidschnucken (s. Tafel), die genügsamsten, aber kleinsten aller Schafrassen. Ihre Höhe beträgt etwa 0,55 m. Kopf, Beine und der größte Teil des Schwanzes haben kurzes, straffes Haar, [* 5] der übrige Körper einen langen, zottigen Pelz.

Die Farbe ist schwarz, braun oder grau. Trotz des geringen Wertes der Wolle sind die harten, ausdauernden Tiere für die Bewohner jener Moor- und Sandflächen von großem Nutzen. Zu den ungehörnten kurzschwänzigen Schafen gehören das Vagasschaf der Elbinger Niederung, das holländische Marschschaf (Texel- und flandrisches S.), das friesische, Eiderstedter und Dithmarscher S. Diese Schafe tragen eine schlichte, sanfte Wolle von etwa 20-22 cm Länge bei einmaliger Schur und liefern ein Schurgewicht von 2½-3 kg;

sie sind nicht frühreif, erreichen aber eine Größe von über 75 cm, sind sehr mastfähig und werden zum Teil auch gemolken.

2) Das Zackelschaf (O. strepsiceros) hat einen bewollten, dürren, bis über das Sprunggelenk reichenden Schwanz; das Vlies besteht überwiegend aus recht grobem Grannenhaar, das mit einem nicht viel feinern Wollhaar durchsetzt ist; ersteres erreicht eine Länge von 0,24 m, letzteres von 0,12 m. Beide Geschlechter sind gehörnt, die Hörner drehen sich in schraubenartigen Windungen um ihre eigne Längsachse. Die männlichen Tiere überragen die weiblichen bedeutend an Größe. Außer der Wolle (1,8-3 kg pro Jahr und Stück) liefern sie Milch und Fleisch. Sie sind über Ungarn, [* 6] Siebenbürgen, Moldau und Südrußland verbreitet.

Italien, nördliche Häl

Bild 9.53c: Italien, nördliche Hälfte
* 7 Oberitalien.

3) Das Hängeohrschaf (O. catotis), in Oberitalien, [* 7] Steiermark [* 8] und Kärnten, hat lange, herabhängende Ohren. Der Hauptrepräsentant ist das Bergamasker S. in Bergamo, Como und der Lombardei, ein ramsköpfiges, langhalsiges, 0,80 m hohes, 60-70 kg schweres Tier. Gesicht, [* 9] Ohren und Beine bis über Knie und Ferse tragen glatt anliegende, straffe, kurze Haare, [* 10] der übrige Körper Mischwolle aus grobem, bis 22 cm langem Grannenhaar und etwas feinerm, bis 12 cm langem Wollhaar. Die Farbe ist weiß gelblich, das Schurgewicht beträgt 3-4 kg. Die Fruchtbarkeit ist groß, die Milch wird zu Käse verarbeitet. Die andern Hängeohrschafe (das Paduaner, steirische und Seeländer) sind kleiner und stammen vielleicht von dem Bergamasker ab.

Haut (anatomisch)

Bild 8.231: Haut (anatomisch)
* 13 Haut.

4) Das Landschaf (O. Aries), [* 11] im mittlern und westlichen Europa, [* 12] scheidet sich nach dem Charakter des Vlieses in zwei Gruppen: a) in Landschafe mit Mischwolle aus markhaltigen Grannenhaaren und markfreien, eigentlichen Wollhaaren; b) in Landschafe mit markfreien, in der Haut [* 13] büschelförmig verteilten Wollhaaren. - Die Landschafe mit Mischwolle unterscheidet man in langwollige (Wolllänge 16-32 cm) und kurzwollige (8-16 cm). Zu den erstern gehören das Tzurkânschaf und das Tzigaiaschaf, beide in Siebenbürgen, das italienische oder sardinische S., das französische Bergschaf, in den Pyrenäen, Cevennen und Ardennen, und das Schweizer Bergschaf mit den Schlägen Wallisschaf, Frutigenschaf und schwarzes Schweizer S. Alle diese Tiere sind genügsam, nutzen die schwer zugänglichen Bergabhänge aus und besitzen einen kräftigen, muskulösen Körperbau mit wenig Anlage zur Fettbildung.

Außerdem sind hierher einige englische Schafe zu rechnen, die aber weiterhin im Zusammenhang geschildert werden sollen. Zu den kurzwolligen Landschafen der Ebene gehören das bayrische Zaupelschaf, das pommersche oder polnische, das hannöversche und das französische Landschaf. Die Schafe sind aber durch Einführung von Merinos wie auch englischen Fleischschafen und durch Kreuzung mit diesen immer mehr verdrängt und finden sich nur noch in sehr vereinzelten Landstrichen rein.

Die zweite, zu O. Aries gehörige Gruppe bilden die Landschafe mit eigentlicher Wolle. Von diesen unterscheidet man Schafe mit schlichtem oder höchstens etwas gewelltem und solche mit gekräuseltem Wollhaar. Repräsentant der erstern ist (abgesehen von englischen) das deutsche schlichtwollige S., welches als Rhönschaf, rheinisches, hessisches oder lippesches S. in der Gegend nördlich vom Hauptkamm des deutschen Mittelgebirges verbreitet ist. Die niemals gekräuselte Wolle ist bündelweise, mehr oder weniger dicht in der Haut angeordnet, erreicht im Jahreswuchs eine Länge von 16 cm und eignet sich zur Fabrikation walkbarer Stoffe, namentlich aber zur Herstellung glatter, nicht feiner Zeuge. Schurgewicht bei guter Wäsche 1-2,50 kg. Stirn, Gesicht, Ohren und Unterbeine tragen kurzes, glatt anliegendes Haar. Die Farbe ist weiß, nur Kopf und Ohren sind meist schwarz. Beide Geschlechter sind ungehörnt; der Schwanz ist lang, der Körper kräftig, 65-70 cm hoch; das Gewicht ausgewachsener Tiere beträgt 45 bis 50 kg.

Das Prototyp des Schafes mit gekräuselter Wolle ist das edle, kurzwollige spanische Landschaf, das Merino (Ovejas merinos oder transhumantes, wandernde Schafe, s. Tafel), ein Tier von gedrungenem Körperbau und Mittelgröße; die Böcke tragen meist große, dem Kopf anliegende, spiralig gewundene Hörner, die Muttertiere sind gehörnt oder ungehörnt. Die Überführung des Merino nach den verschiedensten Ländern und Weltteilen ist ein Akt von kulturhistorischer Bedeutung geworden.

Schweden und Norwegen

Bild 14.700a: Schweden und Norwegen
* 14 Schweden.

Nach Neitzschütz sind die ersten Merinos schon 1723, nach Lasteyrie 1743 nach Schweden [* 14] eingeführt worden; nach Sachsen [* 15] kam der erste Transport Schafe aus Spanien [* 16] 1765, nach Österreich [* 17] 1775, nach Frankreich (abgesehen von frühern, bedeutungslosen Importen) 1776. Von hier aus verbreiteten sie sich über andre Länder, die weiterhin auch direkt Originaltiere bezogen haben. Die eingeführten Tiere sind entweder rein in sich fortgezüchtet oder mit einheimischen Landschafen gekreuzt worden. Zucht-, klimatische und Ernährungsverhältnisse haben verschiedene Zuchtrichtungen geschaffen. Man kann nach dem Charakter der Wolle drei Schläge der Merinos unterscheiden:

1) Das Elektoral- (früher Escorial-) S. (s. Tafel) mit sehr feiner Wolle, nicht sehr reichlichem, leichtflüssigem Fettschweiß, leichtem, dünnknochigem Körper, langem Hals und flacher Brust;

Schurgewicht 0,7-1,2 kg, Körpergewicht der Mutterschafe etwa 25-30 kg.

2) Das Negretti- (früher Infantado-) S. mit weniger feiner Wolle (s. Tafel), reichlichem, mitunter schwerflüssigem Fettschweiß, kurzem, breitem Kopf, gedrungenem Hals und im ganzen kräftigerm Körper; Hals und Hinterteil zeigen zahlreiche Hautfalten; Kopf und Beine sind gut bewachsen, die Hörner der Böcke stark. Schurgewicht bei den Mutterschafen 1-2,5 kg, Körpergewicht derselben 30-40 kg.



Schaf (Schafzucht)

Bild 14.382: Schaf (Schafzucht)
* 18 Seite 14.382.

3) Das Kammwollschaf und zwar a) das französische oder Rambouilletschaf mit noch weniger feiner, aber ziemlich (über 6 cm) langer Wolle und von bedeutender Körpergröße; Kopf und Beine sind ebenfalls gut bewachsen. Schurgewicht der Mutterschafe über 2 kg, Körpergewicht derselben 40-56 kg.

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b) Das deutsche (mecklenburgische, Boldebuker) Kammwollmerino mit gleichfalls langer Wolle, aber, obschon von dem französischen abstammend, infolge mangelhafterer Ernährung kleinerm Körper. Von geringerer Bedeutung ist das hier noch zu nennende Mauchampschaf mit langer (10 cm), seidenglänzender Wolle. Dieser Schlag von hornlosen, mastfähigen Schafen verdankt dem Umstand seine Entstehung, daß 1828 in der Merinoherde von Graux in Mauchamp zufällig ein Bocklamm mit langer, seidenartiger Wolle fiel, das dann weiter zur Zucht benutzt wurde.

Leibrock - Leicester (

Bild 61.46: Leibrock - Leicester (Stadt)
* 19 Leicester.

Außer diesen Gruppen werden die englischen Schafe besonders im Zusammenhang genannt, weil wegen der vielen Kreuzungen ihre Einreihung in die obigen Gruppen nicht wohl durchführbar ist. Man bringt sie am passendsten in zwei Abteilungen, in langwollige (Niederungs-, Marschschafe) und in kurzwollige (Downs, Höhenschafe). Unter den langwolligen muß in erster Linie das Leicesterschaf (s. Tafel) genannt werden, welches von dem berühmten Züchter Robert Bakewell seit 1755 zu Dishley in der Grafschaft Leicester [* 19] aus der heimischen, der friesischen ähnlichen Rasse gezüchtet wurde.

Zuchtziel war ihm: größtmögliche Frühreife des Tiers bei größtmöglicher Produktion von Fleisch und Fett sowie leichte Mastfähigkeit. Dies ist in dem Leicesterschaf erreicht. Dasselbe hat einen leichten, nackten, ungehörnten Kopf mit leicht gewölbter Profillinie und kleinen, seitlich abstehenden Ohren, einen kurzen Hals, eine lange Stirn und Kruppe, einen hoch angesetzten, bei neugebornen Lämmern sehr langen Schwanz, hohe, weiß behaarte Beine. Die Körperhöhe beträgt 75 cm, das Gewicht der Mutterschafe 60-70 kg. Dabei trägt es eine kräftige, weiße, wenig fettschweißige, über 20 cm lange Kammwolle; das Schurgewicht beträgt 6 kg und darüber. Es ist aber empfindlich, wählerisch im Futter und wenig fruchtbar.

Außerdem gehören zu derselben Abteilung das Cotswoldschaf mit kürzerer Wolle, aber größerm, starkknochigem, noch mehr mastfähigem Körper: das Lincolnschaf mit weicher, seidenglänzender, über 20 cm langer Kammwolle, 3,5-6 kg Schurgewicht, hervortretender Stirn und nacktem Kopf, aber von nicht so guter Frühreife und Mastfähigkeit;

das Romney-Marsch- oder Kentschaf mit langem, schmalem, weißem Kopf, langen, spitzen, aufrecht stehenden Ohren und ziemlich hohen, dünnen Beinen;

endlich das Devonshire- und das Tenswaterschaf.

Lunge (Bau der menschl

Bild 10.1007: Lunge (Bau der menschlichen L.; Erkrankungen)
* 20 Lunge.

Zu den kurzwolligen englischen Schafen, deren Wolle indessen immer noch bedeutend länger ist als die der langwolligsten Kammwollmerinos, gehören die Southdowns, Schafe von großer Frühreife und Mastfähigkeit. Der Rumpf hat ausgesprochene Parallelogrammform, Brust, Rücken und Kruppe sind breit und fleischig, dabei der knöcherne Brustkasten, wie man bei Betrachtung des lebenden Tiers kaum glauben sollte, und ebenso die Lunge [* 20] auffallend klein, das Brustbein kurz.

Der Kopf ist klein, kurz, schwarzbraun, ungehörnt, bis zu den Augen bewachsen, mit Vertiefungen über den Augen und kleinen, schwach herabhängenden Ohren versehen; die Beine sind fein, kurz und ebenfalls schwärzlich, das ganze Knochengerüst fein. Die Wolle ist weiß, mäßig fein, 8-10 cm lang, ziemlich gekräuselt und als Kammwolle zu verwenden; das Schurgewicht beträgt 1,50-2 kg. Ursprünglich von John Ellman in der Grafschaft Sussex seit 1770 gezüchtet, haben sie sich bald über ganz England und den Kontinent verbreitet. Weit weniger verbreitet sind die Shropshires, die Oxfordshiredowns, die Hampshiredowns, die Suffolks und die Cheviotschafe.

Weide

Bild 16.480a: Weide
* 21 Weide.

Schafzucht.

Die Zucht der Schafe ist besonders bei extensivem Wirtschaftsbetrieb in Gegenden mit großem Grundbesitz am Platz. Wo ausgedehnte Weideflächen ausgenutzt werden müssen, sind die Schafe ein unentbehrlicher Faktor in der Wirtschaft. Aber auch bei intensivem Betrieb, wo das wesentlichste Gewicht auf die Haltung des Rindviehs gelegt wird, sind die Schafe wertvoll durch Ausnutzung von sterilen, nicht zu Ackerland brauchbaren Höhenweiden, von Stoppelfeldern und Brachschlägen. Wo die Weide [* 21] fehlt, wirft höchstens die Haltung von Fleischschafen eine Rente ab. Nach diesen wirtschaftlichen und den Absatzverhältnissen richtet es sich, ob die Schafzucht als Wollschäferei, als Fleischschäferei, als Stamm- oder Zuchtschäferei am zweckmäßigsten betrieben wird.

Bei der Wollschäferei macht man wieder einen Unterschied, ob man hochfeine, zur Streichgarnfabrikation geeignete Wolle, Tuchwolle, oder mittelfeine, zur Kammgarnfabrikation taugliche Wolle, Kammwolle, oder endlich Wolle für mehrseitigen Gebrauch, à deux mains, gewinnen will. Bei der Produktion von Tuchwolle wird auf möglichste Reichwolligkeit der Tiere gesehen, während der Körper, das spätere Schlachtergebnis, mehr in den Hintergrund tritt; bei der Produktion von Kammwolle dagegen wird gleichzeitig bedeutendes Gewicht auf großen Körper und gute Mastfähigkeit der Tiere, also auf die Erzielung reichlicher Mengen von Fleisch und Fett, gelegt.

Für die feine Tuchwolle sind geeignet die Elektorals, Elektoral-Negrettis und Negrettis, für gröbere Tuchwollen die verschiedenen Rassen von Landschafen, für Kammwolle die Rambouillets und deutschen Kammwollmerinos sowie einige englische Schafe, namentlich die Southdowns, zur Fleischschafzucht die verschiedenen englischen Rassen, besonders die Leicesters, Cotswolds, Southdowns, Oxfordshires und Hampshiredowns oder Kreuzungen dieser mit Merinos oder Landschafen.

Bocholt - Bock

Bild 3.99: Bocholt - Bock
* 22 Bock.

Wer Stammschäferei betreibt, will außer Wolle und Fleisch auch noch einen erklecklichen Gewinn aus dem Verkauf von Zuchttieren erzielen. Nächst der Rasse kommt es bei der Auswahl der Zuchttiere auf die Qualität der Individuen an. Bei Wollschafen ist natürlich das größte Gewicht auf die Beschaffenheit des Vlieses zu legen. Der zur Zucht benutzte Bock [* 22] soll einen kräftigen, kurzen, breiten Kopf, behaarte, nicht rötlich durchscheinende Ohren, einen kurzen, muskulösen Hals, breiten, gerundeten Widerrist und Rücken, ein breites, nicht abfallendes Kreuz, [* 23] eine breite, tiefe Brust, gute Rippenwölbung, nicht zu hohe, kräftige, weit auseinander und gerade gestellte Beine besitzen.

Legt man außer dem Quantum der Wolle weniger auf die Feinheit derselben als auf gutes Schlachtergebnis Gewicht, so darf den Zuchttieren die erforderliche Größe nicht fehlen. Bei Fleischschafen fällt dieser Punkt (großer, parallelogrammförmiger Körper mit kleinem Kopf und kurzen Beinen, welche die Eigenschaft der Frühreife und guten Mastfähigkeit dokumentieren) in erster Linie ins Gewicht. Mit 2-2½ Jahren werden die Schafe zur Zucht verwendet. Die Dauer der Trächtigkeit beträgt etwa 5 Monate; Merinos tragen 150, Southdowns nur 144 Tage. Trotzdem läßt man nur einmal im Jahr (Winter, Frühjahr oder Sommer) lammen; nur in Stammschäfereien, wo der Verkauf von Zuchttieren hohe Einnahmen bringt, hält man wohl zuweilen an einer zweimaligen Lammung fest. Während der Trächtigkeit muß man

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