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Bild 7.355, Gips (natürliches Vorkommen und Entstehen; technische Verarbeitung)

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
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perlmutterglänzende, rhomboidale Täfelchen. Er löst sich bei 0° in 488, bei 20° in 414, bei 35° in 393, bei 100° in 460 Teilen Wasser, leichter in Wasser, welches Kochsalz, Salzsäure oder Salpetersäure enthält, nicht in Alkohol. Der Gips [* 1] bildet Stöcke in der Urschieferformation, tritt aber vorherrschend mit den Steinsalz-, Thon-, Dolomit- und Kalksteinablagerungen der meisten Formationen im engen Verband [* 2] auf. In der obersilurischen Salzgruppe kennt man ihn im Staat New York, in Kanada, im mitteldevonischen Übergangsgebirge in Kur- und Livland, [* 3] im untern Kohlengebirge in Nordrußland, Neuschottland, Ohio und Michigan.

Gurnigelbad - Gürtel [

Bild 58.571: Gurnigelbad - Gürtel [unkorrigiert]
* 7 Gürtel.

Für Europa [* 4] ist sein Auftreten im Zechsteingebirge wichtig; er ist hier meist undeutlich geschichtet, vielfach zerrissen, zerklüftet, ausgenagt, Höhlen und Schlotten bildend. So erscheint er besonders mächtig und ausgedehnt rings um den Harz, im Süden bei Osterode, [* 5] nördlich bei Nordhausen, [* 6] vereinzelt am Fuß des Thüringer Waldes. Den Ural begleitet ein breiter Gürtel [* 7] gipsführenden Gebirges von Orenburg bis über den 60.° hinaus. Die Trias führt Gips im Bunten Sandstein (Jena, [* 8] Unstrutthal, Alpen), [* 9] im Muschelkalk (Segeberg, Lüneburg, [* 10] Mark, Schwaben, Alpen) und Keuper.

Arm an Gips sind Jura und Kreide, [* 11] um so reicher das Tertiärgebirge. Zum Eocän rechnet man die mächtigen Gipsstöcke im nördlichen Spanien, [* 12] den Alabaster Ägyptens in der Wüste und den knochenreichen Gips des Montmartre, zum Oligocän den Süßwassergips von Aix in der Provence, zum jüngern Tertiärgebirge die das Steinsalz begleitenden Gipse am Fuß der Karpathen und die in einem 450 km langen Gürtel sich hinziehenden Ablagerungen von Dirschel bei Ratibor [* 13] durch Galizien bis zum Dnjestr in Podolien, den Gips von Tortona in Oberitalien [* 14] und die durch ihren Schwefel wichtigen gipsführenden Ablagerungen Siziliens.

Gips entsteht bei der Zersetzung von kohlensaurem Kalk und andern Kalksalzen durch Schwefelsäure. [* 15] Aus Gesteinslagern, welche kohlensauren Kalk und verwitternden Schwefelkies enthalten, können daher gipshaltige Quellen entspringen, weil aus dem Schwefelkies bei der Verwitterung Schwefelsäure gebildet wird. Aber auch wenn aus Vulkanen entweichender oder bei Fäulnisprozessen entwickelter Schwefelwasserstoff auf kohlensauren Kalk einwirkt, entsteht unter Oxydation des Schwefelwasserstoffs schwefelsaurer Kalk, ebenso bei Einwirkung schwefliger Säure auf Kalkstein.

Aus einer nicht zu stark verdünnten Lösung von Chlorcalcium scheidet sich bei Zusatz von schwefelsaurem Natron Gips kristallinisch aus, und Chlornatrium bleibt in Lösung. In der Natur findet sich schwefelsaurer Kalk auch wasserfrei als Anhydrit, der durch Aufnahme von Wasser in Gips übergeht. Die Gipsablagerungen werden infolge der Löslichkeit des Gipses durch einsickerndes Wasser allmählich zerstört. Es bilden sich nicht selten ganz regelmäßig cylindrische und senkrecht niedergehende Schlöte (Gipsorgeln), die allmählich zu Höhlen erweitert werden (Kelle bei Ellrich unweit Nordhausen, Höhlen bei Wimmelburg, Barbarossahöhle am Kyffhäuser).

Flüsse

Bild 56.938: Flüsse
* 16 Flüsse.

Bisweilen wird das ganze Gipslager durch Wasser ausgewaschen, und endlich stürzt das Deckengestein herab und bildet einen Erdfall, wie sich dergleichen am Süd- und Nordrand des nordwestlichen Thüringer Waldes zahlreich finden. Das gashaltige Quellwasser ist ungemein hart und daher zu manchen Zwecken wenig tauglich; sickert es durch mächtige Thon- oder Lehmlager, so absorbieren diese den Gips, und es fließt aus ihnen weiches Wasser ab; geht aber das Gipswasser durch Dolomit, so setzt sich dessen kohlensaure Magnesia mit dem schwefelsauren Kalk um, es entsteht kohlensaurer Kalk, und das Wasser enthält schwefelsaure Magnesia. Aus den Quellen gelangt das gipshaltige Wasser in die Flüsse [* 16] und ins Meer, und hier wird der Gips durch die Organismen wieder in kohlensauren Kalk umgewandelt.

Technische Verarbeitung.

Der Gips findet in der Technik vielfache Verwendung. Alabaster wird zu allerlei Luxusgegenständen verarbeitet; faseriger Gips dient gepulvert als Streusand. Gipspulver dient zu Stucco lustro, zu Kitten und sehr häufig zur Verfälschung andrer Pulver, wie Stärke, [* 17] Mehl, [* 18] Chinin, Bleiweiß; [* 19] Farbstoffe pflegt man mit Gips zu mischen, um ihnen einen hellern Ton zu geben. Man gebraucht Gips als Zusatz zur Masse verschiedener Porzellanarten, zu Glasuren und Emails. In der Form von Gips sind enorme Mengen Schwefelsäure in der Natur aufgespeichert, aber alle Versuche, diese, resp. die 18,6 Proz. Schwefel, welche der Gips enthält, zu verwerten, sind bisher gescheitert.

Größern praktischen Wert hat die Benutzung des Gipses als Dungmittel. Behandelt man Gips mit kohlensaurem Ammoniak, so entstehen kohlensaurer Kalk und schwefelsaures Ammoniak. Nun entwickelt sich bei der Zersetzung des Mistes sehr viel kohlensaures Ammoniak und geht, wie der stechende Geruch in Ställen beweist, größtenteils verloren. Bestreut man dagegen den Mist mit Gipspulver, so wird das wertvolle Ammoniak in das nicht flüchtige Schwefelsäuresalz übergeführt und bleibt erhalten.

Papierfabrikation

Bild 12.674a: Papierfabrikation
* 20 Papierfabrikation.

Auf dem Feld benutzt man den Gips als Kopfdünger namentlich auf Klee, Luzerne, Esparsette, Hülsenfrüchte, Raps und Rübsen und erzielt unter geeigneten Bodenverhältnissen glänzende Resultate (s. Dünger, S. 222). Unter dem Namen Annaline wird Gips als Zusatz zum Papierzeug (25-30 Proz.) in der Papierfabrikation [* 20] verwendet. Zu diesem Zweck wird ein äußerst zartes Gipspulver dargestellt, indem man gebrannten, mäßig fein gepulverten Gips mit seinem zwölffachen Gewicht Wasser mischt, etwa 15 Minuten rührt, bis die Mischung Rahmkonsistenz angenommen hat, und die Masse in eine Zentrifugalmaschine bringt, um das Wasser von dem Gips zu trennen.

Am häufigsten wird der Gips gebrannt, d. h. durch Erhitzen entwässert, weil er dadurch die Fähigkeit erlangt, nach dem Anrühren mit Wasser (Löschen) zu erhärten. Der Gips verliert von seinem Kristallwasser fast genau 75 Proz., wenn er in einem mäßigen Luftstrom auf 90° oder in ruhender Luft auf 100-125° erhitzt wird. Über 200° geht auch das letzte Viertel des Kristallwassers fort, und dieser wasserfreie hat die Eigenschaft, mit Wasser zu erhärten, verloren, er ist totgebrannt.

Der gebrannte Gips des Handels (Gipskalk, Sparkalk) enthält meist 5,27 Proz. Wasser. Der Grad der Härte, welchen der gebrannte Gips nach dem Anrühren mit Wasser erlangt, hängt zum Teil davon ab, daß beim Löschen nicht mehr Wasser als nötig zugesetzt wird, zum Teil aber auch von der Beschaffenheit des ungebrannten Gipssteins und von dem Grade des Brennens. Körniger Gips gibt eine härtere Masse als faseriger und blätteriger;

eine gewisse Quantität Wasser ist erforderlich, um den Brei verarbeiten zu können;

nimmt man aber zu viel Wasser, so wird der locker und porös;

guter, frisch gebrannter Gips erstarrt in 1-2 Minuten unter gelinder Erwärmung und dehnt sich dabei um ungefähr 1 Proz. aus, und hierauf beruht seine Anwendung zu Kunstgüssen, zum Abformen, Ausgießen der Mauerfugen etc. Gelöschter und erhärteter Gips ist

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