Seite 18.430, Historische Litteratur (Mittelalter, Deutschland) | eLexikon
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Nachtrag zu seiner Abhandlung »Die Kriegszüge des Germanicus« (Berl. 1889) F. Knoke. Der erstgenannte verwirft Mommsens Annahme von Osnabrück [* 2] als Schlachtort und entscheidet sich für Horn in Lippe, [* 3] der zweite für Lemförde (im Norden [* 4] des Teutoburger Waldes),
der dritte für Iburg. Eine Geschichte des Reiches der Seleukiden und dann der Parther findet sich in A. v. Gutschmids »Geschichte Irans und seiner Nachbarländer von Alexander d. Gr. bis zum Untergang der Arsakiden« (Tübing. 1888), einem auf tiefer Gelehrsamkeit beruhenden Werke (selbst Berichte chinesischer Annalen werden verwertet),
das nach des Verfassers Tode Th. Nöldeke herausgegeben hat. Einen viel tiefern Standpunkt nimmt G. Rawlinson, »History of Phoenicia« (Lond. 1890), ein, das, obgleich auf einen weitern Leserkreis berechnet (es ist illustriert),
an kritischer Gründlichkeit zu viel zu wünschen übrigläßt.
Banco - Banda
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Band.Mittelalter.
Den Übergang zum Mittelalter bildet M. J. ^[richtig: J. B. für John Bagnell] Bury, »History of the later Roman empire« (Lond. 1890), der in knappen Umrissen die Ereignisse von 395 bis Justinian und dann ausführlicher bis 800 mit besonderer Berücksichtigung der innern Zustände des byzantinischen Reiches schildert. Im wesentlichen in dieselbe Zeit, wenn auch in andre Gegenden, führt uns L. Lindenschmits »Handbuch der deutschen Altertumskunde«, dessen erster Band [* 5] (Braunschw. 1889) die Altertümer der merowingischen Zeit behandelt. Abweichend von Arbois de Jubainville, der auch in der 2. Aufl. seiner »Premiers habitants de l'Europe« (Bd. 1, Par. 1889) auf Grund der alten Schriftsteller die absonderlichsten Ansichten über die älteste Bevölkerung [* 6] Europas aufstellt, stützt sich Lindenschmit lediglich auf die Altertümer und Gräberfunde, von denen er selbst eine wertvolle Sammlung im römisch-germanischen Zentralmuseum zu Mainz [* 7] in mustergültiger Anordnung zusammengestellt hat.
Ihm gilt als allein berechtigtes Prinzip für die Einteilung der Altertümer die Zeitfolge der Formen, nicht mehr wie bei seinen Vorgängern die Zeitfolge der Stoffe. Die Geschichte des fränkischen Reiches unter Merowingern und Karolingern stellt F. Dahn in der 1888 erschienenen zweiten Hälfte des ersten Bandes seiner »Geschichte der deutschen Urzeit« dar, sich vielfach anlehnend an seine Behandlung desselben Gegenstandes in Band 3 seiner »Urgeschichte der germanischen und romanischen Völker«. Über die sogen. Konstantinische Schenkung haben Brunner und Zeumer (Berl. 1888), W. Martens (Münch. 1889) und J. ^[Johann] Friedrich (Nördling. 1889) geschrieben.
Rom
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Rom.Die genannten Gelehrten nehmen sämtlich die päpstliche Kanzlei in Rom [* 8] als Entstehungsort der Fälschung an; weniger stimmen sie in betreff der Zeit überein. Die erstgenannten plaidieren für 813-816, Martens nicht recht überzeugend für die Zeit Hadrians I. (772-795), Friedrich endlich unterscheidet in der Urkunde einen ältern Teil, dessen Abfassung er vor 653, und einen jüngern, den er vor 754 ansetzt. Lamprecht, »Die römische Frage von König Pippin bis auf Ludwig d. Fr.« (Leipz. 1889),
tritt in betreff des ersten Teils der Urkunde Friedrichs Ansicht bei, die Abfassung des zweiten Teils verlegt er in die Jahre 813-816. Scheffer-Boichorst (»Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung«, Bd. 10 u. 11) versetzt die Entstehung der ganzen Fälschung in die Zeit Pauls I. (757-767),
Orden
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Orden.Löning endlich in Sybels »Historischer Zeitschrift«, Bd. 65, in die erste Zeit Hadrians I. (772-781). Eine zweite, gänzlich umgearbeitete Auflage von S. Abel, »Jahrbücher des Fränkischen Reichs unter Karl d. Gr.« (Bd. 1, Leipz. 1888) hat der Verfasser des 2. Bandes dieses Werkes, B. Simson, erscheinen lassen. Historische Prutz, der früher in »Geheimlehre und Geheimstatuten des Tempelherrenordens« (1879) diesem ketzerische Ansichten zuschrieb, welche seine Auflösung als berechtigt erscheinen ließen, mildert in seinem neuen Werke: »Entwickelung und Untergang des Tempelherrenordens« (Berl. 1888) ihre Schuld erheblich, da er annimmt, daß der Orden [* 9] nur bei der Aufnahme neuer Mitglieder irreligiöse, symbolische Gebräuche hatte.
Eine vortreffliche, auf den gründlichsten Studien in französischen und italienischen Archiven beruhende Geschichte der Inquisition bietet Historische Ch. Lea, »A history of the inquisition of the middle ages« (New York 1888,3 Bde.), ein Buch, das mehr Glauben beanspruchen darf als die frühern ultramontanen Darstellungen dieses Gegenstandes. Band 1 handelt von dem Ursprung der Inquisition in den Zeiten Gregors IX. und Innocenz' IV., Band 2 von ihrer Wirksamkeit in Frankreich, Italien, [* 10] Böhmen [* 11] etc., Band 3 enthält einzelne Abhandlungen, z. B. über den Prozeß gegen die Templer, die Jungfrau von Orléans etc.
Deutschland.
A. Haucks »Kirchengeschichte Deutschlands« [* 12] (Bd. 1, Leipz. 1888) gibt eine aus besonnener Kritik beruhende und trotz des verwickelten Stoffes übersichtliche Darstellung der ältesten Zeit bis auf Bonifaz. Eine populäre »Deutsche [* 13] Geschichte«, welche die Ergebnisse der neuern Forschung berücksichtigt, hat O. Kämmel (Dresd. 1889) geschrieben. Von G. Richters »Zeittafeln der deutschen Geschichte im Mittelalter« ist die dritte Abteilung im Erscheinen begriffen; ein erster Band (Halle [* 14] 1890) behandelt die Zeit der sächsischen und der ersten salischen Kaiser (bis 1056),
Bamberg (Stadt)
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Bamberg.letztere aus der Feder von Historische Kohl. Noch weiter, bis zum Ausgang des salischen Geschlechts, reicht M. Manitius' »Deutsche Geschichte unter den sächsischen und salischen Kaisern« (Stuttg. 1889); der Verfasser zeigt große Vertrautheit mit dem Stoffe, berücksichtigt aber die innern Verhältnisse nicht ausreichend. Eine umfangreiche Biographie des Bischofs Otto I. von Bamberg, [* 15] des Apostels der Pommern, [* 16] hat G. Juritsch (Gotha [* 17] 1889) geliefert. Noch vor seinem Tode war es W. v. Giesebrecht vergönnt, die lange erwartete zweite Abteilung von Band 5 seiner »Geschichte der deutschen Kaiserzeit« zu veröffentlichen. Das Buch ist dem wichtigsten Lebensabschnitt Friedrich Barbarossas, der Zeit seiner Kämpfe mit Alexander III. und Heinrich dem Löwen, [* 18] gewidmet. Der Verfasser verlegt die vielbesprochene Zusammenkunft des letztern mit dem Kaiser nach Chiavenna, ist aber auch nicht im stande, den Zeitpunkt genau festzustellen. Die »Jahrbücher der deutschen Geschichte« haben durch E. Winkelmann, »Kaiser Friedrich II.«, wovon Bd. 1 (Leipz. 1889) bis 1228 reicht, eine wesentliche Bereicherung erfahren. Der Verfasser hat hier den von ihm schon in einer Monographie behandelten Stoff nochmals mit Benutzung neuen Urkundenmaterials bearbeitet und sich durch die annalistische Anlage jener Sammlung in seiner Darstellung nicht beengen lassen; seine meist günstige Auffassung von Friedrichs Wirksamkeit erscheint wohlbegründet. Th. Lindner behandelt im ersten Bande der »Deutschen Geschichte unter den Habsburgern und Luxemburgern« (Stuttg. 1890) den Zeitraum von Rudolf von Habsburg bis zu Ludwig dem Bayern [* 19] mit gewohnter Gründlichkeit. Aus Rankes Nachlaß haben A. Dove und G. Winter einen 9. Teil der »Weltgeschichte« ¶
Historische Litteratur
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herausgegeben. Darin findet sich zunächst unter dem Titel: »Zeiten des Übergangs zur modernen Welt (14.-15. Jahrhundert)« eine leider nicht auf der Höhe der heutigen Wissenschaft stehende Fortsetzung des Hauptwerkes, ferner eine Sammlung von historischen Vorträgen, die Ranke 1854 dem König Maximilian von Bayern in Berchtesgaden gehalten hat, und die zu den schönsten Leistungen des genialen Mannes gehören.
Von den im Auftrag der Historischen Kommission in München [* 21] herausgegebenen Hanserezessen sind folgende Fortsetzungen erschienen: von der ersten Abteilung Band 6 (Herausgeber K. Koppmann) über die Jahre 1411-18, von der zweiten Abteilung Band 5 (Herausgeber v. d. Ropp) über die Jahre 1460-66, von der dritten Abteilung Band 3 und 4 (Herausgeber D. Schäfer) über die Jahre 1491 bis 1504. Zahlreich sind die Werke, die sich mit dem 16. Jahrh. beschäftigen. Populäre, aber auf sorgfältigen Forschungen beruhende Darstellungen enthalten Egelhaaf, »Deutsche Geschichte im 16. Jahrhundert bis zum Augsburger Religionsfrieden«, wovon Bd. 1 die Jahre 1517-26 umfaßt, und M. Ritter, »Deutsche Geschichte im Zeitalter der Gegenreformation und des Dreißigjährigen Kriegs«, deren erster Band den Zeitraum von 1555 bis 1586 behandelt.
Beide Werke gehören wie die schon erwähnten von Manitius und Lindner und die noch zu erwähnenden Bücher von R. Koser und Historische v. Zwiedineck-Südenhorst der von letzterm herausgegebenen »Bibliothek deutscher Geschichte« an, die auf 24 Bände berechnet ist. Sie bilden einen wohlthuenden Gegensatz zu J. ^[Johannes] Janssens »Geschichte des deutschen Volkes seit dem Ausgang des Mittelalters«, wovon Bd. 6: »Kunst und Volkslitteratur bis zum Beginn des Dreißigjährigen Kriegs« (Freiburg [* 22] 1888), eine weitere Probe von des Verfassers Geschick, die Überlieferung für seine ultramontanen Tendenzen zu verwerten, bietet. Wie zu erwarten, macht er die Reformation für den angeblichen Verfall der Litteratur und Kunst im 16. Jahrh. verantwortlich, übersieht aber, daß damals schon ein merklicher Aufschwung im gesamten Geistesleben gegenüber dem 15. Jahrh. eingetreten ist.
Von Historische Baumgartens »Geschichte Karls V.« ist der Schluß des zweiten Bandes (Stuttg. 1888) erschienen, der die Ereignisse vom Bauernkrieg bis zu Karls Krönung in Bologna mit Benutzung von neuem Material aus dem Wiener Archiv behandelt. Unter den kleinern Werken über jene Zeit erwähnen wir: L. Keller, »Joh. v. Staupitz und die Anfänge der Reformation« (Leipz. 1888),
Jena
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* 23
Jena.wonach Luthers bekannter Gönner als Vorkämpfer des evangelischen Glaubens gelten darf, obwohl er sich zum Austritt aus der katholischen Kirche nicht erschließen konnte. Ferner St. Stoy, »Erste Bündnisbestrebungen evangelischer Stände« (Jena [* 23] 1888),
in dessen letzten Abschnitten über die Bemühungen Philipps von Hessen [* 24] zu gunsten eines allgemeinen evangelischen Bündnisses (1526) mehr Licht [* 25] verbreitet wird. Endlich G. Wolf, »Zur Geschichte der deutschen Protestanten«, 1555-59 (Berl. 1888), schildert die an den Augsburger Frieden sich schließenden Verhandlungen unter den Reichsständen nach neuem, in den Archiven Mitteldeutschlands gewonnenem Material. Der Anregung des Vereins für Reformationsgeschichte verdanken wir die Schrift von Historische Ziegler: »Die Gegenreformation in Schlesien« [* 26] (Halle 1888), worin die gegen die schlesischen Protestanten verhängten Gewaltmaßregeln und ihre auch nach dem Westfälischen Frieden fortdauernde Unterdrückung geschildert werden.
Dresden
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Dresden.Zur Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs liefern wertvolle Aufschlüsse die Bände 35 und 39 der Publikationen aus den preußischen Staatsarchiven: »Verhandlungen Schwedens und seiner Verbündeten mit Wallenstein und dem Kaiser, 1631-34« (Teil 1 und 2, Leipz. 1888-89). Der Herausgeber G. Irmer, der in seiner Veröffentlichung bis zum Oktober 1633 gelangt, schöpft vornehmlich aus dem Nachlaß des schwedischen Residenten am Hofe zu Dresden, [* 27] Nicolai. Danach schlug Wallenstein, der nicht zum zweitenmal die leitende Stellung im kaiserlichen Heere aufgeben wollte, 1633 den Schweden [* 28] und Sachsen [* 29] einen gemeinsamen Angriff auf des Kaisers Erblande und die ins Reich einrückenden Spanier vor, konnte aber das Vertrauen der Schweden nicht gewinnen, und deren Bedenken erwiesen sich als berechtigt, da der Herzog im Herbst 1633 seine Vorschläge zurückzog. In der oben erwähnten »Bibliothek deutscher Geschichte« bearbeitet v. Zwiedineck-Südenhorst den Zeitraum der Gründung des preußischen Königtums und hat davon Bd. 1 (Stuttg. 1890) veröffentlicht, der vom Westfälischen Frieden bis zum Tode des Großen Kurfürsten reicht. Der Verfasser betont nicht allein des Kurfürsten Bedeutung für Preußen, [* 30] sondern für das Deutsche Reich und das europäische Staatensystem.
Schon im ersten Supplementband (Bd. 17, S. 305) ist auf den ersten Band der Memoiren des Herzogs Ernst II. von Sachsen-Koburg-Gotha, »Aus meinem Leben und aus meiner Zeit«, hingewiesen; inzwischen sind zwei weitere Bände (Gotha 1888) gefolgt, von denen der erstere die Zeit von den Dresdener Konferenzen (1850) bis zur Gründung des Nationalvereins (1859), der letzte die Thätigkeit des Vereins, die schleswig-holsteinische Verwickelung, die Ereignisse von 1866 und die Gründung des Deutschen Reiches behandelt.
Diese Enthüllungen, gegen deren Glaubwürdigkeit ein Zweifel nicht möglich ist, gewähren interessante Aufklärungen über die preußische Politik vor dem Krimkrieg, über des Herzogs intimes Verhältnis zu Napoleon III., mit dem er durch Vermittelung des belgischen Prinzen Chimay eine geheime Korrespondenz unterhielt, über den Anteil des Herzogs an dem Schicksal des Augustenburgers u. a. Besonders wertvoll sind die Mitteilungen über den Anteil des Herzogs an den Langensalzaer Verhandlungen, welche die bis zuletzt von hannöverscher Seite erhobenen Vorwürfe widerlegen, und über seinen Aufenthalt im Hauptquartier in Böhmen und Mähren. Zum Schlusse werfen wir einen Blick auf die beiden epochemachenden Werke, welche sich die Darstellung der neuesten Geschichte Deutschlands zur Aufgabe gemacht haben.
Von Historische v. Treitschkes »Deutscher Geschichte im 19. Jahrhundert« ist Bd. 4 (Leipz. 1889) erschienen. Er behandelt das auf die Julirevolution folgende Jahrzehnt und weist unter anderm nach, daß Friedrich Wilhelm III. sich den Einwirkungen Rußlands und Österreichs gegenüber selbständiger gehalten hat, als man bisher annahm; doch erspart er ihm nicht den Vorwurf, daß er nicht schon beizeiten die Provinzialstände zu einen beratenden Reichstag erweiterte. Historische v. Sybels »Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I.« (Bd. 1-5, Münch. 1889-90) beruht auf den in den preußischen Archiven aufgehäuften Akten, ministeriellen Erlassen und Gesandtschaftsberichten, die durch die Depeschen fremder Mächte, Protokolle der Kammerverhandlungen, Zeitungsberichte und mündliche Mitteilungen ergänzt werden. Daß der Verfasser die deutsche Geschichte vom ¶
Fortsetzung Historische Litteratur:
→ Seite 18.432 || ßischen Standpunkt aus ansieht, ist bei der Art seiner Quellen nicht verwunderlich. Nach einem