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Seite 51.4, Aachen | eLexikon

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
  • ️Mon Mar 25 1799
Titel
Elemente zu Aachen:

1) Regierungsbezirk der preuß. Rheinprovinz

2) Landkreis (ohne Stadt A.) im Reg.-Bez. A.

3) Aachen

[51.7] Aachen-Düsseldorf-Ruhrorter Eisenbahn am 1. Jan. 1866 von der Bergisch-Märkischen-Eisenbahn

[51.8] Aachen-Jülicher Eisenbahn ein aus der 1873 errichteten Aachener Industriebahnaktiengesellschaft

[51.8] Aachen-Maastrichter Eisenbahn die von der Aachen-Maastrichter Eisenbahngesellschaft

Aachen.

A - Aachen

Bild 1.2: A - Aachen
* 4 Aachen.

[* 4]

1) Regierungsbezirk der preuß. Rheinprovinz, [* 5] umfaßt das Gebiet der frühern Reichsstadt Aachen, Teile der ehemaligen Herzogtümer Jülich, Limburg [* 6] und Luxemburg, [* 7] die Grafschaften Schleiden, Reifferscheid, Blankenheim und Gerolstein, die Herrschaft Mechernich der Grafen von Nesselrode, die Abteien St. Kornelimünster, Burtscheid der Cistercienser, Malmedy der Benediktiner u.a., grenzt im Norden [* 8] an Belgien und die Niederlande, [* 9] ist gebirgig (Ardennen, Hohe Venn), hat Industrie, Kohlen- und Eisenbergbau, Ackerbau, Viehzucht [* 10] und Handel, umfaßt 4154,72 qkm mit (1890) 564.566 (281143 männl., 283.423 weibl.) E., 15 Städte mit 286,65 qkm und 208.342 (100899 männl., 107.443 weibl.) E., 375 Landgemeinden mit 3868,68 qkm und 356.224 (180244 männl., 175.980 weibl.) E., ferner 81899 bewohnte, 3500 unbewohnte Wohnhäuser, [* 11] 117.539 Haushaltungen und 246 Anstalten. Dem Religionsbekenntnis nach waren 21036 Evangelische, 539.016 Katholiken, 96 sonstige Christen und 4387 Israeliten.

Der Regierungsbezirk zerfällt in 11 Kreise: [* 12]

Kreise qkm Wohn- Ein- Einw.
stät­ten woh­ner pro qkm
Erke­lenz 288,96 7650 36.047 125
Heins­berg 243,49 7366 34.940 143
Gei­lenkir­chen 196,79 5479 25.471 129
Jü­lich 318,42 8074 41.357 130
Düren 563,31 13.035 80.194 142
Stadtkreis Aa­chen 30,56 6095 103.470 3449
Landkreis Aa­chen 338,93 15.858 122.136 361
Eupen 175,88 3779 27.132 154
Montjoie 361,53 3449 18.483 51
Schleiden 823,83 8972 44.809 54
Malmedy 813,02 6095 30.527 37

Der Reg.-Bez. Aachen zerfällt in die 5 Reichstagswahlkreise: Schleiden-Malmedy-Montjoie (Abgeordneter 1895: Prinz von Arenberg, Centrum), Eupen-Aachen (Dr. Bock, [* 13] Centrum), Stadt Aachen (Mooren, Centrum), Düren-Jülich (Graf Hompesch, Centrum), Geilenkirchen-Heinsberg-Erkelenz (Hitze, Centrum).

2) Landkreis (ohne Stadt Aachen) im Reg.-Bez. Aachen, hat (1890) 122.136 (61407 männl., 60729 weibl.) E. in 3 Stadt- und 21 Landgemeinden.

Textfigur:

Würmer

Bild 16.768a: Würmer
* 14 Wurm.

3) Aachen (frz. und engl. Aix-la-Chapelle; niederdeutsch und niederländisch Aken, Aquen; lat. Aquisgranum, Civitas Aquensis), Hauptstadt des Reg.-Bez. und Stadtkreis, berührt mit dem Weichbilde (30,376 qkm) das Gebiet von Holland und Belgien und liegt 50°46'17" nördl. Br. und 6°4'39" östl. L. von Greenwich, in 173,9 m Höhe am südl. Abhang des Lousbergs (202 m) in einem fruchtbaren, von drei der Wurm [* 14] zufließenden Bächen bewässerten und von den Vorhöhen des Hohen Venns umschlossenen kesselförmigen Thale. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt 10,26° C.

Bevölkerung. [* 15] Die ortsanwesende Bevölkerung A.s betrug 1817: 32300, 1880: 85432, 1885: 95725, 1890: 103.470 (49586 männl., 53884 weibl.) E., d. i. eine Zunahme von 7745 E. oder 8,11 Proz., oder jährlich (1885–90) 1549 Personen;

Geburten (1894) 3866, Sterbefälle einschließlich Totgeburten 2531, Eheschließungen 845. In Garnison liegt das Füsilierregiment Fürst Karl Anton von Hohenzollern Nr. 40. In 5867 bewohnten Wohnhäusern befanden sich (1890) 22606 Familienhaushaltungen und 49 Anstalten.

Dem Religionsbekenntnisse nach waren 6427 Evangelische, 95617 Katholiken, 192 andere Christen und 1334 Israeliten. Geboren waren in Aachen 64595, im übrigen Preußen [* 16] 32255, im übrigen Deutschen Reiche 1505, im Auslande 5115.

Anlage, Straßen, Plätze, Denkmäler. Aachen besteht aus der alten innern, der neuen äußern Stadt und den neuern Vorstädten. An die Stelle der frühern Festungswerke, von denen noch zwei schöne Thorburgen, das Pontthor im NW. und das Marschierthor im S. übrig sind, ist ein promenadenartiger Straßenring getreten. Die wichtigsten und verkehrreichsten Straßen der Altstadt sind: Jakob-, Theater-, Hoch-, Harskamp-, Großköln- und Lousbergstraße, Kapuziner-, Templer-, Dahmen- und Holzgraben.

Öffentliche Plätze: Friedrich-Wilhelms-Platz, der schönste Teil des innern Promenadenrings;

Marktplatz mit dem Erzstandbild Karls d. Gr. auf einem Springbrunnen (1620 errichtet, war 1794 nach Paris [* 17] entführt);

Kaiserplatz mit dem Kaiserbrunnen (von H. Rehm der Stadt geschenkt und 1879 errichtet);

Rehmplatz mit der Mariensäule (nach dem Entwurf von Laurent vom Bildhauer Pohl angefertigt und 1887 aufgestellt);

Hansemannplatz mit der Statue David Hansemanns (1888).

Am Adalbertsteinwege steht das Kongreßdenkmal, eine offene Marmorhalle in antikem Stil, 1836–44 nach Schinkels Entwurf errichtet zur Erinnerung an den Monarchenkongreß (1818) und die Heilige Allianz; vor dem Rheinischen Bahnhofe das Kriegerdenkmal, nach Drakes Entwurf 1872 von Gladenbeck gegossen.

Münster

Bild 11.887: Münster
* 18 Münster.

Kirchen. Unter den 33 Kirchen ist das Münster [* 18] oder der Dom die merkwürdigste. (S. Tafel: Deutsche Kunst [* 19] I, [* 1] Fig. 4, 5 u. 6.) Den Kern bildet die von Odo von Metz [* 20] 796–804 nach dem Vorbild von San Vitale in Ravenna in byzant. Stil erbaute und 805 vom Papst Leo III. geweihte Kaiserkapelle (Capella in palatio), die die Form eines Sechzehnecks (31 m hoch, 16 m Durchmesser) mit achteckigem erhöhten Mittelraum hat und mit einem durch Kreuzgewölbe getrennten doppelten Umgange verbunden ist.

In der achteckigen Kuppel befindet sich seit 1882 ein prachtvolles Mosaikbild auf Goldgrund, Christus und die 24 Ältesten der Apokalypse darstellend, nach Béthunes (Gent) [* 21] Zeichnung von Salviati (Venedig). [* 22] Der got. Chor (34 m hoch, 25 m lang, 12 m breit), mit neuen (1853) Glasgemälden, ist 1353–1414 gebaut; ihm gegenüber deckt die Vorhalle und der darüber erbaute, 1881–84 erneuerte Turm [* 23] mit den angebauten Emportreppen drei Seiten des sechzehneckigen Baues.



Aachen

Bild 51.5: Aachen
* 26 Seite 51.5.

Das Dach [* 24] ist aus dem 17. Jahrh., die Erzthüren des Westportals von 804. Die meisten der das Achteck umgebenden Kapellen sind gotisch bis auf die Ungarische Kapelle (1730 im Zopfstil erbaut), die den Domschatz birgt. In der Mitte des Achtecks liegt ein Stein mit der Inschrift: «Carolo Magno» (1809); über diesem hängt ein berühmter Kronleuchter aus vergoldetem Kupfer, [* 25] Geschenk (1168) Kaiser Friedrichs I. (vgl. Bock, Der Kronleuchter Kaisers Friedrich Barbarossa, Lpz. 1864). Die Kanzel, im 18. Jahrh. erneuert, mit Goldplatten in getriebener Arbeit, ist von Kaiser

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3 Heinrich II. geschenkt. Trotz aller Nachgrabungen ist die ursprüngliche Begräbnisstelle Karls d. Gr., die Kaiser Otto III. im J. 1000 öffnen ließ, noch unbekannt. Nach Annalen (1048) des Klosters Novalese (im Thale von Susa) wurde der Kaiser noch wohl erhalten in weißem Ornat, auf einem Sessel sitzend, mit der Krone geschmückt und das Scepter in den Händen gefunden. Das wiederum vermauerte Kaisergrab wurde von Friedrich I. (Barbarossa) bei der Kanonisation Karls d. Gr. 1165 geöffnet und die Gebeine wahrscheinlich in den noch jetzt gezeigten, reichverzierten Proserpinakasten gelegt, aus dem sie Kaiser Friedrich II. 1215 in eine kunstvolle Truhe (Karlsschrein) bringen ließ.

Wien

Bild 16.600a: Wien
* 27 Wien.

Hier ruhten sie auf dem Choraltar bis gegen Ende des 18. Jahrh., wo sie in die Ungarische Kapelle gebracht wurden. (Vgl. Käntzeler, Der die Gebeine Karls d. Gr. enthaltende Behälter, Aachen 1859.) Die im Grabe aufgefundenen Reichsinsignien wurden 1798 nach Wien [* 27] gebracht. (Vgl. Bock, Die Kleinodien des Heiligen Römischen Reichs, Wien 1864.) Der weiße Marmorstuhl, später mit Goldplatten belegt, diente bis 1531 bei Krönungen dem Kaiser während der Begrüßung der Reichsfürsten zum Sessel und steht jetzt auf der Empore des Achtecks (dem sog. Hochmünster).

Das Grab Ottos III. befindet sich im Chor. Außer dem Karlsschreine mit den Gebeinen Karls d. Gr. und dem Proserpinakasten befindet sich im Domschatze der Marienschrein mit den zur Zeit Karls aus dem Orient gekommenen Großen Reliquien, die alle sieben Jahre (zuletzt 1895) vom 10. bis 24. Juli von der Galerie des Glockenturms und in der Kirche gezeigt werden: ein Unterkleid der Jungfrau Maria (eine Art Byssus), die Windeln des Jesuskindes, das Lendentuch Christi, bei der Kreuzigung getragen und das Leintuch, auf dem Johannes der Täufer enthauptet wurde;

Gold (Gewinnung aus ge

Bild 7.477: Gold (Gewinnung aus geschwefelten Erzen)
* 28 Gold.

die Büste Karls d. Gr. von Gold [* 28] und Emaille (15. Jahrh.), sein Jagdhorn (orient. Elfenbeinarbeit) und viele sog. Kleine Reliquien.

Das vielfach durch Anbauten verunstaltete Münster ist durch die Bemühungen des 1849 gegründeten Karlsvereins und reiche Beiträge der Könige Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm I. in seiner ursprünglichen Gestalt wiederhergestellt und verschönert worden. Das Achteck ist wieder mit den herrlichen Marmorsäulen geschmückt, die 1794 von den Franzosen geraubt und durch den Pariser Frieden wiedererworben wurden; mit Ausnahme zweier roter Porphyrsäulen, die noch heute im Louvre sind.

Die 14 Standbilder im Innern des Chors glänzen in ihrer alten got. Farbenpracht. Am Eingange zum Chor, wo früher der Altar [* 29] stand, an dem von Ludwig dem Frommen (813) bis Ferdinand I. (1531) 37 deutsche Könige und 14 Königinnen gesalbt wurden, ist 18. Nov. 1873 ein neuer Altar geweiht worden. –

Vgl.   Nolten, Archäol.

Beschreibung der Münster- und Krönungskirche zu Aachen (Aachen 1818); Quir, Histor. Beschreibung der Münsterkirche zu Aachen (ebd. 1840);

Debey, Die Münsterkirche zu und ihre Wiederherstellung (ebd. 1851);

Mertens, Die karolingische Klosterkapelle zu (in der «Bauzeitung», 1840, V);

Schervier, Die Münsterkirche zu und deren Reliquien (Aachen 1853);

Floß, Geschichtliche Nachrichten über die Aachener Heiligtümer (ebd. 1855);

Bock, Der Reliquienschatz des Liebfrauen-Münsters zu Aachen (ebd. 1860);

ders., Das Heiligtum zu Aachen (Köln [* 30] 1867);

ders., Karls d. Gr. Pfalzkapelle und ihre Kunstschätze (ebd. 1866–67);

Kessel, Geschichtliche Mitteilungen über die Heiligtümer der Stiftskirche zu Aachen (ebd. 1874).

Andere hervorragende Kirchen sind: die St. Foilanskirche (12. Jahrh.), die spätgot. St. Paulskirche mit schönen Glasmalereien (s. Tafel: Glasmalerei [* 31] II, [* 26] Fig. 1), die got. Marienkirche (von Statz) und die roman. Redemptoristenkirche, die Michaeliskirche (1628 geweiht) mit der Pietà von Honthorst (1632), die neue Jakobskirche von Wiethase, im Übergangsstil, und die evang. Kirche. Zu erwähnen ist noch die neue Synagoge in maur. Stil (nach Wickop). Weltliche Bauten. Am Marktplatz das got. Rathaus, 1353–70 auf den Ruinen der karoling.

Kaiserpfalz (778) erbaut, mit dem alten röm. Granusturm (13. Jahrh.) östlich und dem Glocken- oder Marktturm westlich, beide ihres hohen Daches durch eine Feuersbrunst 1883 beraubt. (Vgl. Kessel, Das Rathaus zu Aachen, 1884.) Der Krönungssaal im Obergeschoß (44 m lang, 19 m breit), in dem 35 deutsche Könige und 11 Königinnen das Krönungsmahl hielten, im 18. Jahrh. durch Holzwände geteilt, ist jetzt wiederhergestellt und mit 8 Fresken, Scenen aus dem Leben Karls d. Gr., von Alfred Rethel geschmückt;

das Kurhaus (1782) mit dem maurischen neuen Kursaal (1863–64 nach Plänen Wickops erbaut);

der Elisenbrunnen in dor. (1822–24), das Stadttheater (1824) in ion. Stil nach Plänen von Schinkel (288000 M.), das großartige Bürgerhospital Mariahilf (1848–65 erbaut);

Labitzky - Laboratoriu

Bild 10.376: Labitzky - Laboratorium
* 32 Laboratorium.

die 1870 nach Plänen von Cremer in ital. Renaissance vollendete Technische Hochschule mit dem neuen (1879) chem. Laboratorium [* 32] (von Ewerbeck und Intze);

die Gebäude der Reichsbank und der Bergisch-Märkischen Bank;

die Strafanstalt (got. Stil, von Cremer), das roman. Postgebäude, das got. Karlshaus, die Kurie Richards von Cornwallis, das älteste Rathaus der Stadt, jetzt wiederhergestellt, das Kaiserbad und das Justizgebäude, ein got. Backsteinbau nach Dieckhoffs Entwurf (1888).

Verwaltung. Die Stadt wird verwaltet von einem Oberbürgermeister (Pelzer, seit 1884, 12000 M.), 5 Beigeordneten (4 besoldet), 30 Stadtverordneten sowie einer königl. Polizeidirektion (Polizeipräsident Graf Matuschka-Greiffenklau). Die Feuerwehr umfaßt einen Branddirektor, Brandinspektor, 5 Brandmeister und 3 Compagnien mit je 28 Mann und 6 Pferden. Es bestehen 55 Feuermeldestellen, 1631 öffentliche Gasflammen und in mehrern Privathäusern elektrische Beleuchtung. [* 33] Die große Wasserleitung [* 34] ist seit 1880 im Betrieb.

Finanzen. Der Haushaltplan für 1895/96 schließt ab in Einnahme und Ausgabe mit 5.454.000 M., wovon 1.717.059 M. durch Umlage zu decken sind. Für Unterrichtszwecke werden aufgewendet 1.159.940 M.

Behörden. Aachen ist Sitz der königl. Bezirksregierung, des Landratsamtes für den Landkreis Aachen, eines Landgerichts (Oberlandesgericht Köln) mit 16 Amtsgerichten (Aachen, Aldenhoven, Blankenheim, Düren, [* 35] Erkelenz, Eschweiler, [* 36] Eupen, [* 37] Geilenkirchen, Gemünd, Heinsberg, Jülich, Malmedy, Montjoie, St. Vith, Stolberg, [* 38] Wegberg) und Kammer für Handelssachen, eines Amtsgerichts, Hauptzollamtes, einer Oberpostdirektion für den Reg.-Bez. Aachen mit 191 Verkehrsanstalten, 1332 km oberirdischer Telegraphenlinien mit 5046 km Leitungen, einschließlich 1414 km der Stadtfernsprechanlagen, sowie des Kommandos der 29. Infanteriebrigade und eines Bezirkskommandos.

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