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Seite 57.99, Frankreich (Geschichte 1804-14) | eLexikon

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  • ️Fri May 18 1804
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Erzeugnissen den Markt streitig zu machen drohte, rief schon im Mai 1803 neue Feindseligkeiten hervor. Frankreich begann ungeheure Rüstungen [* 2] zu einer Landung in England und besetzte im Juli ungeachtet der Neutralitätserklärung Hannover. [* 3] Die Verschwörung Cadoudals (s. d.) gegen Bonaparte, die dem neuen System Gefahr zu bringen drohte, drängte dazu, dasselbe erblich zu machen. Die Selbstsucht der Senatoren, die in diesem System eine Quelle [* 4] reicher Einkünfte sahen, wirkte mit, und so wurde durch einen Senatsbeschluß vom 18. Mai 1804 Bonaparte zur Befestigung des Staates und zur Sicherheit seiner eigenen Person als Napoleon I. zum erblichen Kaiser der Franzosen erklärt und durch Volksabstimmung als solcher sanktioniert.

Papst Pius VII. kam in Person nach Paris [* 5] und salbte den Kaiser nebst seiner Gemahlin 2. Dez. 1804 in der Kirche Notre-Dame. Die Französische Revolution hatte das notwendige Ziel ihrer Entwicklung, den Militärabsolutismus, erreicht, Frankreich aber durch Abschüttelung des veralteten Staatsmechanismus, durch Gründung einer zweckmäßigern Verwaltung, durch die Herstellung einer neuen auf die Gleichheit gegründeten gesellschaftlichen Ordnung, durch Entfaltung aller geistigen und materiellen Kräfte einen ungeheuern Kraftzuwachs gewonnen, der auch die europ. Entwicklung überhaupt aufs tiefste beeinflußte.

Italien

Bild 9.53a: Italien
* 6 Italien.

8) Unter dem ersten Kaiserreich (1804-14). Nach seiner Proklamation zum Kaiser errichtete Napoleon die Erzämter des neuen Throns, ernannte Großwürdenträger und Marschälle und setzte einen kaiserl. Gerichtshof ein, der über Vergehungen der ersten Staatsbeamten, über Hochverrat und alle Verbrechen gegen Staat und Kaiser erkennen sollte. Der Senat hatte schon 1803 seine Bedeutung verloren, Wahl und Zahl der Senatoren waren vom Kaiser abhängig. Der Gesetzgebende Körper blieb; das Tribunat, wo Carnot seine Stimme gegen die Errichtung eines neuen Throns erhoben hatte, wurde 19. Aug. 1807 gänzlich abgeschafft. 1806 mußte der republikanische Kalender dem Gregorianischen wieder Platz machen. Am 18. März 1805 wurde Napoleon auch König von Italien; [* 6] 4. Juni wurde die Ligurische Republik (Genua), [* 7] 21. Juli Parma [* 8] und Piacenza mit Frankreich vereinigt.

Der Kaiser von Österreich [* 9] und viele Fürsten Deutschlands [* 10] erkannten das Kaiserreich an. England dagegen, empört über die Wegnahme Hannovers, bedroht von einer Landung und verletzt durch die strengen Maßregeln gegen seine Manufakturwaren, schloß mit Schweden [* 11] einen Subsidienvertrag und veranlaßte im April 1805 Rußland zu einer Koalition gegen Frankreich, der im August auch Österreich wieder beitrat. Napoleon brach nun aus seinem Lager [* 12] von Boulogne nach Deutschland [* 13] aus und zwang die Österreicher in einem glänzenden Feldzug 26. Dez. zum Frieden von Preßburg. [* 14] (S. Französisch-Österreichischer Krieg von 1805.) Österreich verlor gegen 55000 qkm und 3 Mill. E.; das Königreich Italien wurde um 27500 qkm vergrößert.

Preußen

Bild 13.338a: Preußen
* 15 Preußen.

Dagegen hatte der Sieg der Engländer über die franz.-span. Flotte bei Trafalgar 21. Okt. 1805 die Frucht sechsjähriger Rüstungen vernichtet. Napoleon, von jetzt an überzeugt, daß alle Anstrengungen gegen die Engländer zur See fruchtlos seien, ergriff nun mit Konsequenz die Politik, seinen Feind durch Absperrung vom Festlande zu vernichten. In dieser Absicht überließ er zunächst im Vertrage von Schönbrunn Hannover an Preußen, [* 15] um dies mit England in Krieg zu verwickeln.

Die widerspenstige Dynastie von Neapel [* 16] wurde der Krone verlustig erklärt und 30. März 1806 der Bruder des Kaisers, Joseph Bonaparte, auf den Thron [* 17] von Neapel und Sicilien gesetzt. Ein anderer Bruder, Ludwig Bonaparte, wurde König von Holland; Napoleons Stiefsohn, Eugen Beauharnais, Vicekönig von Italien, sein Schwager, Joachim Murat, Großherzog von Berg. Diese Staaten standen sowohl unter sich als auch mit dem Kaiserreich durch Verträge in engster Beziehung, und durch die Errichtung des Rheinbundes (s. d.), in dessen Grundvertrage vom 12. Juli 1806 Napoleon als Protektor anerkannt wurde, traten auch Bayern, [* 18] Württemberg, [* 19] Baden [* 20] u. a. diesem Staatensystem bei.

Siegel - Siegen

Bild 14.952: Siegel - Siegen
* 21 Siegen.

Durch dieses Umsichgreifen F.s sahen sich alle Mächte Europas bedroht. Noch im Herbst 1806 vereinigten sich Preußen, Rußland, Schweden und England zu einem neuen Kriege, um die Franzosen aus Deutschland zu vertreiben. Napoleon nötigte jedoch nach den entscheidenden Siegen [* 21] bei Jena [* 22] und Friedland die Russen und Preußen zum Frieden von Tilsit, [* 23] 7. und 9. Juli 1807. (S. Französisch-Preußisch-Russischer Krieg von 1806 bis 1807.) Während des Feldzugs war das Kurfürstentum Sachsen [* 24] zum Königreich erhoben, Westfalen [* 25] als neues Königreich begründet und dem Bruder des Kaisers, Jerôme Bonaparte, zugeteilt, auch das Großherzogtum Warschau [* 26] und die Republik Danzig [* 27] geschaffen worden.

Zwei deutsche Fürstenhäuser, Hessen-Cassel und Braunschweig, [* 28] hörten auf zu regieren. Elf Fürsten traten dem Rheinbunde bei, und Preußen und Rußland dem Bunde gegen England, wodurch das drückende Kontinentalsystem, das Napoleon mit seinem Berliner [* 29] Dekret vom 21. Nov. 1806 geschaffen hatte, ganz Europa [* 30] auferlegt wurde. Napoleon stand jetzt auf dem Höhepunkt seiner Macht, wovon der Erfurter Fürstenkongreß, den er 27. Sept. bis 14. Okt. 1808 um sich versammelte, Zeugnis ablegte.

Spanien und Portugal

Bild 15.63a: Spanien und Portugal
* 31 Portugal.

Da er sich durch das Einverständnis mit Rußland im Osten gesichert sah, wandte er nun seine Aufmerksamkeit der Pyrenäischen Halbinsel zu. Portugal, [* 31] das mit England in engster Handelsbeziehung stand, hatte den Engländern seine Häfen nur gezwungen geschlossen und erhielt die Kontinentalsperre nur scheinbar aufrecht, weshalb ein franz. Heer schon 1807 unter Junot Spanien durcheilen und Portugal besetzen mußte, während im November die regierende Dynastie nach Brasilien [* 32] entfloh.



Frankreich (Geschichte

Bild 57.100: Frankreich (Geschichte 1814-15)
* 34 Seite 57.100.

Ein Familienzwist zwischen dem schwachen Karl IV. von Spanien und seinem ältesten Sohne, dem Prinzen von Asturien (Ferdinand VII.), verschaffte Napoleon Gelegenheit, sich unter der Maske des schiedsrichterlichen Freundes auch dort einzumischen und die streitenden Parteien zum Verzicht auf die Krone zu veranlassen, worauf Joseph Bonaparte, der König von Neapel, Juni 1808 auf den span. Thron erhoben wurde, und Murat den von Neapel bestieg. Die Spanier begannen indessen, auf Österreich und England hoffend, einen verzweifelten Kampf um ihre nationale Selbständigkeit und vertrieben Joseph Bonaparte aus Madrid [* 33] und Junot aus Portugal. Da erschien Napoleon selbst auf dem Kampfplatze und unterwarf das Land in einer Reihe schneller Siege. (S. Krieg von 1807 bis 1814.) Unterdessen hatte aber Österreich im Bunde mit England den günstigen Augenblick wahrgenommen und von neuem die Waffen gegen Frankreich ergriffen, wurde aber wiederum besiegt (s. Französisch-Österreichischer Krieg von 1809) und

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mußte 14. Okt. 1809 den ungünstigen Frieden zu Schönbrunn schließen, der u. a. Frankreich die illyr. Provinzen verschaffte. Der Kirchenstaat war schon 17. Mai 1809 von Napoleon für einen Bestandteil F.s erklärt worden und ward dann durch ein Senatskonsult vom 17. Febr. 1810 förmlich in das Staatsgebiet F.s einverleibt.

Durch die Verheiratung Napoleons mit der Erzherzogin Marie Luise 1. April 1810 schien die neue Dynastie in Frankreich vollkommen legitimisiert. Um sich mit äußerm Glanze und treuen Anhängern zu umgeben, hatte der Kaiser schon durch den Senatsbeschluß vom 14. Aug. 1801) die Majorate und durch ein Dekret vom 1. März 1808 außer der militär. Herzogswürde einen Erbadel hergestellt, der allerdings keine öffentlichen Vorrechte hatte und erlosch, sobald ihm ein bestimmtes Vermögen fehlte.

Nach dem Frieden mit Österreich wendete der Kaiser seine Aufmerksamkeit allen Zweigen der innern Staatsverwaltung zu. Er reformierte das Rechtswesen, für das er schon seit 1801 durch neue Gesetzbücher von hohem Wert gesorgt hatte (s. Code Napoléon), durch die Organisation der Gerichtshöfe, unterstützte die Industrie und den innern Handel und unternahm Kanal-, Straßen- und andere öffentliche Bauten. Alle seine Bestrebungen richteten sich jedoch nur auf die materielle Entfaltung der Nationalkräfte; die geistigen Regungen des Volks dagegen wurden durch Polizeizwang und militär. Disciplin niedergehalten. Selbst die staatlichen Unterrichtsanstalten, deren Gesamtheit, die Universität, 17. März 1808 ihr besonderes Statut bekam, erhielten militär. Form. Die kriegerisch glänzende Kaiserzeit ist daher in Litteratur und Wissenschaft höchst dürftig vertreten; in der Kunst brachte sie den Klassicismus (s. d.) zur Erscheinung.

In dem erbitterten Handelskriege mit England, den Napoleon jetzt mit verdoppeltem Eifer führte, suchte er soviel als möglich von Küstengebieten unter seine mittelbare oder unmittelbare Herrschaft zu bringen. Im Vertrage zwischen Holland und Frankreich vom 16. März 1810 mußte ersteres ganz Seeland mit der Insel Schouwen, Brabant und Geldern auf dem linken Ufer der Waal abtreten. Als darauf 1. Juli 1810 der König von Holland, Ludwig Bonaparte, gedrängt ward, seine Krone niederzulegen, wurde durch das Dekret vom 9. Juli 1810 das ganze Königreich Holland mit Frankreich vereinigt.

Ems - Emscher

Bild 5.609: Ems - Emscher
* 35 Ems - Emscher.

Da aber England dessenungeachtet fortfuhr, den Kontinent auf verschiedenen Wegen durch Zufuhren zu versorgen, so erklärte Napoleon, daß er die ganze Küste der Nordsee unter seine Aufsicht nehmen müsse, und 13. Dez. wurden die Mündungen der Ems, [* 35] Weser und Elbe nebst den Hansestädten dem franz. Reiche einverleibt. Die 130 Departements des franz. Staatskörpers erstreckten sich nun vom Texel bis in die Mitte Italiens, [* 36] von Hamburg [* 37] bis nach Korfu. [* 38] (S. Historische Karten von Europa II, 7.) Besonders hatte die Vereinigung Norddeutschlands mit Frankreich ungeachtet der verheißenen Entschädigungen große Erbitterung unter den beraubten Fürsten hervorgerufen, unter denen auch der Herzog von Oldenburg, [* 39] ein Verwandter des russ. Herrscherhauses, war. Da überdies die Engländer in Gotenburg und den Häfen der Ostsee einen bedeutenden Handel mit Kolonialwaren nach Rußland betrieben, worüber von Paris aus in Stockholm [* 40] und Petersburg [* 41] Beschwerde geführt wurde, Rußlands Handelsverfügungen aber 1810 und 1811 geradezu dem Kontinentalsystem widersprachen, schien ein neuer europ. Krieg unvermeidlich.

Während England mit Rußland unterhandelte, gewann Frankreich Preußen und Österreich für ein Bündnis (Febr. und März 1812). Obschon nun der Krieg in Spanien noch fortdauerte und nicht eben mit Glück geführt wurde, wurde doch der Krieg von Seiten F.s 22. Juni 1812 an Rußland erklärt. Napoleon fiel mit einer Armee von 500.000 Mann in Rußland ein und hielt 14. Sept. seinen Einzug in Moskau. [* 42] (S. Russisch-Deutsch-Französischer Krieg von 1812 bis 1815.)

Leipzig

Bild 10.662a: Leipzig
* 43 Leipzig.

Hier hatte Napoleon gehofft, den Zaren zum Frieden zu zwingen, ihn in das Kontinentalsystem ohne Vorbehalt hineinzunötigen und zu einem Landfeldzug gegen Britisch-Indien zu bestimmen. Aber Alexander I. weigerte den Frieden, Moskau selbst ging in Flammen auf, und Napoleon war zum Rückzug genötigt, auf dem die Kälte, der Hunger und die Waffen der verfolgenden Feinde das große Heer bis auf geringfügige Reste vernichteten. Zwar gelang es dem Kaiser, in Frankreich während des Winters 1812-13 Geld und Leute zu einem neuen Feldzug gegen Rußland und die von Frankreich abgefallenen deutschen Großmächte aufzutreiben; aber auch dieser brachte für ihn schließlich nur Verluste, und nach der entscheidenden Niederlage bei Leipzig, [* 43] im Okt. 1813, mußte die franz. Armee dem Rhein zueilen.

Napoleon begann nun im Jan. 1814 einen Feldzug auf franz. Boden, in dem er bei aller Erschöpfung seiner Mittel die alte Meisterschaft als Feldherr wieder bewährte. Der Friedenskongreß zu Châtillon (s. d.) gab ihm noch einmal Gelegenheit, seinen Thron zu retten. Aber die Maßlosigkeit seiner Ansprüche machte auch diese Verhandlungen fruchtlos, und die Verbündeten schlossen endlich 1. März den Allianzvertrag von Chaumont, der den definitiven Vormarsch auf Paris zur Folge hatte.

Durch die Schlacht bei Paris 30. März zwangen sie die Hauptstadt zur Übergabe. Zugleich wurde der Senat, nachdem er 2. April die Absetzung Napoleons ausgesprochen hatte, mit der provisorischen Staatsregierung und der Entwerfung einer neuen Verfassung beauftragt. Napoleon dankte erst zu Gunsten seines Sohnes, dann 6. April, da der Senat Ludwig XVIII. zum König ausrief, ohne Bedingung ab und zog sich auf die Insel Elba zurück. Der Gesetzgebende Körper bestätigte die Maßnahmen des Senats, und der Graf von Artois, als Generallieutenant des Reichs, unterzeichnete 23. April die Konvention von Paris, die Frankreich auf seine Grenzen [* 44] von 1792 zurückführte. Am 3. Mai 1814 hielt Ludwig XVIII. in Paris seinen Einzug, nachdem er eine konstitutionelle Regierung zugesagt hatte.

9) Unter der ersten Restauration (1814-15). Daß Ludwig XVIII. als König von Frankreich in Paris einzog, hatte er weder dem Verlangen der Nation noch dem Wunsche der Verbündeten, von denen nur England für ihn eintrat, sondern den Umständen und den Bemühungen Einzelner, besonders des Fürsten Talleyrand zu verdanken. Bei dieser Gleichgültigkeit der Bevölkerung [* 45] suchte Ludwig sich durch eine Verfassung zu empfehlen. Sie wurde 4. Juni 1814 gegeben und enthielt die Grundsätze der gesetzlich beschränkten Monarchie: Gleichheit aller vor dem Gesetze, gleiche Verpflichtung zu den Staatslasten, Freiheit der Person, des Eigentums, der Religion, der Presse [* 46] u. s. w., wenn auch nicht ohne einschränkende Klauseln. Der unverletzliche König hatte die ausübende Gewalt; er stand an der Spitze der

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