peter-hug.ch

Seite 63.401, Preußen (Verfassung) | eLexikon

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
  • ️Thu Jun 01 1882
mehr

das Staatsministerium, das vom Ministerpräsidenten und 9 Ressortministern gebildet wird. Demselben sind untergeordnet das Centraldirektorium der Vermessungen, der Disciplinarhof für nichtrichterliche Beamte, das Oberverwaltungsgericht, die Prüfungskommission für die höhern Verwaltungsbeamten, der Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte, die Ansiedelungskommission für Westpreußen [* 2] und Posen, [* 3] das Litterarische Bureau, der «Deutsche [* 4] Reichs- und Preußische Staatsanzeiger» und die Redaktion der Gesetzsammlung. Dem Präsidenten sind die Generalordenskommission, die Staatsarchive und das Gesetzsammlungsamt unterstellt, selbständige Oberbehörden neben den Ministerien sind die Oberrechnungskammer (s. d.) und der evang. Oberkirchenrat (s. d.). Als beratende Körperschaft besteht zur Begutachtung von Verordnungen und Gesetzen der Staatsrat (s. d.).

Ressorts der Einzelministerien sind: die auswärtigen Angelegenheiten (vom Auswärtigen Amt [s. d.] des Deutschen Reichs versehen);

die Finanzen;

die geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten (Kultusministerium);

Handel und Gewerbe (s. Handelsministerium);

die öffentlichen Arbeiten;

die innern Angelegenheiten;

die Justiz;

die militär. Angelegenheiten (s. Kriegsministerium);

die landwirtschaftlichen, Domänen-und Forstangelegenheiten.

Das Finanzministerium besteht aus drei Abteilungen: für das Etats- und Kassenwesen (I.) unter Leitung des Unterstaatssekretärs, für die direkten Steuern (II.) und für die indirekten Steuern und Zölle (III.), letztere beiden unter je einem Generaldirektor. Die Generalstaatskasse und Hauptbuchhalterei, die Seehandlung (s. d.), die Hauptverwaltung der Staatsschulden (s. d.) nebst dem königl. Leihamt sind dem Minister untergeordnet;

Berlin

Bild 2.752a: Berlin
* 5 Berlin.

die Generaldirektion der Lotterie, die Münze zu Berlin [* 5] und die amtliche Probieranstalt zu Frankfurt [* 6] a. M., die allgemeine Witwenverpflegungsanstalt stehen unmittelbar unter der I. Abteilung;

unter der II. stehen ferner die Katasterbehörden;

unter der III. die Provinzialsteuerdirektion, das Erbschaftssteueramt und das Hauptstempelmagazin in Berlin.

Hauptaufgabe der Abteilungen aber ist die Centralverwaltung für die ganze Monarchie.

In die Geschäfte des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten, welches 1878 vom Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten abgelöst wurde, teilen sich die vier Abteilungen 1) für die technischen Angelegenheiten der Verwaltung der Staatseisenbahnen;

2) für die Verkehrsangelegenheiten der Staatseisenbahnen;

3) für die Staatsaufsicht über die Privateisenbahnen und für allgemeine Verwaltungsangelegenheiten der Staatseisenbahnen;

4) für die Verwaltung des Bauwesens. Der durch Gesetz vom 1. Juni 1882 eingesetzte Landeseisenbahnrat (s. Eisenbahnbeiräte) und die Bezirkseisenbahnräte, beratende Körperschaften für die Staatseisenbahnverwaltung, gehören zum gemeinschaftlichen Ressort des Ministers der öffentlichen Arbeiten, des Ministers für Handel und Gewerbe und des Ministers für Landwirtschaft.

Dem Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten, das in drei Abteilungen zerfällt, ist als eine begutachtende Sachverständigenkommission das Landes-Ökonomiekollegium (s. d.) beigegeben. Zu der I. Abteilung für landwirtschaftliche und Gestütangelegenheiten geboren neben jenem Kollegium die höhern landwirtschaftlichen Lehranstalten und Vereine, ebenso die technische Deputation für das Veterinärwesen und die königl. Tierarzneischulen, die landschaftlichen Kreditinstitute, das landwirtschaftliche Museum, die Deichverbände, Meliorationsgenossenschaften u. s. w., die Central-Moorkommission, die Staatsgestüte und das Ober-Landeskulturgericht, nebst den Auseinandersetzungsbehörden in den Provinzen zur Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse sowie zur Ausführung der Gemeinheitsteilungen (Generalkommissionen). Die II. Abteilung verwaltet die Domänen, die III. die Forst- und Jagdangelegenheiten sowie das forstliche Unterrichts- und Prüfungswesen (Forstakademien und Forst-Oberexaminationskommission).

Sternwarte

Bild 15.306a: Sternwarte
* 7 Sternwarte.

Der Geschäftskreis des Kultusministeriums, welches seit 1817 in selbständiger Formation besteht, wird durch die drei Abteilungen für die geistlichen Angelegenheiten, für das Unterrichtswesen (seit 1882 in zwei Unterabteilungen zerfallend) und für die Medicinalangelegenheiten bezeichnet. Zum Ressort der III. Abteilung gehören die wissenschaftliche Deputation für das Medizinalwesen, die technische Kommission für pharmaceutische Angelegenbeiten, die ärztlichen, pharmaceutischen u. s. w. Prüfungskommissionen, die Charité, die Hofapothekenkommission; zum Ressort der II. Abteilung die Akademie der Wissenschaften, die Akademie der Künste, das Astro-physikalische Observatorium, das Meteorologische Institut, die königl. Museen, die Nationalgalerie, das Rauch-Museum, die königl. Bibliothek, Sternwarte, [* 7] der Botanische Garten, [* 8] das Geodätische Institut, die Universitäten und technischen Hochschulen, die Provinzialgewerbeschulen, die wissenschaftlichen Prüfungskommissionen, die pädagogischen Seminare für höhere Schulen, die litterarischen u. s. w. Sachverständigenvereine, die Schulbehörden, die Unterrichtsanstalten, die Turnlehrerbildungsanstalt. Die I. Abteilung führt die Staatsaufsicht über die Kirchen und Religionsgesellschaften, die kirchliche Vermögensverwaltung, soweit hierfür besondere Rechtstitel bestehen; endlich die Angelegenheiten des landesherrlichen Kirchenregiments für die Provinzen Hannover, [* 9] Hessen-Nassau, [* 10] Schleswig-Holstein, [* 11] während in den neun alten Provinzen hierfür der Oberkirchenrat (s. d.) besteht.

Centralstelle der allgemeinen Landesverwaltung, der Polizei-, Gemeinde-, ständischen und Armenangelegenheiten ist das Ministerium des Innern; auch hat dasselbe die äußern Anordnungen für die Reichs- und Landtagswahlen zu treffen sowie die oberste Civilinstanz für das Militärersatzgeschäft zu bilden. Zu seinem Ressort gehören die statist. Centralkommission, das Statistische Bureau, das Polizeipräsidium und das Oberverwaltungsgericht zu Berlin.



Preußen (Verwaltung)

Bild 63.402: Preußen (Verwaltung)
* 12 Seite 63.402.

Als oberste Instanz für die Justizverwaltung dient das Justizministerium; die Vorstände der Gerichte und Staatsanwaltschaften sind Organe desselben. Eine Einwirkung auf die Rechtsprechung steht dem Justizminister nicht zu; neben der rein verwaltenden Thätigkeit ist seine Entscheidung vielmehr nur auf die Beschwerden über Disciplin, Geschäftsbetrieb und Verschleppungen beschränkt. (S. Justizverwaltung.) Unter dem Justizminister steht die für die ganze Monarchie eingesetzte Justizprüfungskommision. Die Verfassung der ordentlichen Gerichte ist reichsgesetzlich durch das Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Jan. 1877 geregelt. Auf

mehr

Grund dessen sowie des preuß. Ausführungsgesetzes vom 24. April 1878 und des Gesetzes vom 4. März 1878 ist das Land in 13 Oberlandesgerichtsbezirke, und diese ihrerseits wieder in Landgerichts- und weiter in Amtsgerichtsbezirke eingeteilt (s. Gericht und Gerichtsverfassung). Oberster Gerichtshof für P. ist das Reichsgericht in Leipzig [* 13] (s. Reichsgericht, Amtsgerichte, Landgericht, Oberlandesgerichte).

Verwaltung. Der preuß. Staat ist zum Zwecke der innern Verwaltung in 12 Provinzen eingeteilt (s. Tabelle, S. 387 und die Einzelartikel der Provinzen); besondere Verwaltungsbezirke bilden die Stadt Berlin und die Fürstentümer Hohenzollern. [* 14] Die Provinzen zerfallen in Regierungsbezirke (36 mit Berlin und Sigmaringen), diese in Kreise [* 15] (1894 im ganzen 549, davon 59 Stadtkreise, d. h. größere, einen Kreis [* 16] für sich bildende Städte); den untersten Verwaltungsbezirk bilden die Gemeinden (1894: 1265 Stadtgemeinden, 36715 Landgemeinden, 16482 Gutsbezirke).

Die Organe der allgemeinen Landesverwaltung sind der Oberpräsident, der Regierungspräsident und der Landrat, denen besondere Organe der Selbstverwaltung (s. unten) zur Seite stehen. An der Spitze der Provinz steht der Oberpräsident (s. d.). Derselbe vertritt in der Provinz die obersten Staatsbehörden und das Staatsinteresse, verwaltet unter der gesetzlich geordneten Mitwirkung des Provinzialrats die über die ganze Provinz sich erstreckenden Angelegenheiten, führt die Aufsicht über die Verwaltungsbehörden und ist in Kommunal- und Polizeisachen Beschwerdeinstanz; er ist Vorsitzender des Medizinal- und des Provinzialschulkollegiums, Mitglied des Staatsrats, königl. Kommissarius beim Provinziallandtag, nimmt die staatliche Kirchenaufsicht und eine Reihe besonderer Geschäfte wahr. - Den Regierungspräsidenten nebst den: Bezirksausschuß liegt die Verwaltung aller innern Landesangelegenheiten innerhalb des Bezirks ob, für welche nicht besondere Behörden geschaffen sind. Die alte Regierungseinteilung in drei Abteilungen ist einer Zweiteilung (Abteilung für Kirchen- und Schulsachen und für direkte Steuern, Domänen und Forsten) gewichen, nachdem die Geschäfte der Abteilung des Innern dem Regierungspräsidenten allein übertragen sind, welchem hierbei ein zugleich das Bezirksverwaltungsgericht bildender Bezirksausschuß zur Seite steht. - Die Funktionen des Landrats, der unmittelbar unter der Regierung steht, erstrecken sich auf alle Verwaltungsangelegenheiten, zu deren Wahrnehmung die Regierung eines Verwaltungsorgans in den Kreisen bedarf; seine Wirksamkeit umfaßt innerhalb seines Kreises materiell dieselben Dinge wie die der Regierung. Er führt in Verbindung mit den: unter seinem Vorsitz stehenden Kreisausschuß nicht allein die Geschäfte der allgemeinen Landesverwaltung, sondern auch die der Kreiskommunalverwaltung;

in letzterer Beziehung ist er auch Vorsitzender des Kreistags.

Der Kreisausschuß (in Stadtkreisen der Stadtausschuß) bildet zugleich das Verwaltungsgericht erster Instanz. - Die örtlichen Organe der Kreisverwaltung sind die Amtsvorsteher, die Bürgermeister (Rheinland), Distriktskommissare (Posen) u. s. w., sowie die Vorstände der Stadtgemeinden, Landgemeinden und Gutsbezirke.

Die Selbstverwaltung ist durch die Städteordnung vom 19. Nov. 1808 für die Städte, durch die Kreisordnung (s. d.) vom 13. Dez. 1872 sowie die daran anschließende Gesetzgebung für die Kreise und Provinzen in die breitesten Bahnen gelenkt worden. Den kommunalen Verbänden (Provinzen, Kreisen und Gemeinden) sind nicht allein wichtige Verwaltungszweige selbständig übertragen, sondern es ist ihnen auch die Mitwirkung bei der allgemeinen Verwaltung zugestanden.

Glied (künstliches)

Bild 58.75: Glied (künstliches)
* 17 Glied.

Das unterste Glied [* 17] in dem Organismus der Selbstverwaltungskörper ist die Gemeinde, gleichzeitig ein wirtschaftlicher und polit. Verband; [* 18] dieselbe verwaltet ihre Angelegenheiten durch selbstgewählte Organe unter Aufsicht des Staates und der höhern Selbstverwaltungsorgane. Die Verwaltungsregeln sind in Städte- und Landgemeindeordnungen (s. Gemeindeordnung und Städteordnung) festgestellt. In den Städten ist der Grundsatz voller Selbstverwaltung vollständig durchgeführt.

Mit dem an der Spitze der Verwaltung stehenden Bürgermeister (in größern Städten Oberbürgermeister) bilden Beigeordnete und andere besoldete oder unbesoldete Räte den Magistrat;

alle Mitglieder desselben werden in der Regel auf 12 oder 6 Jahre von der Gemeindevertretung erwählt, unterliegen aber der Bestätigung durch die Bezirksregierung (in großen Städten zum Teil durch den König);

nur in Neuvorpommern ergänzt sich der Magistrat durch Kooptation, und der Bürgermeister wird vom König ernannt;

auch Hannover hat eine besondere Städteordnung, und in Hessen-Nassau (außer Frankfurt a. M.) und Hohenzollern-Sigmaringen besteht nur eine Gemeindeordnung für Stadt- und Landgemeinden.

Den rhein. Städten fehlt der Magistrat; an seiner Stelle ist der Bürgermeister für die Verwaltung verantwortlich und deputiert die Beigeordneten zu verschiedenen Geschäften. Als Vertretung der Bürger dient allenthalben die Stadtverordnetenversammlung (s. Gemeinderat), die nach dem Dreiklassenwahlsystem (s. d.) gewählt wird.

Über die seit 1. April 1892 (in Schleswig-Holstein seit 1893) gültige Landgemeindeordnung für die sieben östl. Provinzen s. Gemeinderecht. An der Spitze der Gemeindevertretung steht der Gemeindevorsteher (Schulze), ihm zur Seite die Schössen (Geschworenen, Gerichtsmänner). In den westfäl. Landgemeinden mit eigenem Haushalt bilden die Rittergutsbesitzer und 6-18 gewählte Gemeindeverordnete die Gemeindeversammlung, die den Vorsteher auf 6 Jahre wählt; in den rheinischen besitzen diese Befugnis die Meistbeerbten und die denselben gleichstehenden Gemeindeberechtigten, und mit dem Vorsteher teilt sich ein aus 6-30 Mitgliedern bestehender Gemeinde- oder Schöffenrat in die Geschäfte.

Die aus mehrern Gemeinden zusammengesetzten westfäl. Ämter werden von einem ernannten Amtmann verwaltet, dem die aus Rittergutsbesitzern, Gemeindevorstehern und gewählten Abgeordneten gebildete Amtsversammlung zur Seite steht; ähnlich ist die Organisation der rhein. Bürgermeistereien; unter dem Einfluß der bureaukratischen Amtmanns- und Bürgermeisterei-Einrichtung hat sich hier allerdings die kommunale Selbstthätigkeit weniger entwickelt (franz. Maire- und Präfektursystem). Den 1866 erworbenen Landesteilen sind abweichende Gemeindeordnungen teils belassen, teils neu verliehen worden. Auch in Hohenzollern gelten noch die frühern Landesgesetze.

Behufs Verwaltung der Polizei und Wahrnehmung anderer öffentlicher Angelegenheiten wird in den östl. Provinzen (mit Ausnahme von Posen) und

Fortsetzung Lage, Grenzen: → Seite 63.403 || in Schleswig-Holstein jeder Kreis, mit Ausschluß der Städte, in Amtsbezirke (s. d.) geteilt.