peter-hug.ch

Aachen | eLexikon | Geographie - Deutschland - Rheinprovinz

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
  • ️Tue Nov 18 1873

Bewährtes Wissen in aktueller Form

Main

A - Aachen

Bild 1.2: A - Aachen
Seite 1.2.
Überblick der Artikel
4 ArtikelTextanfang / Anzahl Wörter
Aachen(franz. Aix la Chapelle, lat. Urbs Aquensis, Aquisgranum; hierzu der Stadtplan), 187 m ü. M., / 3486
Aachen _2Die Stadt zählte 1885: 95,725 Einw. (darunter 88,377 Katholiken, 6022 Evangelische, 1256 Juden / 93
Aachen _31) Regierungsbezirk der preuß. Rheinprovinz, umfaßt das Gebiet der frühern Reichsstadt A., / 3132
Aachen _4* (hierzu ein Stadtplan nebst Verzeichnis der Straßen und öffentlichen Gebäude), Stadt, mit / 330

Seite 1.2

Aachen

5 Seiten, 7'041 Wörter, 52'426 Zeichen

Geographie — Deutschland — Rheinprovinz

Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888

Titel
Elemente zu Aachen:

Textfigur: Wappen von Aachen.

Aachen

[* 1] (franz. Aix la Chapelle, lat. Urbs Aquensis, Aquisgranum; hierzu der Stadtplan), 187 m ü. M., die uralte Krönungsstadt der deutschen Könige, Hauptstadt des gleichnamigen Regierungsbezirks der preußischen Provinz Rheinland, liegt an einem Knotenpunkt der Belgisch-Rheinischen Eisenbahn, in einem angenehmen Kesselthal, welches von der Wurm [* 3] bewässert und von den Vorhöhen des Hohen Venn umgrenzt wird. Aachen besteht aus der innern alten und der äußern neuen Stadt, wozu noch neueste prächtige Stadtteile außerhalb der alten Ringmauer kommen.

Die meisten Straßen sind breit, und die Häuser, überwiegend mehrstöckige moderne Stein- oder in Zementbewurf verzierte Ziegelbauten, erinnern selten an das Mittelalter; als die schönsten Straßen sind die Wilhelms-, Hoch-, Theater-, Wall-, Harskamp-, Komphausbad-, Großkölnstraße, der Büchel und die sogen. Gräben (Damen-, Holz-, Kapuziner-, Templergraben) zu bemerken, welche, fast 4 km lang, die Mittelstadt von den ehemaligen Vorstädten trennen.

Von den neuen Straßen sind im N. die Lousbergstraße, die Ludwigs-, Monheims- und Heinrichsallee, im O. der Adalbertssteinweg, im SW. der Boxgraben zu nennen. Bemerkenswerte Plätze sind der dreieckige Große Markt, mit der Bronzestatue Karls d. Gr. auf einem schönen Springbrunnen, der Friedrich-Wilhelmsplatz, der Theaterplatz, der Münsterplatz und der Kaiserplatz mit monumentalem Springbrunnen. Von den ehemaligen sieben Hauptthoren der Stadt stehen nur noch zwei: das Pontthor auf der Nordwestseite, in der Nähe des Bahnhofs der Maastrichter Eisenbahn, und das Marschierthor auf der Südseite, nahe den Bahnhöfen der Linksrheinischen u. der Bergisch-Märkischen Eisenbahn.

Münster

Bild 11.887: Münster
* 4 Münster.

Textfigur: Wappen von Aachen.

Unter den zahlreichen Kirchen nimmt die Aufmerksamkeit vor allen das altehrwürdige Münster [* 4] in der Nähe des Marktes in Anspruch. Der älteste Teil und Kern des interessanten Gebäudes, das ein architektonisches Konglomerat aus den verschiedensten Perioden christlicher Baukunst [* 5] bildet, ist die byzantinische Kaiserkapelle Karls d. Gr., ein achteckiger Bau von 31 m Höhe und etwa 16 m im Durchmesser, gebildet durch starke Pfeiler, auf welchen eine achteckige, den Mittelraum überdeckende Kuppel emporstrebt, und umgeben von einem 16seitigen, mit niedrigen Kreuzgewölben versehenen Umgang, über welchem, die Empore bildend, eine hohe Galerie herumläuft, die von schräg liegenden Tonnengewölben bedeckt und nach innen mit antiken bronzenen Gittern geschlossen ist.



Aachen

Bild 1.3: Aachen
* 11 Seite 1.3.

Über den Galeriebogen erhebt sich ein achteckiger Tambour mit Fensteröffnungen, auf welchem die Kuppel ruht. Dieses karolingrsche Oktogon, das eigentliche Schiff [* 6] der Kirche, ward 796 nach byzantinischen Mustern begonnen und vom Meister Odo von Metz [* 7] vollendet. Es erhielt am Dreikönigsfest 804 durch Papst Leo III. die Weihe; es ist das einzige noch vorhandene karolingische Münster in Deutschland. [* 8] Die Mosaikbilder, welche die Kuppelwölbung und wahrscheinlich die ganze Kirche einst bedeckten, gingen verloren; in ersterer ist eins, die Majestas Domini mit den 24 Ältesten der Apokalypse, wiederhergestellt worden. Die schönen, meist antiken Granit-, Porphyr- und Marmorsäulen, welche (aus Rom, [* 9] Trier [* 10] und Ravenna herbeigeschafft) die Zwischenräume der Pfeiler des Oktogons schmückten

mehr

und 1794 von den Franzosen ausgebrochen und nach Paris [* 12] entführt wurden, sind 1815 beim Friedensschluß, wenn auch nicht vollständig (die kostbarsten, namentlich zwei rote Porphyrsäulen, bilden noch heute einen vorzüglichen Schmuck der Antikengalerie des Louvre), zurückgegeben und 1846 auf Kosten des Königs Friedrich Wilhelm IV. von Preußen [* 13] an ihrer alten Stelle wieder aufgestellt und ergänzt worden. Westlich vor dem Oktogon steht ein Glockenturm, durch eine Steinbrücke mit jenem verbunden und flankiert von zwei runden (karolingischen) Treppentürmen, die nach den Reliquienkammern führen.

Die ehemalige rechtwinkelige Altarnische an der Ostseite des Oktogons wurde später durch das angebaute hohe Chor verdrängt, welches, der zweitälteste Teil des Doms, 1353-1413 im gotischen Stil Aufgeführt wurde, 34,5 m hoch, 25 m lang und 12,5 m breit ist und insbesondere durch die prachtvollen modernen Glasgemälde seiner 13 großen Fenster (26,7 m hoch, 5 m breit) die Aufmerksamkeit fesselt. Auch zu beiden Seiten des Achtecks und des Chors wurden im 15. Jahrh. noch einige reichdekorierte gotische Kapellen angefügt, unter denen sich namentlich außer der Karlskapelle, die wie die übrigen im Innern restauriert ist, die Annakapelle durch ihre zierliche Form auszeichnet.

Eine dritte Bauperiode, in die 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts fallend, verunstaltete das damals schon planlos erweiterte Gebäude durch Anbau einer neuen Kapelle im Zopfstil (neben dem Eingangsturm), der Ungarischen, die jetzt den Domschatz birgt, sowie durch geschmacklose Rokokostukkatur und verschiedene Übermalungen im Innern. Die Entfernung dieser entstellenden Zuthaten und die Herstellung der Kirche in ihrer reinen und ursprünglichen Gestalt hat sich der 1849 gegründete Karlsverein zur Aufgabe gestellt.

Kupfer (Darstellung de

Bild 10.318: Kupfer (Darstellung des Schwarzkupfers)
* 14 Kupfer.

In der Mitte des Oktogons bezeichnet am Boden eine flache Steinplatte mit der Metallinschrift »Carolo Magno« die Stelle, unter welcher die Gebeine des Kaisers angeblich ruhten. Karls erstes Grab ist noch nicht gefunden; seit 1215 ruhen seine Gebeine im schönen Karlsschrein (vgl. Käntzeler, Karls d. Gr. Behälter, Aach. 1858, und in den Bonner »Jahrbüchern«, Heft 33). Außer Karl d. Gr. fand auch Kaiser Otto. III. seine Ruhestätte im Münster. Über Karls angeblicher Gruft hängt ein kolossaler Kronleuchter von vergoldetem Kupfer [* 14] in Ringform (4 m im Durchmesser) für 48 Kerzen, eine kunstvolle Arbeit des Meisters Wibertus und von Kaiser Friedrich I. geschenkt.

Die großen Heiligtümer des Münsters, welche alle sieben Jahre von der Turmgalerie vom 10. bis 24. Juli (zuletzt 1881) dem Volk gezeigt werden, sind: ein Unterkleid der Mutter Gottes von gelblichweißer Leinwand (eine Art Byssus), die Windeln des Christuskinds, das Lendentuch Christi und das Leintuch, auf welchem Johannes der Täufer enthauptet wurde. Ein interessanter Teil des kostbaren Münsterschatzes ist das angebliche Hifthorn Karls d. Gr. Auf der Empore des Oktogons (dem sogen. Hochmünster) ist der weißmarmorne, später mit Gold [* 15] plattierte Kaiserstuhl [* 16] aufgestellt, auf welchem Karl d. Gr. angeblich im Grab saß, und der dann vor und nach der Krönung von den spätern Kaisern im vollen Ornat eingenommen ward, eigentlich aber das Archisolium (der Erzthron) ist.

Gemmen und Kameen

Bild 7.74a: Gemmen und Kameen
* 17 Gemmen.

Endlich ist noch die prachtvolle Evangelienkanzel in dem Chor zu erwähnen, die, bei feierlichen Messen zum Absingen des Evangeliums dienend, mit Goldblech überzogen und mit kostbaren Gemmen, [* 17] merkwürdigen Elfenbeinreliefs und emaillierten Darstellungen geschmückt ist, ein Geschenk Kaiser Heinrichs II.

Vgl.   Quix, Historische Beschreibung der Münsterkirche zu Aachen (Aach. 1825);

Debey, Die Münsterkirche zu Aachen und ihre Wiederherstellung (das. 1851);

Schervier, Die Münsterkirche zu Aachen und deren Reliquien (das. 1853);

Floß, Geschichtliche Nachrichten über die Aachener Heiligtümer (das. 1855);

Bock, [* 18] Karls d. Gr. Pfalzkapelle und ihre Kunstschätze (Köln [* 19] 1866-67);

Kessel, Geschichtliche Mitteilungen über die Heiligtümer der Stiftskirche zu Aachen (Aach. 1874).

Außer dem Münster besitzt Aachen noch 27 Gotteshäuser, darunter 8 Pfarrkirchen, eine evangelische Kirche und eine neue Synagoge im maurischen Stil. Nur drei dieser Kirchen sind mittelalterlichen Ursprungs: die St. Foilans-Pfarrkirche (aus dem Anfang des 12. Jahrh.), die spätgotische Kirche zu St. Paul (mit einer Himmelfahrt von Schadow) und die Nikolauskirche. Unter den übrigen sind die gotische Marienkirche und die im romanischen Stil erbaute Redemptoristenkirche als Perlen moderner Baukunst sowie die Michaelskirche (1628 geweiht) wegen ihres berühmten Altarbilds (einer Pietà von Honthorst) und die neue Jakobskirche im Übergangsstil hervorzuheben.

Geschmackslehre - Gesc

Bild 7.212: Geschmackslehre - Geschoß
* 20 Geschoß.

Das historisch wichtigste profane Bauwerk Aachens, das im 14. Jahrh. erbaute gotische Rathaus, am Markt, an der Stelle der karolingischen Kaiserpfalz, nimmt sich besonders in der dem Markt zugekehrten Nordfronte majestätisch aus. An beiden Seiten erhoben sich bis zur Vernichtung ihres hohen Dachwerks durch die Feuersbrunst von 1883 zwei Türme, von denen der eine (östliche), der gewaltige Granusturm, aus dem 13. Jahrh. stammte (vgl. Kessel, Das Rathaus zu Aachen, 1884). Im obern Geschoß [* 20] enthält das Rathaus den schönen, 51 m langen und 19 m breiten Kaisersaal, der einst zur Abhaltung der Krönungsfestlichkeiten diente und jetzt vollständig restauriert ist.

Von den übrigen öffentlichen Gebäuden sind zu nennen: das Kurhaus mit großem Konzertsaal, daneben die sogen. Alte Redoute [* 21] (mit dem Suermondt-Museum und der Stadtbibliothek), der in griechischem Stil ausgeführte Elisenbrunnen (1822-24 von Schinkel erbaut und nach der damaligen Kronprinzessin Elisabeth benannt), das Präsidialgebäude, das Theater [* 22] (1822 von Cremer erbaut), das Regierungsgebäude, das gotische Karlshaus, das schloßähnliche Bürgerspital Mariahilf (1848 bis 1865 erbaut), das 1870 vollendete Polytechnikum (im italienischen Renaissancestil, von Cremer Sohn erbaut), das neue Gefangenhaus und großartige Fabrikbauten.

Auf dem Platz, wo die drei Monarchen beim Kongreß 1818 Gott für den Frieden dankten, wurde 1844 ein Monument errichtet; ein Kriegerdenkmal (von Fr. Drake) steht vor dem Rheinischen Bahnhof. Merkwürdig ist noch das sogen. Gras, das ältere Bürgerhaus und ehemalige Gefängnis aus der Zeit Richards von Cornwallis, und die sogen. Aachener Masse, jetzt in der Technischen Hochschule, ein 3700 kg schwerer, vor dem Kaiserbad 1815 ausgegrabener Eisenblock, der die bei einem Brand zusammengeschmolzene Reiterstatue des Königs Theoderich I., nach andern (wohl richtiger) ein Meteorstein sein soll. - Eine großartige Wasserleitung, [* 23] zu welcher das Wasser aus dem etwa 4 km entfernten Kohlenkalkgebirge mittels einer Stollenanlage gewonnen wird, und eine Pferdebahn sind jetzt vollendet.



Aachen

Bild 1.4: Aachen
* 24 Seite 1.4.

Die Zahl der Einwohner, welche 1799: 23,699; 1825: 35,428 und 1867: 67,923 betrug, belief sich bei der Zählung von 1880 mit Einschluß der Garnison (2 Bat. Nr. 53) auf 85,551 Seelen (darunter 5396 Protestanten und 1091 Juden). Im September 1884 wurde die Gesamtbevölkerung auf 89,710 Personen berechnet.

mehr

Der schon im Mittelalter blühende Gewerbfleiß Aachens hat sich in neuerer Zeit, begünstigt durch die reichen, erst seit wenigen Jahren erschlossenen Steinkohlenlager in der Nähe (Ausbeute 1882: 1,325,556 Ton.), noch bedeutend gehoben. Im J. 1879 waren in 294 Fabrikanlagen 14,592 Arbeiter, die an der Unterstützungskasse teilnahmen. Unter den Industriezweigen nimmt die Wollspinnerei, welche jährlich an 100,000 metr. Ztr. Garn aus meist überseeischer Wolle (aus dem Kapland und von Buenos Ayres) [* 25] erzeugt, und die Fabrikation von Tuch und andern Woll- und Halbwollstoffen die erste Stelle ein.

Nadeln (Nähnadeln)

Bild 11.973: Nadeln (Nähnadeln)
* 27 Nadeln.

Der Tuchindustrie dienen in Aachen und Burtscheid über 80 größere Fabriken, die mit einer gleichen Anzahl von Dampfmaschinen [* 26] von zusammen 3000 Pferdekräften und ca. 10,000 Arbeitern jährlich gegen 200,000 Stück Tuch im Wert von 36 Mill. Mk. produzieren. Eine große Anzahl von Tuch-Engrosgeschäften bewirkt den Verkauf der Fabrikate nach allen Gebieten des Weltmarktes. Nächstdem bildet die Fabrikation von Kratzen (die bedeutendste des Kontinents: 16 Etablissements mit 750 Maschinen) und besonders Näh-, Nähmaschinen- und Häkelnadeln Hauptzweige der Aachener Industrie. Zu den Nadeln, [* 27] deren Fabrikation seit 1550 in Aachen blüht, und von denen 1882 in 25 Anstalten über 17,000 Mill. Stück aus etwa 5800 Ztr. Eisen [* 28] erzeugt wurden, wird der erforderliche Stahldraht aus englischem Gußstahl in Altena [* 29] und Iserlohn [* 30] hergestellt; der Absatz geht besonders nach Spanien, [* 31] Portugal, Italien [* 32] und Österreich. [* 33]

Getreide (Zusammensetz

Bild 7.264: Getreide (Zusammensetzung, Nahrungswert etc.)
* 39 Getreide.

Von Bedeutung ist ferner die Fabrikation von Glasknöpfen (410 Mill. Stück), Maschinen und Dampfkesseln, Luxus- und Eisenbahnwagen, Tabak, [* 34] Zigarren, Chemikalien. Für letztere ist die Fabrik der Gesellschaft Rhenania im nahen Stollberg [* 35] besonders wichtig. Ferner besitzt Aachen Fabriken für Steck-, Strick- und Vorstecknadeln (mit Glas- und Stahlköpfen), für Samt-, Leinen- und Posamentierwaren, Farben, Handschuhe, Messer, [* 36] Regenschirme, feuerfeste Steine, Thonwaren, [* 37] Zement, Steingutwaren, optische, physikalische und andre Instrumente, Knöpfe, Glocken, Mineralwässer, Papiertapeten, Feuerspritzen; [* 38] zahlreiche Eisengießereien, Ziegeleien, Seifensiedereien, große Brauereien und Brennereien etc. Als Hauptstation der Belgisch-Rheinischen Eisenbahn, die hier mit der Bergisch-Märkischen und der Maastrichter Bahn zusammentrifft, ist Aachen zu einem wichtigen Stapelplatz des preußischen Handels geworden und hat außer den Erzeugnissen seiner Fabriken namentlich in Wolle, Getreide, [* 39] Wein, Steinkohlen, Metallen, Leder, Holz [* 40] etc. bedeutenden Verkehr. Aachen ist Sitz der Aachen-Münchener Feuerversicherungsgesellschaft (1825 von Hansemann gegründet), der Rückversicherungsgesellschaft, der Aachen-Höngener Bergwerksgesellschaft und der Aktiengesellschaft für Bergbau, [* 41] Blei- und Zinkfabrikation zu Stollberg und in Westfalen. [* 42] Den Geldverkehr vermitteln die Reichsbankstelle, Diskontogesellschaft, Bank für Handel und Gewerbe etc.

Als Wohlthätigkeitsanstalten sind zu nennen: das Mariahilfspital (mit 262 Betten, unter Leitung von Elisabethinerinnen), die Alexianer-Irrenanstalt, das Vinzenzspital für Unheilbare, die Mariannen-Entbindungsanstalt, die Annunciatenanstalt für weibliche Irre (Mariabrunn), das von Mitgliedern der evangelischen Gemeinde gegründete Luisenhospital, ein Armen- und Waisenhaus etc. An Bildungsanstalten besitzt Aachen ein katholisches Gymnasium (ein paritätisches Staatsgymnasium wird gebaut), die Rheinisch-Westfälische technische Hochschule (im Oktober 1870 eröffnet, im Winter 1883/84 mit 38 Lehrern und 200 Studierenden), ein Realgymnasium, eine Realschule mit gewerblichen Fachklassen, eine höhere Webschule, eine Handwerkerfortbildungsschule, die Stiftsschule, zwei höhere Töchterschulen, eine Taubstummenbildungsanstalt. Daneben bestehen sechs öffentliche Bibliotheken und zahlreiche Kunst- und naturhistorische Privatsammlungen. Zwölf Zeitungen und periodische Blätter erschienen 1884 in Aachen. Das Stadtwappen (s. Abbildung, S. 2) ist ein im goldenen Feld ausgebreiteter schwarzer Adler [* 43] mit ausgestreckter roter Zunge; die Farben Aachens sind Schwarz und Gelb.

Wiesbaden und Umgebung

Bild 16.618a: Wiesbaden und Umgebung
* 44 Wiesbaden.

Die Aachener Mineralquellen (Aquae Granenses) gehören zur Klasse der alkalisch-muriatischen Schwefelthermen und sind als solche Heilquellen ersten Ranges. Ihren Wärmegraden nach können sie sich mit den Schwefelthermen der Pyrenäen messen, ihrem Gehalt an Salzen nach kommen sie den Quellen von Wiesbaden, [* 44] Baden-Baden [* 45] und Karlsbad gleich. Sie entspringen auf dem an Thermen und Säuerlingen reichen Übergangsgebirge, welches ganz in der Nähe und selbst unterhalb der Stadt als Grauwackenschiefer und Übergangskalkstein zu Tage tritt, und befinden sich sämtlich innerhalb der Stadt.

Man unterscheidet zwei Quellgruppen, die aus zahlreichen, nicht sämtlich benannten, ja mehrfach unterdrückten Adern bestehen, welche am Abhang der das Rathaus tragenden Höhe auf der Hof- und Büchelstraße (obere Gruppe) und der Komphausbadstraße (untere Gruppe) hervorbrechen. In der obern Gruppe ist die mächtigste und heißeste (44° R.), die Kaiserquelle im Gebäude des Kaiserbades (daselbst Reste eines Römerbades), so wasserreich, daß sie außer den eignen Bädern und dem Elisenbrunnen auch das Bad [* 46] Zur Königin von Ungarn [* 47] und das Neubad speist; bei dem Neubau des erstern in der Büchelstraße sind die Fundamente eines großen, von der 6. römischen Legion etwa in den Jahren 69-120 n. Chr. in der Nähe der Kaiserquelle errichteten Badegebäudes ausgegraben worden. Im Badehaus Zur Königin von Ungarn befindet sich ein Elektrisierheilapparat und im Kaiserbad für Brustkranke ein eigner Inhalationssaal. Zu der obern Quellgruppe zählt die Quirinusquelle (fast 40° R.), die mit zwei reichen Nebenquellen das gleichnamige Bad versieht. Zu der untern Quellgruppe auf der Komphausbadstraße gehört die aus vielen Adern zusammenfließende, von allen Thermen Aachens wasserreichste, das Rosenbad und das für Unbemittelte bestimmte Komphausbad versehende Rosenquelle (38° R.); sehr wasserreich ist auch hier die Corneliusquelle (36° R.), die das Cornelius- und Karlsbad speist. Alle Badehäuser sind gegenwärtig Eigentum der Stadt. Nach Analyse von Liebig sind in 10,000 g Wasser der Kaiserquelle enthalten:

Chlor­natrium (Koch­salz) 26,161
Brom­natrium 0.036
Jod­natrium 0.005
Schwefel­natrium 0.136
Schwefel­saures Natron 2,836
Schwefel­saures Kali 1,527
Koh­len­saures Natron 6,449
Koh­len­saures Lithion 0.029
Koh­lensaure Magnesia 0.506
Koh­lensaurer Kalk 1,579
Koh­lensaurer Strontian 0.002
Koh­len­saures Ei­sen­oxydul 0.095
Kieselerde 0.661
Organische Materie 0.769
Zusam­men: 40,791
Freie Koh­len­säure 5

Fortsetzung Aachen: → Seite 1.5 || 5 Dazu in unwägbarer Menge: kohlensaures Manganoxydul, Phosphorsäure, Thonerde, Fluorcalcium

Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888

Aachen.

Kreisabschnitt - Kreis

Bild 10.186: Kreisabschnitt - Kreisinstrumente
* 48 Kreise.

[* 1] Die Stadt zählte 1885: 95,725 Einw. (darunter 88,377 Katholiken, 6022 Evangelische, 1256 Juden), der Regierungsbezirk Aachen: 544,568 Einw. (darunter 519,753 Katholiken, 20,264 Evangelische, 4429 Juden). Die Kreise [* 48] umfassen:

Kreise QKilom. QMeil. Einw. Auf 1 qkm
Aa­chen (Stadt) 31 0.55 95.725 -
Aa­chen (Land) 339 6.15 111.180 328
Düren 563 10.22 75.965 135
Erke­lenz 289 5.25 37.788 131
Eupen 176 3.19 26.355 150
Gei­lenkir­chen 197 3.59 26.001 132
Heins­berg 243 4.41 35.805 147
Jü­lich 318 5.78 41.802 131
Malmedy 813 14.76 30.441 37
Montjoie 362 6.57 18.603 51
Schleiden 824 14.96 44.903 55

Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910

Titel
Elemente zu Aachen:

[1.2] Aachen (franz. Aix la Chapelle

Aachen.

[* 1]

Norddeutscher Lloyd -

Bild 62.415: Norddeutscher Lloyd - Nordenberg [unkorrigiert]
* 52 Norden.

1) Regierungsbezirk der preuß. Rheinprovinz, [* 49] umfaßt das Gebiet der frühern Reichsstadt Aachen, Teile der ehemaligen Herzogtümer Jülich, Limburg [* 50] und Luxemburg, [* 51] die Grafschaften Schleiden, Reifferscheid, Blankenheim und Gerolstein, die Herrschaft Mechernich der Grafen von Nesselrode, die Abteien St. Kornelimünster, Burtscheid der Cistercienser, Malmedy der Benediktiner u.a., grenzt im Norden [* 52] an Belgien und die Niederlande, [* 53] ist gebirgig (Ardennen, Hohe Venn), hat Industrie, Kohlen- und Eisenbergbau, Ackerbau, Viehzucht [* 54] und Handel, umfaßt 4154,72 qkm mit (1890) 564.566 (281143 männl., 283.423 weibl.) E., 15 Städte mit 286,65 qkm und 208.342 (100899 männl., 107.443 weibl.) E., 375 Landgemeinden mit 3868,68 qkm und 356.224 (180244 männl., 175.980 weibl.) E., ferner 81899 bewohnte, 3500 unbewohnte Wohnhäuser, [* 55] 117.539 Haushaltungen und 246 Anstalten. Dem Religionsbekenntnis nach waren 21036 Evangelische, 539.016 Katholiken, 96 sonstige Christen und 4387 Israeliten.

Der Regierungsbezirk zerfällt in 11 Kreise:

Kreise qkm Wohn- Ein- Einw.
stät­ten woh­ner pro qkm
Erke­lenz 288,96 7650 36.047 125
Heins­berg 243,49 7366 34.940 143
Gei­lenkir­chen 196,79 5479 25.471 129
Jü­lich 318,42 8074 41.357 130
Düren 563,31 13.035 80.194 142
Stadtkreis Aa­chen 30,56 6095 103.470 3449
Landkreis Aa­chen 338,93 15.858 122.136 361
Eupen 175,88 3779 27.132 154
Montjoie 361,53 3449 18.483 51
Schleiden 823,83 8972 44.809 54
Malmedy 813,02 6095 30.527 37

Der Reg.-Bez. Aachen zerfällt in die 5 Reichstagswahlkreise: Schleiden-Malmedy-Montjoie (Abgeordneter 1895: Prinz von Arenberg, Centrum), Eupen-Aachen (Dr. Bock, Centrum), Stadt Aachen (Mooren, Centrum), Düren-Jülich (Graf Hompesch, Centrum), Geilenkirchen-Heinsberg-Erkelenz (Hitze, Centrum).

2) Landkreis (ohne Stadt Aachen) im Reg.-Bez. Aachen, hat (1890) 122.136 (61407 männl., 60729 weibl.) E. in 3 Stadt- und 21 Landgemeinden.

Textfigur:

3) Aachen (frz. und engl. Aix-la-Chapelle; niederdeutsch und niederländisch Aken, Aquen; lat. Aquisgranum, Civitas Aquensis), Hauptstadt des Reg.-Bez. und Stadtkreis, berührt mit dem Weichbilde (30,376 qkm) das Gebiet von Holland und Belgien und liegt 50°46'17" nördl. Br. und 6°4'39" östl. L. von Greenwich, in 173,9 m Höhe am südl. Abhang des Lousbergs (202 m) in einem fruchtbaren, von drei der Wurm zufließenden Bächen bewässerten und von den Vorhöhen des Hohen Venns umschlossenen kesselförmigen Thale. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt 10,26° C.

Bevölkerungsstatistisc

Bild 2.851a: Bevölkerungsstatistische Karten
* 56 Bevölkerung.

Bevölkerung. [* 56] Die ortsanwesende Bevölkerung A.s betrug 1817: 32300, 1880: 85432, 1885: 95725, 1890: 103.470 (49586 männl., 53884 weibl.) E., d. i. eine Zunahme von 7745 E. oder 8,11 Proz., oder jährlich (1885–90) 1549 Personen;

Geburten (1894) 3866, Sterbefälle einschließlich Totgeburten 2531, Eheschließungen 845. In Garnison liegt das Füsilierregiment Fürst Karl Anton von Hohenzollern [* 57] Nr. 40. In 5867 bewohnten Wohnhäusern befanden sich (1890) 22606 Familienhaushaltungen und 49 Anstalten.

Dem Religionsbekenntnisse nach waren 6427 Evangelische, 95617 Katholiken, 192 andere Christen und 1334 Israeliten. Geboren waren in Aachen 64595, im übrigen Preußen 32255, im übrigen Deutschen Reiche 1505, im Auslande 5115.

Anlage, Straßen, Plätze, Denkmäler. Aachen besteht aus der alten innern, der neuen äußern Stadt und den neuern Vorstädten. An die Stelle der frühern Festungswerke, von denen noch zwei schöne Thorburgen, das Pontthor im NW. und das Marschierthor im S. übrig sind, ist ein promenadenartiger Straßenring getreten. Die wichtigsten und verkehrreichsten Straßen der Altstadt sind: Jakob-, Theater-, Hoch-, Harskamp-, Großköln- und Lousbergstraße, Kapuziner-, Templer-, Dahmen- und Holzgraben.

Öffentliche Plätze: Friedrich-Wilhelms-Platz, der schönste Teil des innern Promenadenrings;

Marktplatz mit dem Erzstandbild Karls d. Gr. auf einem Springbrunnen (1620 errichtet, war 1794 nach Paris entführt);

Kaiserplatz mit dem Kaiserbrunnen (von H. Rehm der Stadt geschenkt und 1879 errichtet);

Rehmplatz mit der Mariensäule (nach dem Entwurf von Laurent vom Bildhauer Pohl angefertigt und 1887 aufgestellt);

Hansemannplatz mit der Statue David Hansemanns (1888).

Am Adalbertsteinwege steht das Kongreßdenkmal, eine offene Marmorhalle in antikem Stil, 1836–44 nach Schinkels Entwurf errichtet zur Erinnerung an den Monarchenkongreß (1818) und die Heilige Allianz; vor dem Rheinischen Bahnhofe das Kriegerdenkmal, nach Drakes Entwurf 1872 von Gladenbeck gegossen.

Aachen

Bild 51.4: Aachen
* 59 Seite 51.4.

Kirchen. Unter den 33 Kirchen ist das Münster oder der Dom die merkwürdigste. (S. Tafel: Deutsche Kunst [* 58] I, [* 59] Fig. 4, 5 u. 6.) Den Kern bildet die von Odo von Metz 796–804 nach dem Vorbild von San Vitale in Ravenna in byzant. Stil erbaute und 805 vom Papst Leo III. geweihte Kaiserkapelle (Capella in palatio), die die Form eines Sechzehnecks (31 m hoch, 16 m Durchmesser) mit achteckigem erhöhten Mittelraum hat und mit einem durch Kreuzgewölbe getrennten doppelten Umgange verbunden ist.

In der achteckigen Kuppel befindet sich seit 1882 ein prachtvolles Mosaikbild auf Goldgrund, Christus und die 24 Ältesten der Apokalypse darstellend, nach Béthunes (Gent) [* 60] Zeichnung von Salviati (Venedig). [* 61] Der got. Chor (34 m hoch, 25 m lang, 12 m breit), mit neuen (1853) Glasgemälden, ist 1353–1414 gebaut; ihm gegenüber deckt die Vorhalle und der darüber erbaute, 1881–84 erneuerte Turm [* 62] mit den angebauten Emportreppen drei Seiten des sechzehneckigen Baues.



Aachen

Bild 51.5: Aachen
* 64 Seite 51.5.

Das Dach [* 63] ist aus dem 17. Jahrh., die Erzthüren des Westportals von 804. Die meisten der das Achteck umgebenden Kapellen sind gotisch bis auf die Ungarische Kapelle (1730 im Zopfstil erbaut), die den Domschatz birgt. In der Mitte des Achtecks liegt ein Stein mit der Inschrift: «Carolo Magno» (1809); über diesem hängt ein berühmter Kronleuchter aus vergoldetem Kupfer, Geschenk (1168) Kaiser Friedrichs I. (vgl. Bock, Der Kronleuchter Kaisers Friedrich Barbarossa, Lpz. 1864). Die Kanzel, im 18. Jahrh. erneuert, mit Goldplatten in getriebener Arbeit, ist von Kaiser

mehr

3 Heinrich II. geschenkt. Trotz aller Nachgrabungen ist die ursprüngliche Begräbnisstelle Karls d. Gr., die Kaiser Otto III. im J. 1000 öffnen ließ, noch unbekannt. Nach Annalen (1048) des Klosters Novalese (im Thale von Susa) wurde der Kaiser noch wohl erhalten in weißem Ornat, auf einem Sessel sitzend, mit der Krone geschmückt und das Scepter in den Händen gefunden. Das wiederum vermauerte Kaisergrab wurde von Friedrich I. (Barbarossa) bei der Kanonisation Karls d. Gr. 1165 geöffnet und die Gebeine wahrscheinlich in den noch jetzt gezeigten, reichverzierten Proserpinakasten gelegt, aus dem sie Kaiser Friedrich II. 1215 in eine kunstvolle Truhe (Karlsschrein) bringen ließ.

Wien

Bild 16.600a: Wien
* 65 Wien.

Hier ruhten sie auf dem Choraltar bis gegen Ende des 18. Jahrh., wo sie in die Ungarische Kapelle gebracht wurden. (Vgl. Käntzeler, Der die Gebeine Karls d. Gr. enthaltende Behälter, Aachen 1859.) Die im Grabe aufgefundenen Reichsinsignien wurden 1798 nach Wien [* 65] gebracht. (Vgl. Bock, Die Kleinodien des Heiligen Römischen Reichs, Wien 1864.) Der weiße Marmorstuhl, später mit Goldplatten belegt, diente bis 1531 bei Krönungen dem Kaiser während der Begrüßung der Reichsfürsten zum Sessel und steht jetzt auf der Empore des Achtecks (dem sog. Hochmünster).

Das Grab Ottos III. befindet sich im Chor. Außer dem Karlsschreine mit den Gebeinen Karls d. Gr. und dem Proserpinakasten befindet sich im Domschatze der Marienschrein mit den zur Zeit Karls aus dem Orient gekommenen Großen Reliquien, die alle sieben Jahre (zuletzt 1895) vom 10. bis 24. Juli von der Galerie des Glockenturms und in der Kirche gezeigt werden: ein Unterkleid der Jungfrau Maria (eine Art Byssus), die Windeln des Jesuskindes, das Lendentuch Christi, bei der Kreuzigung getragen und das Leintuch, auf dem Johannes der Täufer enthauptet wurde;

die Büste Karls d. Gr. von Gold und Emaille (15. Jahrh.), sein Jagdhorn (orient. Elfenbeinarbeit) und viele sog. Kleine Reliquien.

Das vielfach durch Anbauten verunstaltete Münster ist durch die Bemühungen des 1849 gegründeten Karlsvereins und reiche Beiträge der Könige Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm I. in seiner ursprünglichen Gestalt wiederhergestellt und verschönert worden. Das Achteck ist wieder mit den herrlichen Marmorsäulen geschmückt, die 1794 von den Franzosen geraubt und durch den Pariser Frieden wiedererworben wurden; mit Ausnahme zweier roter Porphyrsäulen, die noch heute im Louvre sind.

Altaische Sprachen - A

Bild 1.412: Altaische Sprachen - Altar
* 66 Altar.

Die 14 Standbilder im Innern des Chors glänzen in ihrer alten got. Farbenpracht. Am Eingange zum Chor, wo früher der Altar [* 66] stand, an dem von Ludwig dem Frommen (813) bis Ferdinand I. (1531) 37 deutsche Könige und 14 Königinnen gesalbt wurden, ist 18. Nov. 1873 ein neuer Altar geweiht worden. –

Vgl.   Nolten, Archäol.

Beschreibung der Münster- und Krönungskirche zu Aachen (Aachen 1818); Quir, Histor. Beschreibung der Münsterkirche zu Aachen (ebd. 1840);

Debey, Die Münsterkirche zu und ihre Wiederherstellung (ebd. 1851);

Mertens, Die karolingische Klosterkapelle zu (in der «Bauzeitung», 1840, V);

Schervier, Die Münsterkirche zu und deren Reliquien (Aachen 1853);

Floß, Geschichtliche Nachrichten über die Aachener Heiligtümer (ebd. 1855);

Bock, Der Reliquienschatz des Liebfrauen-Münsters zu Aachen (ebd. 1860);

ders., Das Heiligtum zu Aachen (Köln 1867);

ders., Karls d. Gr. Pfalzkapelle und ihre Kunstschätze (ebd. 1866–67);

Kessel, Geschichtliche Mitteilungen über die Heiligtümer der Stiftskirche zu Aachen (ebd. 1874).

Andere hervorragende Kirchen sind: die St. Foilanskirche (12. Jahrh.), die spätgot. St. Paulskirche mit schönen Glasmalereien (s. Tafel: Glasmalerei [* 67] II, [* 64] Fig. 1), die got. Marienkirche (von Statz) und die roman. Redemptoristenkirche, die Michaeliskirche (1628 geweiht) mit der Pietà von Honthorst (1632), die neue Jakobskirche von Wiethase, im Übergangsstil, und die evang. Kirche. Zu erwähnen ist noch die neue Synagoge in maur. Stil (nach Wickop). Weltliche Bauten. Am Marktplatz das got. Rathaus, 1353–70 auf den Ruinen der karoling.

Kaiserpfalz (778) erbaut, mit dem alten röm. Granusturm (13. Jahrh.) östlich und dem Glocken- oder Marktturm westlich, beide ihres hohen Daches durch eine Feuersbrunst 1883 beraubt. (Vgl. Kessel, Das Rathaus zu Aachen, 1884.) Der Krönungssaal im Obergeschoß (44 m lang, 19 m breit), in dem 35 deutsche Könige und 11 Königinnen das Krönungsmahl hielten, im 18. Jahrh. durch Holzwände geteilt, ist jetzt wiederhergestellt und mit 8 Fresken, Scenen aus dem Leben Karls d. Gr., von Alfred Rethel geschmückt;

das Kurhaus (1782) mit dem maurischen neuen Kursaal (1863–64 nach Plänen Wickops erbaut);

der Elisenbrunnen in dor. (1822–24), das Stadttheater (1824) in ion. Stil nach Plänen von Schinkel (288000 M.), das großartige Bürgerhospital Mariahilf (1848–65 erbaut);

Labitzky - Laboratoriu

Bild 10.376: Labitzky - Laboratorium
* 68 Laboratorium.

die 1870 nach Plänen von Cremer in ital. Renaissance vollendete Technische Hochschule mit dem neuen (1879) chem. Laboratorium [* 68] (von Ewerbeck und Intze);

die Gebäude der Reichsbank und der Bergisch-Märkischen Bank;

die Strafanstalt (got. Stil, von Cremer), das roman. Postgebäude, das got. Karlshaus, die Kurie Richards von Cornwallis, das älteste Rathaus der Stadt, jetzt wiederhergestellt, das Kaiserbad und das Justizgebäude, ein got. Backsteinbau nach Dieckhoffs Entwurf (1888).

Verwaltung. Die Stadt wird verwaltet von einem Oberbürgermeister (Pelzer, seit 1884, 12000 M.), 5 Beigeordneten (4 besoldet), 30 Stadtverordneten sowie einer königl. Polizeidirektion (Polizeipräsident Graf Matuschka-Greiffenklau). Die Feuerwehr umfaßt einen Branddirektor, Brandinspektor, 5 Brandmeister und 3 Compagnien mit je 28 Mann und 6 Pferden. Es bestehen 55 Feuermeldestellen, 1631 öffentliche Gasflammen und in mehrern Privathäusern elektrische Beleuchtung. [* 69] Die große Wasserleitung ist seit 1880 im Betrieb.

Finanzen. Der Haushaltplan für 1895/96 schließt ab in Einnahme und Ausgabe mit 5.454.000 M., wovon 1.717.059 M. durch Umlage zu decken sind. Für Unterrichtszwecke werden aufgewendet 1.159.940 M.



Aachen

Bild 51.6: Aachen
* 74 Seite 51.6.

Behörden. Aachen ist Sitz der königl. Bezirksregierung, des Landratsamtes für den Landkreis Aachen, eines Landgerichts (Oberlandesgericht Köln) mit 16 Amtsgerichten (Aachen, Aldenhoven, Blankenheim, Düren, [* 70] Erkelenz, Eschweiler, [* 71] Eupen, [* 72] Geilenkirchen, Gemünd, Heinsberg, Jülich, Malmedy, Montjoie, St. Vith, Stolberg, [* 73] Wegberg) und Kammer für Handelssachen, eines Amtsgerichts, Hauptzollamtes, einer Oberpostdirektion für den Reg.-Bez. Aachen mit 191 Verkehrsanstalten, 1332 km oberirdischer Telegraphenlinien mit 5046 km Leitungen, einschließlich 1414 km der Stadtfernsprechanlagen, sowie des Kommandos der 29. Infanteriebrigade und eines Bezirkskommandos.

mehr

4 Bildungs- und Vereinswesen. Technische Hochschule für Rheinland und Westfalen, eröffnet 10. Okt. 1870, hatte im Wintersemester 1892/93 222 Studierende, 51 Hospitanten, 28 Professoren, 10 Docenten und 17 Assistenten; königl. und städtisches kath. Kaiser-Karls-Gymnasium, 1805 eröffnet, königl. paritätisches Kaiser-Wilhelms-Gymnasium, höhere kath. Stiftsschule (3 Gymnasial- und 2 Vorklassen), städtisches Realgymnasium, Realschule mit Fachklassen für technische Gewerbe, Lehrerinnen-Bildungsanstalt, Vereins-Taubstummenanstalt (1838 gegründet), 2 städtische höhere Mädchenschulen, höhere Mädchenschule Burtscheid-Aachen, gewerbliche Zeichen- und Kunstgewerbeschule, gewerbliche Fortbildungs-, gewerbliche Tagesschule, Webeschule, 2 Mädchen-Mittelschulen.

Mit dem Suermondt-Museum (Barth. Suermondt, gest. 1887), einer Sammlung von Gemälden vortrefflicher Niederländer, von Waffen [* 75] und kunstgewerblichen Erzeugnissen, ist eine dauernde Gemäldeausstellung verbunden; in demselben Gebäude die Stadtbibliothek (85000 Bände), im sog. Gras-Hause (Kurie Richards von Cornwallis) das städtische Archiv. Daneben bestehen 6 öffentliche Bibliotheken, zahlreiche Kunst- und naturhistor. Privatsammlungen, das 1885 gegründete Zeitungsmuseum (s. d.), ein Stadttheater (Oper, Schauspiel) mit 1300 Plätzen und ein Saisontheater (Lustspiel und Operette).

Unter den zahlreichen Vereinen und Gesellschaften seien erwähnt der Verein für Kunde der Aachener Vorzeit, Geschichts-, Museumsverein, ärztlicher Leseverein, Aachener Architekten- und Ingenienrverein, Aachener Bezirksverein deutscher Ingenieure, Verein für die berg- und hüttenmännischen Interessen im Aachener Bezirk, Verein deutscher Nadelfabrikanten (Sitz zu Aachen), Bienen- und Seidenzucht-, Gewerbeverein für Aachen, Burtscheid und Umgegend, Bürgerkasino, Erholungsgesellschaft, Freimaurerloge. Alle 3 Jahre (zuletzt 1894) werden in Aachen die berühmten niederrhein. Musikfeste abgehalten. 1890 erschienen 15 Zeituugen und periodische Blätter.

Wohlthätigkeitsanstalten. Mariahilf-Hospital (unter Leitung der Elisabetherinnen), Luisen-Hospital (unter Leitung von Diakonissen), Vincenz-Hospital für Unheilbare, die Irrenanstalt Mariaberg der Alexianer, seit 1895 von der Provinz verwaltet, die Annunciatenanstalt für weibliche Irre, die Mariannen-Entbindungsanstalt, Augenklinik, das Armen- und Waisenhaus der Barmherzigen Schwestern, Erziehungsanstalt der Franziskaner für arme Knaben, die der Schwestern vom Kinde Jesu, 8 Kinderbewahranstalten, je 2 städtische Turn-, Schwimmanstalten u.a.

Dampfkessel I

Bild 4.449a: Dampfkessel I
* 76 Dampfkessel.

Industrie. Schon im Mittelalter war die Industrie bedeutend und wird in neuerer Zeit besonders durch die in der Umgegend erschlossenen mächtigen Steinkohlenlager (s. die Nebenkarte zur Karte: Rheinprovinz, Westfalen u.s.w. I. Nördlicher Teil) gefördert. Bereits im 12. Jahrh. waren die Gold-, Silber-, Ciselier- und Gravierarbeiten sowie gewebte feinere Tuche berühmt; jetzt giebt es 114 Tuchfabriken (2200 Arbeiter) und Streichgarnspinnereien, 15 Kratzen-, 24 Nadel-, 15 Cigarrenfabriken, 45 Eisengießereien und Maschinenfabriken; Fabriken für Luxus- und Eisenbahnwagen, Dampfkessel, [* 76] Tuchschermesser, Handschuhe, Glasknöpfe, Farben, Soda, Cement, Leder und Treibriemen. Aachen ist Sitz der 24. Sektion der Fuhrwerks-, der 6. der Rheinisch-Westfälischen Baugewerks-, der 6. der Rheinisch-Westfälischen Textil-, der 5. der Rheinisch-Westfälischen Hütten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft und der 7. der Berufsgenossenschaft für Feinmechanik.

Handel. Aachen ist seit langem ein wichtiger Handelsplatz; im 14. Jahrh. hatten die Aachener in Antwerpen [* 77] und Venedig bedeutende Lagerhäuser. Außer in den Erzeugnissen seiner Industrie hat es in Wolle, Getreide, Wein, Leder, Rauch- und Pelzwaren, Holz, Metallen und Steinkohlen bedeutenden Verkehr; ferner besitzt es viele größere Buch-, Kunst- und Musikalienhandlungen, eine Reichsbankstelle, Handelskammer für und Burtscheid, Gewerbekammer, Diskontogesellschaft, Bank für Handel und Gewerbe, Bergisch-Märkische Bank, 2 Vorschußvereine, Konsulate für das Königreich Belgien, die Argentinische Republik [* 78] und die Vereinigten Staaten [* 79] von Amerika. [* 80] Unter den Versicherungsgesellschaften ist zu nennen die Aachener und Münchener Feuerversicherungsgesellschaft (1825 von Hansemann gegründet), ferner die Aachen-Leipziger Feuerversicherungsgesellschaft und die Aachen-Leipziger Versicherungs-Aktiengesellschaft.

Staatsbahnen und Priva

Bild 5.442a: Staatsbahnen und Privatbahnen im Deutschen Reich
* 82 Staatsbahnen.

Verkehrswesen. Der Verkehr wird vermittelt durch die Bahn Aachen-Maastricht (36,90 km, Bahnhöfe [* 81] Marschierthor und Templerbend) und die Linien Aachen-Jülich (27,54 km, Bahnhof Kölnthor), Langerwehe-Aachen-Herbesthal (36,75 km, Rheinischer Bahnhof), Aachen-Rheydt (54,08 km, Bahnhöfe Marschierthor und Templerbend) der Preuß. Staatsbahnen [* 82] und die Güterbahn Aachen-Rote Erde (6,81 km) mit Nebenbetrieb, die Linien der elektrischen Straßenbahn (1895 eröffnet) nach Haaren, Forst, [* 83] Burtscheid und Vaals; ein Postamt erster Klasse und fünf andere Postanstalten, ein Telegraphenamt, Fernsprecheinrichtung innerhalb der Stadt und mit Burtscheid, Düren, Köln, München-Gladbach und Düsseldorf; [* 84] über 100 Droschken.

Mineralquellen. Die Aachener Mineralquellen, schon zur Römerzeit benutzt, gehören zu den alkalisch-muriatischen Schwefelthermen und kommen ihren Wärmegraden nach den Thermen in den Pyrenäen, ihrem Gehalt an Salzen nach denen von Wiesbaden und Karlsbad nahe. Sie entspringen auf dem Übergangsgebirge (Grauwackenschiefer und Kalkstein) nahe der Stadt und werden nach ihrer Lage in die obern und untern geteilt, von denen jene stärker, wärmer und schwefelhaltiger sind als diese (45–56°C.).

Von jenen sind die vorzüglichsten: die Kaiserquelle (55° C.), die, im Kaiserbad entspringend, dieses, sowie das Neubad, das Bad der Königin von Ungarn und den seit 1827 eingerichteten Elisenbrunnen (Trinkbrunnen) speist (seit 1865 wird ihr Wasser auch in Flaschen versandt), und die Quirinusquelle (50° C.), die in das Quirinusbad fließt. Zu den untern Quellen gehören die wasserreichste, das Rosenbad und das für Unbemittelte bestimmte Comphausbad speisende Rosenbadquelle (47° C.) und die dem Cornelius- und Karlsbad zugeleitete Corneliusquelle (45° C.). Nach der Analyse von Liebig kommen auf 10000 g Wasser der Kaiserquelle neben andern mineral. Bestandteilen Kochsalz 26,1, schwefelsaures Natron 2,8, schwefelsaures Kali 1,5, kohlensaures Natron 6,4 und außerdem freie Kohlensäure 5. Die Thermen wirken hauptsächlich auf das Pfortadersystem und die Schleimhäute und werden gegen Gicht, chronische Ausschläge und Katarrhe, Unterleibsbeschwerden, Hämorrhoiden, Leberleiden, Neuralgien, Reste von

Fortsetzung Aachen: → Seite 51.7 || 5 Syphilis und Merkurialismus angewandt und zwar zum Einatmen, Trinken und Baden, zu Douche-

Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910

Aachen

[* 1] * (hierzu ein Stadtplan nebst Verzeichnis der Straßen und öffentlichen Gebäude), Stadt, mit elektrischer Straßenbahn nach Bardenberg, hat (1895) 110.551 E., 6391 bewohnte Wohnhäuser, 24584 Haushaltungen und 57 Anstalten, d. i. eine Zunahme seit 1890 um 7081 Personen oder 6,84 Proz. Die Zahl der Geburten betrug 1895: 3809, der Eheschließungen 924, der Sterbefälle (einschließlich Totgeburten) 2719. In Garnison liegt das Füsilierregiment Fürst Karl Anton von Hohenzollern Nr. 40. Auf dem Theaterplatz soll ein Denkmal Kaiser Wilhelms I. errichtet werden.

Straßenreinigung

Bild 65.424: Straßenreinigung
* 85 Straßenreinigung.

Oberbürgermeister (15000 M. Gehalt) ist seit 1896 Veltmann; die Zahl der besoldeten Beigeordneten beträgt 4. Polizeipräsident ist seit 1894 Graf Matuschka-Greisfenklau. Der Haushaltplan für 1896/97 schließt ab in Einnahme und Ausgabe mit 5,55 Mill. M., wovon 1.867.565 M. durch Umlage zu decken sind. Für Unterrichtszwecke werden aufgewendet 1.089.386 M., für öffentliche Sicherheit 236.480, für Straßenreinigung [* 85] und -Sprengen 50128 M. Das königlich preuß. Eisenbahnbetriebsamt ist 1. April 1895 aufgehoben. Aachen ist Sitz des Kommandos der 29. Infanteriebrigade und eines Bezirkskommandos. Die Technische Hochschule hat (1896/97) 45 Professoren und Docenten, 258 Studierende und 104 Hospitanten. 1896 wurde den Redemptoristen die Wiedereröffnung ihres Hauses erlaubt. Die Zahl der Tuchfabriken beträgt etwa 110 mit gegen 9000 Arbeitern. Die Straßenbahn hat 1895 elektrischen Betrieb erhalten. Die Einverleibung von Burtscheid ist 1896 von den Stadtverordneten beider Städte genehmigt worden.

Einwohnerzahl des Regierungsbezirks und seiner Kreise:

Kreise Ortsanwe­sende Bevölke­rung   Zunahme (+)
1895 1890 Abnahme (-)
. . von 1890-95 in Proz.
Erke­lenz 36.046 36.047 +0,12
Heins­berg 35.364 34.940 +1,21
Gei­lenkir­chen. 26.013 25.471 02,07
Jü­lich 42.525 41.357 +2,83
Düren 85.389 80.194 +6,48
Aa­chen (Stadtkreis) 110.551 103.470 +6,84
Aa­chen (Landkreis) 133.045 122.136 +8,94
Eupen 26.928 27.132 -1,02
Montjoie 18.620 18.483 +0,76
Schleiden 44.643 44.809 -0,39
Malmedy 31.000 30.527 +1,57
Regie­rungsbezirk 590.124 564.566 +4,51

Vgl.   Zimmermann, Wegweiser durch Aachen (2. Aufl., Aachen 1894);

Rhoen, Die Befestigungswerke der freien Reichsstadt Aachen (ebd. 1894);

Schjerning, und seine Umgebung (ebd. 1895);

Pick, Aus A.s Vergangenheit (ebd. 1895);

Beißet, Der Inhalationsraum und die Inhalationsbehandlung an den Aachener Schwefelthermen (ebd. 1896).