Kautschuk | eLexikon | Technologie, Gewerbe und Industrie - Holz, Kautschuk, Leder etc - Gummi, Kautschuk
- ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
Titel
Elemente zu Kautschuk:Chemische Bestandteile und Eigenschaften.
Verwendung des Kautschuks. Geschichtliches, Produktion.
Kautschuk
(Gummi elasticum, Resina elastica), ein im Pflanzenreich weitverbreiteter Stoff, welcher aus mehreren Pflanzen, die den Familien der Apocyneen, Artokarpeen und Euphorbiaceen [* 2] angehören, gewonnen wird. Diese finden sich in Zentral- und dem größten Teil von Südamerika, [* 3] in fast ganz Afrika, [* 4] Arabien, den beiden Indien, auf dem Indischen Archipel und der nördlichen Hälfte von Australien; [* 5] sie gedeihen nur in Ländern, deren Temperatur sich zwischen 33 und 42° bewegt, und in denen die jährliche Regenmenge durchschnittlich 69'' beträgt.
Aus der Familie der Apocyneen sind die wichtigsten Kautschukpflanzen: Urceola elastica auf Borneo und Sumatra, Vahea gummifera auf Madagaskar, [* 6] Hancornia speciosa in Brasilien, [* 7] mehrere Landolfia-Arten in Afrika und Willughbeia-Arten auf Borneo, in Hinterindien [* 8] etc.;
aus der Familie der Artokarpeen: Ficus elastica in Birma, auf Java, Madagaskar etc. und andre Ficus-Arten, Cecropia peltata in Südamerika, Castilloa elastica in Mexiko [* 9] und Südamerika;
aus der Familie der Euphorbiaceen: Siphonia elastica (Hevea guyanensis) in Südamerika und andre Siphonia-Arten.
Mehrere Arten dieser Kautschukbäume hat man bereits mit Erfolg kultiviert.
Kautschuk (Handelssort
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Seite 9.641.Zur Gewinnung des Kautschuks werden die Stämme der Bäume angeschnitten oder angebohrt; ¶
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den erhaltenen Milchsaft läßt man gerinnen und trocknet den sich abscheidenden Rahm auf tellerartigen oder anders gestalteten Formen über einem Kohlenfeuer (Brasilien). An andern Orten setzt man, um die Abscheidung des Kautschuks aus dem Milchsaft zu befördern, den wässerigen Auszug einer Schlingpflanze zu, worauf der Kautschuk mit den Händen geknetet oder mit Hölzern gerollt, zu einem Kuchen ausgebreitet und getrocknet wird. In Ostindien [* 11] setzt man dem Saft kochendes Wasser oder Alaun [* 12] und Kochsalz zu, und an der Westküste von Afrika läßt man den Milchsaft in Gruben durch die Sonne [* 13] eintrocknen.
Diese verschiedene Behandlungsweise bedingt große Abweichungen in der Beschaffenheit der Handelssorten. Man unterscheidet: Parakautschuk aus Brasilien, a) in Form kugeliger, dickwandiger Flaschen von 15 cm Durchmesser, außen dunkel, innen heller, gewöhnlich rein, bisweilen mit Sand verfälscht; b) in runden Scheiben, aus den aufgeschnittenen Kugeln hergestellt; c) Speckgummi (Gummispeck), in Tafeln von 5-8 cm Dicke, durch Eintrocknen des Saftes in Gruben oder durch Aufschneiden von großen Flaschen hergestellt, außen rauh, fast schwarz, innen weiß, porös, riecht meist unangenehm; d) Negroheads, rundliche Blöcke verschiedener Größe von geringerer Qualität.
Peru, Ecuador, Kolumbi
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Ecuador.Ceara-Scraps, schmale, bandförmige, rötlichbraune Streifen, die zu dicken Knäueln gerollt werden, durch Eintrocknen des Saftes an den Stämmen gewonnen, an Güte dem Paragummi gleich. Carthagena, 10 cm dicke Platten, schwarz, zuweilen etwas klebrig, von geschätzter Qualität. Guayaquil, aus Ecuador, [* 14] grauweiß, in geringerer Qualität, häufig porös, mit schwarzer, übelriechender Flüssigkeit in den Poren. Perugummi, kommt selten im Handel vor. Westindien, [* 15] aus Yukatan, in Stücken und Platten, ist im Handel geschätzt.
Guatemala, [* 16] klebrig, teerig, von üblem Geruch, porös, enthält einen angeblich gesundheitsschädlichen Saft. Die geringste amerikanische Sorte, Assam, auf dem Schnitt marmoriert, fleischfarben bis dunkelrot, außen mit dünnem, grauweißem Häutchen, rein, bisweilen aber auch mit Lehm, Sand etc. bis zu 35 Proz. Borneo, aus Borneo, Sumatra etc., weiß, weich, porös, schwammig, meist naß, in den Poren Salzwasser, auch Salzkristalle enthaltend, wird im Alter dunkel, rötlich. Singapur, [* 17] von Singapur, Sumatra, Java, Manila, gleicht dem Assam. Rangun, [* 18] von Chavannesia esculenta (Apocynee) und Willughbeia-Arten, kommt seit 1875 in den Handel. Kautschuk von der Westküste Afrikas, in verschiedenen Formen, riecht unangenehm, ist oft sehr klebrig. Madagaskar ist sehr geschätzt, dem Para ähnlich. Hauptausfuhrbezirke Afrikas: Gabun, Congo, Angola, Benguela, Quillimane an der Mündung des Sambesi in den Kanal [* 19] von Mosambik.
Chemische Bestandteile und Eigenschaften.
Kautschuk ist ein Produkt des Pflanzenorganismus und wird mit andern festen und flüssigen Körpern als Milchsaft abgesondert, in welchem es in kleinen Kügelchen, ähnlich wie die Butter in der Milch, suspendiert ist. Vielleicht enthalten alle Milchsäfte der Pflanzen Kautschuk; dann findet sich aber der Stoff in sehr vielen in höchst geringer Menge, und reichliche Ausbeute geben nur wenige Pflanzen. Beim Stehen an der Luft koaguliert der kautschukhaltige Milchsaft, durch Zusatz von Ammoniak aber kann diese Gerinnung verhindert werden.
Ein Milchsaft aus Südamerika enthielt 31,7 Proz. Kautschuk, 7,13 Wachs und Bitterstoff, 2,9 in Wasser lösliche, in Alkohol unlösliche Substanzen, 1,9 Eiweiß, 56,37 Proz. Wasser, Essigsäure, Salze; in dünnen Schichten der Luft ausgesetzt, trocknete er ein und hinterließ 45 Proz. Kautschuk, welches also alle übrigen Saftbestandteile und auch einen Teil des Wassers einschließt. Das Kautschuk des Handels ist gelb, bräunlich bis braunschwarz;
das dunkle geräucherte Kautschuk ist auf frischer Schnittfläche fettglänzend, das nicht geräucherte ist beinahe matt;
stets ist Kautschuk geschmacklos, von schwachem charakteristischen Geruch, in dicken Stücken undurchsichtig, an den Kanten und in dünnen Schichten durchscheinend, spez. Gew. 0,92-0,96;
bis 0° ist es höchst elastisch, in der Kälte wird es hart, aber nicht brüchig, beim Erwärmen wieder elastisch und weich.
Elektrizität (elektris
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Elektrizität.Die Elastizität nimmt mit der Temperatur in sehr bedeutendem Maß ab. Das Kautschuk läßt sich nach jeder Richtung gleichmäßig und gleich stark ausziehen; wird es im ausgedehnten Zustand starker Kälte ausgesetzt, so behält es seine künstliche Länge auch beim Erwärmen auf 20°, erhält aber seine volle Elastizität bei 35-40° wieder. Wird ausgedehntes auf 105° erhitzt und dann der Kälte ausgesetzt, so zieht es sich nicht wieder zusammen, verhält sich aber sonst ganz wie normales Kautschuk Frische Schnittflächen haften, wenn sie nicht berührt wurden, beim Zusammendrücken sehr fest aneinander. Kautschuk leitet die Elektrizität [* 20] nicht und wird durch Reiben elektrisch. Es ist in Wasser völlig unlöslich, schwillt darin bedeutend an und wird dabei heller und Lösungsmitteln zugänglicher.
Helle undurchsichtige Kautschuksorten, wie das Speckgummi, verdanken ihre helle Farbe einem Wassergehalt, der durch Trocknen nur sehr langsam entfernt werden kann. Absoluter Alkohol durchdringt das noch schneller als Wasser, besonders beim Erhitzen; in Äther, Benzin, Terpentinöl und einer Mischung von 100 Schwefelkohlenstoff mit 4 absolutem Alkohol quillt es ungemein stark; dabei löst sich ein Teil, wird aber von dem ungelösten hartnäckig zurückgehalten.
Desterro - Destillatio
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Destillation.Die relative Menge beider Teile variiert von 30-70 Proz. In Schwefelkohlenstoff aufgequollenes Kautschuk löst sich in absolutem Alkohol sehr leicht, wenn man auf 100 Schwefelkohlenstoff 6-8 Alkohol nimmt. Schmelzendes Naphthalin löst Kautschuk sehr leicht, schwere Steinkohlenteeröle lösen etwa 5 Proz., die leichtern bis zu 30 Proz. In Fetten, flüchtigen und fetten Ölen quillt es ebenfalls bedeutend und löst sich in vielen, sehr gut und leicht in Kautschuköl. Terpentinöl wird durch mehrmalige Destillation [* 21] für sich oder über Ziegelsteine viel geeigneter, das Kautschuk zu lösen.
Zur Beförderung der Lösung muß das Lösungsmittel und das Kautschuk wasserfrei sein; letzteres wird vorteilhaft vorher mit Sodalösung gekocht, gewaschen und getrocknet. In höherer Temperatur lösen die oben genannten Mittel das Kautschuk vollständig, aber nicht ohne Zersetzung; der Verdunstungsrückstand der Lösung wird selbst in dünner Schicht nur schwierig fest. Manche gemischte Flüssigkeiten lösen das Kautschuk dagegen unverändert und hinterlassen es beim Verdunsten mit allen seinen wertvollen Eigenschaften.
Durch Kautschukhäutchen diffundieren gleiche Volumina der folgenden Gase [* 22] in beistehenden Zeiten: Kohlensäure 1, Wasserstoff 2,4, Sauerstoff 5,3, Sumpfgas 6,3, Luft 11,8, Kohlenoxyd 12,2, Stickstoff 13,6. Kautschuk widersteht Alkalien und verdünnten Säuren, wird von konzentrierter Schwefelsäure [* 23] besonders beim Erwärmen, von salpetriger Säure und Salpetersäure zersetzt;
Chlor nimmt ihm seine Elastizität und macht es hart und brüchig;
in starkem, wässerigem Ammoniak soll Kautschuk quellen und dann eine Emulsion bilden.
Kautschuk (Verarbeitun
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Seite 9.642.Das Kautschuk besteht im wesentlichen aus einem oder mehreren Kohlenwasserstoffen, gemengt mit wenig ätherischem Öl, Wachs, Eiweißsubstanzen, Fett und in Wasser ¶
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und Alkohol löslichen Stoffen. An der Luft und besonders am Licht [* 25] wird Kautschuk oberflächlich hart und brüchig, in sehr dünner Schicht bildet es allmählich eine harzartige Masse. Es schmilzt bei 120°, bleibt nach dem Erkalten weich und klebrig und wird auch in sehr dünner Schicht erst nach langer Zeit wieder fest, über 200° zersetzt es sich und brennt mit leuchtender, rußender Flamme. [* 26] Bei der trocknen Destillation gibt es wässerige Produkte, wenig ätherisches Öl, dann ein Gemenge flüssiger Kohlenwasserstoffe (Kautschuköl, Kautschucin, Faradayin, Heveen).
Verarbeitung.
Die Verarbeitung des Kautschuks gründet sich auf seine Eigenschaft, durch Kneten im erwärmten Zustand zu erweichen und eine sehr plastische, kaum elastische Masse zu bilden, welche die ihr gegebene Form beibehält. Man zerkleinert das auf Schneideladen oder durch eine schnell rotierende, mit Zähnen besetzte Trommel, reinigt die Schnitzel mit alkalischen Laugen, reinigt sie weiter durch Bearbeiten zwischen Walzen unter Zufluß von Wasser und verwandelt sie dann auf einer Knetmaschine mit erwärmten geriefelten Walzen in eine kompakte Masse, aus welcher unter einem einige Tage anhaltenden, sehr starken Druck und bei 50° homogene Blöcke gebildet werden.
Scheren

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Scheren.Diese Blöcke zerschneidet eine rotierende Messerscheibe unter Zufluß von Wasser in Blätter (Patentblätter), welche die Basis für die ganze übrige Fabrikation abgeben. Man stellt solche Platten auch durch Walzen her, indem man das gereinigte auf 40-50° erhitzt und zwischen Walzen, die durch eingeleiteten Wasserdampf auf 80-100° erhitzt werden und nach und nach enger und enger gestellt werden, wiederholt hindurchgehen läßt. Wenn diese Platten die Walzen verlassen, kleben sie sehr stark, und man bestreut sie daher vor dem Aufrollen mit Talk oder zieht sie durch kaltes Wasser. Mit naßgehaltenen Scheren [* 27] und Messern kann man aus den Platten beliebige Stücke schneiden, die durch Vereinigung der frischen Ränder zu allerlei Gebrauchsgegenständen geformt werden. Sehr dünne Platten erhält man auch durch wiederholtes Aufstreichen eines Breies aus Kautschuk und Naphtha auf ein Gewebe, [* 28] welches mit einer Mischung aus Melasse und Gelatine überzogen ist.
Die Verwendbarkeit des Kautschuks wird wesentlich dadurch beeinträchtigt, daß er bei 0° ganz hart, bei 30-50° aber schon sehr weich ist, sowie durch die verhältnismäßig geringe Widerstandsfähigkeit gegen manche chemische Agenzien. Durch eine eigentümliche Verbindung des Kautschuks mit Schwefel werden aber diese Übelstände zum großen Teil beseitigt, und dies sogen. vulkanisierte Kautschuk hat deshalb für die Technik eine viel größere Wichtigkeit erlangt, als sie das nicht vulkanisierte jemals besaß.
Taucht man Kautschuk bei 115-120° 2-3 Stunden in geschmolzenen Schwefel, so nimmt es 10-15 Proz. Schwefel auf. Ebenso kann man es durch Einkneten von Schwefelblumen oder mit Hilfe einer Lösung von Schwefel in Schwefelkohlenstoff mit Schwefel imprägnieren, ohne daß es seine Eigenschaften wesentlich ändert. Erhitzt man aber dieses schwefelhaltige auf 132-140°, so wird es in wenigen Minuten umgewandelt und bildet nun das vulkanisierte Kautschuk, welches sich bei -20° wie bei einer 100° übersteigenden Temperatur gleich elastisch zeigt und den Lösungsmitteln und chemischen Agenzien in hohem Grade widersteht.
Zur Darstellung desselben werden die, wie oben angegeben, gereinigten Schnitzel durch Walzen vereinigt und die zusammenhängenden Blätter alsbald mit gewaschenen Schwefelblumen bestreut, zusammengerollt und wieder unter Zusatz von Schwefel zwischen geheizten Walzen ausgewalzt, bis 12-24 Proz. Schwefel gleichmäßig mit dem Kautschuk gemischt sind. Vermischt man Kautschuklösungen mit Schwefel, oder wendet man von vornherein ein mit Schwefel gesättigtes Lösungsmittel an, so hinterbleibt beim Verdampfen des Lösungsmittels eine Masse, die sich ganz wie das mit Schwefel imprägnierte Kautschuk verhält.
Schweriner See - Schwe

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Schwerpunkt.Aus der letztern werden alle Artikel, wie aus gewöhnlichem Kautschuk, dargestellt, da sie sich noch genau wie dieses verhält, namentlich auch sich in beliebige Formen drücken und an frischen Rändern miteinander vereinigen läßt. Die geformten Sachen werden einer Temperatur von etwa 120-130° ausgesetzt (gebrannt), welche hinreichend lange einwirken muß, um die Stücke vollständig zu durchdringen. Die richtige Wahl der Temperatur und der Zeitdauer bilden den Schwerpunkt [* 29] der ganzen Fabrikation.
Früher erhitzte man die Gegenstände in gemauerten Kammern, die vom Fußboden aus geheizt wurden; jetzt werden meist eiserne Kessel angewandt, in welche man gespannten Dampf [* 30] leitet. Da die Gegenstände hierbei bedeutend erweichen, muß man sie über Formen brennen und, um das Ankleben zu vermeiden, mit Talkpulver bestreuen; dicke Platten werden, damit sie sich nicht verziehen, zwischen Eisenplatten gelegt, dünne mit einer Kattunzwischenlage auf eine Trommel gewunden etc. An Stelle des Schwefels hat man auch schwefelhaltige Präparate, wie Schwefelbaryum, Schwefelcalcium, Kermes (Schwefelantimon), unterschwefligsaures Bleioxyd oder künstliches Schwefelblei, zum Vulkanisieren angewandt, um besondere Eigenschaften des Fabrikats zu erzielen; außerdem aber setzt man dem vulkanisierten Kautschuk feines Bimssteinpulver zu, damit es auch Tintenstriche vom Papier wegnimmt, oder Kreide, [* 31] Zinkoxyd und andre Dinge, um eine billige und hellere Ware zu gewinnen.
Stärke (natürliches Vo
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Stärke.Diese Zusätze (bis 40 und 50 Proz.) verschlechtern das Fabrikat sehr wesentlich und können unter Umständen gefährlich werden (Zinkoxyd in Saugröhren für Kinder). Nach einer andern Methode vulkanisiert man das Kautschuk, indem man es in mit Schwefelkohlenstoff verdünntes Schwefelchlorür taucht, und zwar je nach der Stärke [* 32] der Stücke nur wenige Sekunden oder einige Minuten, und dann rasch in einem warmen Luftstrom trocknet. Dicke Stücke werden wiederholt in die vorteilhaft mit mehr Schwefelkohlenstoff gemischte Flüssigkeit getaucht; das Brennen fällt hierbei ganz fort.
Lösungen mischt man mit der Schwefelungsflüssigkeit und läßt sie dann eintrocknen. Diese Methode gewährt manche Vorteile und wird deshalb für gewisse Artikel in den meisten Fabriken angewandt. Statt des Schwefelkohlenstoffs benutzt man dabei häufig sorgfältig gereinigtes Petroleum. Endlich ist auch eine vortreffliche Methode zu erwähnen, nach welcher man die Gegenstände drei Stunden in einer auf 140° erhitzten Lösung von Drei- oder Fünffach-Schwefelcalcium (25° B.) liegen läßt.
Das vulkanisierte Kautschuk besitzt eine graue Farbe, zeigt sich durch Temperaturunterschiede wenig veränderlich; es klebt nicht auf frischen Rändern, riecht unangenehm (soll den Geruch verlieren, wenn man es mit einer Schicht tierischer Kohle bedeckt und 3-6 Stunden lang auf 50-80° erhitzt), ist für Flüssigkeiten viel weniger durchdringlich als reines Kautschuk, wird bei längerer Einwirkung höherer Temperaturen spröde und schwärzt Metallgegenstände unter Bildung von Schwefelmetall. Es quillt in Lösungsmitteln wenig ¶
Fortsetzung Kautschuk:
→ Seite 9.643 || auf und gibt an diese nur 4-5 Proz. unverändertes K. und den nicht gebundenen Schwefel ab.
Kautschuk
(nach alter unrichtiger Benennung Gummi elasticum, jetzt richtiger Resina elastica, Federharz, frz. résine elastique, engl. Caoutchouc oder Indian-rubber). Dieses wichtige Pflanzenprodukt hat zwar vieles mit den Harzen gemein, zugleich aber auch so Eigentümliches, daß man in wissenschaftlichen Aufstellungen gewöhnlich eine besondre Gruppe neben den Harzen annimmt, in welcher K., Guttapercha und was dem ähnlich unter dem Gemeinnamen Kautschukkörper zusammengefaßt werden.
Sie stammen alle aus den Milchsäften gewisser Bäume, sind in denselben in der Form feinster Kügelchen wie die Butterfettkügelchen in der Milch aufgeschwemmt und verteilt, und bilden, wenn abgeschieden, zusammenhängende, in Wasser nicht wieder verteilbare Massen. Es sind mit der Zeit eine größere Anzahl tropischer Gewächse bekannt geworden, welche dergleichen Milchsäfte führen, und es sind dies hauptsächlich Angehörige der Familien der Euphorbiaceen (Wolfsmilcharten), Urticeen (Nesselgewächse), Apocineen und Artocarpeen (Brotfrüchtler, Feigenbäume).
Während die beiden ersten bei uns nur durch einige Kräuter vertreten sind, zählen sie in der heißen Zone stattliche Bäume zu den Ihrigen. Im südlichen und mittlern Amerika, welches der hauptsächliche Lieferant der Ware ist, sind verschiedne Arten der Gattung Siphonia, namentlich S. elastica, brasiliensis, lutea etc. die Stammpflanzen oder vielmehr -Bäume, denn es sind große, bis 30 m hohe Waldbewohner, gehören aber dennoch zu den Wolfsmilcharten. Dem Vernehmen nach werden aber noch ab und zu neue Gummibäume entdeckt. In den nördlich von Brasilien gelegenen Staaten scheint Castilloa elastica, eine Artocarpee, hauptsächlich benutzt zu werden. In Ostindien, der zweiten gummiliefernden Weltgegend, hat man dafür den Gummifeigenbaum, Ficus elastica, aber auch noch verschiedne andre dazu. In neuerer Zeit sind auch an der Westküste Afrikas von den Franzosen Gummibäume gefunden worden und ist von dorther einige Ausfuhr in Gang gekommen; die Ware ist indes bis jetzt von geringer Beschaffenheit. -
Kautschuk

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Seite 21.260.Die jetzt so vielseitige und massenhafte Verwendung des K. liefert einen glänzenden Beleg für die Strebsamkeit der heutigen Industrie. Es gibt kaum einen andern Stoff, der sich in dem kurzen Zeitraum von einigen 30 Jahren von einem wenig gebrauchten, fast wertlosen Dinge zu einem Artikel erhoben, der in vielfacher Beziehung geradezu unentbehrlich geworden, dessen Verarbeitung zu den mannigfachsten Zwecken großartige Etablissements und unzählige Hände beschäftigt. Die erste Bekanntschaft des Stoffes in Europa scheint durch den französischen Gelehrten Condamine vermittelt worden zu sein, der 1736 bis 1745 in Brasilien und Peru reiste und über diese Neuigkeit unter Einsendung von Proben ¶
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an die französische Akademie der Wissenschaften berichtete. Die Eingeborenen Brasiliens kannten und benutzten denselben für ihre verschiednen kleinen Bedürfnisse, z. B. zu Beuteln, Stöpseln für Kürbisflaschen, besonders auch zu Fackeln. Der Name K. stammt aus der Sprache der Eingeborenen. In Europa blieb das Naturerzeugnis lange Zeit unbeachtet und eine Kuriosität für Sammlungen, man benutzte es nur zum Entfernen von Bleistiftstrichen. Erst später, seit 1828, erhielt man denselben Stoff auch aus Ostindien und zwar hier ganz besonders als Kuriosität, denn er war häufig in merkwürdige Tier- und Götzengestalten geformt.
Vereinzelte Versuche, dem Stoffe mehr abzugewinnen, gehen allerdings bis in den Ausgang des vorigen Jahrhunderts zurück. So wurden 1790 zu Paris chirurgische Binden und wasserdichte Überzüge daraus gemacht, wie auch Röhren zu chemischen Zwecken. 1820 gelang es Stadler in Wien zum erstenmale das Gummi zu Fäden auszuziehen. Es erschienen die ersten plumpen Gummischuhe, die ebenso wenig Glück machten als nachgehends Macintosh mit seinen Regenröcken. Die Verwendungen des K. vermehrten sich in dem Maße, wie man mehr Mittel kennen lernte, der Masse andre Formen zu erteilen, wie sie der Rohstoff hat, und als sie ihr durch Zerschneiden, Zusammenkleben frischer Schnitte und durch Anwendung von Lösungsmitteln gegeben werden konnten.
Schmelzen aber wie Harz läßt sich bekanntlich das K. nicht; ist es in der Hitze so weit gebracht, daß es eine dicke Flüssigkeit bildet, so ist es auch schon zersetzt und bleibt für immer eine schmierige Masse. Lösungsmittel, die entweder eine wirkliche Lösung oder doch eine völlige Erweichung und Quellung bewirken und das Gummi nach dem Verdunsten unverändert hinterlassen, gibt es verschiedne, wie Steinkohlenbenzin, Terpentinöl, Schwefelkohlenstoff, Chloroform und dann auch das eigene flüchtige Öl, das durch trockne Destillation von K. und Guttapercha erhalten wird.
Einzelne dieser Mittel sind wegen ihrer Kostspieligkeit von der technischen Anwendung ausgeschlossen, andre werden benutzt. Hauptsächlich aber dient zur Formgebung in der heutigen Kautschuktechnik nicht die Auflösung, sondern die Erweichung der Masse durch gewaltsames Kneten oder Walzen, womit meistens zugleich die Verbindung mit Schwefel, das sog. Vulkanisieren einhergeht, zwei Operationen, auf welchen die ganze jetzige Kautschukindustrie wesentlich beruht. Bevor wir auf diese etwas näher eingehen, sei zunächst noch einiges Nähere über die Herkunft und Gewinnung des Rohstoffs angeführt.
Das wertvollste K. kommt von Brasilien und heißt im Handel Paragummi. Die Wälder Brasiliens, besonders am Amazonenstrom und seinen Nebenflüssen, sind so angefüllt mit Gummibäumen, daß man ein Seltenwerden des Produkts für ganz unmöglich hält. Noch 1849 war nach den Mitteilungen von Spruce die Gewinnung von Gummi auf die nächste Umgebung von Para beschränkt, denn die Ware galt so wenig, daß die Eingeborenen zur Einsammlung keinen Antrieb fanden. Ein paar Jahre später standen die Verhältnisse bereits ganz anders; die Preise gingen rasch in die Höhe, da die Nachfrage sich von allen Seiten her steigerte, besonders von Amerika, wo inzwischen der große Kautschukmann Goodyear seine ersten Erfolge errungen hatte. Es ziehen seitdem so viele Tausende in die Wälder, daß selbst die nötigsten Kulturen liegen bleiben, und die Preise sind reichlich auf das Doppelte der frühern Höhe gestiegen.
Die Gewinnung des Saftes geschieht überall durch Einschnitte in den Stamm der Bäume und Auffangen in Gefäßen. Man darf die Bäume nur in einer Hälfte des Jahres, nach Eintritt der Fruchtreife in Anspruch nehmen, da die Stämme in der Blütezeit keine Milch fließen lassen, weil sie sich fast sämtlich nach der Krone zieht. Beim Stehen an der Luft scheidet sich das K. an der Oberfläche rahmartig ab und kann dann durch Waschen und Kneten in Kuchen, Blöcke, oder durch Ausrollen in Platten und Blätter geformt werden.
Zumischung von der vierfachen Menge Wasser zu dem Safte befördert die Ausscheidung, ebenso Aufkochen desselben, was in Ostindien gebräuchlich ist. Aus den Gegenden, wo der Cartagenakautschuk herkommt, verlautet, daß man dort die Milch mit einem gewissen Pflanzensafte mische, der die Ausscheidung sogleich bewirke. In Brasilien wird meistens noch die alte Weise befolgt, daß man den Saft in dünnen Lagen auf lufttrockne Thonkugeln streicht, die an einen Stock als Handgriff gesteckt sind, sie zum raschen Trocknen vorsichtig und unter raschem Drehen an ein Feuer hält und dies so oft wiederholt, bis die verlangte Dicke der Schicht erreicht ist.
Die auf solche Art gebildeten Flaschen werden dann von dem Thon befreit, nachdem man diesen durch Einlegen in Wasser erweicht hat. In gleicher Weise wurden sonst auch die dicken naturellen Gummischuhe über thönerne Formen gebildet. Durch den Rauch des Feuers erscheint die Gummimasse geschwärzt, während sie sonst hell bräunlich oder gelblichweiß aussieht. Zuweilen läßt man in Brasilien die Milch, statt sie durch Feuer einzudicken, in Kästen oder Gruben freiwillig eintrocknen; es gehören aber zehn und mehr Tage dazu, bis die Masse konsistent genug ist, und sie muß dann auch in dünne Schnitte zerteilt und stark gepreßt werden, um Luft und Wasser daraus zu entfernen.
Kautschuk
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Seite 21.261.Auf kaltem Wege erhaltenes K. ist immer wasserhaltiger als am Feuer getrocknetes, sieht auf dem Schnitte speckig aus und wird daher auch Gummispeck oder Speckgummi genannt. Aus Brasilien kommen außer Flaschen und Speck in runden Scheiben und viereckigen 4½-7 cm dicken Tafeln auch dünn ausgerollte Blätter. Unter Cartagenagummi wird die Ware begriffen, welche aus Cartagena, Guatemala, Venezuela, Neugranada kommt und der Menge nach etwa halb so viel austrägt als das Erzeugnis Brasiliens. Diese Ware heißt auch Ule- oder Castilloa-Kautschuk. Sie erscheint in kleinern Kuchen und größern Blöcken bis zu Centnerschwere, die auf dem Durchschnitt sehr dunkel gefärbt aussehen. Die Ware steht in Qualität der brasilischen nach, wird aber in letzter Zeit besser und reiner als früher geliefert. Ostindisches K., von Ficus elastica und ¶
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Urceola elastica abstammend, erscheint in regellosen Brocken und Klumpen sowie auch in dicken Platten, ist dem Wesen nach nicht sehr vom amerikanischen unterschieden, nur, weil in der Sonne, nicht am Feuer getrocknet, hellfarbiger, lichtbraun oder weißgrau. Durch das Zusammenkneten kleinerer Stücke zu größeren zeigt die Schnittfläche einen Wechsel von helleren und dunkleren Stellen. Die Ware ist meist sehr unrein durch beigemengte Fragmente von Rinden, Holzsplitter, Sand und selbst ansehnlichen Steinen.
Sie ist auch in der Güte geringer und die Hälfte wohlfeiler als die Paraware, der sie an Festigkeit und Elasticität wesentlich nachsteht. Es finden sich als Handelssorten gewöhnlich Pulo Penang und Singapore genannt; die größten Mengen jedoch werden auf Java gewonnen. Das ganze ostindische Erzeugnis aber hat für Deutschland geringe Bedeutung und geht hauptsächlich nach England und Amerika. Auch Madagaskar liefert jetzt K., es stammt von der Vahea gummifera und wird zu ungefähr 50000 kg jährlich gewonnen.
Die Jahresproduktion sämtlicher Produktionsländer an K. wurde schon 1862 auf 4000
000 kg angegeben,
ist aber jedenfalls jetzt bedeutend höher. Die gegenwärtig allein aus Indien exportierte Menge beträgt 800
000 kg jährlich,
im Werte von 2
300
000 Mk., hiervon gehen 600
000 kg nach England, der Rest nach Nordamerika. Weit größere
Mengen exportiert Südamerika; aus dem Hafen von Para allein wurden schon 1865 an 3
500
000 kg K. ausgeführt; 1874 empfing
England allein 2
829
000 kg K. aus Brasilien, im Werte von 15 Mill. Mk., ferner 1
214
300 kg Ule oder
Carthagenasorte im Werte von 6 Mill. Mk. und zusammen 2
414
850 kg aus Britischindien, Afrika, Madagaskar
und Borneo, in England also 1874 im ganzen: 6
458
150 kg. -
Nordamerika ist der stärkste Konsument unter allen Fabrikationsländern, dann folgen der Reihe nach England, Frankreich, Deutschland, welche zwei letztere ungefähr gleichviel verbrauchen. Zur Verarbeitung solcher Massen gibt es in allen genannten Ländern Fabriken, meist in großartigem Maßstabe. In Deutschland sind deren namentlich in Berlin, Wien, Prag, Breslau, Harburg, Leipzig, Hannover und Hamburg. -
Die Verarbeitung des sonst so eigensinnigen Stoffs ist jetzt bei besserer Kenntnis desselben wie gesagt sehr leicht. Die Erfahrung, daß das Gummi sich durch bloßes mechanisches Kneten oder Walzen unter Anwendung gelinder Wärme in einen weichen, fast aller Elasticität beraubten Zustand überführen läßt, in welchem man ihm jede mögliche Form geben kann, also einer Auflösung ganz überhoben ist, brachte die ganze Angelegenheit auf eine neue Grundlage und die Erfindung des Vulkanisierens gab ihr diejenige Vollendung, in welcher sie gegenwärtig dasteht.
Das Vulkanisieren besteht bekanntlich in einer Einverleibung von Schwefel in die Masse, die sich mit demselben chemisch verbindet und dadurch wesentlich veränderte, für den Gebrauch höchst günstige Eigenschaften annimmt. Denn während das K. im natürlichen Zustande durch Kälte so erhärtet, daß es ganz unelastisch wird, behält das geschwefelte unter allen gewöhnlichen Temperaturen seine volle Elasticität, wird nicht mehr klebrig, hat in der Wärme seinen natürlichen, sonst beharrlich anhangenden Geruch verloren, und ist unempfindlich geworden gegen Terpentinöl und andre Lösungsmittel.
Bei der maschinellen Verarbeitung des K. werden die Flaschen und Blöcke zunächst in siedendem Wasser erweicht und durch Schneidemaschinen, deren Messer durch einen Wasserstrahl immer naß erhalten werden, in kleine Brocken geteilt. Amerikanisches K. kann dann gleich den Knetmaschinen oder Walzen übergeben werden, wogegen das viel unreinere ostindische eine gründlichere Behandlung erfordert. Man läßt dasselbe entweder zwischen Walzenpaaren unter Zufluß von Wasser, das die Unreinheiten wegspült, so oft durchgehen, bis die Masse die Gestalt eines dünnen braunen, vielfach durchlöcherten Papiers angenommen hat, oder man läßt die Stücke, die dann vorher nicht gebrüht sein dürfen, auf einem Holländer gleich in dünne Späne reißen, die auf dem Wasser schwimmen, indes die fremden Stoffe meistens zu Boden sinken.
Die weitere Verarbeitung geschieht nun warm, entweder in Knetmühlen oder neuerdings öfter auf Walzwerken, wobei der Arbeiter die Masse beständig vor Augen und in Händen hat. Durch den Druck, welchen die Masse beim Kneten oder mehrmaligem Passieren der Walzen erleidet, wird sie wie gesagt bald weich, unelastisch und bildsam. Wird das Vulkanisieren beabsichtigt, so hat die Einverleibung von Schwefel nunmehr stattzufinden. Man braucht aber auch Platten, Tafeln, Blätter von natureller Masse, und hierfür formt man zunächst Blöcke, indem man die weiche Masse in eiserne Formen füllt und einen allmählich wachsenden Druck darauf ausübt, so stark wie ihn eine hydraulische Presse nur erzeugen kann.
Aber dieses Maximum von Druck muß nicht bloß momentan, sondern eine Woche und länger wirken, weshalb man die Formen fest verschraubt aus der Presse nimmt und an einem möglichst kühlen Orte so lange hinstellt. Dieser anhaltende Druck ist unerläßlich, da nur hierdurch die Masse ihren frühern elastischen Zustand wieder annimmt. Aus würfelförmigen Blöcken schneidet man dann auf Maschinen, die mit nassen Messern arbeiten, z. B. die zum Bleistiftlöschen gebrauchten Täfelchen und größere Platten.
Sollen dünnere Tafeln und Blätter von beträchtlicher Länge hergestellt werden, so preßt man cylindrische Blöcke und übergibt sie einer Schneidemaschine, auf welcher der Block vom Messer an der Mantelfläche angegriffen und, indem er sich beständig langsam der Schneide entgegendreht und entsprechend hebt, endlich durch den hiermit entstehenden Spiralschnitt in einen einzigen langen Streifen verwandelt wird. Solche Bänder werden dann auch zum Teil weiter in Fäden zerschnitten, die dann natürlich vierkantig erscheinen. Ostindisches K. ist zu solchen Blättern und Fäden nicht verwendbar wegen seines Mangels an Festigkeit. Auch das amerikanische hat nach der gewaltsamen Umwalkung und Pressung ein wenig an seiner ursprünglichen Schnellkraft eingebüßt, dagegen an Gleichförmigkeit seiner Masse gewonnen und ¶
Fortsetzung Kautschuk:
→ Seite 21.262 || dazu tritt der bedeutende Vorteil, daß sich aus der so behandelten Masse Blöcke und überhaupt
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Kautschuk
Urteilsberichtigung -
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* 35
Urticaceen.(frz. Caoutchouc), elastisches Gummi (Gummi elasticum, Resina elastica), auch Federharz, im Englischen India Rubber genannt, der getrocknete geronnene Milchsaft verschiedener Baum- und Straucharten aus der Familie der Euphorbiaceen, Urticaceen, [* 35] Apocynaceen u. a. m., deren Heimat die Tropengegenden Amerikas, Afrikas und Asiens sind. Das Kautschuk ist eine Substanz, welche sich in der Form mikroskopisch kleiner Kügelchen im Milchsaft verteilt vorfindet und dessen Abscheidung beim Stehen des Saftes von selbst erfolgt, häufig auch durch Zusatz einer Säure, von etwas Alaun oder Salzwasser beschleunigt wird.
Die chem. Beschaffenheit der Gummikügelchen ist noch nicht genügend bekannt, sie scheint aber bei den verschiedenen Pflanzenfamilien zu variieren, was aus der voneinander abweichenden Beschaffenheit der Handelssorten gefolgert werden kann, da man nicht gut annehmen kann, daß die verschiedene Art der Gewinnung einen so weitgehenden Einfluß auf den Ausfall des Produkts bildet. Im allgemeinen scheinen alle Gummiarten Kohlenwasserstoffe zu sein, welche durch ihre Zusammensetzung den ätherischen Ölen, durch ihre Nichtflüssigkeit, ihr Verhalten gegen Lösungsmittel und ihre Zersetzungsprodukte den Harzen nahe stehen.
Europa. Fluß- und Gebi
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* 37
Europa.In den milchenden Pflanzen Deutschlands, [* 36] wie im Mohn, den Cichoriaceen, Campanulaceen, den Wolfsmilcharten, treten die Gummikörper nur in verhältnismäßig geringer Menge auf, während sie in den Milchsäften zahlreicher Tropenpflanzen einen überwiegenden Bestandteil bilden. Im Handel unterscheidet man folgende Hauptsorten von elastischem Kautschuk: 1) Südamerikanisches Kautschuk oder Paragummi, welches hauptsächlich von Siphonia elastica Pers. (s. Siphonia) stammt und aus Brasilien zu Anfang des 18. Jahrh. nach Europa [* 37] gebracht wurde.
Die ersten Notizen über Vorkommen und Gewinnung gab 1757 der berühmte Reisende Condamine. 2) Centralamerikanisches Kautschuk, von Castilloa elastica Cerrant. (s. Castilloa) abstammend, von Mexiko, Nicaragua [* 38] und Guatemala hauptsächlich nach Nordamerika [* 39] exportiert. 3) Afrikanisches Kautschuk, von Vahea-, Landolphia- und Ficusarten abstammend und von der Ostküste (Madagaskar, Mozambique, Mauritius) wie auch von der Westküste (Gabun, Kongo, Benguella, Kamerun, Liberia) [* 40] in den Handel gelangend. 4) Ostindisches Kautschuk, welches 1818 in London [* 41] auf den Markt kam und seit 1832 technische Verwendung fand. Zu seiner Darstellung dienen Ficus elastica L. (s. Gummibaum) und Urceola elastica Roxb., und man klassifiziert das Produkt als Assam-, Borneo-, Rangun-, Singapur-, Pinang- und Javagummi.
Die Art der Gewinnung und Einsammlung weicht nach den verschiedenen Ländern sehr voneinander ab. Der frische Milchsaft, in Flaschen gefüllt, kommt nicht mehr zur Versendung, sondern nur der eingetrocknete Saft. In der Regel macht man behufs der Gummigewinnung Einschnitte in die Bäume und läßt den rahmähnlichen Saft über thönerne Formen, z. B. Flaschen, Schuhe u. s. w., ausfließen und über Holzfeuer eintrocknen, wobei er vom Rauche geschwärzt wird; hat sich auf diese Weise ein dünner Überzug gebildet, so wird die Form mit frischem Milchsaft begossen, der wieder eingetrocknet wird, und dies wird so oft wiederholt, bis eine Schicht von genügender Stärke entstanden ist.
Messer - Messerscheide
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* 42
Messer.Der Überzug wird dann entweder durch Aufschneiden und Abziehen von der Form entfernt oder es wird letztere zerklopft und so beseitigt. Jetzt bedient man sich meist der drei Fuß langen ruderförmigen Formhölzer, die man in gleicher Weise bis zu einem Gewicht von 10 bis 15 Pfd. bestreicht; dann schlitzt man mit einem scharfen Messer [* 42] das auf und nimmt es ab. Man erhält dadurch flache, etwas gekrümmte Klumpen, die man im Handel Biskuits nennt. In Salvador [* 43] verdünnt man den Milchsaft mit seinem vierfachen Volumen Wasser, läßt ihn dann ruhig stehen, wobei sich das Kautschuk als Rahmschicht an der Oberfläche sammelt; das darunter befindliche schmutzige Wasser wird so oft durch frisches ersetzt, bis keine Unreinigkeiten mehr aufgenommen werden; schließlich werden auf 100 l rohen Saftes 60 g Alaun, in wenig Wasser gelöst, zugefügt, wodurch sich das Kautschuk absondert, das dann geknetet und getrocknet wird.
Das Kautschuk kommt in den verschiedensten Formen und mehr oder weniger beschwert auf den Markt. Während das feine Paragummi, die anerkannt beste Sorte, nur 12–15 Proz. beim Reinigen und Trocknen an seinem Gewicht verliert und dieser Verlust hauptsächlich durch die Entfernung des in der rohen Ware befindlichen Wassers entsteht, verlieren andere Sorten, hauptsächlich afrikanisches und ostindisches Kautschuk, 30–80 Proz., je nachdem mehr oder weniger Sand, Schlamm, Holz [* 44] oder Wasser an den Produktionsplätzen in das Kautschuk hineingeknetet wird.
Die chemischen und physikalischen Eigenschaften des Kautschuk haben besonders Faraday, Payen u. a. untersucht. Von Bedeutung für die Technik sind insbesondere die Elasticitäts- und Löslichkeitsverhältnisse. Bei mittlerer Temperatur ist das reine Kautschuk (Federharz) ein höchst elastischer Körper; bei 0° jedoch verliert es diese Eigenschaft fast ganz, ohne indes brüchig zu werden. Die gewöhnlichen Lösungsmittel wirken auf das reine Kautschuk gar nicht. In heißem Wasser erweicht es, tritt aber bei dem Trocknen in seinen frühern Zustand wieder zurück.
Alkohol übt keine Wirkung aus; dagegen führen wasserfreier Äther, ätherische Öle, [* 45] Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Petroleum, Steinkohlenteeröl, Benzin und besonders die flüchtigen Destillationsprodukte des Kautschuk selbst zunächst ein starkes Aufquellen, dann eine teilweise Lösung herbei. In diesem Zustande ist die Masse leicht zerteilbar und kann in den meisten Fällen eine vollkommene Lösung vertreten. Gegen starke chem. Agentien verhält sich das Kautschuk sehr indifferent; nur konzentrierte Schwefel- und Salpetersäure zersetzen dasselbe. Gegen wässerige Flüssigkeiten ist Kautschuk als undurchlässig zu bezeichnen, dagegen ist es nach Untersuchungen von Graham von Gasen durchdringbar und zwar zeigen die einzelnen Gase ein sehr verschiedenes Durchdringungsvermögen. Bei Temperaturerhöhung ändert das Kautschuk seine chem. und physik. Eigenschaften. Bei 50° wird es etwas weicher, bei 100–200° fängt es an
Kautschukbaum - Kavali
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Seite 60.267.^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.] ¶
mehr
stark zu kleben, bei 200° geht es in eine braunschwarze, schmierige Masse über, welche durch Abkühlen nicht wieder in ihren frühern Zustand zurückkehrt. Noch weiter erhitzt, verbrennt es an der Luft mit rötlicher, stark rußender Flamme. Mit geschmolzenem Schwefel verbindet sich Kautschuk zu eigenen Massen, die bei mäßigem Gehalt an Schwefel bei allen Temperaturen weich bleiben (vulkanisiertes Kautschuk), bei höherm Gehalt an Schwefel und längerm Erhitzen hornartige Beschaffenheit zeigen (Hartgummi, Ebonit). (S. Gummiwarenfabrikation.) Trockne Destillation des Kautschuk liefert reichliche Mengen eines farblosen, stark riechenden, ätherischen Öls, [* 47] welches durch fraktionierte Destillation in mehrere Kohlenwasserstoffe zerlegt werden kann, nämlich das Kautscheen, welches bei 14°, das Kautschin (s. d.), das bei 171°, und das Heveen, das erst bei 315° siedet. Doch sind diese und andere auf ähnliche Weise erhaltene Produkte noch sehr wenig untersucht. Sein spec. Gewicht ist 0,925. Seine chem. Zusammensetzung ist nach Payen C₄H₇, nach Soubeiran C₆H₁₀, nach Williamson C₁₀H₁₆.
Geschichtliches. Anfänglich benutzte man das Kautschuk (seit 1770 nach dem Vorschlage Priestleys) nur zum Ausreiben der Bleistiftstriche, teilweise auch zu elastischen Bällen und ähnlichen Spielwerken. Man zahlte damals in England für ein würfelförmiges Stück Kautschuk von kaum über 12 mm Größe 3 M. Seit 1790 machte man elastische Binden daraus und bereits 1791 verwendete es der Engländer Sam. Peal, um Leder und andere Stoffe wasserdicht zu machen. 1820 erfand Nadler die aus Gummifäden gewebten dehnbaren Stoffe, und 1823 nahm Mackintosh das Patent auf die nach ihm benannten wasserdichten Zeuge. Um die nämliche Zeit kam auch der Gebrauch des Kautschuk zu Verschlüssen und Röhrenverbindungen bei chem. Apparaten, zu elastischen chirurg. Verbänden, zu Bougies und Kathetern auf. 1830 machte Thomas Hancock die ersten Versuche mit der Herstellung von Überschuhen aus Kautschuk (Gummischuhe).
Wärmeeffekt - Wärmelei
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* 48
Wärme.Der eigentliche Aufschwung der Gummi-Industrie begann jedoch erst 1836 mit den von Chaffee in Nordamerika und Nickels in England erfundenen Maschinen, welche das Kautschuk durch bloßes Kneten bei mäßiger Wärme [* 48] in einen erweichten, fast unelastischen Körper umwandeln, der mit Leichtigkeit jede erwünschte Gestalt annimmt. Bald darauf folgte die Erfindung des Vulkanisierens des (S. Gummiwarenfabrikation.) –
Vgl. auch Semler, Tropische Agrikultur (3 Bde., Wism. 1886–88).
In der Höhe der Produktion steht das Paragummi, die geschätzteste Sorte, obenan. Der Export hat sich innerhalb der letzten 25 Jahre verfünffacht; er betrug 1865: 3½ 1875: 7, 1885: 13, 1889: 15, 1892: 19 Mill. kg;
letztere Menge ist mehr als die Hälfte des überhaupt produzierten Kautschuk Afrika produziert 7 Mill. kg, Ostindien und Centralamerika je 3 Mill. kg.
Eingeführt wurden 1892 in den freien Verkehr des deutschen Zollgebietes 4,692 Mill. kg im Werte von 25 808 000 M. Als Herkunftsländer stehen Großbritannien, [* 49] Westafrika, Britisch-Ostindien und Brasilien obenan. Englands Einfuhr betrug 1891 gegen 14 Mill. kg im Werte von 3⅓ Mill. Pfd. St. –