Pisano | eLexikon | Bildende Künste - Bildhauerkunst - Italiener
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Titel
Elemente zu Pisano:1) Niccolò, Bildhauer und Architekt
2) Giovanni, Goldschmied, Erzgießer, Bildhauer und Architekt
3) Andrea, Sohn des Ugolino, Schüler des vorigen
4) Vittore, auch Pisanello genannt, ital. Maler und Medailleur
5) Leonardo, Mathematiker, s. Fibonacci.
Pisāno,
1) Niccolò, Bildhauer und Architekt, geboren zwischen 1205-1207 zu Pisa [* 2] als Sohn eines Steinmetzen, gab der italienischen Plastik einen neuen Aufschwung, der schließlich zu einer vollkommenen Renaissance führte. Er starb 1278. Seine plastischen Hauptwerke sind die polygonen Marmorkanzeln im Baptisterium zu Pisa (1260) und im Dom zu Siena (1266-68), deren Brüstungen mit figurenreichen Reliefs aus dem Neuen Testament geschmückt sind. Außerdem schmückte Pisano das Grabmonument des heil. Dominikus in Bologna mit Reliefs und den Marmorbrunnen in Perugia (1277-80) mit Reliefs und Statuetten.
Lucca (Pauline) - Lucc
![Bild 61.332: Lucca (Pauline) - Lucchesini [unkorrigiert] Bild 61.332: Lucca (Pauline) - Lucchesini [unkorrigiert]](http://peter-hug.ch/meyers/thumb/61/61_0332.jpeg)
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Lucca.[* 1] Fig. 9 der Tafel »Bildhauerkunst [* 3] V« gibt ein Relief in der Vorhalle des Doms zu Lucca, [* 4] welches Pisano zugeschrieben wird. Pisano ragt weit über seine unmittelbaren Vorgänger hinaus. Zwar behielt auch er die traditionellen, vorwiegend byzantinischen Kompositionsmotive bei; doch hat er durch das Studium der Antike den Anstoß zu einer neuen Formenbildung gegeben, welche schließlich auf das unmittelbare Studium der Natur führte. Über Pisano als Architekt sind wir wenig unterrichtet, da die von Vasari ihm zugeschriebenen Bauten fast alle im Lauf der Zeit vollständig umgebaut worden sind. Schüler von ihm waren Arnolfo di Cambio und Fra Guglielmo Agnelli.
Vgl. Dobbert, Über den Stil N. Pisanos (Münch. 1873).
2) Giovanni, Goldschmied, Erzgießer, Bildhauer und Architekt, Sohn und Schüler des vorigen, geboren um 1250, gestorben nach 1328. Anfangs unter seinem Vater an der Kanzel zu Siena und dem Brunnen [* 5] von Perugia thätig, beteiligte er sich seit 1290 an den Skulpturen der Fassade des Doms zu Orvieto, in welchen sich zuerst das subjektive, nach Individualisierung strebende Element der italienischen Plastik kundgibt. Es scheint, daß bei dieser Arbeit deutsche Bildhauer auf ihn eingewirkt und ihn zu einer tiefern Ausbildung des Gefühlsmoments geführt haben. Um 1300 verfertigte Pisano zu Pistoja die Kanzel von Sant' Andrea sowie das Weihwasserbecken [* 6] in San Giovanni.
Bildhauerkunst VI
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Bildhauerkunst VI.In den Jahren 1302-11 entstand die jetzt auseinander genommene Kanzel im Dom zu Pisa. Für San Domenico in Perugia schuf Pisano 1305 das Monument des Papstes Benedikt XI. (spitzgiebelige Nische mit Sarkophag [* 7] darin). Aus dem Jahr 1321 stammt sein letztes bedeutendes Werk, das Grabmal eines Scrovegno in der Madonna dell' Arena zu Padua. [* 8] Von seinen Madonnenstatuen ist die trefflichste die Madonna del Fiore am zweiten Südportal des Doms zu Florenz [* 9] (s. Tafel »Bildhauerkunst VI«, [* 10] Fig. 11). Als Architekt baute er 1278-83 das Campo santo von Pisa sowie Santa Maria della Spina; das Baptisterium versah er mit gotischen Giebeln und Tabernakeln. 1286-89 entwarf er die Fassade des Doms von Siena, welche seinem Schüler Lorenzo di ¶
Pisatis - Pisee
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Maitano als Vorbild für die von Orvieto diente. Endlich wird ihm der Umbau des Doms von Prato (1310-1320) zugeschrieben, insbesondere soll die Kapelle della Cintola sein Werk sein. In der Skulptur wie in der Architektur eröffnete er eine neue Richtung, die sich über ganz Italien [* 12] ausbreitete. Seine Figuren, in denen er nach kraftvollstem Ausdruck ringt, macht er zu Trägern echt religiöser Empfindung. In den Kompositionsmotiven schloß er sich der Überlieferung im wesentlichen an; doch war er der erste, welcher die weiblichen Allegorien im Kostüm [* 13] der Zeit, ebenso die stehenden Madonnen in die italienische Skulptur einführte. Seine Marmortechnik ist bewunderungswürdig. Als Architekt schloß er sich der Gotik an. Auch als Goldschmied und Medailleur leistete er Hervorragendes.
Athen
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Athen.3) Andrea, Sohn des Ugolino, Schüler des vorigen, geboren um 1270 zu Pontadera, gestorben um 1349, war Bildhauer, Bronzegießer und Architekt. Nach mehreren Arbeiten in Santa Maria a Ponte in Pisa und im Dom von Carrara baute er 1306 das Kastell Scarperia im Mugellothal, 1332 die Porta San Frediano sowie mehrere Türme der Stadtmauer von Florenz. 1342 vergrößerte und befestigte er daselbst den Palast Walters von Brienne, des Herzogs von Athen. [* 14] Sein Hauptwerk ist die schöne Bronzethür des Baptisteriums mit 20 Reliefs aus der Geschichte Johannis des Täufers, die er 1330 mit Hilfe von venezianischen Goldschmieden und Erzgießern herstellte. In Venedig [* 15] fertigte er Figuren für die Fassade von San Marco. Seine letzten Jahre verbrachte er in Orvieto, wo er die Mosaikarbeiten für den Dom leitete. Seine Arbeiten zeigen Reinheit der Zeichnung, Einfachheit und Anmut der Komposition. Sein Faltenwurf ist gotisch stilisiert. Als seine Schüler sind zu nennen: seine Söhne Tommaso und Nino, dann Alberto Arnoldi und Giov. Balducci von Pisa, endlich der Goldschmied Leonardo di Ser Giovanni.
4) Vittore, auch Pisanello genannt, ital. Maler und Medailleur, geboren um 1380 zu San Vigilio am Gardasee, war in Verona, [* 16] Venedig, Pavia, Rom, [* 17] Ferrara, [* 18] Rimini, Mailand, [* 19] Mantua [* 20] u. Neapel [* 21] thätig und starb 1456. Von seinen Malereien sind noch in Verona verschiedene erhalten, unter andern eine Verkündigung in San Fermo und St. Georg in Sant' Anastasia, beides Freskogemälde. Berühmter wurde aber der Künstler dadurch, daß er als einer der ersten Schaumünzen mit Bildnissen modellierte und in Metall goß, die zu den vortrefflichsten Kunstdenkmälern jener Zeit gehören (s. näheres Denkmünze).
Vgl. Heiß, Les médailleurs de la Renaissance, Bd. 1: Vittore Pisano (Par. 1881).
5) Leonardo, Mathematiker, s. Fibonacci.