Potsdam | eLexikon | Geographie - Deutschland - Provinz Brandenburg
- ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
- ️Thu Nov 08 1685
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Potpourri - Potsdam
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2 Artikel | Textanfang / Anzahl Wörter |
---|---|
Potsdam | Hauptstadt der preuß. Provinz Brandenburg sowie des gleichnamigen Regierungsbezirks und zweite / 1198 |
Potsdam _2 | 1) Regierungsbezirk der Provinz Brandenburg, grenzt im NW. an Mecklenburg-Schwerin, im SW. an / 1472 |
Potsdam
2'670 Wörter, 19'804 Zeichen
Geographie — Deutschland — Provinz Brandenburg
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Potsdam,
Brücken I
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* 7
Brücke.[* 1] Hauptstadt der preuß. Provinz Brandenburg [* 2] sowie des gleichnamigen Regierungsbezirks und zweite königliche Residenz, liegt an der Linie Berlin-Magdeburg der Preußischen Staatsbahn, rechts an der Havel, in welche hier die Nuthe einmündet, auf dem Potsdamer Werder, einer Insel, welche durch die Havel, einen Kanal [* 3] und verschiedene Seen gebildet wird. Potsdam ist sehr regelmäßig gebaut und besteht aus der Alt- und Neustadt, [* 4] zu der auch der Kiez, die Friedrichsstadt und das Holländische [* 5] Revier gehören, u. fünf Vorstädten, der Berliner, [* 6] Nauener, Brandenburger, Jäger- und Teltower Vorstadt, welch letztere, auf dem linken Havelufer gelegen, mit der übrigen Stadt durch die 196 m lange Lange Brücke [* 7] verbunden ist.
Hauptplätze sind: der Wilhelmsplatz mit dem von Kiß entworfenen Denkmal Friedrich Wilhelms III., der Bassinplatz mit der katholischen Kirche und der Alte Markt mit einem 24 m hohen Obelisk von Marmor. Der Lustgarten, aus Paradeplatz und Park bestehend, ist mit 14 Büsten berühmter preußischer Feldherren aus dem Befreiungskrieg, 12 Marmorstatuen und 6 Kanonen aus verschiedenen Zeitaltern geziert. Potsdam hat 6 Kirchen: die Garnisonkirche (1730 bis 1736 erbaut) mit 88 m hohem Turm und [* 8] der Gruft Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs II.;
die von Schinkel und Persius 1830-37 erbaute Nikolaikirche mit einer Kuppel;
die Heiligegeistkirche (1728 erbaut) mit 90 m hohem Turm;
die französisch-reformierte Kirche, nach dem Muster des Pantheons zu Rom [* 9] erbaut;
die Friedenskirche (1845-50 im Stil einer altchristlichen Basilika [* 10] erbaut) mit der Grabstätte König Friedrich Wilhelms IV. und Kaiser Friedrichs III. und die schon erwähnte kath. Kirche.
Auch hat die Stadt eine Synagoge. Unter den Gebäuden Potsdams sind hervorzuheben: das königliche Schloß (1667-1701 erbaut) mit Park, worin sich die Standbilder König Friedrich Wilhelms I., des Kaisers Alexander I. von Rußland, der Generale Blücher, Gneisenau, Kleist und Tauenzien befinden;
das Rathaus (1753 nach dem Muster des Amsterdamer erbaut);
das Exerzierhaus mit schönem Portal;
das Militärwaisenhaus, ein kolossales Gebäude mit 130 m langer Fronte und 48 m hohem Turm mit Kuppel;
das 1770 nach dem Muster des Trajanschen Triumphbogens zu Rom erbaute Brandenburger Thor;
das Kasinogebäude, von Schinkel in altgriechischem Stil aufgeführt;
das Schauspielhaus, die Hauptwache.
Die Zahl der Einwohner belief sich 1885 mit der Garnison (1. Garderegiment zu Fuß, ein Gardejägerbataillon, ein Lehrinfanteriebataillon, 3 Eskadrons Garde du Korps, das Leib-
Potsdam
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* 12
Seite 13.292.[* 1] ^[Abb.: Wappen [* 11] von Potsdam.] ¶
mehr
gardehusarenregiment und zwei Gardeulanenregimenter, Nr. 1 und Nr. 3) auf 50,877 Seelen, darunter 46,227 Evangelische, 3947 Katholiken und 568 Juden. Die industrielle Thätigkeit besteht in Zuckerraffinerie, Fabrikation von Seidenzeugen, Wachstuch, Pappe, Chemikalien, optischen Instrumenten, Zinkgußgegenständen, Sätteln und Geschirren, Bierbrauerei [* 13] etc. Auch werden Schiffahrt und Fischerei [* 14] sowie Gärtnerei und Blumenzucht in ausgedehnter Weise betrieben.
Der Handel der Stadt ist unbedeutend, doch ist Potsdam Sitz der Deutschen Lebens-, Pensions- und Rentenversicherungsanstalt auf Gegenseitigkeit und eines Kreditvereins. Den Verkehr in der Stadt vermittelt eine Pferdebahn. An Bildungsinstituten etc. sind vorhanden: ein Gymnasium, ein Realgymnasium, eine Oberrealschule, eine höhere Bürgerschule, eine Kriegsschule, eine Unteroffizierschule, ein Kadettenhaus, ein Militär- und ein Zivilwaisenhaus, eine Idiotenanstalt, eine Heilanstalt für Epileptische etc. Die städtischen Behörden setzen sich zusammen aus 17 Magistratsmitgliedern und 60 Stadtverordneten.
Deutsche Altertümer -
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* 15
Deutsche.Sonst ist Potsdam Sitz des Oberpräsidiums der Provinz Brandenburg, einer königlichen Regierung, der Oberrechnungskammer und des Rechnungshofs für das Deutsche Reich, [* 15] einer Oberpostdirektion, eines Hauptsteueramtes, eines Landgerichts, einer königlichen Polizeidirektion etc. An militärischen Behörden befinden sich dort: das Kommando der 1. Gardeinfanterie- und der 2. Gardekavalleriebrigade. 4 km von Potsdam liegt in der Havel, die sich daselbst zu einem Landsee erweitert, die gegen 2000 Schritt lange und 500 Schritt breite Pfaueninsel (sonst Kaninchenwerder), mit einem königlichen Lustschloß nebst Gartenanlagen.
Näher bei Potsdam liegt das Lustschloß Sanssouci (s. d.) und unweit davon das 1763-69 aufgeführt Schloß Friedrichskron, früher Neues Palais genannt. Das 215 m lange Hauptgebäude hat einen mit einem Fronton gezierten Vorsprung, worüber sich eine antike Kuppel mit drei kolossalen, eine Krone emporhaltenden Grazien erhebt, ist mit korinthischen Pilastern, Statuen und Gruppen geziert und enthält an 200 Zimmer (darunter ein 33 m langer, 20 m breiter und 13 m hoher Marmorsaal).
Garten
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* 16
Garten.Hinter dem Schloß liegt ein 15 km im Umfang haltender Wildpark, vor demselben der sogen. Antikentempel, ein Gebäude mit dem zweiten Exemplar der Rauchschen Statue der Königin Luise; 1 km von beiden entfernt liegt, durch parkähnliche Anlagen mit dem Garten [* 16] von Sanssouci und dem von Friedrichskron verbunden, das Schloß Charlottenhof, das Friedrich Wilhelm IV. sich 1826 als Kronprinz einrichtete, mit einer Villa in römischem Stil nach Modellen aus Pompeji. [* 17] Aus dem Nauener Thor Potsdams gelangt man zum Marmorpalais (Sommerresidenz Kaiser Wilhelms II.) im Neuen Garten, am Heiligen See, mit plattem kupfernen und mit einer Gruppe von Kindern gezierten Dach [* 18] und schönem Park mit Orangerie, maurischem Tempel, [* 19] Eremitage, Grotten etc. Der Pfaueninsel gegenüber liegt das Dorf Sakrow, mit einer von dem König Friedrich Wilhelm IV. erbauten schönen Kirche.
In der Teltower Vorstadt bei Potsdam liegt der Brauhausberg und weiter südlich der Telegraphenberg mit dem astrophysikalischen Observatorium (Sonnenwarte), Spaziergängen und einer Burg; 4 km von Potsdam bei Kleinglienicke Schloß Babelsberg (s. d.); in Kleinglienicke selbst das Lustschloß (ehemals Sommersitz des verstorbenen Prinzen Karl) und das Jagdschloß des Prinzen Friedrich Leopold von Preußen [* 20] und dabei die prächtige Havelbrücke. Vor der Nauener Vorstadt liegt noch der Pfingstberg mit zwei Aussichtstürmen und Aufenthaltsräumen für die Mitglieder des königlichen Hauses und die 1826 angelegte russische Kolonie Alexandrowka, die eine griechische Kapelle und 13 auf russische Art erbaute Wohnhäuser [* 21] enthält. Potsdam ist Geburtsort Alexanders v. Humboldt. Zum Land-
Potsdamsandstein - Pot
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* 22
Seite 13.293.[* 12] ^[Abb.: Umgebung von Potsdam.] ¶
mehr
gerichtsbezirk Potsdam gehören die 11 Amtsgerichte zu Baruth, Beelitz, Belzig, Brandenburg a. H., Dahme, Jüterbog, [* 23] Luckenwalde, [* 24] Potsdam, Rathenow, [* 25] Treuenbriezen ^[richtig: Treuenbrietzen] und Werder. - Potsdam, ursprünglich Poztupimi (»Bergabhang«),
ist eine alte slawische Niederlassung und wird zuerst 993 bei der Überlassung an das Stift Quedlinburg [* 26] urkundlich erwähnt. Unter den Askaniern entstand auf einer Havelinsel eine Burg; Potsdam erhielt im 14. Jahrh. Stadtrecht, blieb jedoch bis zur Zeit König Friedrichs I. unbedeutend. Am meisten machten sich um die Verschönerung der Stadt die Könige Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. verdient. Durch das Potsdamer Edikt vom 8. Nov. 1685 lud der Große Kurfürst die aus Frankreich vertriebenen Hugenotten zur Ansiedelung in seinen Staaten ein.
Hier wurde 3. Nov. 1805 der geheime Allianzvertrag zwischen Rußland und Preußen geschlossen, der jedoch durch die Schlacht von Austerlitz [* 27] vereitelt wurde.
Vgl. außer den Schriften des 1862 begründeten Vereins für die Geschichte Potsdams: Schmidt, Geschichte und Topographie der Residenzstadt Potsdam (Potsd. 1825);
Kopisch, Die königlichen Schlösser und Gärten zu Potsdam (Berl. 1854);
»Geschichte der königlichen Residenzstadt Potsdam« (hrsg. von A. R., Potsd. 1883);
Sello, Potsdam und Sanssouci Forschungen und Quellen (Bresl. 1888).
Der Regierungsbezirk Potsdam (s. Karte »Provinz Brandenburg«) umfaßt 20,639 qkm (374,85 QM.), zählt (1885) 1,226,120 Einw. (59 auf 1 qkm), darunter 1,185,325 Evangelische, 32,298 Katholiken und 5761 Juden, und besteht aus den 18 Kreisen:
Kreise | QKilometer | QMeil. | Einw. | Einw. auf 1 QKil. |
---|---|---|---|---|
Angermünde | 1307 | 23.74 | 64![]() |
50 |
Beeskow-Storkow | 1246 | 22.63 | 42![]() |
35 |
Brandenburg (Stadtkreis) | 79 | 1.44 | 33![]() |
- |
Charlottenburg (Stadtkr.) | 21 | 0.38 | 42![]() |
- |
Jüterbog-Luckenwalde | 1325 | 24.06 | 64![]() |
49 |
Niederbarnim | 1741 | 31.62 | 14![]() |
83 |
Oberbarnim | 1213 | 22.03 | 79![]() |
66 |
Osthavelland | 1191 | 21.63 | 60![]() |
51 |
Ostpriegnitz | 1882 | 34.18 | 67![]() |
36 |
Potsdam (Stadtkreis) | 13 | 0.23 | 50![]() |
- |
Prenzlau | 1133 | 20.58 | 55![]() |
49 |
Ruppin | 1772 | 32.18 | 77![]() |
49 |
Spandau (Stadtkreis) | 42 | 0.76 | 32![]() |
- |
Teltow | 1642 | 29.80 | 163![]() |
99 |
Templin | 1436 | 26.08 | 43![]() |
31 |
Westhavelland | 1214 | 22.05 | 55![]() |
46 |
Westpriegnitz | 1460 | 26.52 | 72![]() |
49 |
Zauche-Belzig | 1922 | 34.91 | 74![]() |
39 |
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Titel
Elemente zu Potsdam:[13.291] Potsdam Hauptstadt der preuß. Provinz Brandenburg
Potsdam.
[* 1]
Anhalt (Geistige Kultu
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* 28
Anhalt.
1) Regierungsbezirk der Provinz Brandenburg, grenzt im NW. an Mecklenburg-Schwerin, im SW. an Anhalt,
[* 28] ist
bewässert von den Flüssen Oder, Havel, Spree und Ücker, zahlreichen Landseen und Kanälen, mit Moor- und Wiesenflächen, Wald,
ausgezeichnet durch Ackerbau, Viehzucht,
[* 29] Fischerei und Handel und hat 20640,70 qkm und (1890) 1404
626 (705204 männl., 699
422
weibl.) E., 70 Städte mit 1980,60 qkm und 545
978 (274939 männl., 271
039 weibl.) E., 1511 Landgemeinden
und 998 Gutsbezirke mit 18660,06 qkm und 858
648 (430265 männl., 428
383 weibl.) E. Dem Religionsbekenntnis
nach waren 1
336
332 Evangelische, 56732 Katholiken, 3551 andere Christen und 7831 Israeliten.
Der Regierungsbezirk zerfällt in 18 Kreise: [* 30]
Kreise | qkm | Wohnstätten | Einwohner | Einw. auf 1 qkm | Evangelische | Katholiken | Israeliten |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Prenzlau | 1133,27 | 5169 | 56![]() |
49 | 54![]() |
1405 | 505 |
Templin | 1435,65 | 5093 | 45![]() |
31 | 43![]() |
798 | 105 |
Angermünde | 1307,34 | 6690 | 64![]() |
49 | 63![]() |
1097 | 434 |
Oberbarnim | 1213,47 | 7999 | 84![]() |
69 | 81![]() |
2067 | 548 |
Niederbarnim | 1741,36 | 14![]() |
188![]() |
108 | 177![]() |
9388 | 1022 |
Stadtkreis Charlottenburg | 20,88 | 2482 | 76![]() |
3680 | 67![]() |
7982 | 1475 |
Teltow | 1642,44 | 15![]() |
221![]() |
135 | 207![]() |
12![]() |
1394 |
Beeskow-Storkow | 1247,13 | 6087 | 43![]() |
35 | 43![]() |
347 | 180 |
Jüterbog-Luckenwalde | 1325,22 | 8165 | 67![]() |
51 | 65![]() |
1192 | 143 |
Zauch-Belzig | 1921,17 | 12![]() |
77![]() |
40 | 76![]() |
926 | 81 |
Stadtkreis Potsdam | 13,39 | 2918 | 54![]() |
4042 | 49![]() |
4278 | 535 |
Stadtkreis Spandau | 42,05 | 1719 | 43![]() |
1079 | 39![]() |
5595 | 307 |
Osthavelland | 1190,82 | 7036 | 67![]() |
57 | 64![]() |
2803 | 197 |
Stadtkreis Brandenburg. a. H. | 78,71 | 2533 | 37![]() |
480 | 35![]() |
1978 | 243 |
Westhavelland | 1213,49 | 6552 | 59![]() |
49 | 57![]() |
1690 | 97 |
Ruppin | 1771,96 | 10![]() |
76![]() |
43 | 74![]() |
1277 | 200 |
Ostprignitz | 1881,89 | 10![]() |
66![]() |
35 | 66![]() |
535 | 152 |
Westprignitz | 1460,46 | 10![]() |
72![]() |
50 | 71![]() |
1246 | 213 |
¶
Potsdam (Stadt)
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* 31
Seite 63.339.mehr
Der Regierungsbezirk wird eingeteilt in die 10 Reichstagswahlkreise: Westprignitz (Abgeordneter 1894: von Podbielski, deutschkonservativ);
Ostprignitz (von Dallwitz, deutschkonservativ);
Ruppin-Templin (Bohm, freisinnige Volkspartei);
Prenzlau-Angermünde (von Winterfeldt-Menkin, deutsch-konservativ);
Oberbarnim (Pauli, Reichspartei);
Niederbarnim (Stadthagen, Socialdemokrat);
Potsdam-Osthavelland (Schall, [* 32] deutschkonservativ);
Westhavelland (Wiesike, nationalliberal);
Zauch-Luckenwalde (Kropatscheck, deutschkonservativ);
Teltow-Storkow-Charlottenburg (Zubeil, Socialdemokrat).
2) Hauptstadt des Reg.-Bez. Potsdam und Stadtkreis, zweite Residenz, liegt in der schönsten Gegend der Mark, am Einflusse der Ruthe in die schiffbare Havel, auf einer Insel von 30 km Umfang (Potsdamer Werder), welche von der Havel, einigen Seen und einem Kanal gebildet wird, an der Linie Berlin-Magdeburg der Preuß. Staatsbahnen, [* 33] mit Vorortverkehr nach Berlin [* 34] (Potsdamer Bahnhof, Wannseebahnhof, Schlesischer Bahnhof), ist Sitz des Oberpräsidiums der Provinz, der königl. Bezirksregierung, des Rechnungshofs des Deutschen Reichs, der preuß. Oberrechnungskammer, eines Landgerichts (Kammergericht Berlin) mit 11 Amtsgerichten (Baruth, Beelitz, Belzig, Brandenburg, Dahme, Jüterbog, Luckenwalde, Potsdam, Rathenow, Treuenbrietzen, Werder), eines Amtsgerichts, einer Oberpostdirektion, eines Hauptsteuer- und Katasteramtes sowie der Kommandos der 1. Gardeinfanterie-, 2. und 4. Gardekavalleriebrigade und einer Kommandantur und hat (1890) 54125 (27876 männl., 26249 weibl.) E., darunter 4278 Katholiken und 535 Israeliten, in Garnison die kaiserl. Leibgendarmerie, ein Detachement der Schloßgardecompagnie, das 1. Garderegiment zu Fuß, Gardejäger-, Lehrinfanteriebataillon, Regiment der Garde du Corps, Leibgardehusaren-, 1. und 3. Gardeulanen- und 2. Gardefeldartillerieregiment, ferner ein Postamt erster Klasse mit drei Zweigstellen, Telegraphenamt erster Klasse und Fernsprecheinrichtung, ein Gymnasium, Realgymnasium, eine Realschule, höhere Knaben-, höhere Mädchenschule mit Lehrerinnenseminar, Charlottenschule für Mädchen, Präparandenanstalt, königl. Gärtnerlehranstalt mit Landesbaumschule, zahlreiche Privatschulen, eine Kriegsschule, Unteroffizierschule, Kadettenvoranstalt, ein Militärwaisenhaus für 800 Zöglinge, städtisches Krankenhaus, [* 35] Augusta-Victoria- und St. Josephs-Krankenhaus, Eisenhardtsches Krankenhaus, Anstalt Pniel für Epileptische. (Hierzu eine Karte: Potsdam und Umgebung.) ^[Abb.: Wappen von Potsdam]
Anlage, Plätze, Denkmäler. Die zum großen Teil schön gebaute Stadt besteht aus der Altstadt und vier Vorstädten (Berliner, Nauener, Brandenburger und Teltower). Die Teltower Vorstadt ist mit der Altstadt durch eine über die Freundschaftsinsel führende Brücke aus Sandstein (1886‒88) verbunden. Die Straßen sind breit, gerade, mit palastähnlichen Häusern und, wie die Plätze, zum Teil mit Bäumen besetzt. Unter den Plätzen sind erwähnenswert der Wilhelmsplatz mit dem Denkmal Friedrich Wilhelms Ⅲ. von Kiß (1845), der Bassinplatz mit einem Gebäude nach holländ. Art auf einer ehemaligen Insel, das als Friedrich Wilhelms Tabakskollegium bezeichnet wird, und der neuen kath. Kirche; der Lustgarten, aus dem Paradeplatz und Park bestehend, mit dem Bronzestandbild Friedrich Wilhelms Ⅰ. von Hilgers (18. Aug. 1885), 14 Büsten preuß. Feldherren aus dem Befreiungskriege von Rauch, einer des Kaisers Alexander Ⅰ. von Rußland, 12 Marmorstatuen und 8 Kanonen aus den J. 1680‒1858; endlich der Alte Markt mit einem Obelisk von rotem und weißem Marmor (23 m). ^[]
Tirol

* 36
Tirol.Kirchen. Potsdam hat fünf evang. und eine kath. Kirche, darunter die Garnisonkirche, 1731‒35 nach Plänen von Gerlach erbaut, mit Turm (90 m) und schönem Glockenspiel, einer marmornen Kanzel, unter der Friedrich Wilhelm Ⅰ. und Friedrich Ⅱ. beigesetzt sind, und eroberten franz., dän. und österr. Feldzeichen; die nach Schinkels Entwürfen 1830‒37 von Persius, Stüler und Prüfer erbaute Nikolaikirche, 1842‒50 mit einer prächtigen Kuppel (75 m) und vier Glockentürmchen geschmückt; die Heilige-Geistkirche mit Turm (90 m), die franz.-reform. Kirche, eine Rotunde, ähnlich dem Pantheon zu Rom; die Friedenskirche, 1845‒50 in Form einer Basilika mit freistehendem Glockenturm (nach San Clemente in Rom) nach Plänen von Persius aufgeführt, mit der Gruft Friedrich Wilhelms Ⅳ. und seiner Gemahlin; an den Krenzgang stößt das Atrium mit der 1855‒56 von Rauch modellierten Marmorgruppe des von Aaron und Hur gestützten, den Sieg erflehenden Moses, und an dieses das nach dem Muster der Kapelle von Innichen in Tirol [* 36] 1890 von Raschdorff erbaute Mausoleum Kaiser Friedrichs Ⅲ., ein Rundbau mit Avsis, den Marmorsarkophagen des Kaisers von R. Begas und seiner Söhne Waldemar und Sigismund von Raschdorff und Begas und einer Pietà von Rietschel.
Weltliche Gebäude. Das Brandenburger Thor, 1770 in Form eines röm. Triumphbogens von Unger erbaut, bildet den Ausgang von der Stadt nach dem Park von Sanssouci, das Weinbergthor ist von Hesse entworfen und von Schievelbein und Bläser mit Terracottaskulpturen und Reliefs geschmückt. Die Stadt ist reich an Schlössern und bedeutenden Privatbauten. Das Stadtschloß, 1670 zuerst aufgeführt und 1750 von Knobelsdorff umgebaut, enthält die reich ausgestatteten Zimmer Friedrichs d. Gr., Friedrich Wilhelms Ⅰ., Friedrich Wilhelms Ⅲ., der Königin Luise und Friedrich Wilhelms Ⅳ.; das Rathaus, 1754 nach dem Muster des Amsterdamer erbaut, trägt einen aus Kupfer [* 37] getriebenen Atlas [* 38] mit der Weltkugel. Ferner sind zu erwähnen das großartige vierstöckige Militärwaisenhaus mit Turm (45 m), das Kasino, 1823‒24 von Schinkel erbaut; das Landgerichtsgebäude, die Kasernen und der Park von Sanssouci (s. d.) mit mehrern Schlössern, darunter Charlottenhof, 1826 von Schinkel aus einem einfachen Landhaus zu einer ital. Villa umgeschaffen.
Unter den Fabriken sind die Zuckerfabrik, mehrere Brauereien und Seifenfabriken, eine Dachpappen- und Wachstuchfabrik und das berühmte optische Institut von Hartnack (s. d.) zu erwähnen. Potsdam ist Sitz der 2. Sektion der Nordöstlichen Baugewerks- und der 3. der Fuhrwerks-Berufsgenossenschaft. Mehrere Pferdebahnlinien führen durch die Stadt, welche außerdem durch Dampfer mit Spandau, [* 39] Berlin und Wannsee verbunden ist.
Potstone - Potter

* 40
Seite 63.340.Umgebung. Die Stadt wird wegen ihrer Schlösser und der wald- und wasserreichen Umgebung sehr besucht. Vor den meisten Thoren befinden sich schöne Alleen und weiterhin, ¶
mehr
größtenteils an der Havel, Wälder, buschige Hügel und Weinberge. In der Umgebung sind zu erwähnen nördlich der Stadt die russ. Kolonie Alexandrowka mit 14 russ. Wohngebäuden und einer russ. Kapelle, 1826 von Friedrich Wilhelm Ⅲ. erbaut; östlich davon der von Friedrich Wilhelm Ⅱ. angelegte Neue Garten mit dem Marmorpalais am Heiligen See, 1786‒96 erbaut und 1844 vollendet. Kaiser Wilhelm Ⅱ. bewohnte dasselbe vor seiner Thronbesteigung 1881‒88. Der Pfingstberg nordwestlich davon trägt ein großartiges dekoratives Gebäude mit zwei Türmen, die eine schöne Aussicht gewähren.
Östlich der Stadt, jenseits der Havel, Schloß Babelsberg (s. d.), nördlich von diesem, durch den Griebnitzsee und Glienicker Lake geschieden, Klein-Glienicke mit dem Park und Schloß des Prinzen Friedrich Leopold auf dem Glienicker Werder, vom Prinzen Karl angelegt, das Palais des Prinzen Friedrich Leopold, ursprünglich ein Jagdschloß des Großen Kurfürsten; das Belvedere auf dem Brauhausberge (85 m) in der Teltower Vorstadt, mit schöner Aussicht, und weiter südlich auf dem Telegraphenberge das 1875‒79 von Spieker erbaute Astrophysische Observatorium, seit kurzer Zeit erweitert durch das Meteorologisch-magnetische Observatorium und das Geodätische Institut (s. d.). 8 km nördlich in der sich hier zu einem Landsee erweiternden Havel liegt die Pfaueninsel mit einem königl. Landhaus in Form einer verfallenen Burg und einem Park, Lieblingsaufenthalt Friedrich Wilhelms Ⅲ.
Geschichte. Die Stadt Potsdam entstand um 1300 aus einem von Wenden bewohnten Fischerdorfe. Der Große Kurfürst ließ 1660‒82 das Schloß bauen, den Lustgarten anlegen, zog durch das Potsdamer Edikt vom 8. Nov. 1685 franz. Flüchtlinge heran und erhob Potsdam zur Residenz. Ihren Glanz verdankt sie Friedrich d. Gr. Unter ihm entstanden Sanssouci und das Neue Palais sowie ein großer Teil der Parkanlagen und eine Anzahl auf königl. Kosten ausgeführter, bedeutender Privatbauten. Nächst ihm trug das meiste zur Verschönerung der Umgegend Friedrich Wilhelm Ⅳ. bei, der dieselbe unter Leitung Lennés und des Hofgärtners G. Meyer zu den herrlichsten Schöpfungen der Parkgärtnerei umgestalten ließ. Am 3. Nov. 1805 wurde in Potsdam zwischen Preußen und Rußland ein Vertrag gegen Frankreich abgeschlossen. –
Vgl. außer den Schriften des 1862 begründeten Vereins für P.s Geschichte: H. C. Potsdam Schmidt, Geschichte und Topographie der Residenzstadt Potsdam (Potsd. 1825);
Geschichte der königl. Residenzstadt Potsdam (hg. von A. R., ebd. 1883);
Sello, Potsdam und Sanssouci (Bresl. 1888);
Potsdam, ein deutscher Fürstensitz (mit 30 Photogravüren, Berl. 1893);
Grieben, Berlin, Potsdam und Umgebungen (39. Aufl., ebd. 1894).