Aberglaube | eLexikon | Kulturgeschichte - Aberglaube etc
- ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
Bewährtes Wissen in aktueller Form
Main
Abergavenny - Abesche

3 Artikel | Textanfang / Anzahl Wörter |
---|---|
Aberglaube | (Afterglaube, lat. Superstitio), die jenige Gestaltung des Glaubens an übernatürliche Vorgänge, / 384 |
Aberglaube _2 | $#4 / 318 |
Aberglaube _3 | ein wahrscheinlich aus dem niederländ. overgeloof, das dem lat. superstitio nachgebildet ist, / 520 |
Aberglaube
3 Seiten, 1'224 Wörter, 8'964 Zeichen
Kulturgeschichte — Aberglaube etc
Aberglaube,
Körperteile der Vögel

* 5
Vögel.ein wahrscheinlich aus dem niederländ. overgeloof, das dem lat. superstitio nachgebildet ist, ins Hochdeutsche übernommenes Wort; soviel wie falscher Glaube. Da aber, was den «wahren Glauben» ausmacht, für verschiedene Völker und Zeiten sehr verschieden ist, so erscheint einem als Aberglaube, was dem andern wahrer Glaube ist. Die den niedern Stufen eigentümlichen Anschauungen stellen sich den höhern, sofern sie mit den höher entwickelten Vorstellungen in Widerstreit geraten, als dar, also namentlich Überbleibsel früherer sinnlicher Vorstellungen, sofern sie als Verunreinigung des geistigen und sittlichen Glaubens erscheinen. (Vgl. Brunnhofer, Die Quelle [* 3] des Aberglaube, aus «Globus», 1874, abgedruckt in Brunnhofers «Kulturwandel und Völkerverkehr», 1891.) Als Überrest der alten Naturreligionen bezieht sich der Aberglaube deshalb meist auf das Walten geheimer Naturmächte; er sieht entweder rein passiv in Naturvorgängen Vorzeichen (omina) der eigenen Schicksale (s. Alchimie und Astrologie), [* 4] und deutet Dinge, die mit den menschlichen Verhältnissen keinen Zusammenhang haben, wie den Flug der Vögel, [* 5] den Befund der Eingeweide [* 6] geopferter Tiere, die Arcana (s. Arcanum), zu Anzeichen für Gelingen oder Mißlingen menschlicher Thätigkeiten um, spürt in gewissen Thatsachen der äußern (s. Physiologus) und innern Schöpfung (s. Talisman, Wünschelrute) Parallelen zum eigenen Handeln und Ergeben auf, oder sucht mehr aktiv durch geheimnisvolle Handlungen, die ohne natürlichen Einfluß auf die Sache sind, dem Eintritt befürchteter Ereignisse vorzubeugen und den gewünschter Naturvorgänge herbeizuführen oder zu beschleunigen. Im letztern Falle nimmt der Aberglaube die Form der Zauberei und der Magie (s. d.) an, wie bei Besprechungen, Beschwörungen und solchen Handlungen, die man im gemeinen Leben als Sympathie (s. d.) bezeichnet. (Vgl. Perty, Die mystischen Erscheinungen der menschlichen Natur, 2. Aufl., Heidelb. 1873; ders., Der jetzige Spiritualismus und verwandte Erfahrungen der Vergangenheit und Gegenwart, Lpz. 1877.) Die verschiedenen Arten des antiken Aberglaube lernt man besonders durch Lucian kennen, der sie in Einzelsatiren verspottete.
Auf dem Standpunkte des Christentums stellen sich als Aberglaube namentlich die Reste aus dem Vorstellungskreise der heidn. Vorzeit dar, die der Volksglaube erhalten hat (vgl. Lippert, Christentum, Volksglaube und Volksbrauch, Berl. 1882), z.B. das Gottesurteil (s. d.). In der Zeit Karls d. Gr. wurde ein offizieller «Indiculus superstitionum et paganarium» (erläutert von Saupe, Leipziger Programm, 1891) zusammengestellt, der gegen den fortlebenden altheidn. Glauben unter den Christen eifert.
Dasselbe thaten zahlreiche Konzilbeschlüsse sowie weltliche und kirchliche Verordnungen. Aber auch innerhalb der christl. Religion selbst werden durch die fortschreitende Läuterung und Vergeistigung des religiösen Bewußtseins die sinnlichen Vorstellungen der Vergangenheit als Aberglaube ausgeschieden, sobald sie von den Christen selbst als Hemmnis der reinen Gottesverehrung empfunden werden, so die in Luthers Katechismus aufgezählten Vorstellungen und Handlungen des Aberglaube, die Totensagen (s. d.) mit der Nekromantie (s. d.), der Exorcismus (s. d.), der Glaube an Hexen (s. d.) u.s.w. –
Vgl. H. L. Fischer, Das Buch vom Aberglaube (3 Bde. u. Anhang, 1790–94);
Schindler, Der Aberglaube des Mittelalters (Bresl. 1858);
Aberglaube Wuttke, Der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart (2. Aufl., Berl. 1869);
Pfleiderer, Die Theorie des Aberglaube (ebd. 1872);
Simar, Der Aberglaube (3. Aufl., Köln [* 7] 1894);
Mannhardt, Die praktischen Folgen des Aberglaube (Berl. 1878);
Vignoli, Mythus und Wissenschaft (Lpz. 1880);
C. Meyer, Der Aberglaube des Mittelalters und der nächstfolgenden Jahrhunderte (Bas. 1884);
L. Strümpell, Der Aberglaube (Lpz. 1890);
Henne am Rhyn, Eine Reise durch das Reich des Aberglaube (ebd. 1893).