Abfindung | eLexikon | Rechtswissenschaft - Erbrecht - Der Erblasser
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Abfertigungsschein - A
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2 Artikel | Textanfang / Anzahl Wörter |
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Abfindung | die Beseitigung der Ansprache eines andern durch irgend eine Leistung, namentlich im Weg des / 483 |
Abfindung _2 | diejenige Leistung oder diejenige Leistungsverpflichtung, durch welche ein in seiner Höhe oder / 477 |
Abfindung
960 Wörter, 7'076 Zeichen
Rechtswissenschaft — Erbrecht — Der Erblasser
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Abfindung,
die Beseitigung der Ansprache eines andern durch irgend eine Leistung, namentlich im Weg des Vergleichs. In besonderm Sinn kommt der Ausdruck im deutschen Recht bei der Vererbung von Bauerngütern für die Leistungen vor, welche der sogen. Anerbe den übrigen Miterben zur Befriedigung ihrer Erbansprüche zu gewähren hat; gleichbedeutend damit sind die Benennungen: Ablobung, Auslobung, Auskehrung, bei miterbenden Töchtern auch Aussteuer, Mitgift, Brautschatz. Im deutschen Recht galt nämlich früher sowohl bei den Bauerngütern, welche im freien Eigentum ihrer Besitzer waren, als bei den die Mehrzahl bildenden, nach sogen. Kolonatrecht besessenen, an denen der Bauer nur ein erbliches Besitz und Nutzungsrecht hatte, der Grundsatz der Unteilbarkeit des Guts.
Dieser forderte die Übertragung des letztern auf einen einzigen Erben. Bei freien Bauerngütern wurde derselbe regelmäßig durch die Übereinkunft der Erben erwählt, bei Kolonaten war er als sogen. Anerbe schon durch Gesetz oder Gewohnheitsrecht unter den nach gemeiner Zivilerbfolge gerufenen Erben entweder nach dem Majorat oder dem Minorat bestimmt. Dabei waren diejenigen, welche nach gewöhnlichen Erbgangsregeln neben jenem Erbansprüche haben, nicht von jedem Vorteil aus dem Erbenfall ausgeschlossen; sie erhielten vielmehr ihre Anteile durch die ihnen vom Anerben zu leistende Abfindung. Die Größe der Abfindung wurde nach den verschiedenen Rechten in sehr verschiedenartiger Weise bestimmt, regelmäßig unter Zugrundelegung des Werts des zu übernehmenden Bauernguts, indem jedoch der letztere nicht so hoch veranschlagt werden durfte, daß dem Anerben durch die zu leistenden Herauszahlungen die Bewirtschaftung des Guts unmöglich gemacht wurde.
Das Recht auf Auslobung wurde zwar mit dem Erbanfall erworben, doch wurde die Zahlungszeit häufig verschoben, so daß die Abfindung nicht sofort beim Tode der Eltern, sondern von den Töchtern erst bei ihrer Verheiratung und von den Söhnen erst bei der Anlegung eines selbständigen Haushalts gefordert werden konnte. Auch nachher wurde der Anerbe noch durch Gestattung terminweiser Stückzahlung begünstigt. Bis zu erfolgender Zahlung hatten die Geschwister das Recht, auf der Hofstätte zu bleiben und von dem Anerben unterhalten zu werden.
Durch die im Laus dieses Jahrhunderts erfolgte Umwandlung des nutzbaren Eigentums an den Bauerngütern in volles Eigentum ist die Bedeutung jener Rechtssatzungen größtenteils verloren gegangen. Doch haben dieselben sich auch bei freien Bauerngütern in manchen Gegenden gewohnheitsrechtlich erhalten. Übrigens sind die abgefundenen Kinder von der Succession in das Bauerngut nicht gänzlich ausgeschlossen; sie können vielmehr im Fall des Ablebens des Anerben, wenn die Successionsreihe sie trifft, immer noch in den Besitz des Guts gelangen.
Auch bei der Lehns- und Familienfideikommißerbfolge kommt die Abfindung vor. In ersterer Beziehung bezeichnete man damit die besondern Verbindlichkeiten des Lehnsfolgers gegen über dem Allodialerben, namentlich die Verpflichtung zu Bestellung eines Wittums für die Witwe des letzten Besitzers sowie zur Alimentation und Aussteuer seiner Töchter. In der Familienfideikommißerbfolge endlich versteht man unter Abfindung die Versorgung, welche den von der Successionsfolge durch die eigentümlich Successionsordnung ausgeschlossenen Familienmitgliedern zu ihrem standesmäßigen Unterhalt ausgesetzt ist (s. Apanage). - Im Finanzwesen heißt Abfindung die nach allgemeinern Normen mit Umgehung von speziellen Berechnungen und Kontrollen bemessene pauschalierte Steuersumme.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Abfindung,
diejenige Leistung oder diejenige Leistungsverpflichtung, durch welche ein in seiner Höhe oder seinem Werte nach nicht feststehender Anspruch beseitigt wird (s. auch Abstandsgeld). Die Rechtssprache bedient sich des Wortes auf verschiedenen Rechtsgebieten. Insbesondere wird im Rechte der Schuldverhältnisse von Abfindung gesprochen, wenn der Schadenersatzanspruch oder wenn der einem Dritten zustehende Anspruch an der veräußerten Sache seitens des Erwerbers oder Veräußerers auf diese Weise beseitigt wird.
Erfolgt bei Schuldverhältnissen, und dies gilt nicht bloß für Schadenersatzansprüche, die Abfindung durch einen andern als den Schuldner, so hat der andere einen Erstattungsanspruch an den Schuldner, wenn er diesem nicht schenken will. Nach Preuß. Allg. Landrecht und nach franz. Recht geht der Anspruch des Gläubigers auf den Abfindenden über (s. Subrogation). Nach Gemeinem Recht kann derjenige Dritte, welcher gezwungen ist, den Gläubiger abzufinden, wie der Bürge, der dritte Besitzer einer Pfandsache, der nachstehende Hypothekgläubiger, Abtretung der Rechte des Abgefundenen fordern.
Auf demselben Gedanken beruht es, daß der redliche Besitzer, welcher den wirklichen Eigentümer abfindet, von seinem Verkäufer Gewährleistung fordern darf, als sei ihm die Sache vom Eigentümer entzogen. Auf dem Gebiete des sog. Agrarrechts spricht man von Abfindung, wenn die Ansprüche des an einer Gemeinheitsteilung, Servitut- oder Reallastenablösung als Berechtigter Beteiligten abgegolten werden. Auf dem Gebiete des Familienrechts wird von Abfindung gesprochen bei der Abgeltung der Ansprüche einer Verlobten, welche nicht geheiratet wird, oder derjenigen, welcher Ansprüche aus einer Schwängerung zustehen, ferner bei der Abgeltung der Ansprüche eines geschiedenen, nicht für den schuldigen Teil erklärten Ehegatten, sowie bei der Befriedigung eines anteilberechtigten Abkömmlings aus der Gütergemeinschaftsmasse. Auf dem Gebiete des Erbrechts spricht man von Abfindung, außer bei dem Erbverzichte (s. d.), bei der Ausgleichungspflicht (s. d.) und bei der Erbteilung (s. d.).
Bei der bäuerlichen Erbfolge wird Abfindung genannt die Befriedigung der Miterben oder Mitberechtigten für die Ansprüche auf das Gut (Anerbengut), welches nur einem der Beteiligten ausschließlich zufällt oder gebührt. Hierfür finden sich auch andere Ausdrücke, z. B. Ausradung oder Auslobung. Dieser Anspruch der Miterben (meistens der Geschwister des Anerben) ist verschieden ausgestaltet. Zuweilen wird den Miterben das Recht gewährt, bis zu einem gewissen Zeitpunkte auf dem Gute zu bleiben und dort standesmäßigen Unterhalt zu verlangen. In einem solchen Falle pflegt der Anspruch auf die bestimmte Geldleistung erst nach Erreichung dieses Zeitpunktes, z. B. bei der Entfernung aus dem Gute, zu erwachsen.
Nicht selten ist die Höhe der Abfindung durch das Gesetz relativ bestimmt. Der Zweck einer solchen Bestimmung ist, das Gut nicht übermäßig belasten zu lassen. Der rechtliche Charakter der Abfindung ist verschieden bestimmt, zuweilen als Reallast. Nach einigen Rechten fällt die Geldabfindung weg, wenn der Berechtigte auf dem Gute stirbt, nach dem Satze: «Was in der Were verstirbt, erbt an die Were.»
Vgl. Die Motive zum Entwurfe eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch, S. 217. - In entsprechender Weise kommt eine Abfindung bei Familienfideikommissen, Lehen, Stammgütern und bei adligen Familien vor, nicht selten verbunden mit Erbverzichten seitens der weiblichen Familienglieder. (S. auch Apanage.)