peter-hug.ch

Ableitung | eLexikon | Medicin - Arzneimittel u. dgl

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz

Ableitung,

Wortbildung, Stammbildung (s. Stamm), Derivation, in der Grammatik die Bildung eines Wortes aus einem andern durch Hinzufügung gewisser Laute oder Silben, die einen von der Bedeutung des zu Grunde liegenden Wortes (Stammwortes) verschiedenen Sinn verleihen;

daher werden die Deklinations- und Konjugationsformen nicht zu den Ableitung (Derivaten) gerechnet;

z. B. in dem von «tragen» abgeleiteten «Träger» [* 2] giebt das ableitende «... er» die Beziehung auf die Person, die trägt. Im Deutschen wie im ganzen indogerman.

Sprachstamme können die ableitenden Elemente nur am Ende angefügt werden;

diese Sprachen haben also nur Suffixe (s. d.),

nie Präfixe (s. d.),

wie solche z. B. in den semit.

Glieder, künstliche

Bild 7.430: Glieder, künstliche
* 3 Glieder.

Sprachen vorkommen. Die scheinbaren Präfixe, die sog. Vorsilben des Deutschen, wie«ge...», «be...», «ver...» u. a., sind verdunkelte Präpositionen, die mit ihnen gebildeten Worte also Zusammensetzungen (s. d.), so gut wie die mit den gewöhnlichen Präpositionen (auf, an u. s. f.) zusammengesetzten. Doch ist in vielen Fällen eine feste Grenze zwischen und Zusammensetzung nicht zu ziehen, da auf jeder Stufe der Sprachgeschichte Glieder [* 3] von Zusammensetzungen auf dem Wege dazu sind, zu einfachen Suffixen zu werden, z. B. bei uns jetzt «los» in «maßlos», «treulos» u. dgl., während z.B. im Französischen die Adverbia bildende Endung -ment = lat. mente (Ablativ von mens),

z. B. lentement (langsam) = lenta mente «langsamen Sinnes», längst reines Suffix ist.

In der höhern Analysis ist Ableitung oder abgeleitete Funktion das Ergebnis einer Differentiation, der Differentialquotient (s. Differentialrechnung). [* 4]

In der Medizin heißt Ableitung die Verminderung der Thätigkeit oder des Säftereichtums in einem Organ durch gleichzeitige Vermehrung der Thätigkeit oder des Säftezuflusses in einem andern Organ. Ein Schmerz, besonders ein lebhafterer, im System der Hautnerven erregter, dient als Ableiter von der Empfindung eines andern, dumpfern oder innerlichen Schmerzes. Auf dieser Beobachtung beruht zum Teil die Anwendung schmerzverursachender Mittel in der Heilkunde als Ableitungsmittel (Derivantia oder Attractiva), wozu namentlich die Hautreize (Epispastica) dienen: Senfteige und Senfspiritus, Blasenpflaster, das Brennen mit heißen oder glühenden Körpern, die Pocken- oder Pustelsalben u. dgl. Die meisten von diesen und andern sog. ableitenden Mitteln erregen aber auch in dem gewählten Ableitungsorgan (z.B. in der Haut) [* 5] eine vermehrte Säfteanhäufung und infolge derselben dann Absonderungen, Ausschwitzungen, Eiterungen u. s. w. So die Blasenpflaster, die Fontanelle und Haarseile, das Jod, die Abführmittel, die Schröpfköpfe, Schwitzmittel, die Blutentziehungen.

Man glaubt, daß auf diese Weise innere Säfteanhäufungen, die Blutstockungen und Entzündungen entfernterer Teile zerteilt und geheilt werden können. Doch läßt sich dies schwer beweisen, obschon manches dafür spricht, z. B. das Aufhören des Durchfalls, wenn man schwitzt, die Linderung von Kopfschmerz durch Abführmittel, reizende Fußbäder oder hervorgerufene Menstruation. Fast alle ärztlichen Schulen unterscheiden die Anwendung obiger Mittel als eine besondere Heilmethode, die ableitende Methode (Methodus derivans oder antagonistica). Wenn auch in der neuern Zeit die Anwendung der Ableitungsmittel eine Einschränkung erfahren hat, so zählen doch einzelne derselben noch immer zu den wirksamsten Heilmitteln.