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Ätolien | eLexikon | Geschichte - Altgriechenland - Staaten

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Ätolien(s. Karte "Altgriechenland"), griech. Landschaft im westlichen Teil des alten Hellas, / 677
Ätolien _2altgriech. Landschaft im westl. Mittelgriechenland, die im NO., N. und NW. an die Gebiete der / 586

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Ätolien

1'263 Wörter, 8'871 Zeichen

Geschichte — Altgriechenland — Staaten

Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888

Ätolien

(s. Karte »Altgriechenland«), [* 2]

griech. Landschaft im westlichen Teil des alten Hellas, zwischen Akarnanien, dem Doloperland, Thessalien, dem ozolischen Lokris und dem Meer gelegen, an der Küste und dem Acheloos eben und fruchtbar, im Innern wildes, waldbedecktes Gebirgsland (Tymphrestos, jetzt Veluchi, 2319 m hoch, im N.; Korax, jetzt Vardusia, 2495 m hoch). Als Hauptflüsse sind der Acheloos (Aspropotamo) auf der Westgrenze und der Euenos (Phidari), unter den Seen der Hyria und der Trichonis (See von Vrachori) zu nennen.

Pferde II

Bild 12.947b: Pferde II
* 3 Pferde.

Die Bergwälder nährten allerlei Wild, die ausgedehnten Weiden im zentralen Seebecken treffliche Pferde. [* 3] Der Name Ätolien stammt von Ätolos, dem Sohn Endymions, her, welcher, aus Elis flüchtend, mit einer Schar Epeer in der südlichen Gegend der Landschaft sich niederließ und die dortigen Leleger, Kureten und Hyanten verdrängte oder seiner Herrschaft unterwarf. Durch feindselige Haltung den Nachbarn gegenüber sowie durch Verschmelzung mit nichtgriechischen Gebirgsvölkern entfremdeten sich in der Folge die Ätolier dem übrigen Hellenentum mehr und mehr, so daß sie in der Blütezeit griechischer Kultur als wilde, nur zu Raubzügen geneigte, von den übrigen Hellenen gemiedene Barbaren erscheinen. Erst in der makedonisch-römischen Periode greifen sie in die Geschichte Griechenlands thätig mit ein. Städte gab es wenige; die wichtigsten waren: Thermon, Kalydon, Pleuron und Chalkis. - Im heutigen Königreich Griechenland [* 4] bildet Ätolien mit dem westlich angrenzenden Akarnanien (s. d.) einen Nomos.

Die Ätolier zerfielen von alters her in einzelne kleine Gemeinwesen, die nicht durch einen fortdauernden Bund zusammengehalten wurden. Die zerstreuten Dorfgemeinden Ätoliens einigten sich erst zur Zeit des Lamischen Kriegs (323 v. Chr.) zu dem Ätolischen Bunde, dessen Mitglieder sich zu Anfang des Herbstes in Thermon zum Panätolion versammelten. Mit den Achäern stritt der Bund fast ununterbrochen und benutzte dies, vereint mit Sparta, zu Raubzügen in den Peloponnes.

Romanzement - Römer

Bild 13.922: Romanzement - Römer
* 5 Römer.

Philipp von Makedonien stiftete endlich ein Bündnis gegen die Ätolier und zwang sie 217 zum Frieden von Naupaktos (s. Bundesgenossenkriege). Doch verbündeten sie sich schon 211 gegen Philipp mit den Römern. Aber von diesen im Stiche gelassen, mußten sie (205) Frieden schließen. Nur zögernd schlossen sie sich den Römern an (199), als diese wieder Krieg gegen Philipp begonnen hatten. Als aber der römische Feldherr T. Quinctius Flamininus 199 den Achäischen Bund für sich gewann und 197 mit dem makedonischen König Frieden schloß und die Ätolier sich in ihrer Hoffnung auf die Herrschaft in Griechenland getäuscht sahen, fielen sie von den Römern 194 ab, gewannen außer Phokis und Lokris auch Ambrakia in Epeiros und mit Lamia den Eingang in Thessalien und schlossen sich Antiochos von Syrien an, als derselbe 192 in Griechenland landete, um den Krieg gegen die Römer [* 5] zu beginnen.

Während dieser aber zu Chalkis auf Euböa schwelgte, bemächtigten sich die Römer Thessaliens und schlugen Antiochos bei den Thermopylen (191). Entmutigt suchten die Ätolier um Frieden nach; da aber die Römer unbedingte Unterwerfung verlangten, setzten sie den Kampf fort. Der Prokonsul Acilius Glabrio, dann der Konsul M. Fulvius griffen sie in ihrem eignen Land an. Sie verteidigten sich mit äußerster Standhaftigkeit, unterwarfen sich aber auf die Kunde von Antiochos' Niederlage bei Magnesia und nach der Einnahme Ambrakias den von den Römern auferlegten Bedingungen.

Perseus (Sternbild, He

Bild 12.864: Perseus (Sternbild, Heros, König von Makedonien)
* 6 Perseus.

Sie mußten alle Städte, welche ihnen die Römer seit Flamininus abgenommen, aufgeben, 500 Talente zahlen, durften nur mit den Römern zusammen Krieg führen, Geiseln stellen etc. Der Ätolische Bund war damit vernichtet (189). Elend herrschte fortan im Land, gesteigert durch innere Unruhen, die von den erkauften Agenten Roms veranlaßt waren. Zuletzt sicherten sich die Römerfreunde durch einen schändlichen Gewaltstreich die Herrschaft. Nach Besiegung des Perseus, [* 6] den die Ätolier nicht unterstützt hatten, ließen nämlich Lykiskos und Tisippos eine Versammlung patriotisch gesinnter Ätolier von römischen Soldaten umringen, worauf 550 der Angesehensten getötet, andre aber aus dem Land vertrieben und ihrer Güter beraubt wurden (167). Ätolien teilte fortan Griechenlands Geschicke und bildete einen Teil der Provinz Achaia. Späterhin wurde mit Ätoliern die von Augustus auf dem Vorgebirge Actium gegründete Stadt Nikopolis bevölkert, während ein andrer bedeutender Teil nach Amphissa übersiedelte. Das entvölkerte Land lag verödet bis zu Konstantins Zeit, der es zur Provinz Neu-Epirus schlug und unter die Verwaltung des Präfekten von Illyricum stellte.

Vgl.   Brandstäter, Die Geschichten des ätolischen Landes etc. (Berl. 1844).

Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910

Ätolien,

altgriech. Landschaft im westl. Mittelgriechenland, die im NO., N. und NW. an die Gebiete der Ötäer, Änianen, Doloper und Aniphilocher grenzte, im W. durch den Acheloos von Akarnanien geschieden, im S. vom Korinthischen Golfe bespült und im O. von Lokris begrenzt wurde. Ursprünglich zerfiel die Landschaft in zwei Teile: das alte Ätolien, im N. bis zum Gebirgszuge Panätolion (jetzt Arapokephalon), im O. bis zu den das Euenosthal abschließenden Höhen reichend, und das hinzueroberte Ätolien (Aetolia Epiktetos), das von rohern Stämmen bewohnt war und von hohen, unwirtlichen Gebirgen (der südl. Fortsetzung des Pindos; darunter der Korar im O. und der Tymphrestos im N.) erfüllt ist, die parallel von NNW. nach SSO.

Flüsse

Bild 56.938: Flüsse
* 7 Flüsse.

Streichen und von tiefen Erosionsthälern wasserreicher Flüsse [* 7] zerschnitten sind. Altätolien besitzt zwei ausgedehnte, durch den vom Acheloos zum Euenos reichenden Gebirgszug des Arakynthos (jetzt Zygos genannt) geschiedene fruchtbare Ebenen. Benannt war Altätolien nach den Ätolern, die ihren Stamm auf einen mythischen Ätolus (s. Aitolos) zurückführten. In Ätolia Epiktetos wohnten die Eurytanen, die Aperanten, die Agräer, die Ophionen und die Apodoten.

Die Bewohner Ä.s galten als roh und treulos. Richtig ist jedenfalls, daß die Ätoler, die Bewohner von Südätolien ausgenommen, bis in das Zeitalter der Diadochen hinein die altgriech. wilden Zustände nur teilweise abgestreift hatten, Raubzüge zu Wasser und zu Lande liebten und ein geordnetes Städteleben unter sich nicht aufkommen ließen. Schon frühzeitig bestand allerdings unter ihnen eine Art Bund der einzelnen Stämme, aber erst mit der Zeit Alexanders d. Gr. beginnen die Ätoler wirksam in die griech. Verhältnisse einzugreifen.

Nachdem sie 323-322 v. Chr. zu Gunsten der Unabhängigkeit Griechenlands am Lamischen Kriege teilgenommen und darauf von Antipater und Craterus hart bedrängt worden, schlossen die Stämme ihren alten Verein, den Ätolischen Bund, enger. Seitdem standen die Ätoler in Fehde bald mit Antipater und Polysperchon, bald mit Kassander, bald mit Demetrius Poliorketes, bald mit den Spartanern. Bei der Abwehr des Einfalls der Kelten in Griechenland (278) leisteten sie Bedeutendes. In dieser Heldenzeit des Volks breitete sich der Ätolische Bund über einen großen Teil des mittlern und nördl. Griechenlands aus; die Lokrer, Phoker, Ötäer, zahlreiche thessal. Städte traten ihnen bei; auch einige peloponnes.

Staaten, wie Elis, Messenien und mehrere arkad. Städte, endlich die Insel Kephallenia und selbst einige Städte in Kleinasien schlossen sich ihnen eine Zeit lang an. Aus ihrer Eifersucht auf den Achäischen Bund entsprang der verderbliche Bundesgenossenkrieg (s. d., 220-217); 211 verbündeten sich die Ätoler mit den Römern gegen Philipp V. von Macedonien. Aber im Frieden 205 wurden sie von den Römern im Stiche gelassen, und bald nach der Schlacht bei Kynoskephalä (197 v. Chr.) kam es zwischen Ätolern und Römern zum offenen Bruch.

Rom

Bild 13.903a: Rom
* 8 Rom.

Die Ätoler zogen zur Vertreibung des röm. Einflusses aus Griechenland 192 v. Chr. den Seleuciden Antiochus III. nach Hellas, unterlagen dann aber in dem neu ausbrechenden Kriege mit Rom [* 8] so vollständig, daß 189 v. Chr. ihre polit. Bedeutung für immer vernichtet wurde. (S. Griechenland.) Während des letzten Jahrhunderts ihres polit. Wirkens besahen die Ätoler eine ziemlich ausgebildete Bundesverfassung. Die Entscheidung über Krieg und Frieden, überhaupt über die Bundesangelegenheiten hing von der Bundesversammlung ab, die in der Regel jährlich zu Anfang des Herbstes, bis 218 v. Chr. in der Hauptstadt Thermon, später in andern Städten, gehalten und Panätolium genannt wurde. Diese Versammlungen hatten u. a. die Bundesbeamten zu wählen; deren oberster war der Stratege, nach ihm folgte der Hipparch und der Staatsschreiber; ihnen stand ein ständiger Ausschuß, die sog. Apokleten, zur Seite.

Vgl.   Brandstäter, Die Geschichten des ätol.

Landes, Volks und Bundes (Berl. 1844).

Im heutigen Königreich Griechenland ist Ätolien mit Akarnanien zu einem Nomos Akarnanien und Ätolien vereinigt (s. Akarnanien).