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Alizarin | eLexikon | Chemie - II. Organische Chemie

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Alizarin - Alk

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Alizarin(von Alizari, einer Sorte Färberrot, Krapprot) C14H8O4, Farbstoff, findet sich im Krapp, besonders / 625
Alizarin _2(Krapproth, Lizarinsäure); ein aus der Krappwurzel darstellbarer roter Farbstoff, der jetzt / 783
Alizarin _3einer der schönsten und beständigsten Farbstoffe, kommt als Glykosid (Ruberythrinsäure) im / 516

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Alizarin

2 Seiten, 1'924 Wörter, 13'956 Zeichen

Chemie — II. Organische Chemie

Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888

Alizarīn

(von Alizari, einer Sorte Färberrot, Krapprot) C14H8O4 , Farbstoff, findet sich im Krapp, besonders in alter gelagerter Ware, indem es aus der in der frischen Wurzel [* 3] enthaltenen Ruberythrinsäure durch einen Zersetzungsprozeß hervorgeht. Die Ruberythrinsäure wird durch Fermente oder Säuren in Alizarin und Zucker [* 4] gespalten. Zur Darstellung von Alizarin extrahiert man Krapp mit schweflige Säure enthaltendem Wasser, fällt aus dem Auszug mit Schwefelsäure [* 5] bei 30-40° das Purpurin und dann beim Kochen unreines (grünes) Alizarin, welches durch Waschen mit salzsäurehaltigem Wasser und durch Lösen in Schieferölen gereinigt wird. Alizarin wurde 1826 von Robiquet und Colin aus Krapp abgeschieden, und 1868 entdeckten Gräbe und Liebermann die künstliche Darstellung aus Anthracen C14H10 , einem Kohlenwasserstoff des Steinkohlenteers.

Deutschland. Fluß- und

Bild 4.801a: Deutschland. Fluß- und Gebirgssystem
* 6 Deutschlands.

Diese Entdeckung ist für die Industrie und für die Landwirtschaft mancher Länder sehr bedeutungsvoll geworden. Seit 1870 ist die Darstellung des künstlichen Alizarins von den meisten Anilinfabriken Deutschlands [* 6] aufgenommen und in stetem Wachstum begriffen. Im J. 1869 brachte Perkin das erste künstliche Alizarin (1 Tonne) in den Handel, und 1876 produzierte Deutschland [* 7] allein 4000 Ton. Alizarinpasta. Gegenwärtig bestehen 15 Alizarinfabriken, und zwar 8. in Deutschland, 3 in Rußland, 2 in der Schweiz, [* 8] je 1 in Frankreich und England.

Die jährliche Produktion beträgt 10,500 Ton. im Wert von 30 Mill. Mk. Zur Darstellung des künstlichen Alizarins oxydiert man das Anthracen durch Behandlung mit rotem chromsaurem Kali und Schwefelsäure zunächst zu Anthrachinon C14H8O2 , reinigt dies durch Erhitzen mit konzentrierter Schwefelsäure, in welcher es sich löst, scheidet es durch Zusatz von Wasser wieder ab, erhitzt es mit konzentrierter oder rauchender Schwefelsäure auf 220° und fällt aus dem erhaltenen Gemisch von Sulfosäuren mit Ätznatron zuerst anthrachinonmonosulfosaures, dann bei vollständiger Neutralisation anthrachinondisulfosaures Natron.

Nadeln (Nähnadeln)

Bild 11.973: Nadeln (Nähnadeln)
* 9 Nadeln.

Ersteres wird auf blaustichiges, letzteres auf gelbstichiges Alizarin verarbeitet. Die Natronsalze werden durch Erhitzen mit Ätznatron in Natriumalizarat verwandelt. Dies geschieht unter Zusatz von etwas chlorsaurem Kali in Kesseln, die im Luftbad erhitzt werden, unter hohem Druck bei 180-210°. Die erhaltene Schmelze wird in Wasser gelöst und aus der Lösung das Alizarin durch Säure gefällt. Es wird auf Filterpressen gebracht, mit Wasser gewaschen und kommt als Pasta in den Handel. Alizarin bildet rötlichgelbe Prismen, schmilzt bei 276°, sublimiert in orangeroten Nadeln, [* 9] löst sich leicht in Alkohol und Äther, wenig in heißem Wasser, mit dunkelroter Farbe in konzentrierter Schwefelsäure, mit purpurroter in Alkalien.

Die Lösungen werden durch Alaun [* 10] und Zinnsalze rot, durch Eisenoxydsalze schwarzviolett gefällt, und auf dieser Eigenschaft, mit Metalloxyden gefärbte Verbindungen einzugehen, beruht seine Anwendung in der Färberei und Zeugdruckerei, wo es den Krapp mehr und mehr verdrängt hat. Behandelt man eine Lösung von in Nitrobenzol oder fein verteiltes trocknes Alizarin mit salpetriger Säure, so entsteht Nitroalizarin C14H7(NO2)O4 ^[C14H7(NO2)O4], welches als Alizarinorange im Handel ist. Es kristallisiert in orangeroten Blättchen mit grünem Reflex, löst sich in Alkalien mit violettroter Farbe und bildet, wie Alizarin, mit Metalloxyden gefärbte Verbindungen.

Die Thonerdeverbindung ist orange. Erhitzt man es mit Ätznatron und Zinnsalz oder unterschwefligsaurem Natron, so entsteht Alizarinbraun, welches mit Blutlaugensalz oder Bleizucker graue oder olivenfarbene Töne gibt. Erhitzt man Nitroalizarin mit Glycerin und Schwefelsäure, so entsteht Alizarinblau C17H19NO4 . Dies kommt als Teig in den Handel, bildet metallglänzende, blauviolette Nadeln, schmilzt bei 270°, sublimiert bei höherer Temperatur und löst sich in Alkohol und Benzol, kaum in Wasser.

Salz (Salinen oder Sal

Bild 14.238: Salz (Salinen oder Salzsiedewerke)
* 11 Salz.

Aus der Lösung in verdünnten Alkalien scheidet es sich allmählich als unlösliches Salz [* 11] wieder ab, und mit den andern Basen bildet es farbige Lacke. Da es durch Zinkstaub, Traubenzucker und andre reduzierende Mittel entfärbt wird, an der Luft aber sich regeneriert, so eignet es sich, gleich dem Indigo, [* 12] zur Küpenfärberei. Alizarinkarmin besteht aus den Salzen der Sulfosäuren des Alizarins und Purpurins und erzeugt auf Wolle bei Anwendung verschiedener Beizmittel mannigfache Nüancen, von denen die scharlachroten gegen Licht [* 13] und Luft absolut beständig sind und nicht, wie die mit Kochenille erzeugten, durch Schweiß und Seife bläulich werden.

Im Merck`s Warenlexikon, 1884

Alizarin

(Krapproth, Lizarinsäure); ein aus der Krappwurzel darstellbarer roter Farbstoff, der jetzt auf künstlichem Wege aus einem Bestandteil des Steinkohlentheers in sehr bedeutenden Mengen fabrikmäßig dargestellt wird. Man hatte zwar auch schon vor der 1868 erfolgten Entdeckung des künstlichen A. diesen Farbstoff, aus der Wurzel dargestellt, in den Handel gebracht, doch hat derselbe eine große Bedeutung nie erlangt, da der Preis zu hoch und das Präparat nicht rein genug war.

Man erhielt nur 3% der Wurzel an Ausbeute, das Präparat war eine schwärzlichgrüne harzartige Masse und wurde grünes Alizarin genannt. Das jetzt in den Handel kommende künstliche A. ist zwar auch nicht chemisch rein, aber doch bedeutend reiner als das sogenannte grüne A.; man kann überdies aus diesem künstlichen Roh-Alizarin des Handels leicht chemisch reines A. in beliebiger Menge darstellen. In der Krappwurzel ist das A. auch nur zum kleineren Teile fertig gebildet enthalten, der größere Teil entsteht erst bei der Behandlung des Krapps mit Säuren oder bei der Gärung desselben aus einem Glucoside, welches Schunk Rubian und Rochleder Ruberythrinsäure nannte (vergl. Krapp.).

Zur Fabrikation des künstlichen A. benutzt man das Anthracen (s. d.) des Steinkohlentheers;

dasselbe muß zunächst gereinigt werden, da die rohe Ware nur 50 bis 60% reines Anthracen enthält;

es geschieht dies, indem man das Roh-Anthracen schmilzt, bis nahezu 200° C. erhitzt und dann einen überhitzten Dampfstrom von 220 bis 240° C. darauf einwirken läßt;

die Dämpfe des sich hierbei verflüchtigenden A. werden in einer großen Kondensationskammer, in welche zugleich noch kaltes Wasser eingespritzt wird, verdichtet.

Das A. wird dann durch Behandlung mit doppelchromsaurem Kali und Schwefelsäure in Anthrachinon übergeführt; dieses verwandelt man durch Erhitzen mit Schwefelsäureanhydrit bis auf 160° C. in Antrachinonmonosulfosäure, welche mit Natronlauge neutralisiert wird. Das anthrachinonmonosulfosaure Natron scheidet sich hierbei in weißen Kristallblättchen vollständig aus, während die über den Kristallen stehende Mutterlauge das gleichzeitig gebildete anthrachinondisulfosaure Natron enthält.

Letzteres Salz verarbeitet man auf Alizarin-Gelbstich (ein noch Purpurin enthaltendes A.), während das Salz der Monosulfosäure Alizarin-Blaustich liefert, d. i. ein A., welches fast ganz frei von Purpurin ist. Die Überführung dieser Sulfosalze in A. geschieht durch Zusammenschmelzen mit Ätznatron bei einer 190° C. nicht überschreitenden Temperatur. Die geschmolzene Masse wird mit heißem Wasser ausgewaschen und das A. aus seiner Verbindung mit Natron durch eine Säure ausgefüllt.

Man erhält es dann als gelben, flockigen Niederschlag, der nach dem Auswaschen in Teigform in den Handel gebracht wird. Nach einem abgekürzten Verfahren stellt man jetzt das A. auch dadurch her, daß man das Anthracen mittelst Schwefelsäureanhydrit in Antracensulfosäure umwandelt, mit Natron neutralisiert und dieses Salz trocken mit Ätzkali bis auf 250° erhitzt; durch Zusatz einer Säure zur wässrigen Lösung der Schmelze wird das A. abgeschieden. - Im Handel erhält man das A. teils als 10 prozentige, teils als 20 prozentige Paste (Teigform).

Chemischreines A. erscheint in langen, glänzenden, durchsichtigen, dunkelgelben Kristallen, die bei 100° ihr Kristallwasser verlieren und dadurch undurchsichtig und rot werden; zwischen 215 und 225° C. schmilzt das A. und sublimiert dann größtenteils unzersetzt. Seiner chemischen Konstitution nach ist das A. als Bioxyanthrachinon zu betrachten. In kaltem Wasser ist das A. nur sehr wenig löslich, leicht löslich ist es dagegen in heißem Alkohol, in Holzgeist, Äther und Eisessig; diese Lösungen besitzen eine gelbe Farbe; in Alkalilaugen löst es sich dagegen mit blauvioletter Farbe.



Alkalien - Aloë

Bild 21.11: Alkalien - Aloë
* 14 Seite 21.11.

Verwendung findet das A. in der Färberei und Zeugdruckerei in sehr bedeutenden Mengen. Nach den Angaben der badischen Anilin- und Sodafabrik war der Verbrauch von künstlichen A. schon 1878 um circa 50% größer als jemals die Gesamtproduktion des natürlichen Alizarins und Purpurins in Form von Krapp war und wurde schon damals die tägliche Produktion von künstlichem A., als 10 prozentige Paste berechnet, in Europa auf 25000 k geschätzt. Dabei ist der Preis beträchtlich heruntergegangen von 12 Mk. pro k im März 1873 auf 2,30 Mk. im Januar 1878; ein Preis, der bedeutend niedriger ist, als der, den dieser Farbstoff in Form von Krapp je gehabt

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hat, denn die Wurzel liefert nur circa 1% reines A. Vor kurzem haben jedoch die deutschen Alizarinfabrikanten beschlossen, vom 1. Sept. 1881 an den Preis für 20 prozentige Alizarinpasten um 50% zu erhöhen. Hauptproduzent von A. ist Deutschland, welches 1874 schon 12 Alizarinfabriken besaß, Frankreich und England je eine, welche zusammen jährlich 1.250.000 k A. in Teigform von 10% Gehalt im Werte von 14.000.000 Mk. produzierten, hiervon kamen allein auf Deutschland 900.000 k. Seitdem sind noch zwei Fabriken in der Schweiz entstanden, dagegen haben in Deutschland zwei den Betrieb eingestellt. Dennoch wurde die Produktion für 1876 auf 4 Mill. k (10 prozentiges) angegeben. Reines Anthracen liefert durchschnittlich 50% seines Gewichtes an trockenem A. Einfuhr: zollfrei. - Im Jahre 1880 belief sich der Wert der Ausfuhr von Alizarin aus dem deutschen Reiche auf 20.607.000 Mk., der der Einfuhr nur auf 62000 Mk.

Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910

Alizarin,

einer der schönsten und beständigsten Farbstoffe, kommt als Glykosid (Ruberythrinsäure) im Krapp (s. d.) fertig gebildet vor und wurde früher aus demselben fabrikmäßig gewonnen. Seit aber 1886 Gräbe und Liebermann die chem. Konstitution des Alizarin feststellten und eine Synthese desselben auffanden (die erste Synthese eines Pflanzenfarbstoffes), wird das Alizarin nur auf künstlichem Wege aus dem im Steinkohlenteer enthaltenen Anthracen dargestellt.

Das Alizarin ist ein Dioxyanthrachinon: ^[img] = C14H8O4 .

Seine technische Darstellung zerfällt in drei Operationen. Zuerst wird Anthracen (s. d.), C14H10 , durch Oxydation in Anthrachinon, C14H8O2 , übergeführt: dieses wird dann zunächst durch Erhitzen mit rauchender Schwefelsäure in Anthrachinonmonosulfonsäure, C14H7O2.SO3H ^[C14H7O2.SO3H], verwandelt. Das Natriumsalz dieser Säure wird hierauf durch einen sehr sorgfältig zu leitenden Schmelzprozeß mit Ätznatron in Alizarinnatrium übergeführt. Das Gemisch von anthrachinonsulfonsaurem Natron und Ätznatron wird in eisernen Druckkesseln längere Zeit auf eine Temperatur von etwa 180° erhitzt. Hierbei finden zwei verschiedene chem. Vorgänge statt. Zuerst wird die Sulfogruppe nach folgender Gleichung durch die Natriumorylgruppe ersetzt:

C14H7O2.SO3Na ^[C14H7O2.SO3Na] + NaOH = C14H7O2.ONa ^[C14H7O2.ONa] + NaHSO3 .

Es entsteht die Natriumverbindnng des Monooxyanthrachinons, welch letzteres kein Farbstoff ist. Durch weitere Einwirkung des Ätznatrons wird dasselbe zu Alizarinnatrium oxydiert, ein Wasserstoffatom wird durch die Natriumoxylgruppe ersetzt, während der Wasserstoff frei wird:

C14H7O2.ONa ^[C14H7O2.ONa] + NaOH = C14H6O2. (ONa)2 ^[C14H6O2. (ONa)2] + H2 .

Um eine reduzierende Wirkung des Wasserstoffes zu verhüten, fügt man von Anfang an der Schmelze ein Oxydationsmittel (chlorsaures Kali) zu. Die entstehende Schmelze wird in kochendem Wasser gelöst und zu der tiefvioletten Lösung des Alizarinnatriums Säure hinzugefügt, wodurch das in Gestalt von gelben Flocken ausgefällt wird. Es wird durch Filterpressen filtriert und mit Wasser ausgewaschen; es kommt in feuchtem Zustande als ziemlich dünner Brei mit einem Gehalt von meist 20 Proz. (in Pastenform) in den Handel.



Alizarinblau - Alkaloi

Bild 51.407: Alizarinblau - Alkaloid
* 15 Seite 51.407.

Durch Umkrystallisieren aus Alkohol oder Sublimieren im Kohlensäurestrom kann das Alizarin rein erhalten werden. In letzterm Fall bildet es lange, schmale, glänzende Prismen von orangeroter Farbe. Es schmilzt bei 282°, löst sich leicht in Alkohol und Äther, schwer in Wasser. Als Diphenol vorhält es sich wie eine Säure, liefert mit Alkalien violette lösliche Salze, die durch Umsetzung mit Kalk- und Barytsalzen blaue, mit Eisenoxydsalzen schwarzviolette, mit Aluminium- und Zinnsalzen rote Niederschläge (Krapplacke) geben. Auf dieser Eigenschaft des Alizarin, mit Metalloxyden gefärbte Verbindungen zu geben, beruht seine Anwendung in der Färberei und Kattundruckerei. Die Zeuge werden mit Thonerde gebeizt, indem man sie mit essigsaurem Aluminium tränkt oder bedruckt und erwärmt, wodurch sich in den Fasern Aluminiumhydrat absetzt. Werden die Zeuge hieraus in die Alizarinlösung getaucht, so wird

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Alizarinaluminat in den Fasern gebildet (fixiert). Das Alizarin des Handels enthält auch noch Beimengungen von andern ähnlichen Verbindungen (Purpurin u. a.), die ihm verschiedene Nuancen erteilen. Das Alizarin mit Blaustich ist rein; das Alizarin mit Gelbstich enthält dagegen nur Purpurine. Die Produktion und der Konsum von Alizarin beträgt gegenwärtig etwa 65 t 10prozentiger Paste pro Tag, wovon ⅞ in sechs Fabriken Deutschlands und etwa ⅛ in drei Fabriken Englands hergestellt werden. Der Preis für 1 kg 20prozentiger Paste ist 1888 auf 1,70 M. gesunken. –

Vgl.   G. Schultz, Die Chemie des Steinkohlenteers (2. Aufl., 2 Bde., Braunschw. 1886‒90).