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Anthracen | eLexikon | Chemie - II. Organische Chemie

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz

Anthracēn

(v. griech. anthrax, Kohle) C14H10 findet sich im Steinkohlenteer und wird aus den am schwersten flüchtigen Destillationsprodukten desselben gewonnen. Man erhält bei der Verarbeitung des Teers, nachdem das Leichtöl, das Karbolöl und das Schweröl übergegangen sind und die Temperatur auf 270° gestiegen ist, bei weiterm Erhitzen das rohe Anthracenöl, welches beim Erkalten zu einer grünlichgelben Masse erstarrt und neben Anthracen mehrere andre schwer flüchtige Kohlenwasserstoffe (Phenanthren, Naphthalin, Chrysen etc.) enthält.

Wärmeeffekt - Wärmelei

Bild 16.393: Wärmeeffekt - Wärmeleitung
* 2 Wärme.

Diese Kohlenwasserstoffe scheiden sich nach einigen Tagen ziemlich vollständig aus, werden auf Filterpressen oder Zentrifugalmaschinen von dem flüssig gebliebenen Öl getrennt, dann auf warmen hydraulischen Pressen gepreßt, gepulvert und in der Wärme [* 2] mit leichtestem Teeröl oder Petroleumäther gemischt. Diese Lösungsmittel nehmen nicht nur den Rest des Öls [* 3] auf, sondern lösen auch einen Teil der festen Kohlenwasserstoffe, namentlich das Phenanthren, und hinterlassen ein ziemlich reines (70proz.) Anthracen, welches aber, um es der weitern Bearbeitung zugänglicher zu machen, noch in einen Zustand äußerst feiner Verteilung übergeführt wird.



Anthracide - Anthriscu

Bild 1.627: Anthracide - Anthriscus
* 6 Seite 1.627.

Man erhitzt es in einer flachen Pfanne C (s. Figur) zum Schmelzen, bringt durch die Flamme [* 4] des Herdes A den im Rohr B zugeleiteten Wasserdampf auf 220-240° und läßt ihn aus zahlreichen Löchern dieses Rohrs in das geschmolzene Anthracen einströmen. Die sich entwickelnden Anthracendämpfe werden durch den Dampf [* 5] in das Rohr F und weiter in die Kammer D getrieben, in welcher ein aus der Brause H strömender feiner Regen das in Form eitler weißen, zarten, feinblätterigen Masse niederschlägt. Durch E wird die Pfanne C gefüllt. Das Anthracen bildet farblose, geruch-

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und geschmacklose Tafeln, ist unlöslich in Wasser, schwer löslich in Alkohol, leichter in Äther, Benzol und Schwefelkohlenstoff, schmilzt bei 214° und destilliert unzersetzt. Es wird von Salpetersäure oder Chromsäure in Anthrachinon C14H8O2 verwandelt und gibt mit Brom in gelben Nadeln [* 7] kristallisierendes Bibromanthracen C14H8Br2 mit welchem Salpetersäure leicht Anthrachinon bildet. Schwefelsäure [* 8] löst Bibromanthracen zu Bisulfobibromanthracensäure C14H8Br22SO3 ^[C14H8Br22SO3], welche durch Oxydation in Anthrachinondisulfosäure übergeht.

Letztere bildet sich auch direkt beim Erwärmen von Bibromanthracen mit rauchender Schwefelsäure. Das Anthrachinon bildet gelbliche Nadeln, ist unlöslich in Wasser, schwer löslich in Alkohol und Benzol, reagiert neutral, schmilzt bei 273°, gibt mit Ätzkali geschmolzen Benzoesäure und mit Brom Bibromanthrachinon C14H8Br2O2 . Sowohl diese Verbindung als auch die Anthrachinondisulfosäure C14H6O2(SO3H)2 ^[C14H6O2(SO3H)2] liefern beim Erhitzen mit Kalihydrat Bromkalium und Alizarin C14H6(OH)2 ^[C14H6O2(OH)2], den Farbstoff des Krapps.

Geschichtskarten von D

Bild 4.772a: Geschichtskarten von Deutschland V
* 9 Deutschland.

Wegen dieser Reaktionen wird Anthracen im großen fabriziert und zur Darstellung von Alizarin benutzt; auch andre Farbstoffe sind bereits daraus gewonnen worden (s. Alizarin). Anthracen wurde 1831 von Dumas und Laurent im Steinkohlenteer entdeckt, gewann aber erst praktische Bedeutung, als Gräbe und Liebermann nachwiesen, daß es die Muttersubstanz des Alizarins sei. Man kann annehmen, daß gegenwärtig in Deutschland [* 9] ca. 1400 Ton. Reinanthracen von den Alizarinfabrikanten verarbeitet werden. Hiervon liefern die deutschen Teerdestillationen etwa 200 T.; der Rest kommt wesentlich aus England.

Vgl.   Auerbach, [* 10] Das Anthracen und seine Derivate (Berl. 1872);

Lunge, [* 11] Die Industrie der Steinkohlenteerdestillation und Ammoniakwasserverarbeitung (Braunschw. 1882);

Schultz, Chemie des Steinkohlenteers (das. 1882).

[* 6] ^[Abb.: Apparat zur Darstellung von Anthracen.]