Bastardpflanzen | eLexikon | Botanik - Pflanzengruppen
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Bastardagium - Bastard
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Bastardpflanzen | (Hybriden), Produkte geschlechtlicher Zeugung zwischen zwei verschiedenen Pflanzenarten. Eine / 895 |
Bastardpflanzen _2 | Hybriden, Pflanzenmischlinge, Bezeichnung für Pflanzenformen, die durch geschlechtliche oder / 862 |
Bastardpflanzen
1'757 Wörter, 12'750 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Bastardpflanzen
(Hybriden), Produkte geschlechtlicher Zeugung zwischen zwei verschiedenen Pflanzenarten. Eine solche Verbindung nennt man Hybridation oder Kreuzung und die gekreuzten Arten die Stammformen. Bei Bezeichnung der Bastardpflanzen pflegt man die beiden Speziesnamen der Stammformen in der Weise zu verbinden, daß man den Namen des Vaters voransetzt. So bedeutet z. B. Digitalis purpureo-lutea eine Bastardpflanze, welche von D. lutea infolge der Befruchtung [* 2] mit D. purpurea, wogegen D. luteo-purpurea eine solche bezeichnet, die von D. purpurea mittels Befruchtung mit D. lutea erzeugt ist.
Same (botanisch)
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Samen.Hybridation ist vorzugsweise bei Phanerogamen bekannt. Unter den Kryptogamen, soweit hier geschlechtliche Zeugung stattfindet und daher Kreuzung denkbar ist, gibt es bis jetzt nur wenige einigermaßen sichere Fälle von Hybridation bei Tangen, Moosen und Farnkräutern. Die Samen, [* 3] woraus Bastardpflanzen hervorgehen, entstehen, wenn Blütenstaub einer Art auf die Narbe der andern durch Wind, Insekten [* 4] etc. gelangt oder mittels eines Pinsels übertragen wird, in welchem Fall die Blüte [* 5] ihrer eignen Staubbeutel, bevor sie aufgesprungen sind, beraubt werden muß.
Durch solche künstliche Bastardierung sind zum großen Teil die zahlreichen Formen unsrer Zierpflanzen, der Aurikeln, Azalien, Pelargonien, Georginen, Levkojen etc., gewonnen worden. Im allgemeinen schlägt die Bastardbefruchtung am leichtesten an zwischen Varietäten derselben Spezies und demnächst zwischen zwei verschiedenen Spezies derselben Gattung. Erfolgreiche Kreuzung zwischen Arten aus verschiedenen Gattungen ist selten beobachtet worden, z. B. zwischen Lychnis und Silene, [* 6] Rhododendron und Azalea; Hybridation zwischen Arten verschiedener Familien kommt nicht vor.
Kakteen etc. (Fettpfla
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Kakteen.Übrigens ist die Fähigkeit der Spezies, Bastardpflanzen zu erzeugen, je nach Familien sehr verschieden. So sind von den 32 europäischen echten Weidenarten über 70 wild wachsende Bastarde bekannt. Andre der Kreuzung günstige Familien sind die Skrofulariaceen, Solaneen, Karyophylleen, Kakteen, [* 7] Rosaceen, Önothereen etc. Umgekehrt ist eine Hybridation ganz unbekannt oder nur in ganz einzelnen Fällen beobachtet bei Gramineen, [* 8] Papilionaceen, Kruciferen, [* 9] Labiaten etc. Zwischen zwei kreuzungsfähigen Arten A und B ist in der Regel reciproke Hybridation möglich, d. h. sowohl A als B können die Rolle des Vaters spielen.
Doch soll Nicotiana paniculata zwar mit dem Pollen von N. Langsdorfii, desgleichen Mirabilis Jalapa mit demjenigen von M. longiflora leicht befruchtet werden können, nicht aber die umgekehrte Hybridation möglich sein. Bastarde können auch unter sich gekreuzt werden, und man erzielt dann die abgeleiteten Bastarde, welche eine Vermischung der Merkmale von vier oder noch mehr Pflanzen an sich tragen. Wird eine Blüte gleichzeitig mit eignem und mit fremdem Pollen bestäubt, so befruchtet der erstere, der letztere aber bleibt unwirksam.
Bringt man dagegen den eignen Blütenstaub einige Stunden später auf die Narbe, so daß inzwischen die Befruchtung mit fremdem Pollen erfolgt ist, so hat jener keine Wirkung mehr. Seinen Merkmalen nach hält der Bastard im allgemeinen die Mitte zwischen den Stammformen, und die reciproken Bastarde A B und B A sind äußerlich gleich, können jedoch innen Verschiedenheiten, z. B. in der Fruchtbarkeit, in der Neigung zum Variieren u. dgl., zeigen. Dieses intermediäre Verhalten spricht sich darin aus, daß die Merkmale der Stammformen am Bastard entweder wirklich vermengt sind, d. h., daß z. B. in den Verhältnissen der Größe, der Gestalt und der Färbung der Teile wirkliche Mittelbildungen zum Vorschein kommen, oder daß wechselsweise das eine Merkmal von der Mutter, das andre vom Vater unverändert angenommen wird.
Nicht selten geschieht es dabei, daß in der Auswahl der Merkmale die einzelnen Individuen der aus einer und derselben Kreuzung hervorgegangenen Bastardpflanzen sich verschieden verhalten. Dagegen gehen im allgemeinen die konstanten Merkmale, in denen die Stammformen übereinkommen, auch unverändert auf den Bastard über, und die variabeln Merkmale jener sind es auch an diesem. Indessen zeigen die Bastardpflanzen doch auch merkwürdigerweise gewisse neue Eigenschaften, welche keiner der beiden Stammformen zukommen.
Stengel (botanisch)
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Stengel.Allgemein sind in ihrem Wuchs kräftiger als die Eltern, indem sie stärkere Stengel, [* 10] zahlreichere Blätter bilden und bisweilen eine ungewöhnliche Menge von Blüten entwickeln, welche überdies oft größer, schöner gefärbt, wohlriechender sind und eine Neigung haben, sich zu füllen. Daher wird von Gärtnern und Blumenzüchtern oft die Kreuzung angewendet, um derartige Erfolge zu erzielen. Durch Kreuzung des europäischen Weinstocks mit amerikanischen Arten von Vitis hat man Bastardpflanzen erhalten, die sich widerstandsfähiger gegen die Reblaus [* 11] und Pilze [* 12] zeigten als die europäische Art. Ferner zeigt sich bei Bastardpflanzen eine Schwächung ihrer Sexualität.
Bastardsafran - Bastia
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Seite 2.438.Sehr gewöhnlich erscheinen zwar die Staubgefäße [* 13] äußerlich normal entwickelt, aber die Pollenkörner [* 14] haben nicht die gehörige Ausbildung, oder es sind auch die Staubgefäße ganz verkümmert, bei gefüllten Blüten in Blumenblätter umgewandelt. In den weiblichen Organen bilden die Samenknospen bisweilen ihre wesentlichen Teile gar nicht aus, so daß die Befruchtung ganz unmöglich ist, oder die letztere findet zwar statt, allein der Embryo stirbt schon vor seiner völligen Ausbildung ab. Vielfach werden keimfähige Samen erzeugt, aber dann meistens in geringerer Menge als gewöhnlich, und wenn solche Bastardnachkommen wiederum sich selbst befruchten, so vermindert sich die Fruchtbarkeit mit jeder neuen ¶
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Generation. Endlich variieren auch die in der Regel stärker als die Stammformen. - Den durch Befruchtung gebildeten Bastardpflanzen sind die durch Pfropfung entstandenen an die Seite zu stellen (Propfhybriden). Man erhält solche unter anderm bei verschiedenen Kartoffelsorten, indem man knospentragende Keilstücke von Knollen [* 16] der einen Art in entsprechende Stellen einer zweiten Sorte einfügt. Die aus derartigen Knollen hervorgehenden Pflanzen stehen in ihren Merkmalen zwischen den beiden Stammformen.
Andre Fälle von Pfropfhybridation bieten die sogen. Bizzaria-Orangen mit gemischten Charakteren der Orange und Zitrone, Cytisus Adami, die pomachierten Abutilon etc. Die Kenntnis der Bastardpflanzen verdanken wir vorzugsweise den zahlreichen Versuchen von Kölreuter (1761), Gärtner (»Methode der künstlichen Bastardbefruchtung«, Stuttg. 1849),
Wichura (»Die Bastardbefruchtung im Pflanzenreich«, Bresl. 1865),
Herbert (»Amaryllidaceae etc.«, Lond. 1873),
Focke (»Die Pflanzenmischlinge«, Berl. 1880).
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Bastard - Bastardpflan
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Seite 52.479.Bastardpflanzen,
Hybriden, Pflanzenmischlinge, Bezeichnung für Pflanzenformen, die durch geschlechtliche oder andere Vermischung zweier verschiedener Arten entstanden sind. Man nennt diesen Vorgang der Vermischung auch Bastardierung, Hybridation, Kreuzung. Der weitaus größte Teil der Bastardpflanzen ist durch geschlechtliche Vermischung entstanden; es besteht diese darin, daß die weiblichen Organe der einen Art durch die männlichen Organe einer andern Art befruchtet werden: aus dem dadurch gebildeten Samen geht die Bastardpflanze hervor.
Die geschlechtliche Kreuzung kann auf zweierlei Weise vor sich gehen, sie kann in der freien Natur durch Vermittelung von Tieren oder des Windes (s. Bestäubung), oder sie kann künstlich bewirkt werden. Die letztere Art der Kreuzung wird sehr häufig von den Gärtnern angewendet, um Hybriden zu erzeugen, die die Vorzüge sowohl der väterlichen wie der mütterlichen Stammpflanzen besitzen. Man verfährt dabei folgendermaßen: Man schneidet, wenn zwitterige Blüten gekreuzt werden sollen, die Staubfäden, ehe ihre Antheren aufspringen, weg, was man Kastrieren nennt, und bringt nun den Samenstaub einer andern Pflanze, die als Vaterpflanze dienen soll, am besten mit Hilfe eines zarten Pinsels auf die Narbe der damit zu befruchtenden Pflanze (der Mutterpflanze); außerdem muß selbstverständlich Sorge getragen werden, daß Pollenkörner anderer Pflanzen als derjenigen, die man als Vaterpflanze benutzt bat, vollständig fern bleiben. Aus den Samen der befruchteten Mutterpflanze entstehen nun Bastardpflanzen, Formen, die weder der Mutter- noch der Vaterpflanze gleichen, beiden aber in vielen Beziehungen ähneln.
Die Kreuzung ist in den meisten Fällen nur zwischen zwei Arten einer und derselben Gattung möglich, nur sehr selten findet Vermischung zweier Arten nahe verwandter Gattungen statt. Niemals aber kommen Bastarde zwischen Arten von einander fern stehenden Gattungen vor. Die durch geschlechtliche Vermischung erzeugten Bastardpflanzen, die sog. sexuellen Bastarde, haben mehrere merkwürdige Eigenschaften. Zunächst lassen sich die Merkmale der Eltern stets an den Hybriden wiederfinden, aber nur so, daß man den Einfluß beider Eltern dabei wahrnimmt; so hat z.B. der Bastard der zwei Luzernearten Medicago sativa L. und M. falcata L. Blüten, deren Farbe zwischen Blau und Gelb, den Blütenfarben der Eltern, schwankt.
Ferner macht sich bei den Bastardpflanzen ziemlich allgemein eine Abschwächung der Fruchtbarkeit geltend; es wird ein Teil der Pollenkörner und ebenso ein Teil der Samenknospen mangelhafter ausgebildet, und zwar ist diese Schwäche in der Regel mehr bei den männlichen als bei den weiblichen Organen zu bemerken. Hingegen besitzen die Bastardpflanzen, zumal diejenigen zwischen sehr nahe verwandten Arten, ein viel kräftigeres Wachstum, das sich in einer reichern Bewurzelung, in den zahlreichen und, mit Ausnahme der Geschlechtsorgane, besser ausgebildeten Blüten, in der längern Lebensdauer und mehrern andern ausspricht.
Gerade dieser letztere Umstand, das kräftigere Wachstum in fast allen Teilen ist es, was die Hybriden für die Gärtner und Blumenzüchter so wichtig macht. Die Bastardpflanzen sind fast immer fortpflanzungsfähig; man kann sie also nicht nur durch Stecklinge, Ableger u.s.w., sondern auch durch tarnen vermehren; nach mehrern Generationen jedoch, und vorzüglich dann, wenn die Stammpflanzen sehr nahe verwandt sind, findet oft ein Zurückschlagen zu einer der beiden letztern statt.
Bastards - Bastia
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Seite 52.480.Die Bastardpflanzen können ebenfalls wieder entweder mit einer der Stammformen, oder mit einer den Eltern nahe verwandten Form, oder auch mit andern Bastardpflanzen gekreuzt werden, und man erhält dann sog. abgeleitete Bastardpflanzen. In letzterm Falle trägt der Bastard eine Vermischung der Merkmale von vier ¶
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Stammpflanzen an sich; fährt man auf diese Weise fort, so kann man einen Mischling aus einer noch größern Anzahl Pflanzen erhalten. Die Kreuzung bietet, also ein Mittel, um von einigen nahe verwandten Arten einer Gattung eine Anzahl der mannigfaltigsten Formen zu erzielen. Durch derartige Prozesse sind zum großen Teil die zahllosen Abänderungen vieler Zierpflanzen, wie Aurikeln, Azaleen, Kamelien, Georginen, Levkojen, Nelken, Pelargonien u.s.w. hervorgebracht worden. Doch sind nicht alle Familien gleichmäßig befähigt, Bastarde zu bilden; es giebt eine größere Anzahl, in denen die Hybridation sich sehr leicht vollzieht, so die Familien der Geraniaceen, Rosaceen, Kompositen, [* 19] Solaneen, Salicineen und viele andere; bei andern hingegen, wie z.B. bei den Doldengewächsen, sind Bastardpflanzen eine Seltenheit. Unter den höhern Kryptogamen sind bis jetzt nur wenige Bastarde, und auch diese zum Teil nur ungenau bekannt geworden.
Pfr. - Pfropfen
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Pfropfen.Indes können auch durch das von den Gärtnern angewandte Veredeln oder Pfropfen [* 20] (s. Veredelung) entstehen; allerdings sind bis jetzt nur wenige Fälle dieser Art bekannt geworden. Man hat z.B. durch Veredeln einer mit gefleckten (panachierten) Blättern versehenen Art der Gattung Abutilon auf eine andere derselben Gattung angehörende Art eine Hybridation insofern erzielt, als die Sprossen, die an dem betreffenden Stamme sowohl über als unter der Veredelungsstelle hervorbrachen, ebenfalls gefleckte Blätter zeigten; bei Veredelung einer blauen Kartoffelsorte durch die Augen einer weißen Sorte wurden nicht rein weiße Kartoffeln gebildet, sondern es entstanden blau und weiß gefleckte Knollen. Es muß dabei angenommen werden, daß die Unterlagen, denen Reiser oder Augen anderer nahe verwandter Arten aufgepfropft werden, einen Einfluß auf die Ausbildung der betreffenden Reiser oder Augen haben, und auch umgekehrt, daß die letztern, wie in dem Falle bei Abutilon, ihre Eigenschaften der Unterlage mitteilen können. (S. Verwachsung.)
Die Litteratur über die Bastardpflanzen ist ziemlich umfangreich;
die wichtigsten Schriften darüber sind: Koelreuter, Vorläufige Nachricht von einigen das Geschlecht der Pflanzen betreffenden Versuchen und Beobachtungen (4 Tle., Lpz. 1701-66);
Gärtner, Versuche und Beobachtungen über die Bastarderzeugung im Pflanzenreiche (Stuttg. 1849);
Wichura, Die Bastardbefruchtung im Pflanzenreiche, erläutert an den Bastarden der Weiden (Bresl. 1865);
Focke, Die Pflanzenmischlinge (Berl. 1881).