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Birne | eLexikon | Botanik - Nutzpflanzen - Obstpflanzen

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
Titel
Elemente zu Birne:

1) Butterbirnen, von echter Birngestalt

[53.35] Birne ein birnenförmiges Mundstück der Klarinette

Birne,

Birnbaum, gehört zur Gattung Pirus (s. d.) der Familie der Pomaceen; die Gattung liefert Ziergehölze, Nutz- und Obstbäume. Die Hauptstammform unserer kultivierten Birnbäume ist Pirus communis L. oder Pirus Achras Gaertn. Diese Art tritt in Europa [* 2] vielfach wild oder doch wenigstens verwildert auf, bald als niedriger Strauch, bald als hoher Baum mit pyramidaler Krone; der wilde Birnbaum besitzt dornspitzige Kurztriebe, welche beim kultivierten Birnbaum seltener vorkommen.

Die Rinde des Birnbaums ist dunkel und langrissig;

die Blätter sind ziemlich langgestielt, eiförmig-zugespitzt, am Rande scharfgesägt, meist beiderseits kahl, oberseits glänzendgrün;

seltener kommen graufilzige Blätter vor;

die großen weißen Blüten stehen in Doldentrauben, haben rote Staubbeutel und bis zum Grunde freie Stempel;

die Früchte des wilden Birnbaums sind klein, länglich, holzig und sauer (Holzbirnen) und zeigen in der Umgebung des Kernhauses besonders reichliche steinartige Konkremente, welche bei einer guten Kulturform der Birne nicht vorkommen dürfen;

die edle Birne ändert im übrigen in Größe, Gestalt, Farbe und Geschmack außerordentlich ab;

diese Abänderungen haben zum Teil ihren Grund in der Kreuzung der oben genannten Art mit andern Grundarten;

eine solche ist der herzblätterige Birnbaum, Pirus cordata, zuerst von Desvaux in Laubwäldern bei Angers gefunden und 1812 beschrieben;

hiervon stammt die noch in alten Obstgärten erhaltene und leidlich genießbare Blutbirne (Sanguine).



Birne (Frucht)

Bild 53.34: Birne (Frucht)
* 3 Seite 53.34.

Eine wichtige Rolle bei der Entstehung zahlreicher Kulturbirnen schreibt K. Koch dem Sinaibirngehölz, Pirus Sinai Desf., zu; es ist in Syrien, vielleicht aber auch im nördl. Babylonien und Assyrien zu Hause, kam im frühen Altertum schon nach Unteritalien und Sicilien und scheint hier einen bedeutenden Einfluß auf die Kulturbirnen geübt zu haben. Noch einflußreicher wurde nach Koch der ölbaumblätterige Birnbaum, Pirus elaeagnifolia Pall., dessen Verbreitungsbezirk sich auf das nördl. und östl. Kleinasien, auf die Terrassen des armenischen Hochlandes östlich bis zur Grenze Persiens und auf das östliche, aber mehr gebirgige Transkaukasien beschränkt. Andere halten auch das

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weidenblätterige Birngehölz, Pirus salicifolia L., für eine der Grundarten der Kulturbirnen. Die edle Birne ist in der Kultur etwas empfindlicher als der Apfel; ihre Verbreitung findet sowohl gegen Süden wie gegen Norden [* 4] eher eine Grenze als die des Apfels; sie erfordert zu ihrem Gedeihen eine freie, sonnige und warme Lage und einen mehr leichten als schweren, dabei aber einen nährstoffreichen und tiefgründigen Boden, da die Wurzeln des Birnbaums senkrecht nach unten gehen. Feinere Sorten eignen sich in Norddeutschland nur zur Anpflanzung in Gärten und zwar in der Form von Spalieren und Pyramiden. Zur Verpflanzung von Landstraßen und Äckern wählt man härtere Wirtschaftsbirnen lieber als Äpfel, da sie wegen ihres mehr pyramidalen Wuchses keinen so massigen Schatten [* 5] werfen, mithin den Kulturen weniger nachteilig werden als diese. – Die Vermehrung der Birne erfolgt ähnlich wie die des Apfels.

Hera

Bild 8.391: Hera
* 6 Hera.

Für das hohe Alter der Kultur des Birnbaums zeugt u. a. das aus Birnholz geschnitzte Bild der Hera [* 6] in Tiryns sowie die Homerische Schilderung (Odyssee, VII, 112–131) des Gartens des Antinous. Cato (gest. 149 v. Chr.) kannte bereits 5 Sorten, von denen er eine die tarentinische nennt. Schon ziemlich reich war die Auswahl der Kulturbirnen zu Virgils Zeiten; die beliebteste derselben war die crustumische. Nach Lindley (in «A guide to the orchard and kitchen garden») soll die Herbstbergamotte auf Veranlassung Julius Cäsars in Britannien angepflanzt worden sein.

Valerius Cordus, der erste beschreibende Pomolog Deutschlands, [* 7] lernte in der ersten Hälfte des 16. Jahrh. in Thüringen, Meißen [* 8] und Hessen [* 9] mehr als 50 Birnsorten kennen, von denen sich einige Wirtschaftssorten noch bis auf den heutigen Tag erhalten haben. Hervorragendes in der Zucht der Birne leisteten belg. Obstzüchter, besonders der Geistliche Nikolaus Hardenpont, dem man u. a. Hardenponts Butterbirne verdankt, und der Apotheker Copiaumont, beide in Mons, [* 10] von wo überhaupt viele sehr wertvolle Sorten ausgegangen sind, wie z. B. die Napoleons-Butterbirne.

Mechanisch-technische

Bild 61.705: Mechanisch-technische Lehrwerkstätten - Mechitaristen [unkorrigiert]
* 11 Mecheln.

Auch in Brabant und Flandern entstanden viele wertgehaltene Früchte, wie die Winter-Dechantsbirne und Boschpeer oder Fondante de bois, welche später schlecht verdeutscht holzfarbige Butterbirne genannt worden ist. In Mecheln [* 11] betrieb Major Esperen die Birnsaat mit Erfolg; nach ihm wurde die Esperens-Herrenbirne genannt; in neuester Zeit hat sich Gregoire in Jodoigne durch Erziehung neuer und vortrefflicher Sorten ein Verdienst erworben.

Die ungemein große Anzahl Birnsorten hat den Pomologen behufs Klassifizierung, Beschreibung und Sichtung große Arbeit gemacht und die pomolog. Litteratur über Birne ist wohl ebenso umfangreich wie die über Äpfel; bei der Beschreibung verfährt man ähnlich wie beim Apfel. Die Birne sind klassifiziert vom belg. Botaniker Du Mortier nach der äußern Fruchtgestalt (1809), von Jahn (1857) nach der Gestalt der Blätter und nach der Reifzeit der Früchte, von Diel (1801) nach der Beschaffenheit des Fleisches, nach dem Verhältnis des Breiten- zum Höhendurchmessers und nach der Reifzeit der Früchte. – Lucas hat versucht, ein möglichst natürliches System aufzustellen; die 15 Klassen dieses Systems sind folgende:

1) Butterbirnen, von echter Birngestalt, gegen den Stiel verjüngt oder von abgestumpfter Kegelform, ohne Höcker und Erhabenheiten; Fleisch völlig schmelzend. Als empfehlenswerte Beispiele dienen: Gute Graue (s. Tafel: Kernobsty, [* 3] Fig. 6, Sommer), Weiße Herbst-Butterbirne (Herbst), Esperens Herrenbirne (Herbst), Colomas Herbstbirne (Herbst), Holzfarbige Butterbirne (Herbst), Köstliche von Charneu (Herbst), Lenzener Butterbirne (Herbst), Clairgeaus Butterbirne (Herbst), Diels Butterbirne (Winter), Winter-Dechantsbirne (Winter), Liegels Winter-Butterbirne (Winter).

2) Halbbutterbirnen von gleicher Gestalt, aber nur halbschmelzendem Fleisch: Grüne Magdalene (Sommer), Doppelte Philippsbirne (Herbst), Jaminette (Winter).

3) Bergamotten, von platter oder rundlicher Gestalt; der Stiel liegt oft in einer Einsenkung; Fleisch vollkommen schmelzend: Rote Bergamotte (Herbst, [* 3] Fig. 4), Rote Dechantsbirne (Herbst), Hellmanns Melonenbirne (Herbst).

4) Halbbergamotten, von gleicher Bergamottengestalt, aber mit nur halbschmelzendem Fleisch: Große Sommerbergamotte (Sommer), Neue Crassanne (Herbst).

5) Grüne Langbirnen, von langer Form, mindestens um ein Viertel länger als breit und mit grüner, auch in der Reife höchstens gelbgrüner, nicht oder wenig berosteter Schale. Fleisch ganz- oder halbschmelzend: Sparbirne (Sommer), Grüne Tafelbirne (Sommer), Schwesterbirne (Herbst), Pastorenbirne (Winter), Graf Canal (Winter).

6) Flaschenbirnen (Calebasses), Früchte in der Gestalt der vorigen ähnlich, aber ganz oder zum größten Teil von einem zimmetfarbigen oder rotgrauen Rost überzogen; Fleisch ganz- oder halbschmelzend: Holländ. Feigenbirne (Sommer), Marie Louise (Herbst), Boscs Flaschenbirne (Herbst).

7) Apothekerbirnen, von rundlicher oder länglicher und beuliger oder höckeriger Form; Fleisch ganz- oder halbschmelzend: Williams Christbirne (Sommer), Herzogin von Angoulême [* 3] (Fig. 5), (Duchesse, Herbst), Napoleons-Butterbirne (Herbst), Grumkower Butterbirne (Herbst), Hardenponts Butterbirne (Winter), Six’ Butterbirne (Winter).

8) Rousseletten (Rostbirnen), Frucht kürzer und kleiner als bei den Flaschenbirnen und ebenso oder braunrot berostet, besonders auf der Sonnenseite; das mehr oder weniger schmelzende Fleisch hat einen zimmetartig gewürzten Geschmack: Stuttgarter Gaishirtel (Sommer), Gute Louise von Avranches (Herbst), Forellenbirne (Herbst).

9) Muskatellerbirnen, kleine und mittelgroße längliche Sommer- oder frühe Herbstbirnen mit meist glatter Schale und stark ausgesprochenem Muskatgeschmack, der an die Muskattraube erinnert: Kleine Muskateller (Sommer), Frühe braunrote und Kleine lange Sommermuskateller.

10) Schmalzbirnen, von langer oder länglicher Form, noch zu den Tafelbirnen, aber nicht zu den 9 ersten Klassen gehörig: Römische [* 12] Schmalzbirne (Sommer), Andenken an den Kongreß (Herbst).

11) Gewürzbirnen, solche wie in der 10. Klasse, aber nur kleine und mehr rundliche Formen: Leipziger Rettigbirne (Sommer), Hannoversche Jakobsbirne (Sommer), Volkmarser (Herbst).

12) Längliche Kochbirnen, alle Birne mit brüchigem oder rübenartigem Fleische, die nicht herb, sondern fad oder süß sind und deren Längendurchmesser den der Breite [* 13] übertrifft: Bunte Birne (Sommer), Kampervenus (Herbst), Baronsbirne (Winter), Schöne Angewine (Winter);



Birne (Mundstück der K

Bild 53.35: Birne (Mundstück der Klarinette) - Biron
* 14 Seite 53.35.

letztere ist

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ihrer Größe wegen als Schaufrucht gesucht, wird zu dem Zweck aber nur an kleinen Zwergbäumen gezogen.

13) Rundliche Kochbirnen, unterscheiden sich von den vorigen nur durch ihre Gestalt: Kuhfuß (Sommer), Wittenberger Glockenbirne (Herbst).

14) Längliche Weinbirnen, das Fleisch ähnlich den vorigen oder auch halbschmelzend, aber von derbem, adstringierendem Geschmack und länglicher Form; meist Herbst- und frühe Winterbirnen zur Obstweinbereitung: Knausbirne, späte Grunbirne, Hohenheimer Mostbirne, Träublesbirne, Weilersche Mostbirne, Wildling von Einsiedeln, Harigelsbirne, Langstielerin, Süllbirne.

15) Rundliche Weinbirnen, von rundlicher Gestalt, sonst den länglichen Weinbirnen gleich: Palmischbirne, Welsche Bratbirne, Champagner-Bratbirne, Schweizer Wasserbirne, Normannische Ciderbirne, Welsche Berglerbirne, Große und Kleine Rummelterbirne, Großer und Kleiner Katzenkopf.

Die Verwertung der Birne als frisches Obst, in der Form von Dörrfrüchten, zu Obstwein und zum Kochen und Backen ist eine sehr weitgehende. Für den Obstwein (Cider) sind aber nur die eigentlichen Weinbirnen zu verwenden und zum Kochen mit wenigen Ausnahmen nur die eigentlichen Kochbirnen; die feinsten Tafelbirnen verlieren gekocht oft sehr an Geschmack, was bei Äpfeln nicht der Fall ist; zum Dörren eignen sich dagegen gerade die saftigsten und süßesten am besten (s. Obstverwertung), über das Holz [* 15] des Birnbaums s. Birnbaumholz.

Birne,

ein birnenförmiges Mundstück der Klarinette (s. d.). ^[= ein von Denner in Nürnberg um 1700 erfundenes, aber erst 50 Jahre später allgemein in die ...]