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Blindheit | eLexikon | Medicin - Specielle Pathologie - Krankheiten des Auges

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Blindheit

Linneit - Linse

Bild 10.811: Linneit - Linse
* 3 Linse.

ist das Fehlen des Sehvermögens. Absolute Blindheit besteht dann, wenn jede Lichtempfindung erloschen ist. Man pflegt jedoch auch solche Personen blind zu nennen, die zwar noch Lichteindrücke wahrnehmen, aber doch nicht mehr im stande sind, sich ohne fremde Hilfe zurechtzufinden. Die Blindheit kann dadurch entstehen, daß die von der Außenwelt kommenden Lichtstrahlen nicht ins innere Auge [* 2] und durch die lichtbrechenden Substanzen hindurch bis zur Netzhaut gelangen und auf letzterer ein den Außendingen entsprechendes Bild erzeugen können; so bei angeborenem oder erworbenem Verschluß der Augenlider, Verdeckung der Hornhaut durch einen undurchsichtigen Überzug (Augenfell), Undurchsichtigkeit der Hornhaut selbst, angeborenem oder erworbenem Verschluß der Pupille, Undurchsichtigkeit der Linse [* 3] (Grauer Star) oder des Glaskörpers.

Ferner kann Blindheit entstehen, wenn die Netzhaut unempfindlich gegen die Lichtstrahlen ist, oder der Sehnerv die Erregungen der Netzhaut nicht mehr zum Gehirn [* 4] fortleitet, oder letzteres erkrankt ist und keine Gesichtswahrnehmung vermittelt, so bei Entzündungen der Aderhaut oder der Netzhaut selbst, bei Blutergüssen in die Netzhaut, bei mangelhafter Beschaffenheit des die Netzhaut ernährenden Blutes, bei Absperrung der arteriellen Blutzufuhr (bei Pfropf- oder Embolusbildung in der Netzhautcentralarterie), bei Netzhautablösung, bei Geschwulstbildungen im Innern des Auges, bei Lähmungen und Schwund des Sehnerven oder des den Sehnerven aufnehmenden Gehirnteils.

Diese Lähmungen selbst können wieder die verschiedensten Ursachen haben, als z. B. Entzündungen der Hirnhäute oder des Gehirns, Ansammlung von Flüssigkeit an der Basis oder in den Höhlen des Gehirns, Druck von Geschwülsten des Gehirns oder der Schädelknochen, Blutergüsse und Erweichung des Gehirns u. s. w. Bisweilen kommt auch Blindheit vor ohne nachweisbare anatom. Störung; dieselbe tritt meist rasch ein und verschwindet nach kurzem Bestehen wieder, z. B. im Verlaufe von Nierenleiden durch Überladung des Blutes mit Harnstoff. Ein Beispiel sehr schnell vorübergehender Blindheit ist das Schwarzwerden vor den Augen, das beim Beginn oder auch bei bloßer Anwandlung einer Ohnmacht eintritt. Andauernde Blindheit, die ihren Sitz im nervösen Teile des Sehapparats (Netzhaut, Sehnerv, Gehirn) hat, pflegte man früher als Schwarzen Star (s. Star) zu bezeichnen.

Ob eine Erblindung Aussicht auf Heilung bietet oder nicht, hängt ganz von der Ursache der Erkrankung ab. Die Trübungen der Hornhaut können öfters gebessert, der Verschluß der Pupille durch Operation beseitigt, eine undurchsichtige Linse (Grauer Star, s. Star) künstlich entfernt werden. Die im nervösen Teile des Sehapparats begründete Blindheit bietet nur dann Aussicht auf Heilung, wenn sie noch frisch ist, und wenn noch keine erheblichen anatom. Veränderungen der betroffenen Teile eingetreten sind.

Die bei manchen Formen des Grünen Stars (s. Glaukom) plötzlich eintretenden Erblindungen können in der Regel durch eine kleine beizeiten gemachte Operation schnell wieder gehoben werden. Tiefere Erkrankungen der nervösen Centralorgane, des Rückenmarks und Gehirns, komplizieren sich nicht allein, sondern beginnen auch zuweilen mit jener Form der Erblindung, die auf einem Schwund der Sehnerven beruht: so sind Erblindungen dieser Art nicht selten die Vorläufer schwerer, auch mit psychischen Störungen einhergehender Nervenleiden.

Geschichtskarten von D

Bild 4.772a: Geschichtskarten von Deutschland V
* 5 Deutschland.

Über die Häufigkeit der Blindheit schwanken die Angaben aus den verschiedenen Ländern zwischen 5 (Holland) bis auf 21 (Finland) auf je 10000 Bewohner. In Deutschland [* 5] rechnet man 8‒9 Blinde auf 10000, ebensoviele in England, wo nach der Zählung im J. 1881 unter je 100 Blinden etwa 8 von Geburt an blind waren. Eine 1884 in Böhmen [* 6] angestellte Erhebung ergab unter je 100 Blinden: durch die Blattern erblindet 7‒8, von Geburt an (wahrscheinlich mit Einschluß der Augenentzündung der Neugeborenen) 12‒13, durch Verletzungen 16, durch verschiedene Krankheiten 64. In den Blindenanstalten, in denen vorwiegend nur jugendliche Blinde vorhanden sind, entfällt etwa der 8. Teil auf angeborene, der 4. bis 3. Teil auf die durch die Augenentzündung der Neugeborenen verursachte Blindheit – Über die rechtlichen Folgen der Blindheit s. Blinde. –

Vgl.   Fuchs, [* 7] Die Ursachen und die Verhütung der Blindheit (Wiesb. 1885);

Kerschbaumer, Die Blinden des Herzogtums Salzburg [* 8] nebst Bemerkungen über die Verbreitung und die Ursachen der Blindheit im allgemeinen (ebd. 1886);

ders., Wie viele Blinde giebt es und kann es geben (Wien [* 9] 1886);

ders., Die Jugendblindheit (Wiesb. 1886);

Magnus, Die Blindheit, ihre Entstehung und Verhütung (Bresl. 1883).