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Blutsturz | eLexikon | Medicin - Specielle Pathologie - Blutkrankheiten

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Blutsturz,

s. Blutung. ^[= (Haemorrhagia), das Austreten von Blut aus den natürlichen Röhren und Gefäßen, welches, ...]

Blutung

(Haemorrhagia), das Austreten von Blut aus den natürlichen Röhren [* 5] und Gefäßen, welches, wenn es nur tropfenweise geschieht, Stillicidium sanguinis, wenn es aber in kurzer Zeit in bedeutender Menge stattfindet, Blutfluß oder Blutsturz wird. Jeder größere Blutaustritt setzt eine Verletzung der Blutgefäßwand voraus, so daß das Blut aus dem geöffneten Gefäß [* 6] ausströmen kann (Extravasation des Bluts). Indessen hat man neuerdings durch Versuche und direkte mikroskopische Beobachtung festgestellt, daß namentlich kleinere Blutungen auch ohne Gefäßzerreißung entstehen können, nämlich auf die Art, daß die Blutkörperchen [* 7] durch die unverletzte Gefäßwand gleichsam durchsickern (Blutung per diapedesin).

Man unterscheidet arterielle, venöse und kapilläre Blutungen, je nachdem das Blut aus einer Arterie, [* 8] einer Vene oder aus den feinsten Haargefäßen austritt. Die Blutung ist im allgemeinen um so reichlicher, je größer das blutende Gefäß, je stärker der in ihm herrschende Blutdruck, je größer die Ausflußöffnung und je geringer die Widerstände sind, welche dem Abfließen des Bluts entgegenstehen; doch gibt es mannigfache Abweichungen. Reißt z. B. die Herzwand selbst oder eine krankhaft erweiterte Aorta, so tritt im ersten Fall nur so viel Blut aus, als der Herzbeutel fassen kann, während im andern Fall die Menge je nach der Lage des Durchbruchs viel reichlicher, d. h. augenblicklich tödlich, zu sein pflegt; die Verletzung einer großen Vene ist zuweilen mit weniger Blutverlust verbunden als eine auf Durchsickern beruhende sogen. parenchymatöse Blutung des Darms, wie sie bei gewissen Störungen im Pfortaderkreislauf oder bei Phosphorvergiftung nicht so gar selten beobachtet wird.

Haut (anatomisch)

Bild 8.231: Haut (anatomisch)
* 9 Haut.

Praktisch wichtig ist ferner die Unterscheidung in innere (verborgene) und äußere Blutung. Bei der äußern Blutung kommt das extravasierte Blut zum Vorschein, indem es sich auf der Haut, [* 9] durch Nase, [* 10] Mund, Mastdarm, Mutterscheide etc. entleert. Bei der innern Blutung dagegen kommt das Blut nicht zum Vorschein, sondern bleibt in den natürlichen Höhlen und Kanälen des Körpers zurück, oder es liegt in den Geweben der verschiedenen innern Organe. Das frei hervortretende Blut ist häufig gemischt mit dem Sekret gewisser Drüsen (z. B. mit Harn) oder mit dem auf den betreffenden Schleimhäuten abgesonderten Schleim, Eiter etc. Das in die Gewebe [* 11] extravasierte Blut zeigt sich in verschiedenen Formen: entweder kommen zahlreiche ganz kleine, etwa nur stecknadelkopfgroße Blutaustritte (sogen. Ekchymosen oder Petechien) vor, welche gelegentlich in allen möglichen Geweben und Organen angetroffen werden;

oder es findet eine mehr flächenartige Blutunterlaufung (sogen. Suffusion, Sugillation) statt;

oder das in etwas größerer Menge ergossene Blut bildet durch Infiltration in einem weichen Gewebe sogen. Blutknoten oder hämorrhagische Infarkte;

oder das Blut drängt die Gewebe auseinander und stellt sich als Blutgeschwulst (Hämatom) dar;

oder endlich das reichlicher ergossene Blut zertrümmert die weichen Parenchyme gewisser Organe und stellt einen sogen. apoplektischen Herd oder eine Blutlache dar.

Das Blut, welches nach innern Blutungen in den Organen liegen bleibt, wird sehr häufig nach kürzerer oder längerer Zeit, nachdem die Blutkörperchen zu einem feinkörnigen Fettbrei zerfallen sind, resorbiert. Indessen bleibt nicht selten etwas körniger brauner oder kristallinischer Blutfarbstoff (Hämatoidin oder Bilirubin) an der Stelle der frühern Blutung zurück. War die Blutung größer, so trocknet das ergossene Blut ein, gerinnt, wird blaß, nimmt eine graugelbe Farbe an und zerfällt schließlich ebenfalls zu einem Detritus, der entweder gleichfalls resorbiert, oder mit Kalksalzen durchsetzt wird und als steinige Masse liegen bleibt.

Unter gewissen Umständen tritt Verjauchung, d. h. Fäulnis des ergossenen Bluts, und infolge davon später gewöhnlich der Tod ein. An der Stelle eines in ein Parenchym eingetretenen Blutergusses bleibt nach der Aufsaugung des letztern häufig eine Narbe oder ein cystenähnlicher, mit klarer, wässeriger Flüssigkeit erfüllter Hohlraum (sogen. apoplektische Cysten) zurück. Die meisten Formen der Blutung werden schon durch ihren Namen unterschieden: Blutbrechen, Bluthusten, Nasenbluten, Hämorrhoidalblutung, Blutharnen, Mutterblutfluß etc.



Blutung

Bild 3.90: Blutung
* 12 Seite 3.90.

Was die Ursachen der Blutung anbetrifft, so sind es am häufigsten äußere, auf die Blutgefäße einwirkende Schädlichkeiten, welche dazu Veranlassung geben: vor allen Dingen Wunden und Verletzungen jeder Art, sodann Wegnahme des äußern Luftdrucks von den Gefäßen, z. B. beim Aufsetzen der trocknen Schröpfköpfe oder beim Besteigen sehr hoher Berge, weiterhin starke und plötzliche Muskelbewegungen beim Husten, Niesen, Stuhlgang etc., endlich die Eröffnung der Gefäße durch benachbarte Geschwüre, welche die Gefäßwand anfressen, etc. In andern Fällen liegt die Ursache der Blutung darin, daß die Blutgefäßwände krankhafte Texturveränderungen erlitten haben und daher dem Druck des in ihnen strömenden Bluts nicht den

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nötigen Widerstand entgegensetzen können, also einreißen müssen. Namentlich die spontane Zerreißung des Herzens und der großen Arterien beruht gewöhnlich aus fettiger Erweichung der genannten Organe. Aus demselben Grunde treten zur Gehirnerweichung gern Blutungen hinzu. Eine andre Ursache der Blutung beruht in der krankhaften Steigerung des Blutdrucks bei sonst gesunden Blutgefäßen, z. B. bei Herzkranken. Jede Blutüberfüllung einer Gefäßprovinz, mag dieselbe auf vermehrtem Zufluß oder auf verhindertem Abfluß des Bluts beruhen, kann zur Blutung führen.

Magenbiesfliege - Mage

Bild 11.63: Magenbiesfliege - Magenentzündung
* 13 Magen.

Für manche Blutungen suchen wir die Ursache in einer krankhaften Beschaffenheit bald der Blutmischung, bald der Gefäßwände, ohne dieselbe genauer bezeichnen zu können. Wir sagen in solchen Fällen, es bestehe eine Neigung zur Blutung, eine hämorrhagische Diathese. Eine solche Krankheitsanlage besteht bei der Bluterkrankheit (s. d.), beim Skorbut, bei Typhus, Pocken, Scharlach, Masern, Leukämie etc. Die Anzeichen, welche eine Blutung erkennen lassen, sind bei äußerer Blutung zunächst das Blut selbst, welches bei arteriellem Ursprung oder bei Lungenblutung hellrot, bei Venenblutung dunkelrot und bei längerm Verweilen im Magen [* 13] schokoladenbraun bis schwarz aussieht.

Bei geringfügigem Erguß hat eine äußere Blutung keine weitere Bedeutung, während bei innerer Blutung weit weniger auf die Menge als auf den Sitz und die Lebenswichtigkeit des betroffenen Organs ankommt. Eine linsengroße in der Netzhaut des Auges kann Blindheit, eine kirschgroße Blutung im Streifenhügel des Gehirns Lähmung einer Körperhälfte, eine solche an der linken Stirnwindung Verlust der Sprache [* 14] bedingen, während eine faustgroße in den Eierstock oft ganz symptomlos verläuft.

Bei sehr reichlichen innern wie äußern Hämorrhagien treten allgemeine Zeichen ein, welche als Verblutungssymptome zu betrachten sind: Blässe der Haut, namentlich des Gesichts, große Schwäche, leichtes Zittern der Glieder; [* 15]

der Puls wird klein und weich, aber sehr frequent, der Kranke atmet schneller, er klagt über heftigen Durst und Übelkeit, es wird ihm schwarz vor den Augen, die Ohren klingen ihm, endlich wird er ohnmächtig und stürzt bewußtlos zusammen.

Wenn jetzt die Blutung noch gestillt wird, so kann der Kranke wieder zur Besinnung kommen und am Leben erhalten bleiben. Hört die aber nicht auf, so schließt sich unmittelbar der Tod an. Der Blutende gewährt das Bild eines Sterbenden, sein Antlitz ist verfallen, äußerst bleich, es stellen sich krampfartige Zuckungen der Glieder ein, der Kranke thut einen Schrei, und im nächsten Moment ist er tot. Die Gesamtmenge des Bluts beträgt etwa 1/13 des Körpergewichts; hiernach richtet sich das Maß dessen, was für jedes Individuum gefährlich ist, denn 1 kg wird von einem robusten Mann von 100 kg ohne allen Schaden ertragen, während es für eine Person von 50-60 kg schon höchst bedrohliche Erscheinungen der Verblutung hervorrufen würde; ein Verlust von der Hälfte des Gesamtbluts im Körper ist unter allen Umständen tödlich.

Kleine Kinder und Greise vertragen Blutverluste schlecht. Bei Neugebornen ist ein Blutverlust von 60-70 g mit Lebensgefahr verbunden, ebenso bei einem einjährigen Kind ein Blutverlust von 250 g. Frauen ertragen große Blutverluste besser als Männer. Wenn die Blutungen nach und nach, also in größern Pausen, erfolgen, so vermindert sich die Gefahr derselben, weil inzwischen immer ein Wiederersatz des Bluts im Körper stattfindet. Es ist übrigens nicht zu leugnen, daß die Blutungen zuweilen einen günstigen Einfluß auf den zeitweiligen Körperzustand ausüben, daß z. B. eine eintretende Hämorrhoidalblutung die vorausgegangenen unangenehmen Gefühle von Spannung und Druck im Unterleib, von Ziehen im Rücken etc. heben, daß ein Nasenbluten zuweilen einen heftigen Kopfschmerz rasch verschwinden machen kann.

Insofern solche Blutungen diese Wirkung äußern, kann man sie wohl mit allem Recht, wie von Hippokrates' Zeiten an schon geschehen, als kritische bezeichnen. Es muß aber doch nachdrücklich davor gewarnt werden, in der ein Bestreben der Natur mit der Tendenz zu heilen sehen zu wollen. Denn dergleichen Blutungen werden häufig habituell, wiederholen sich periodisch, und oft leidet dann die Ernährung des Körpers unter dem Einfluß ihrer häufigen Wiederkehr.

Das Aufhören oder Stehen der Blutung findet bei parenchymatösen oder venösen Ergüssen in der Regel ohne Kunsthilfe durch Gerinnung und dadurch bedingten Verschluß der Gefäße statt. Schwieriger ist dies schon bei kleinern Arterien, sofern nicht durch Ansammlung des ausgetretenen Bluts im umliegenden Gewebe ein mechanischer Widerstand gegen den innern Blutdruck geschaffen wird. Bis zur Unmöglichkeit erschwert wird das freiwillige Stehen des Bluts bei Verletzung größerer Arterien oder solcher Gefäße, deren Wandungen durch Kalkeinlagerung starr geworden oder in starrem, knorpelhartem Gewebe eingebettet sind.

Ohne Blutgerinnung ist eine Blutstillung absolut unmöglich. Durch gewisse Einrichtungen des Körpers wird die Blutstillung unterstützt, z. B. dadurch, daß der Blutdruck innerhalb der Gefäße mit der wachsenden Größe des Blutverlustes abnimmt, sowie dadurch, daß das Blut um so schneller gerinnt, je mehr Blut der Mensch bereits verloren hat. Andre Umstände erschweren die Blutstillung und müssen daher vermieden werden. Der blutende Teil darf nicht herabhängen, sondern muß horizontal liegen;

der Blutende darf nicht gehen und stehen, sondern muß ruhig liegen;

er darf nicht tief atmen;

der blutende Teil darf nicht warm, sondern muß kühl gehalten werden etc.

Glied (künstliches)

Bild 58.75: Glied (künstliches)
* 16 Glied.

Die Behandlung, das Stillen der Blutung, bezieht sich nach dem Gesagten also in der Regel auf ausgiebige Blutungen. Das erste und naturgemäß Mittel ist der Verschluß der zerrissenen Gefäße, sei es, daß man sie zudrückt oder mit einem Tuch verbindet, Feuerschwamm auflegt, das Glied [* 16] oberhalb der verletzten Stelle umschnürt oder in blutende Höhlen, z. B. Nase oder Scheide, bis zum festen Verschluß Pfröpfe von Scharpie und Watte einstopft. Diese einfache Vorschrift wird von Laien, die bei heftiger Blutung den Kopf verlieren, in kaum glaublicher Weise außer acht gelassen.

Alle Mittel, welche durch Zusammenzieht kleiner Gefäße blutstillend wirken, wie Kälte in Form von Umschlägen, Eisblasen, Eispillen oder heißes Wasser bei Blutung nach Entbindung oder wie die adstringierenden Mittel, Tannin, Bleizucker, Liquor ferri sesquichlorati, oder Mutterkorn und das wirksame Ergotin, sind zur Mithilfe oder für Fälle, in denen die Blutung nicht direkt zugänglich ist, gewiß höchst schätzenswert, aber sie sind eben nur ein Ersatz für den mechanischen Verschluß.



Blutunterlaufung - Bob

Bild 3.91: Blutunterlaufung - Bobbinet
* 17 Seite 3.91.

Wenn eine Pulsader spritzt, so soll man zunächst den Daumen auf die Stelle fest aufdrücken und, bis der Arzt kommt, vor allem sorgen, daß das Blut nicht heraus kann. Ist jemand zur Hilfe da, so umgreift er das Bein oder den Arm dicht oberhalb der blutenden Stelle und übt hier und womöglich noch außerdem in der Schenkelbeuge, bez. in der Achselhöhle einen dauernden, möglichst kräftigen Druck aus. Mit Kälte und Hoffmanns Tropfen ist dabei nichts gethan! Der Arzt

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unterbindet später das Gefäß, wenn irgend möglich. Im äußersten Notfall, namentlich bei sogen. parenchymatösen Blutungen und bei den unstillbaren Blutungen der sogen. Bluter, macht man von dem Glüheisen Gebrauch. In diesem Fall ist es der Brandschorf, welcher die Quelle [* 18] der Blutung verschließt. Wenn Verdacht einer innern Blutung vorliegt, so hat man zunächst für größte Ruhe und kühles Verhalten des Patienten zu sorgen. Alles Weitere überlasse man dem Arzte. Treten Erscheinungen von Verblutung auf, oder verfällt der Kranke in Ohnmacht, so lagere man ihn sofort horizontal, gebe ihm einige Tropfen Äther oder Hoffmanns Tropfen auf einem Stückchen Zucker [* 19] oder einige Löffel voll Wein, spritze ihn mit kaltem Wasser an, lasse ihn an Salmiakgeist, Kölnischem Wasser u. dgl. riechen.

Eier europäischer Vöge

Bild 5.352a: Eier europäischer Vögel I
* 20 Eier.

Bei hochgradiger Blutleere, wo der Tod einzutreten droht, ist die sogen. Transfusion (s. d.) schleunigst vorzunehmen. Die nach größerer Blutung zurückbleibende Blutarmut erfordert eine kräftige, gut nährende Diät: Fleisch, Eier, [* 20] Milch, Fleischbrühe etc. Daneben kann man noch die stärkenden Arzneimittel, namentlich die China- und Eisenpräparate, reichen. Individuen, welche an Blutung litten und überhaupt zu Blutung hinneigen, müssen eine gut geregelte Lebensweise beobachten. Sie sollen zwar eine kräftige, aber reizlose und leichtverdauliche Nahrung genießen, dagegen der aufregenden Getränke, des Thees, des Kaffees, Weins etc., sich enthalten, sich angemessene, aber nicht übertriebene körperliche Bewegung machen, geistige Anstrengungen und Gemütserregungen jeder Art möglichst vermeiden sowie für regelmäßigen, leichten Stuhlgang sorgen.