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Bodenstedt | eLexikon | Litteratur - Deutsche Literatur - Neuere Dichtung seit 1500

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
  • ️Thu Apr 22 1819

Bodenstedt,

Krim (Geschichte)

Bild 10.223: Krim (Geschichte)
* 6 Krim.

Friedrich Mart. von, Dichter und Schriftsteller, geb. 22. April 1819 zu Peine, widmete sich anfangs dem Kaufmannsstande, besuchte dann die Universitäten Göttingen, [* 2] München [* 3] und Berlin, [* 4] um alte und besonders neue Sprachen, Geschichte und Philosophie zu studieren. 1840 kam er als Erzieher zu Fürst Galizin nach Moskau. [* 5] Damals entstand die Anthologie «Kaslow, Puschkin und Lermontow» (Lpz. 1843) und eine Sammlung kleinruss. Volkslieder, «Poet. Ukraine» (Stuttg. 1845). Im Herbst 1843 ging Bodenstedt nach Tiflis, um ein Seminar zu leiten und am Gymnasium Latein und Französisch zu lehren. 1845 durchstreifte er Armenien, die Kaukasusländer und kehrte über die Krim, [* 6] Türkei, [* 7] Kleinasien und die Ionischen Inseln nach Deutschland [* 8] zurück.

Als Früchte dieser Wanderungen erschienen «Die Völker des Kaukasus und ihre Freiheitskämpfe gegen die Russen» (Frankf. 1848; 2. Aufl., 2 Bde., 1855) und «Tausend und ein Tag im Orient» (2 Bde., Berl. 1849-50; 5. Aufl. 1891),

zwei Werke, die B.s Ruf begründeten. Im Mai 1818 wurde er Redacteur am «Österreichischen Lloyd» in Triest. [* 9] Ende 1850 Redacteur der «Weser-Zeitung» in Bremen [* 10] und lebte, nachdem er Schwiegersohn des Hess. Obersten Osterwald geworden (B.s Gattin Mathilde ist die «Edlitam» der Gedichte), 1852 teils auf dessen Gut, teils auf dem des Freiherrn von der Malsburg bei Cassel. 1853 ging er nach Friedrichroda, dann auf Wunsch Herzog Ernsts nach Gotha, [* 11] 1854 folgte er einem Rufe König Maximilians nach München.



Bodenstein - Bodenwöhr

Bild 53.200: Bodenstein - Bodenwöhr
* 16 Seite 53.200.

Als Professor an der Universität las er über slaw. Sprachen und Litteratur, seit 1858 vorzugsweise über ältere engl. Litteratur. Im Herbst 1866 berief ihn Herzog Georg von Meiningen [* 12] zur Leitung der Hofbühne. Hier blieb er, das Meininger Theater [* 13] der Vervollkommnung zu einer Musterbühne mit entgegenführend, 1867 geadelt, bis 1870, später ließ er sich dauernd in Wiesbaden [* 14] nieder. Bodenstedt bereiste 1881 die Vereinigten Staaten, [* 15] hielt dort Vorlesungen und beschrieb die Fahrt in «Vom Atlantischen zum Stillen Ocean» (Lpz. 1882). 1880 begründete er in Berlin die «Tägliche Rundschau. Zeitung für unparteiische Politik», von deren Leitung er 1888 zurücktrat. Er starb 18. April 1892 in Wiesbaden, wo ihm 1894 ein Denkmal errichtet wurde.

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Als Ergebnisse seiner slaw. Studien erschienen Lermontows «Poet. Nachlaß» (2 Bde., Berl. 1852),

Puschkins «Poet. Werke» (3 Bde., ebd. 1854 - 55) und Turgenjews «Erzählungen» (2 Bde., Münch. 1864 - 65) in gelungenen Übertragungen; von seiner umfassenden Beschäftigung mit der ältern engl. Litteratur zeugen «Shakespeares Zeitgenossen und ihre Werke» (3 Bde., Berl. 1858 - 60),

treffliche Verdeutschungen und Charakteristiken, sowie eine deutsche Nachbildung der «Sonette» Shakespeares (4. Aufl., ebd. 1873). An der Gründung der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft (1864) beteiligt, gab er die beiden ersten Bände von deren «Jahrbuch» (1865 und 1867),

sowie in Verbindung mit O. Gildemeister, Herwegh, P. Heyse, Kurz, Wilbrandt, Delius u. a. eine Gesamtübersetzung von Shakespeares «Dramat. Werken» (5. Aufl., Lpz. 1890) heraus, der er «W. Shakespeare. Ein Rückblick auf sein Leben und Schaffen» (ebd. 1871) einfügte. Auch schilderte er «Shakespeares Frauencharaktere» (4. Aufl., Berl. 1887). Eine Reihe von Vorlesungen vereinigte Bodenstedt u. d. T. «Aus Ost und West» (ebd. 1861). Beiträge zur Kenntnis des russ. Staats- und Volkslebens in seiner histor. Entwicklung bieten die «Russ. Fragmente» (2 Bde., Lpz. 1862).

Den Glanzpunkt unter B.s eigenen poet. Schöpfungen bilden die «Lieder des Mirza-Schaffy» (Berl. 1851; 100. [Jubel-]Aufl. 1881; 141. Aufl. 1892),

Jena

Bild 9.191: Jena
* 17 Jena.

die seinen Namen der Weltlitteratur einverleibten und in fast alle europ. Sprachen, sogar ins Hebräische übersetzt wurden. Sie galten lange Zeit als Übertragungen morgenländ. Urtexte, sind aber mit Ausnahme von «Mullah, rein ist der Wein» von Bodenstedt selbst gedichtet und nur seinem geliebten tatar. Lehrer in Tiflis in den Mund gelegt. Während hier Liebe und Wein im Vordergrund stehen, huldigt in der Fortsetzung «Aus dem Nachlaß des Mirza-Schaffy» (Berl. 1874; 17. Aufl., Lpz. 1891; Prachtausg. 1877 und 1883) reiferer und mehr beschaulicher Lebensweisheit. «Der Sänger von Schiras. Hafisische Lieder» (3. Aufl., Jena [* 17] 1884) und «Die Lieder und Sprüche des Omar Chajjâm verdeutscht» (Bresl. 1881; 4. Aufl. 1889) sind lediglich Übersetzungen orient. Poesie. In denjenigen Dichtungen, in denen Bodenstedt sich des exotischen Tons enthält, ist seine Originalität geringer; so in den «Gedichten» (3. Aufl., Berl. 1859),

«Aus Heimat und Fremde» (2 Bde., ebd. 1857 - 59),

«Einkehr und Umschau» (Jena 1876),

«Aus Morgenland und Abendland. Neue Gedichte und Sprüche» (Lpz. 1882; 3. Aufl. 1887),

«Neues Leben. Gedichte und Sprüche» (Bresl. 1886). B.s «Neun Kriegslieder» (Bielef. 1870) und «Zeitgedichte» (Berl. 1870) vervollständigen sein vielseitiges Schaffen auf seinem Hauptgebiete, dem der Lyrik, dem er auch durch beliebte Anthologien diente («Album deutscher Kunst und Dichtung», 8. Aufl., Berl. 1892; «Kunst und Leben», Stuttg. 1877 - 78; «Verschollenes und Neues», Hannov. 1877-78; «Liebe und Leben», Lpz. 1892). Das Epische lag B.s Natur nicht so günstig. Doch ragen «Ada, die Lesghierin» (Berl. 1853) und «Sakuntala» (Lpz. 1887 u. 1889),

erstere den Kampf der Tscherkessen gegen das russ. Joch verherrlichend, letztere eng an Kalidasa angelehnt, durch kunstvolle Schilderungen in Einzelscenen hervor; seine jüngste epische Dichtung ist «Theodora. Ein Sang aus dem Harzgebirge» (Lpz. 1892). Geschlossenere Komposition zeigen die kleinern «Epischen Dichtungen» (Berl. 1862),

namentlich «Herun und Habakuk» und «Andreas und Mafa» (in der Spenser-Stanze). Sehr thätig war Bodenstedt späterhin in der Prosaerzählung. Hier sind zu nennen: «Kleinere Erzählungen» (Münch. 1863),

die eigene Erlebnisse verwerten, und eine Reihe von Romanen und Novellen, z. B. «Vom Hof [* 18] Elisabeths und Jakobs» (2 Bde., Jena 1871; 4. Aufl. 1882),

«Aus deutschen Gauen» (2 Bde., ebd. 1871; 4. Aufl. 1882),

«Das Herrenhaus im Eschenwalde» (3 Bde., ebd. 1872; 3. Aufl. 1878),

«Gräfin Helene» (Stuttg. 1880),

«Die letzten Falkenburger» (2. Aufl., Berl. 1887),

«Eine Mönchsliebe. Das Mädchen von Liebenstein» (2. Aufl., ebd. 1887),

«Lady Penelope» (2. Aufl., ebd. 1887),

«Feona. Ein Mißverständnis» (2. Aufl., ebd. 1889),

«Thamar und ihr Kind. Die geheimnisvolle Sängerin. Oheim und Neffe» (ebd. 1889); eine Sammlung mehrerer davon u. d. T.: «Erzählungen und Romane» (7 Bde., Jena 1871 - 72; 2. bez. 3. Aufl. 1874 - 78). Formvollendet und sinnvoll sind sie fast alle, doch ohne hervorstechende Eigenart und in der Erfindung unbedeutend. Noch weniger war Bodenstedt für das Drama beanlagt. Die Tragödie «Demetrius» (Berl. 1856),

das Lustspiel «König Autharis Brautfahrt» (ebd. 1860),

Korinthen - Korinthisc

Bild 10.91: Korinthen - Korinthisches Erz
* 19 Korinth.

«Kaiser Paul» und «Wandlungen» (zusammen als «Theater», ebd. 1876) und «Alexander in Korinth» [* 19] (Hannov. 1876; neu bearbeitet Lpz. 1883) ermangeln trotz dichterischer Schönheiten des bühnenmäßigen Zuschnitts, während er im Gelegenheitsstück eher den richtigen Ton traf. Gewandtheit und Vornehmheit des Stils und der Form wahrte Bodenstedt jederzeit trotz seiner großen Fruchtbarkeit, wie bilden einen Hauptzug seines Wesens, wie es auch aus seinen Memoirenwerken hervortritt («Aus meinem Leben. Erinnerungsblätter, Bd. I: Eines Königs Reise. Erinnerungsblätter an König Max», Lpz. 1879; 3. Aufl. als «Eine Königsreise», 1883; «Erinnerungen aus meinem Leben», Bd. 1 u. 2, Berl. 1888 - 90). B.s «Gesammelte Schriften» (12 Bde., ebd. 1865 - 69; neue Ausg. 1892) umfassen nur einen Teil der Werke. -

Vgl.   Friedrich von Bodenstedt. Ein Dichterleben in seinen Briefen (1850 - 92), hg. von Schenck (Berl. 1893).