Cavour | eLexikon | Geschichte - Italien - Neuere Zeit
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Cavendish - Cavour
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5 Artikel | Textanfang / Anzahl Wörter |
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Cavour | # (spr. -wuhr), Flecken in der ital. Provinz Turin, Kreis Pinerolo, am Fuß eines isolierten, / 52 |
Cavour _2 | # (spr. -wuhr), Graf Camillo Benso di, ital. Staatsmann, geb. 10. Aug. 1810 zu Turin aus altadliger, / 1453 |
Cavour _3 | Graf Camillo. Chiala veröffentlichte weitere 2 Bände Briefe (1886-87). Vgl. noch Berti, Il / 22 |
Cavour _4 | # (spr. kawuhr), Ort im Kreis Pinerolo der ital. Provinz Turin, im fruchtbaren Thale des Pellice, / 30 |
Cavour _5 | # (spr. kawuhr), Graf Camillo Benso di C., ital. Staatsmann, geb. 10. Aug. 1810 zu Turin aus piemont. / 1301 |
Cavour
3 Seiten, 2'858 Wörter, 19'889 Zeichen
Geschichte — Italien — Neuere Zeit
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Cavour
(spr. -wuhr), Flecken in der ital. Provinz Turin, [* 2] Kreis [* 3] Pinerolo, am Fuß eines isolierten, 410 m hohen Bergs, auf welchem das alte Caburrum angelegt wurde, und am Pellice, mit (1881) 1921 Einw., welche Seidenspinnerei und Leinweberei treiben.
In der Nähe die 1010 gegründete, einst sehr reiche Benediktinerabtei Santa Maria di Cavour.
Cavour
(spr. -wuhr), Graf Camillo Benso di, ital. Staatsmann, geb. 10. Aug. 1810 zu Turin aus altadliger, reicher Familie, erwarb sich, als jüngerer Sohn zum Militär bestimmt, in der Militärakademie zu Turin besonders in der Mathematik ausgezeichnete Kenntnisse und wurde dann als Genieleutnant bei den Fortifikationsarbeiten in den Alpenpässen verwendet. Doch nahm er, da seine liberalen Ansichten sich mit dem Militärdienst nicht befreunden konnten, 1831 seinen Abschied und widmete sich dem Studium der Nationalökonomie und der Bewirtschaftung seiner ausgedehnten Güter in der Lomellina, erweiterte auch seine wirtschaftlichen und politischen Kenntnisse durch wiederholte Reisen, besonders nach England und Frankreich.
Cavour
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Seite 3.878.Das konstitutionelle System, wie er es in England durchgeführt fand, nebst der ausschließlichen, aber unbedingten Herrschaft des Gesetzes blieb das Ideal seiner Politik. Nachdem er sich zu Haus anfangs mit Gründung gemeinnütziger Anstalten zur Hebung [* 4] der ökonomischen und sozialen Zustände (z. B. von Kinderasylen und 1842 der Landwirtschaftlichen Gesellschaft) beschäftigt hatte, begründete er infolge der Reformbewegungen, die 1846 in verschiedenen Teilen Italiens, [* 5] besonders im Kirchenstaat, begannen, mit dem Grafen Cesare Balbo u. a. das Journal »Il Risorgimento«, für welches er namentlich nationalökonomische Artikel schrieb. Seine politische Bedeutung begann mit dem Jahr 1848. ¶
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Durch die Verkündigung der sardinischen Verfassung vom 5. März 1848 wurde einer seiner heißesten Wünsche erfüllt. Gleichzeitig unternahm der König Karl Albert die politische Einigung Italiens. Doch billigte es nicht, daß der König mit den Worten »Italia farà da se« dies allein unternahm, sondern hielt von Anfang an Allianzen für durchaus notwendig und schließlich die französische Allianz allein für erreichbar. In der Kammer, in welcher er durch eiserne Willensstärke und unermüdliche Ausdauer auch nach und nach eine bedeutende Rednergabe entwickelte, zeigte er einen sehr gemäßigten Liberalismus, welcher die Linke keineswegs befriedigt, und erklärte sich energisch gegen alle revolutionären Ausschreitungen. So unterstützte er auch 1849 nach Beendigung des Kriegs das Ministerium Azeglio, in welchem er nach dem Tod Santa Rosas das Portefeuille des Handels und Ackerbaues und im April 1850 das der Finanzen übernahm. Er schaffte nun Ordnung in den durch den Krieg zerrütteten Finanzen, schloß Handelsverträge mit mehreren auswärtigen Staaten, sorgte für Herstellung von Straßen und Eisenbahnen, für Befreiung des Besitzes von feudalen Lasten u. dgl., beherrschte überhaupt mehr und mehr die ganze Regierung und suchte in der Kammer eine Stütze des Ministeriums dadurch, daß sich dasselbe dem linken Zentrum (unter Ratazzi) näherte, um die klerikal-revolutionären Elemente zurückzudrängen.
Paris
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Paris.Gerade hierdurch aber trat er in einen Gegensatz zu mehreren andern Mitgliedern des Kabinetts, besonders zu Azeglio, und sah sich daher im Mai 1852 zum Rücktritt veranlaßt. Doch schon 4. Nov. d. J. wurde er (nachdem das Ministerium Azeglio wegen Differenzen mit dem päpstlichen Stuhl betreffs der Zivilehe hatte zurücktreten müssen) aus Paris, [* 7] wo er sich in der Zwischenzeit meist aufgehalten hatte, an die Spitze der Regierung berufen. Er übernahm in dem von ihm gebildeten neuen Kabinett neben dem Präsidium die Finanzen, Handel und Landwirtschaft; vorübergehend hatte er auch das Departement des Auswärtigen und des Innern.
Von der (durch Vollzug jener Annäherung an das linke Zentrum hergestellten) kompakten Majorität in der Kammer unterstützt, befolgte er mit Konsequenz eine liberale Politik nach den Grundsätzen der 1848 verliehenen Verfassung. Am weitern Ausbau derselben arbeitend, geriet er in heftige Kollision mit dem Klerus, setzte aber trotz der Gegenbestrebungen desselben den Verkauf der Besitzungen der Toten Hand durch und entzog den religiösen Körperschaften das Monopol des Unterrichts.
Selbst als der Papst den König und seine liberalen Minister mit dem Kirchenbann bedrohte, ließ sich Cavour nicht von der Durchführung dieser Reformen abschrecken, wiewohl er deren weitere Konsequenzen, wie die Einführung der Zivilehe und die vollständige Befreiung des Volkes von der Herrschaft der Kirche, vertagen mußte. Nachdem er durch seine freisinnige und erfolgreiche Verwaltung sich das Vertrauen nicht bloß der Piemontesen, sondern auch aller liberal und national gesinnten Italiener sowie die Gunst der öffentlichen Meinung in Frankreich und England erworben hatte, durfte es wagen, das Banner der Einheit und Unabhängigkeit Italiens zu erheben.
Licht
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Licht.Um seinen nationalen Bestrebungen die Unterstützung der englischen und der französischen Regierung zu verschaffen, bewog er zunächst den König und die Kammern, sich 1854-55 dem Bündnis der Westmächte gegen Rußland anzuschließen und trotz der enormen Kosten am Krimkrieg aktiv teilzunehmen. Nach Beendigung desselben gelang es ihm, auf dem Pariser Kongreß 1856 trotz alles Widerstandes von seiten Österreichs die »italienische Frage« zur Verhandlung zu bringen und die Mißstände der Okkupation italienischer Staaten durch fremde Armeen einerseits und die Schwäche der betreffenden italienischen Regierungen, vor allen der weltlichen Regierung des Papstes, anderseits in hellstes Licht [* 8] zu setzen, um dadurch die Reformbedürftigkeit der italienischen Zustände als eine unleugbare Thatsache festzustellen. Es kam ihm vor allem darauf an, Österreich [* 9] zu isolieren, weswegen er 1858 auf den Wunsch Rußlands nach dem Besitz des Hafens Villafranca bereitwilligst einging, und sich den Beistand Frankreichs zu sichern. Hierbei war ihm von großem Nutzen, daß Napoleon III., dessen persönliche Bekanntschaft er schon 1852 gemacht hatte, sich namentlich seit dem Orsinischen Attentat (14. Jan. 1858) aus dynastischen und persönlichen Gründen die Verdrängung Österreichs aus Italien [* 10] und die Begründung des französischen Einflusses auf der Halbinsel durch Begünstigung der nationalen Bestrebungen zum Ziel seiner Politik gesetzt hatte. Im Sommer 1858 hatte Cavour mit Napoleon eine geheime Zusammenkunft, auf welcher die französisch-sardinische Allianz, die Erwerbung des Lombardisch-Venezianischen Königreichs wie Parmas und Modenas für Sardinien [* 11] und die Abtretung von Savoyen und Nizza [* 12] an Frankreich verabredet wurden.
Napoleon begann den diplomatischen Feldzug gegen Österreich mit dem Neujahrsempfang 1. Jan. 1859, dem die italienische Thronrede vom 10. Jan. 1859 folgte, in welcher Viktor Emanuel auf den »Schmerzensschrei Italiens« hören zu müssen erklärte. Cavour begann sofort zu rüsten, geriet aber durch die englischen und russischen Friedensvermittelungen, welche nur die Beseitigung der österreichischen Oberherrschaft in Mittelitalien erstrebten, in nicht geringe Verlegenheit, aus der ihn zu seinem Glück das österreichische Ultimatum vom 19. April und der Beginn des Kriegs mit dem Einrücken der Österreicher in Piemont befreiten. Jetzt erschien Österreich als der den Krieg beginnende Teil und stand allein.
Italien, südliche Hälf
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Süditalien.Der Krieg nahm einen für die Verbündeten günstigen Verlauf. Um so unerwarteter und überaus schmerzlich überraschend traf Cavour die Nachricht von dem Abschluß der Friedenspräliminarien von Villafranca (11. Juli 1859). Er gab alsbald seine Entlassung ein und verzweifelte momentan an allem. Bald aber schöpfte er neue Hoffnung. Zunächst wirkte er im Verein mit maßgebenden politischen Freunden auf die friedliche, durch Volksabstimmungen zu bewirkende Annexion nicht nur von Mittelitalien, einschließlich des ganzen Kirchenstaats und Toscanas, sondern auch von Süditalien [* 13] hin. Zu Anfang des Jahrs 1860 übernahm er aber auch wieder das Ministerium und suchte nun auf amtlichem Weg zu vollenden, was er außeramtlich begonnen hatte.
Cavourkanal - Cayenne
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Seite 3.879.Ohne Rücksicht auf die Bestimmungen des Züricher Friedens und die Proteste Österreichs, auch ohne die Genehmigung Napoleons abzuwarten, acceptierte er den durch Volksabstimmung beschlossenen Anschluß Parmas, Modenas, Toscanas und der Romagna an Sardinien und beschwichtigte Frankreich durch die Abtretung von Savoyen und Nizza, deren Genehmigung er im Parlament durchsetzte. Die Unternehmung Garibaldis gegen Sizilien [* 14] unterstützte er im geheimen und ließ, als dieselbe im wesentlichen geglückt war, die neapolitanische Armee aber noch am Volturno Widerstand leistete, zur rechten Zeit sardinische Truppen in den Kirchenstaat einrücken, welche die Marken und Umbrien durch den Sieg bei ¶
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Castelfidardo (18. Sept. 1860) eroberten und den Rest des südlichen Königreichs besetzten, das nun auch mit Sardinien vereinigt wurde. Mehrere Mächte erhoben gegen dieses revolutionäre Vorgehen heftigen Protest, auch Frankreich rief seinen Gesandten von Turin ab. Allein Cavour ließ sich nicht mehr beirren. Auf den 18. Febr. 1861 ward das italienische Parlament zusammenberufen, einige Tage darauf Viktor Emanuel als König von Italien proklamiert. Nur Rom und [* 16] Venedig [* 17] fehlten dem neuen Reich noch.
Über das erstere, welches von der nationalen Partei als Hauptstadt des Königreichs verlangt wurde, sprach sich Cavour 26. März in den Kammern aus, gab seiner Hoffnung auf friedliche Auseinandersetzung mit dem Papst Ausdruck und ermahnte zu Geduld und Mäßigung. Er vertraute auf den Sieg des Grundsatzes, den er noch auf dem Sterbebett aussprach: »Freie Kirche im freien Staat«. Nicht lange darauf erkrankte er und starb 6. Juni 1861, von Piemont und ganz Italien aufs tiefste betrauert. Er war der größte Staatsmann Italiens seit Jahrhunderten.
Das Werk, das sein Genie geschaffen, überdauerte seinen Tod und erreichte wenige Jahre nachher seine Vollendung in seinem Sinn, ein Beweis für den Scharfblick, die Staatskunst und die Schöpferkraft seines Gründers. In Turin wurde ihm auf der Piazza Carlo Emanuele 1873 ein großes Monument von Duprés Meisterhand (fünf Marmorstatuen und Bronzereliefs enthaltend) errichtet; auch in Rom wird ihm ein Denkmal gesetzt. Die »Discorsi parlamentari del conte Camillo di Cavour« gab Massari heraus (Turin 1863 ff., 12 Bde.); »Lettere edite ed inedite del conte Cavour 1821-61« veröffentlichte L. Chiala (das. 1883-84, 4 Bde.; deutsch, Leipz. 1884 ff.), bisher unbekannte Briefe Cavours an Emanuel d'Azeglio aus den Jahren 1852-61 Bianchi (1885).
Vgl. die Biographien Cavours von Massari (deutsch von E. Bezold, Leipz. 1874) und Mazade (Par. 1877).
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Cavour,
Graf Camillo.
Chiala veröffentlichte weitere 2 Bände Briefe (1886-87).
Vgl. noch Berti, Il conte di Cavour avanti il 1848 (Rom 1886).
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Cavendish (Frederick,
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Seite 54.13.Cavour
(spr. kawuhr), Ort im Kreis Pinerolo der ital. Provinz Turin, im fruchtbaren Thale des Pellice, hat Dampfstraßenbahnverbindung nach Pinerolo und Saluzzo, (1881) 2059, als Gemeinde 7202 E. und Seidenindustrie.
Cavour
(spr. kawuhr), Graf Camillo Benso di Cavour, ital. Staatsmann, geb. 10. Aug. 1810 zu Turin aus piemont. Adelsgeschlecht, wurde in der Militärakademie zu Turin erzogen, Page an Karl Felix' Hofe, dann Ingenieuroffizier, nahm aber schon 1831 seinen Abschied. Er begab sich auf Reisen und benutzte einen längern Aufenthalt in Frankreich und England, um seine Kenntnisse in der Landwirtschaft zu erweitern. Besonders begeisterte er sich für Englands wirtschaftliche und polit. Einrichtungen, die ihm für seine spätere Thätigkeit zum Vorbild wurden. Nach Turin zurückgekehrt, gründete er daselbst 1842 die Associazione agraria, die bald zum Ausgangspunkt freiheitlicher Bestrebungen, besonders auch für Hebung der öffentlichen Wohlfahrt wurde. In seinen Unternehmungen durch die Schriften
Cavour
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Seite 54.14.^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.] ¶
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Giobertis d'Azeglios und Balbos unterstützt, begann dann Cavour 1847 mit Balbo, Graf Santa-Rosa, Galvagno u. a. gemeinsam die Zeitung «Il Risorgimento» herauszugeben, in der er die Errichtung eines bis zur Adria reichenden savoyischen Königreichs und den Anschluß der Halbinsel an dasselbe verfocht. In dieser Absicht empfahl er den Bruch mit Österreich. Ferner suchte er die fähigen Männer zur Verwaltung heranzuziehen, um dadurch Europa [* 20] den Beweis zu liefern, daß Italien nur einer tüchtigen Regierung bedürfe, um geordnete Zustände herzustellen.
Andererseits hoffte er, daß den unter dem Druck ausländischer, klerikaler oder zurückgebliebener Regierungen lebenden Italienern der Anschluß an das aufblühende und freiheitliche Savoyerreich doppelt verlockend erscheinen würde. Zur Gewährung einer Verfassung 5. März 1848, die er zuerst in einer Journalistenversammlung verfocht, soll er dann persönlich Karl Albert bewogen haben. Im Parlament, wo er 1848 dem rechten Centrum angehörte, verteidigte er das Ministerium Alfieri und den mit dem siegreichen Österreich abgeschlossenen Frieden gegen Gioberti und die Volkspartei.
Als dann Gioberti die Kammer auflöste, wurde Cavour nicht wiedergewählt, nahm jedoch Dez. 1849 seinen Sitz abermals ein, wurde jetzt Führer der Rechten und übernahm bei Bildung des Kabinetts d'Azeglio nach Santa-Rosas Tod (1850) Handel und Marine, nach Nigras Austritt (April 1851) auch die Finanzen. Um die vom Ausland aus bedrohte Preßfreiheit zu stützen, schloß er mit Rattazzi, dem Führer des linken Centrums, das sog. «Connubio» und verschaffte ihm das Kammerpräsidium.
D'Azeglio reichte Mai 1852 seine Entlassung ein und entledigte sich bei der ihm übertragenen Neubildung des Ministeriums des unbequemen Kollegen. Cavour bereiste nun nochmals England und Frankreich, in welch letzterm Lande er die hernach so wichtig gewordenen Beziehungen mit Napoleon III. anknüpfte. Cavour, der, im Gegensatz zu Karl Alberts Grundsatz: «Italien muß sich selbst helfen», für seine Pläne Bundesgenossen suchte, war erfreut, in Napoleon einen Begünstiger von Italiens Emporkommen zu finden.
Orden
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Orden.Schon im Nov. 1852 zurückberufen, bildete er, nachdem Cesare Balbo kein Ministerium zu stande gebracht hatte, selbst ein Kabinett, worin er außer dem Vorsitz die Finanzen sowie Ackerbau, Handel und Gewerbe übernahm. C.s innere Politik war auf die Wegschaffung veralteter Beschränkungen gerichtet; er schloß Handelsverträge ab, sorgte für Gesetze, die die Freiheit des Erwerbs begünstigten, und für den Bau von Straßen und Bahnen. Durch Aufhebung der geistlichen Orden [* 21] und Einziehung ihrer Güter geriet er jedoch in Streit mit Rom, hatte sich aber auch hier der Unterstützung des Königs zu erfreuen.
Seine auswärtige Politik, welche darauf abzielte, der ital. Nation das Königreich Sardinien als den Retter Italiens erscheinen zu lassen, führte bald zu einem entschiedenen Gegensatz zu Österreich. Schon 1853 erhob Cavour Protest gegen die Beschlagnahme der Güter der nach dem Mailänder Aufstand Ausgewanderten und ließ dann für die Verfassung Piemonts und die Unverletzlichkeit desselben England und Frankreich Gewähr leisten, worauf Österreich mit Parma [* 22] und Modena einen Bund schloß.
Spottiswoode - Sprache
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* 27
Sprache.Die bedeutenden Ausgaben und Lastenvermehrungen, welche die nun nötige Rüstung, [* 23] die Verlegung der Kriegsflotte von Genua [* 24] nach Spezia, [* 25] die Verstärkung [* 26] von Casale und Alessandria veranlaßten, trugen Cavour eine feindselige Kundgebung des Turiner Pöbels ein. Cavour ließ sich dadurch nicht einschüchtern, ergriff vielmehr die Gelegenheit, welche der Krimkrieg bot, um einerseits die Truppen zu üben und Savoyen vor Italien und Europa als beachtenswerte Macht erscheinen zu lassen, andererseits die Westmächte von Österreich abzudrängen und für seine ital. Pläne zu gewinnen. Am 10. Jan. (4. März) 1855 schloß er mit den Westmächten einen Bund und begab sich nach dem glücklichen Ende des Krieges nach Paris (1856), um auf dem Kongreß auch die ital. Frage zur Sprache [* 27] zu bringen.
Ein Krieg mit Österreich rückte so immer näher; doch gelang es Cavour, 1858 zu Plombières von Napoleon III. die Zusage einer event. Unterstützung zu erlangen; das Band [* 28] festigte dann eine Heirat von Napoleons Vetter Jérôme mit Victor Emanuels Tochter Clotilde. Von Plombières aus war Cavour auch nach Baden [* 29] zu einer Besprechung mit dem Prinzen von Preußen [* 30] gereist, ohne aber eine bestimmte Vereinbarung mit diesem zu erzielen. Der am 29. April 1859 wirklich ausgebrochene Krieg verlief für Sardinien günstig, wurde aber durch den Vertrag von Villafranca 11. Juli von Napoleon zum Stillstand gebracht. Cavour trat nunmehr zurück, und Rattazzi übernahm die Regierung mit La Marmora.
Hanc veniam etc. - Han
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Hand.Doch schon 23. Jan. 1860 wurde Cavour wieder zur Leitung des Innern, Auswärtigen und der Marine berufen. Von der innern Lage Österreichs und der europ. Situation begünstigt, betrieb er zunächst die Einverleibung der Emilia (Parma, Modena, Romagna) sowie Toscanas, wofür an Napoleon als Preis der Unterstützung Nizza und Savoyen abgetreten wurden. Unter der Hand [* 31] half er Garibaldi in seinem Unternehmen gegen Franz II. von Neapel, [* 32] und indem er Napoleon III. einerseits vor einem Triumphe der Legitimisten, die dem Papste zu Hilfe eilten, andererseits vor dem Siege Garibaldis als einer erwünschten Stärkung der republikanischen Partei Sorge machte, erlangte er vom Kaiser, daß die piemont.
Truppen das neapolit. Gebiet und den Kirchenstaat mit Ausnahme der röm. Provinz besetzen durften. Nach Errichtung des Königreichs Italien übernahm Cavour die Regierung desselben mit dem unveränderten Kabinett. Ihm dankte Italien seine fast vollständige Einigung; nur Venedig und Rom fehlten noch. Über die Herausgabe des letztern hatte Cavour schon 1853 mit dem päpstl. Stuhl verhandelt, und noch in seinen letzten Augenblicken bewegte es das Herz des Patrioten: «freie Kirche im freien Staat» war sein letztes Wort. Er starb 6. Juni 1861. Als Staatsmann war Cavour von ungewöhnlich weitem Blick und entschlossenem, zähem Willen;
als Redner von großer Klarheit, aber seinen Feinden gegenüber oft voll bittern Hohns;
als Mensch einfach und bescheiden, im Umgang heiter und liebenswürdig. In Turin wurde ihm 1873 ein großartiges Denkmal (von Dupré) gesetzt.
C.s Vermögen erbte sein Neffe, Ainardo Cavour, und von diesem 1875 Graf de Sales; seine polit. Papiere liegen im Staatsarchiv zu Turin. -
Vgl. Discorsi parlamentari del conte di Cavour (hg. von Massari, 12 Bde., Turin 1863 - 80);
Lettere edite ed inedite del conte Cavour 1821 - 61 (hg. von L. Chiala, 6 Bde., ebd. 1883 - 87; deutsch, 4 Bde., Lpz. 1884 - 86);
Bianchi, La politique du comte Cavour 1852 - 61, lettres inédites avec notes (Turin 1885);
Nouvelles lettres inédites (hg. von A. Bert, ebd. 1889);
Diario inedito con note autobiografiche (hg. von D. Berti, Rom 1888);
M. Castelli, Il conte di Cavour (hg. von Chiala, Turin
Cavourkanal - Cayapo (

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Seite 54.15.^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.] ¶
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1886); C.s Scritti (hg. von Zanichelli, 2 Bde., Bologna 1892);
De la Rive, Le comte [* 34] de Cavour, récits et souvenirs (Par. 1863);
Massari, Biografia del conte di Cavour (Turin 1873; deutsch, Lpz. 1874);
Speyer, [* 35] Camillo, Graf von Cavour (im «Neuen Plutarch», Bd. 2, Lpz. 1875);
Mazade, Le comte Cavour (Par. 1877);
Treitschke, Histor. und polit.
Aufsätze, Bd. 2 (5. Aufl., Lpz. 1866);
Sassi, Il conte di Cavour (Turin 1873);
Reyntiens, Bismarck et Cavour (Brüss. 1875);
F. Mariotti, La sapienza politica di Cavour et di Bismarck (Turin 1886);
Vera, Cavour et l’église libre dans l’état libre (Neapel 1874);
Bonghi, Cavour (in der «Coll. dei contemporanei italiani», Turin 1861);
L. von Bar, Cavour, eine histor.-polit.
Skizze (Berl. 1885);
D. Berti, Il conte di Cavour avanti il 1848 (Rom 1886);
W. Lang, Cavour und der Krimkrieg (in der «Histor. Zeitschrift», 1885);
A. von Reumont, Charakterbilder aus der neuern Geschichte Italiens (Lpz. 1886);
F. Bertolini, Memorie storico-critiche del risorgimento italiano (Mail. 1889).