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Charkow | eLexikon | Geographie - Russisches Reich - Kleinrußland

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Chariten - Charkow

Bild 3.949: Chariten - Charkow
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Charkow(spr. chárkoff, früher Slobodische Ukraine), Gouvernement im europäischen Rußland, welches / 931
Chárkow1) Gouvernement in der südl. Hälfte des europ. Rußland, zu den kleinruss. oder ukrainischen / 882

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Charkow

1'813 Wörter, 13'227 Zeichen

Geographie — Russisches Reich — Kleinrußland

Charkow

(spr. chárkoff, früher Slobodische Ukraine), Gouvernement im europäischen Rußland, welches einen Teil von Kleinrußland bildet, im N. an die Gouvernements Kursk und Woronesh, im O. an das Land der Donischen Kosaken, im S. an Jekaterinoslaw und im W. an Poltawa grenzt, mit einem Areal von 54,493,9 qkm (989,7 QM.). Das Land ist ein mäßiges Hochplateau von 100-150 m mittlerer Höhe mit Steilabfällen an den Flüssen und vielen Einschnitten oder Erdschluchten (Balka oder Bujerak genannt), die meist mit Eichengesträuch und Schlehdorn bewachsen sind.

Flüsse

Bild 56.938: Flüsse
* 2 Flüsse.

Der Boden, teils lehmig, teils sandig, ist fruchtbar. Flüsse [* 2] sind: der Donez, die Worskla und der Psiol. Im Frühjahr überschwemmen diese Flüsse das Land zu beiden Seiten weithin und machen es durch ihren Schlamm fruchtbar. Der Winter ist streng, um so schöner und milder der Sommer, so daß Wein (z. B. bei Isjum) sowie Arbusen und Melonen im Freien fortkommen. Die Einwohner, an Zahl (1881) 2,082,051 (38 auf 1 qkm), bestehen der Hauptmasse nach aus Kleinrussen und Kosaken, außerdem aus Großrussen, getauften, der griechischen Kirche angehörigen Kalmücken, Deutschen (etwa 1000), Juden und Zigeunern.

Für das Gros der Bevölkerung, [* 3] welches sich zur orthodox-griechischen Kirche bekennt, ist die Eparchie Charkow errichtet worden. Die Evangelischen (1870: 1227) gehören zum Moskauer Konsistorialbezirk; die Katholiken (1438) stehen unter dem Bistum Tiraspol (Gouvernement Cherson). Die Sekte der Raskolniken zählte 16,877 Anhänger. Die Zahl der Juden betrug nur 1756. Die städtische Bevölkerung beträgt nur 13,9 Proz. der Gesamtbevölkerung. Ackerbau ist die Hauptbeschäftigung der Bewohner.

Getreide (Zusammensetz

Bild 7.264: Getreide (Zusammensetzung, Nahrungswert etc.)
* 4 Getreide.

Man baut sehr viel Getreide [* 4] aller Art, darunter auch Mais, Buchweizen und Hirse; [* 5] außerdem Hanf, Flachs, viel Zuckerrüben (im J. 1882 auf 26,155 Hektar), Mohn, Hopfen, [* 6] Tabak [* 7] [743 Hektar in (1882) 2964 Plantagen], Saflor, spanischen Pfeffer, Hülsenfrüchte, Gemüse und Obst aller Art. Von Kirschen und Schlehen gewinnt man den beliebten Wischnewka und Ternewka (Kirschgeist und Schlehenwein). Vom Gesamtareal kommen 47,5 Proz. auf Ackerland, 31,3 Proz. auf Grasland; 9,7 Proz. sind von Wald bedeckt, und 11,5 Proz. stellen unproduktives Land dar.

Hebriden, Neue - Hebun

Bild 8.262: Hebriden, Neue - Hebung
* 10 Hebung.

Ein zweiter Nahrungszweig ist die Viehzucht, [* 8] welche durch die üppigen, grasreichen Weiden befördert wird. Besonders sind die Pferdezucht, [* 9] welche in 53 Gestüten (unter diesen ragen hervor die Bjelowodskischen) vortreffliche Reitpferde für das Militär liefert, die Rindviehzucht, welche ausgezeichnetes Mastvieh für die Schlachthallen der Residenzen produziert, und die Schafzucht, welche Charkow zum ersten Wollmarkt Rußlands gemacht hat, von Belang; zu ihrer Hebung [* 10] besteht seit 1837 eine Aktiengesellschaft in Charkow Gegenwärtig zählt das Gouvernement 239,000 Pferde, [* 11] 478,000 Stück Rindvieh, 769,986 gewöhnliche und 529,790 feinwollige Schafe, [* 12] 372,000 Schweine. [* 13]

Auch bedeutende Bienenzucht [* 14] sowie Seidenbau werden betrieben. Der Fischfang im Gouvernement ist unbedeutend, bemerkenswert ist aber der Schildkrötenfang im Donez. Gegenstand der Jagd sind Füchse und Hasen, vornehmlich aber Federwild, als Trappen, Reb- und Birkhühner, Schnepfen, Taucher und Reiher. Das Steinreich liefert nur Thon, Kalk, Salpeter und Kreide [* 15] an den Steilgehängen der Flüsse. Die Industrie ist seit den letzten Jahrzehnten in bedeutendem Wachsen begriffen.

Äm ansehnlichsten ist die Rübenzuckerfabrikation, welche 22 Etablissements umfaßt, die 1882-83: 2,967,566 Ton. (à 1000 kg) Rüben verarbeiteten, aus denen 25,195½ T. Zucker [* 16] gewonnen wurden;

Eisengießerei (Tiegelg

Bild 5.471: Eisengießerei (Tiegelguß, Kupolöfen)
* 17 Eisengießerei.

außerdem gibt es an größern gewerblichen Etablissements 12 Wollwäschen, 21 Bier- und Metbrauereien, 3 Zuckerraffinerien, 19 Gerbereien, 4 Großkürschnereien, 1 Eisengießerei, [* 17] 31 Mahlmühlen, 4 Grütze- und Graupenfabriken, (1882-83) 52 Branntweinbrennereien, 2 Seilereien, 132 Ziegelbrennereien.

Der Wert der gesamten industriellen Produktion wurde im J. 1881 auf 26,181,133 Rubel geschätzt. Der Handel des außerhalb der Fluß- und Kanalstraßen gelegenen Gouvernements ist durch den Bau der Eisenbahn von Moskau [* 18] nach dem Asowschen Meer, welche dasselbe durchschneidet, und von der bei der Hauptstadt Charkow die Bahn nach Odessa [* 19] abzweigt, wesentlich gefördert worden. Außer etwa 600 Jahrmärkten finden vier Messen statt, von denen zwei (die Kreschtschenskische im Januar und die Prokrowskische im Oktober, jene mit einer Anfuhr von 27 und einem Absatz von (1886) 15 Mill., diese von 10-15 Mill. Rubel) zu den größten des Reichs gehören.

Die Handelsgegenstände sind vorzüglich: Häute, Wolle, Vieh und Pferde, Leder-, Seiden-, Woll- und Baumwollwaaren, sodann Pelz-, Holz-, Eisen- und Stahlwaren etc., die aus dem In- und Ausland, sogar aus dem fernen Asien, [* 20] zugeführt werden. An Bildungsanstalten besitzt Charkow eine Universität und von niedern Schulen verhältnismäßig mehr als die meisten übrigen Provinzen des Reichs; trotzdem besuchen im Charkower Lehrbezirk nur ca. 11 Proz. der schulpflichtigen Kinder die Schule. Das Gouvernement Charkow zerfällt in die elf Kreise: [* 21] Achtyrka, Bogoduchow, Charkow, Isjum, Kupjansk, Lebedjin, Smijew, Sumy, Starobjelsk, Walki und Woltschansk.



Charlatan - Charleston

Bild 3.950: Charlatan - Charleston
* 22 Seite 3.950.

Die gleichnamige Hauptstadt des Gouvernements

Sternwarte

Bild 15.306a: Sternwarte
* 23 Sternwarte.
mehr

liegt in einer freundlichen Gegend, zwischen und an den Flüssen Charkowka, Lopan und Nekisch, welche in die Uda (Nebenfluß des Donez) fallen, und im Vereinigungspunkt zweier Eisenbahnen (s. oben). Sie hat ein neues Gerichtsgebäude, große Kasernen, 2 griechische Klöster, 18 Kirchen (worunter eine schöne Kathedrale) und (1879) 133,139 Einw. Charkow besitzt Fabriken für Zucker-, Lichte-, Seifen-, Filz-, Bier-, Spiritus- und Branntweinproduktion, treibt auch Tabaks- und Runkelrübenbau, hat eine Eisengießerei, einen steinernen Kaufhof, etwa 900 Buden, Kramläden und Kaufhallen und ist für den Handel Rußlands von besonderer Wichtigkeit durch seine vier großen und berühmten Messen (s. oben). Charkow ist der Sitz des Gouverneurs, der Gouvernementsbehörden und eines griechischen Bischofs, hat eine 1804 von Kaiser Alexander I. gegründete Universität mit vier Fakultäten: der historisch-philologischen, der physiko-mathematischen, der juristischen und der medizinischen (1882 mit 821 Studierenden), die mit Sternwarte, [* 23] Bibliothek, Naturalienkabinett, Klinik, anatomischem Museum und botanischem Garten [* 24] versehen ist, ein theologisches Seminar, ein Gymnasium, eine Real-, eine Kreisschule, eine Veterinärschule, ein Waisenhaus, ein Hospital, das Fräuleinstift der Kaiserin Maria und eine Philotechnische Gesellschaft. Ein Teil der frühern Wälle ist in Promenaden und Gärten verwandelt worden. Etwa 7 km von Charkow befindet sich seit 1854 eine landwirtschaftliche Lehranstalt. - Charkow wurde 1653 von Zar Alexei Michailowitsch angelegt und 1780 bei Errichtung des Gouvernements Charkow zur Hauptstadt desselben erhoben.