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Chinaäpfel - Chinarind

Bild 4.24: Chinaäpfel - Chinarinden
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Chinagras(Fibragrás, Fibre, Ramé, Ramié, Rhea fibre, chines. Tschuma, Kaukhurahanf, Kalluihanf, Tsio / 344
Chinagras _2Chinesischer Hanf, in England China-grass und Cloth-grass, die Bastfaser von Boehmeria nivea / 299

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Chinagras

643 Wörter, 4'661 Zeichen

Technologie, Gewerbe und Industrie — Waarenkunde — Faserstoffe

Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888

Chinagras

(Fibragrás, Fibre, Ramé, Ramié, Rhea [* 2] fibre, chines. Tschuma, Kaukhurahanf, Kalluihanf, Tsio oder Karao), Bastfaser aus den Stengeln mehrerer nahe verwandter Nesselpflanzen, besonders Boehmeria nivea Gaud. und B. tenacissima Gaud., welche behufs der Fasergewinnung vielfach kultiviert werden (s. Boehmeria). In der Regel versteht man unter Chinagras die feinere Faser der B. niyea, unter Ramé die Faser der B. tenacissima; doch werden diese Fasern sehr häufig miteinander verwechselt.

Die Sonne

Bild 15.20a: Die Sonne
* 5 Sonne.

Die Gewinnung der Faser erfolgt in verschiedener Weise. In China [* 3] werden die entblätterten Stengel [* 4] durch Schaben von der äußern Rinde befreit und der Sonne [* 5] ausgesetzt. Im Morgentau zieht man dann die Bastschicht ab und trocknet sie. In Indien zerbricht man die entblätterten Stengel, zieht sofort die Rinde mit dem Bast [* 6] ab, legt sie in Wasser, streift nach einiger Zeit die äußere Rinde ab, reinigt die Faser durch Streichen mit einem stumpfen Messer [* 7] und bleicht sie auf dem Rasen.

Der rohe Bast der B. nivea ist weißlich bis licht bräunlich, bisweilen etwas grünlich, bildet 0,5-2 m lange Stränge und wird seiner außerordentlichen Festigkeit [* 8] halber bisweilen zu Seilerarbeiten benutzt. In der Regel aber wird er mit Aschenlauge und Seifenlösung weiterbehandelt und erscheint dann blendend weiß, seidenartig glänzend. Die gereinigte Faser (gebleichtes Chinagras, Rhea, Ramié) übertrifft alle andern Pflanzenfasern an Schönheit und besteht aus 10-22 cm langen Bastzellen.

Europa. Fluß- und Gebi

Bild 5.919a: Europa. Fluß- und Gebirgssysteme
* 9 Europa.

Das außerordentlich feine chinesische Grasscloth wird aus ungesponnenen, durch ein Klebmittel endweise aneinander gefügten Bastfasern gewoben und meist in China selbst verbraucht. Indische Nesselfasern kamen zuerst 1810 nach Europa [* 9] und wurden in Leeds [* 10] zu Seilerwaren verarbeitet; Spinnversuche in der Erdmannsdorfer Spinnerei blieben ohne Resultat, aber seit 1851 hat die Faser für die europäische Industrie schnell an Bedeutung gewonnen und wird jetzt aus Ostindien, [* 11] China, Japan, Java und den Sundainseln importiert.

Man hat geeignete Methoden für die Abscheidung der Faser und besondere Maschinen für deren Verarbeitung konstruiert und benutzt das Chinagras vielfach zu allerlei Mischgespinsten und Mischgeweben mit Baumwolle [* 12] und Wolle, die alle dadurch verschönert werden; besonders tauglich ist es für batistartige Gewebe [* 13] und Damaste. Hauptsitz der Fabrikation ist England und Schottland, doch hat dieselbe auch anderwärts, namentlich im südlichen Frankreich, Bedeutung gewonnen.

Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910

Chinagras,

Chinesischer Hanf, in England China-grass und Cloth-grass, die Bastfaser von Boehmeria nivea Gaud. (s. Boehmeria). Demnach hat sie mit irgend welchem aus Gräsern oder grasartigen Pflanzen hergestellten Material nichts zu thun. Sie liefert die längsten (6-24 cm) und



Chinagrün - Chinarinde

Bild 54.218: Chinagrün - Chinarinde
* 14 Seite 54.218.

^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]

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dicksten (0,04 bis 0,08 mm im Durchmesser der Zellen) Bastfasern des Pflanzenreichs und besteht aus reiner Cellulose, steht also im Wert von Lein- und Hanffaser; ihr nahe verwandt ist die Ramiefaser (s. Ramie) und noch ein anderes ostasiat. Produkt, die Roa-Faser von Pipturus argenteus; alle drei liefern seidenartig glänzende, sehr dauerhafte Gewebe und Seilerwaren, auch halten sie Farbe.

In den Stammländern der Pflanze, in China wenigstens, findet ein eigentlicher Spinnprozeß nicht statt, sondern die durch mühsames Spalten mit den Fingern und daraus folgendes Hecheln gewonnenen Fasern werden mit den Enden aneinander gestückt und durch Rollen [* 15] unter der Hand [* 16] (Andrehen) oder Verknoten vereinigt, weshalb der entstehende Faden [* 17] nicht rund wie andere Garne, sondern platt wie ein sehr schmales Bändchen erscheint. In England, wo dieses Material erst durch die Londoner Weltausstellung von l85l weitern Kreisen als Grass-cloth (Grasleinen), wahrscheinlich infolge einer Verwechselung der Stammpflanze, bekannt wurde, werden die zur Verarbeitung dahin verschifften rohen Stengel einer ähnlichen Behandlungsweise wie der Flachs unterworfen.

Geschichtskarten von D

Bild 4.772a: Geschichtskarten von Deutschland V
* 18 Deutschland.

Der Verbreitung der Chinagrasfabrikate ist namentlich die durch den amerik. Bürgerkrieg veranlaßte Unterbrechung der Baumwolleinfuhr förderlich gewesen. Auf der Pariser Weltausstellung von 1867 trat diese Industrie bereits in bemerkenswerter Weise hervor, und seitdem ist dieselbe in stetem Fortschritt begriffen. Im südl. Frankreich, überhaupt in der Mittelmeerregion ist die Boehmeria kulturfähig; wenn man vor einigen Jahren versucht hat, sie ihres wertvollen Produktes wegen auch in Deutschland [* 18] zum Anbau zu empfehlen, so beruhte das auf unverständigen Vorstellungen, da diese Pflanzen nur für Glashaus-Überwinterung geeignet sind. Chinas Ausfuhr beträgt durchschnittlich jährlich 11 Mill. kg.