Eid | eLexikon | Rechtswissenschaft - Justiz - Verhandlung
- ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
- ️Sat Feb 06 1875
Eid
Eid (juristisch) [unko
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Seite 55.772.oder Eidschwur (lat. jusjurandum, sacramentum), die Abgabe einer feierlichen Erklärung unter Anrufung Gottes des Allmächtigen und Allwissenden. In dieser religiösen Beziehung liegt die Bedeutung des Eid als höchsten menschlichen Beteuerungsmittels. Die zu bestärkende Erklärung kann entweder das Versprechen, etwas thun oder lassen zu wollen (promissorischer Eid), oder die Versicherung, etwas gethan oder gelassen zu haben (assertorischer Eid), sein. Beide Eidesarten finden im Rechtsleben mannigfache Anwendung. Das öffentliche Recht sucht in einem promissorischen Eid des Inhabers der Staatsgewalt und seiner Organe eine Garantie für gesetz- und pflichtmäßiges Handeln. Darauf beruht der Verfassungseid der Fürsten, der Diensteid der Beamten, der Fahneneid ¶
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des Militärs, der der Geschworenen, Schössen, Dolmetscher, der Unterthanen- und Bürgereid. Die mannigfaltigste Anwendung findet der Eid aber im gerichtlichen oder in dem vor einer Ver- waltungsbehörde anhängigen Verfahren. Es dient derselbe im Nachlaßverfahren, im Rechnungsprozeß, im Zwangsvollstreckungsverfahren und im Kon- kursprozeh als Offenbarungseid (s. d.) zur Sicherheit, daß der Gemeinschuldner, der Schuld- ner, der Besitzer von Erbschaftssachen, der Ver- walter fremden Vermögens nichts hinter sich habe.
Abweichend von andern Eid ist der landesgesetz- liche Ofsenbarungseid mit einem Versprechen ver- bunden, das etwa später Entdeckte anzuzeigen und bereit zu stellen. Die Civilprozeßordnung hat dies nicht mit aufgenommen. Hauptsächlich dient der Eid zum Beweise. In dieser Beziehung wird er den Zeugen und Sachverständigen zur Gewissens- schärfung für eine wahrheitsgetreue Aussage, bez. ein sachgemäßes Gutachten auferlegt (s. Zeugen- beweis und Sachverständigenbeweis). Im Civil- prozeh kommt er besonders als P a r t e i e i d zur Aus- hilfe mangels anderer Beweismittel (Zeugen, Ur- kunden) zur Geltung. In solcher Gestalt kannten nach dem Vorgange des röm. Rechts bereits die frühern deutschen Prozeßrechte einen auf Parteiverfügung beruhenden (Schiedseid) und einen vom Richter auferlegten Eid (richterlichen Eid). Das in neuern Gesetzgebungen vorkommende Institut der eidlichen Vernehmung der Parteien ist nicht übernommen.
Der Parteieid gilt nur der Bestärkung von That- sachen. Eine gewisse Abweichung von dem Grund- satze, daß nur Thatsachen eidlich zu erhärten sind, stellt der Schätzung seid dar, zufolge dessen in Schaden- oder Interesseprozessen das Gericht dem Beweisführer die eidlicke Schätzung des Schadens oder Interesses (s. d.) auferlegen kann. Der Beweis durch Eid wird angetreten durch Eideszuschie- bung (Delation). Diese ist zulässig nur über solche Thatsachen, welche in Handlungen des Gegners, seiner Rechtsvorgänger oder Vertreter bestehen oder Gegenstand der Wahrnehmung die- ser Personen gewesen sind, vorausgesetzt zu- gleich, daß das Gegenteil vom Gericht nicht be- reits für erwiesen erachtet wird, und nur einer Partei, nicht einem Dritten gegenüber.
Die Eides- zuschiebung bringt den Gegner in die Lage, sich zu erklären, ob er den Eid annehme oder zurück- schiebe (Relation), auch wenn er Einwendungen gegen die Zuschiebung vorbringt. Die Zurückschio- bung ist hinsichtlich der Beschaffenheit der Eides- thatsachen und der Person des Relaten an die- selben Beschränkungen geknüpft wie die Zuschiebung. Von diesen Schranken darf das Gericht jedoch ad- sehen, sofern die Parteien in betreff des zu leisten- den Eid einig sind. In dieser Bestimmung tritt der Charakter des Parteieides als Schiedseides beson- ders hervor.
Wenn der Delat keine Erklärung auf die Eideszuschiebung abgiebt oder den Eid in Fällen, wo die Zurückschiebung unzulässig, zurückschiebt, so gilt der Eid als verweigert. Der ausdrücklichen An- nahme des zurückgeschobenen Eid bedarf es nicht; die- selbe gilt gesetzlich als erfolgt. Entsprechend der Natur des Parteieides als äußersten Beweismittels steht das Gesetz die Eideszuschiebung nur als subsidiäre und eventuelle Prozehhandlung, und zwar zu Gun- sten beider Parteien an. Deshalb wird durch die Zuschiebung, Annahme oder Iurückschiebung die Geltendmachung anderer Beweismittel seitens bei- der Parteien nicht ausgeschlossen.
Werden solche Be- weismittel wirklich geltend gemacht, so gilt der Eid als nur für den Fall ihrer Ergebnislosigkeit zuge- schoben; der Delat hat erst nach ihrer Aufnahme oder sonstigen Erledigung sich zu erklären und darf die etwa vorher abgegebene Erklärung widerrufen. Die Zu- oder Zurückschiebung des Eid an Personen, welche der Prozeßfähigkeit (s. d.) entbehren, hat an ihren gesetzlichen Vertreter zu geschehen und ist nur insoweit zulässig, als solche nach obigem dem Ver- tretenen oder dem Vertreter gegenüber, falls ersterer persönlich oder letzterer für sich den Prozeß führte, wirksam sein würde.
Jedoch kann Minderjährigen über 16 Jahre und Verschwendern über deren eigene Handlungen oder Wahrnehmungen mitZustimmung des Gerichts persönlich der Eid zu- oder zurückgeschoben wo,-^? Beim Beweise durch Urkunden wird die Behauptung einer Partei, daß eine vorzulegende werden. ung e , . . Urkunde sich im Besitz des Gegners befinde, im Be- streitnngsfalle durch einen Eid des letztern dahin, daß er die Urkunde nicht besitze, solche nicht arglistig ab- handen gebracht habe, auch nicht wisse, wo sie sich befinde, erledigt (s. Edition); der in frühern deut- schen Prozeßrechten üblich gewesene besondere Eid zur Feststellung der Echtheit von Priva.turku.nden (Diffessionseid, s. Diffession) ist in der Deut- schen Civilprozeßordnung nicht beibehalten, wird hier vielmehr durch den über die Echtheit zugeschobenen Eid gedeckt.
Was den richterlichen Eid anbetrifft, so darf das Gericht solchen einer Partei auferlegen, falls die mündliche Verhandlung und eine etwa veranlaßte Beweisaufnahme nicht völlig ergebnis- los geblieben ist, das Ergebnis jedoch nicht aus- reicht, um die richterliche Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit der Beweisthatsache zu begründen. Die Auferlegung kann jedoch nach freiem Ermessen des Gerichts an die eine oder die andere Partei sowie in betreff irgend einer strei- tigen Thatsache, sofern deren Feststellung nur für die Beweisthatsache von Erheblichkeit eriche'mt, er- folgen.
Man nennt diefen Eid gewöhnlich Erfül- lungseid, wenn er dem Beweispflichtigen, Rei- nigung seid, wenn er dem Gegner auferlegt wird. Die vorgedachten Regeln über den Beweis durch Eid haben auch für die Berufungsinstanz grundsätz- liche Geltung. Dabei kann jedoch eine in erster In- stanz verweigerte oder unterbliebene Erklärung über eine Eideszuschiebung nachgeholt werden; und die frühere Annahme oder Zurückschiebung des Eid be- hält ihre Wirksamkeit ebenso wie die frühere Leistung, Verweigerung oder Erlassung der Leistung, voraus- gesetzt, daß die auf die Leistung gerichtete Anordnung vom Berufungsgericht für gerechtfertigt erachtet wird. - In denjenigen Verfahren, bei denen neben dem privaten das öffentliche Interesse konkurriert, d. h. in Ehe- und Entmündigungssachen, ist die Wirksamkeit des Parteieides erheblich eingeschränkt.
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Seite 55.773.Namentlich bleibt die Erlassung des Eid wirkungs- los, und die Eideszuschiebnna ist in Ehesachen in- soweit, als es sich um Thatsachen, welche gegen den Bestand der Ehe gerichtet sind, handelt, in Ent- mündigungssachen aber überhaupt ausgeschlossen. Vgl. Civilprozeßordn. §§.410-439,495,577,578, 611, 620, 624, 626. Betreffs der Leistung des Eid hat die Deutsche [* 3] Civilprozeßordnung den in ftühein Prozeßrechten zugelassenen Glaubenseid beseitigt und nur einen Wahrheitseid und einen überzeugungseid eingeführt. Es ist nämlich über eigene Handlungen ¶
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oder Wahrnehmungen des Schwurpflichtigen der Eid regelmäßig dahin zu leisten, daß die bezügliche Thatsache wahr oder nicht wahr sei; nur wenn die Thatsache vom Gegner behauptet und dem Schwur- pflichtigen nach den Umständen des Falles (z. B. wegen Länge der Zeit) die Beschwörung der Wahr- heit oder NichtWahrheit nicht zuzumuten ist, kann das Gericht die Leistung des Eid dahin zulassen, daß man nach sorgfältiger Prüfung und Erkundigung die Überzeugung erlangt oder nicht erlangt habe, daß die Thatsache wahr sei.
Die Anordnung einer Eidesleistung steht dem Gericht zu. Ent- sprechend der Natur des Eid soll diese Anordnung grundsätzlich durch bedingtes Endurteil (s. d.) und die Eidesleistung selbst erst nach Eintritt der Rechts- kraft des Urteils erfolgen. Nur in einigen Fällen darf die Anordnung in Gestalt eines Beweis- beschlusses oder bedingten Zwischennrteils (s. d.) getroffen werden. Die Leistung des Eid oder dessen Erlasjung seitens des Gegners begründet vollen Beweis der Veweisthatsache, welcher im erstern Falle nur unter denselben Voraussetzungen, unter welchen ein rechtskräftiges Urteil wegen Verletzung der Eidespflicht anfechtbar ist, d. h. durch Nichtig- keitsklage (s. d.), entkräftet werden kann.
Die Ver- weigerung der Eidesleistung hat zur Folge, daß das Gegenteil der Beweisthatfache als voll be- wiesen gilt. Wenn der Schwurpflichtige in dem zur Eidesleistung bestimmten Termine nicht er- scheint, so ist auf Antrag des Gegners durch Ver- säumnisurteil (s. d.) auszusprechen, daß der Eid als verweigert anzusehen sei. Dem Schwurpflichtigen steht frei, fich zur Leistung eines beschränktern Eid als des normierten zu erbieten. Unerhebliche Um- stände, welche in die Eidesform aufgenommen find, können berichtigt werden.
Alle bisher besprochenen Eid werden vom Gericht, von einer öffentlichen Behörde oder von einem öffent- lichen Beamten abgenommen. Vor Gericht wird auch der Eid über die Verklarung (s. d.) geleistet. Andere, früher üblich gewesene Eid sind durch die Gesetzgebung beseitigt: So der Gefährdeeid (^n-amsmuin cHiumnias), welcher bei Beginn des Prozesses zurVermeidungschikanöserProzeßführung geschworen wurde; der Perhorrescenzeid, day der schwörenden Partei der Prozeßrichter befangen erscheine und das ^urarakiituiii cautionis, durch welches eine unvermögende oder eine angesessene Partei statt durch Bürgen oder Hinterlegung Sicher- heit für die Kosten leistete.
Das Mg. Landr. 1,14, ߧ. 184, 194 läßt auch im Bürgerlichen Recht jura- torische Kaution zu. Das will der Deutsche Ent- wurf beseitigen. Beseitigt ist auch längst der Rei- nigungseid im Strafverfahren, welchen ein durch die Beweisaufnahme nicht von allem Verdacht ge- reinigter Angeschuldigter zu schwören hatte. Er sollte die Folter ersetzen. Heute kann nur das Straf- verfahren eingestellt, oder wenn das Hauptverfahren eröffnet ist, verurteilt oder freigesprochen werden.
Der Lehnseid, das eidliche Gelöbnis der Lehns- treue, welches bei Lehnserneuerungen von dem Vasallen oder in dessen Seele von einem Stell- vertreter abgeleistet wurde, ist überall da gefallen, wo die Oberlehnsherrlichkeit beseitigt ist. Im Gebiet des gemeinen Bürgerlichen Rechts ist der eidlichen Bestärkung einer Willenserklärung viel- fach die Bedeutung beigelegt, daß dadurch an fich un- gültige Willenserklärungen wirksam werden sollen. Tas haben die neuern Gesetzgebungen beseitigt.
Daß eine Partei ihr Recht von einem außergericht- lichen der Gegenpartei abhängig macht, kommt kaum noch vor. Das Sächs. Bürgert. Gesetzbuch er- klärt ein solches Abkommen sür nichtig. Eine Versicherung an Eidesstatt kann der Civilstandesbeamte nach dem Gesetz vom 6. Febr. 1875, §. 45, den Verlobten abnehmen. Sonst sind derartige Versicherungen bei Ausstellung außer- gerichtlicher Zeugnisse, bei Deklarationen zur Steuer und in ähnlichen Fällen vielfach in Übung.
Als Erfordernisse der Eidesleistung stellt das kanonifche Recht auf: a. veritHg iu in6ut6) d. ^u- äicinin iu ^urauts, e. ^ustitia. in od^'ecto. Zu a: Wahrhaftigkeit in der Seele verbietet jede Mental- refervation, welche einen unausgesprochenen Vor- behalt macht. Zu d: Urteilsfähigkeit des Schwören- den (Eidesmündigkeit) schließt den Eid Unmün- diger, nach kanonischem Recht noch nicht 14jäh- riger, nach den deutschen Prozeßgesetzen noch nicht 16 jähriger Personen aus.
Altere Personen dürfen den Eid nicht leisten, wenn sie wegen mangelnder Verstandesreife oder wegen Verstandesschwäche von dem Wesen und der Bedeutung des Eid keine ge- nügende Vorstellung haben. Ebensowenig Betrun- kene; deshalb sollten nach der ältern Praxis die Eid vormittags abgenommen werden. Personen, welche wegen Meineids verurteilt wurden, ist nach dem Strafgesetzbuch (H. 161), mit Ausnahme der Fälle der §§. 157, 158, die Fähigkeit als Zeuge oder Sachverständiger eidlich vernommen zu werden, ver- sagt; einen zu- oder zurückgeschobenen und einen richterlichen Eid, wenn ihm derselbe anvertraut wird, kann solche Person schwören.
Doch können Zu- schiebung, Zurückschiebung und richterliche Auf- erlegung einer Eidesleistung widerrufen werden (nach Maßgabe der §§. 422, 432, 439 der Civil- prozeßordnung). Zu e: Gerechtigkeit im Gegen- stande, d. h. der Eid soll nicht die Religion, die gute Sitte oder ein Gesetz verletzen. Der Eidesleistung (Beeidigung) hat eine Anmahnung an die Heiligkeit des Eid und eine Ver- warnung vor dem Meineide durch den Richter vor- herzugehen. Der Eid wird von den Schwurpflichtigen einzeln in Person geleistet.
Oesterreich ob der Enn
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Österreich.Die Norm des Eid ist nach der verschiedenen Bedeutung desselben ver- schieden, die in dem Eingänge: «ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden» und dem Schluß «so wahr mir Gott helfe» enthaltene religiöse Beteuerungsformel nach den deutschen Prozeßordnungen für alle Arten von Eid die gleiche (Civilprozeßordn. §§. 440, 442, 443; Strafprozeß- ordn. z§. 59, 60, 62, 72, 288; Gerichtsverfassungs- gesetz ß. 51). Diese Formel eignet sich für die Mit- glieder aller Religionsparteien, welche an einen Gott glauben; die Zufügung weiterer konfessioneller Bekräftigungsformeln ist für entbehrlich erachtet. Die in Österreich [* 5] durch Gesetz vom 3. Mai 1868 eingeführte, in ß. 171 der Strafprozeßordnung von 1873 in Bezug genommene wesentlich übereinstim- mende Eidesformel («ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden einen reinen Eid. - so wahr mir Gott helfe») soll zwar auch für alle Schwurpflichtigen ohne Rücksicht auf das Reli- gionsbekenntnis gelten; ß. 4 des angezogenen Ge- setzes schreibt aber für Christen einerseits - mit Ausnahme derjenigen, welche sich zur helvet. Konfession bekennen - und Israeliten anderer- seits besondere Feierlichkeiten vor. Die deutschen Prozeßordnungen verlangen allgemein nur das 49* ¶
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