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Epiphyten | eLexikon | Botanik - Pflanzenpathologie

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz

Epiphyten

Flechten (typische For

Bild 6.351: Flechten (typische Formen, innerer Bau)
* 4 Flechten.

(Pflanzenbewohner, auch Überpflanzen oder Scheinschmarotzer), eine vorzugsweise in den Tropen entwickelte Pflanzengenossenschaft, deren Formen auf andern Gewächsen, in der Regel weit vom Erdboden entfernt, leben und daher als atmosphärische Pflanzen einen Gegensatz zu den Bodengewächsen bilden. Während in den gemäßigten Klimaten Europas und Nordamerikas die baumbewohnende Vegetation nur aus Flechten, [* 4] Moosen und einigen Algen [* 5] besteht, entfalten die Urwälder Westindiens, Brasiliens und des südöstlichen Asien [* 6] einen außerordentlichen Reichtum von Epiphyten, gegen den die Armut Afrikas an ähnlichen Formen auffallend absticht.

Nach der Art ihrer Ernährung zerfallen die Baumbewohner, von welchen die echten, mit besondern Saugorganen die Gewebe der Wirtspflanze angreifenden Schmarotzerpflanzen auszuschließen sind, in eine Reihe von Gruppen. Im einfachsten Fall begnügen sie sich, wie z. B. viele Farne [* 7] und Lycopodium-Arten, mit den wässerigen Nährstoffen, welche sie an der Oberfläche ihrer Wirtspflanze vorfinden und mittels ihrer Wurzeln aufnehmen (rindenständige Epiphyten). Als Schutzeinrichtung besitzen einige derselben, so das weitverbreitete Polypodium incannum, die Fähigkeit, in regenlosen Zeiten ohne Schaden einzutrocknen und nach Wochen bei Regenwetter wieder aufzuleben, wie dies auch bei unsern einheimischen Baumflechten zu geschehen pflegt.

Knochenöl - Knolle

Bild 9.883: Knochenöl - Knolle
* 8 Knollen.

Viel häufiger entwickeln die Pflanzen dieser Gruppe als Schutzeinrichtung gegen Vertrocknung ein mehr oder weniger mächtiges Wassergewebe, das sich als besondere Schicht zwischen Oberhaut und dem grünen Gewebe der Blätter, z. B. bei vielen Peperomien und Gesneraceen, ausbreitet; vorzugsweise übernehmen die ältern Blätter die Rolle von Wasserspeichern, da dieselben nach Abtrennung von der Mutterpflanze selbst nach Wochen sich lebendig zeigen. Andre Formen eines Wasserreservoirs bilden die Knollen [* 8] von (Gesnera-Arten, die spindelförmigen Anschwellungen der Ausläufer von Utricularia montana, die Zwiebeln von epiphytijchen Amaryllidazeen u. a. Die Wasserspeicher mancher Aroideen, z. B. Philodendron [* 9] cannifolium, bestehen in schwammig entwickelten Luftkanälen (Intercellularräumen) der spindelförmig angeschwollenen Blattstiele, welche sich bei Regenwetter mit Wasser anfüllen und zu diesem Zweck innen mit einer dünnen, die Wasseraufsaugung bewirkenden Schleimschicht überzogen sind.



Epiphyten (rinden- und

Bild 17.302: Epiphyten (rinden- und bodenständige, vogelnestbildende etc.) [unkorrigiert]
* 11 Seite 17.302.

Bei den baumbewohnenden Orchideen [* 10] dienen teils die Blätter, teils die zugleich für die Aufspeicherung von Reservestärke bestimmten Scheinknollen als Wasserbehälter. Um die spärlichen Nährstoffe ihrer Unterlage möglichst auszunutzen, breiten sich die rindenständigen Epiphyten flächenartig aus und entwickeln unter Umständen, so die epiphytischen Orchideen und einige Araceen, Wurzeln mit luftführender, weißer Hülle (Velamen), die jeden Wassertropfen wie Löschpapier aufsaugt. Überdies sind die Luftwurzeln der meisten S. chlorophyllhaltig und übernehmen (bei manchen Arten von Aëranthus) die Rolle der assimilierenden Blätter vollständig, so daß die vegetativen Teile einer derartigen Pflanze nur aus dem mächtigen, grün erscheinenden Wurzelsystem und einem kurzen Stammstück ohne Blätter bestehen; auch in dieser Reduktion der

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verdunstenden Oberfläche tritt eine deutliche Schutzeinrichtung gegen Wasserverlust zu Tage. Schließlich vermögen manche Luftwurzeln, z. V. von ^i'ran" l1m8 tasciola,, selbst den dorsiventralen, d. h. an der Nucken-und Bauchseite verschieden erscheinenden, Van von Laubblättern anzunehmen, indem die weiße Unterseite der Durchlüftung und der Wasserzufuhr dient, während die flache, grüne Oberseite die Kohlenstoff, assimilation besorgt.' Die Formen der rindenständigen Epiphyten bilden, da sie auf Kosten des spärlichen Humus der Baumrinde und der in Moospolstern befindlichen Nährstoffe wachsen müssen, keine großen und üppigen Pflanzengestalten aus, sondern treten vorzugsweise als Kräuter von niedrigem Wuchs, bisweilen auch als kleine Sträucher und nur sehr selten in der Größe des ?djloä6uc!i'0n ckuuitdjmm mit ca. ! in hohen Blattrosetten auf.

Eine zweite Gruppe bilden diejenigen (5., welche von ihren hoch gelegenen Anhaftungsorten aus Wurzeln bis in den Erdboden treiben (bodenständige Epiphyten). Abgesehen von der nur in oer Keimungsperiode auftretenden Hauptwurzel, besteht das Wurzelsystem der Epiphyten nur aus Nebenwurzeln (Adventivwurzeln), die im einfachsten Fall die Eigenschaft des zum Erdmittelpunkt gerichteten Wachsens (den sogen, positiven Geotropismus) noch nicht besitzen, sondern nur zufällig bei hinreichender Länge den Boden erreichen.

Hei innigerer Verbindung von boden- und rindenständiger Lebensweise entwickeln sich die Nebenwurzeln in doppelter Art, indem die einen, die Nährwurzeln, sich stark positiv geotropisch zeigen und außerordentlich schnell senkrecht bis zum Boden hinabwachsen, während die zweite Art, die nicht geotropischen, aber negativ heliotropischen Haft wurzeln, ilmtenartige, sehr feste Klammerorgane von geringer Länge darstellen. Erstere können unter Umständen eine Länge von 30 m und mehr erreichen und zeichnen sich in ihrem anatomischen Bau durch das Vorherrschen des Leitungsgewedes vor den mechanisch festen Bauelementen aus; die Haftwurzeln sind dagegen auffallend zugfest gebaut und entwickeln einen zentralen, aus start verholzten Fasern bestehenden Holzkörper, während die leitenden Gefäße und Zellen zurücktreten.

Amerikanische Völker

Bild 1.457e: Amerikanische Völker
* 12 Amerika.

Sie sterben übrigens, wenn sie nicht frühzeitig mit einer Stütze in Berührung kommen, ab und umwickeln dieselbe, sofern sie hinreichend dünn ist, mit einigen Windungen; auch kriechen sie, der Unterlage sich dicht anschmiegend, weiter u. halten den Epiphyten, wie die Ranken einen Lianenstamm, in der Schwebe. Zu dieser Gruppe der bodenständigen Epiphyten gehören im tropischen Amerika [* 12] von Monokotylen besondere Arten von l^ai-Iuä'.vic A, ^mduriuni und luiloliknäi-on, von Dikotylen ^'luniÄ roßftn und manche epiphytische Feigenbaumarten.

Bei den letztgenannten entwickelt sich ein primäres System von Nebenwurzeln, das den Wirtsstamni als ein netzartiges (Geflecht umhüllt, und von welchem zahlreiche Äste in den B-oden dringen. Außerdem entstehen aus den Zweigensekundäre Nebenwurzeln, die bei Ola Lia in der geschilderten Weise teils als Haft-, teils als Nährwurzeln zur Ausbildung gelangen, während bei der bekannten ostindischen Banianfeige l Meus i Misn) die sekundären Nebenwurzeln zu säulenartigen Stützorganen sich umformen. Um die im tropischen Urwald reichlich vorhandenen Humusmasien anzusammeln und verwerten zu können, hat eine dritte Gruppe der Epiphyten eine eigentümliche Form der Wurzelbildung angenommen, die in dem Auftreten verzweigter Geflechte von vogelnest- oder korliartigom Gefüge besteht, um in demselben all mählich tote Blätter und andre verwesende Pflanzenteile anzuhäufen und so eine reichlichere Nährquelle zu gewinnen (vogelnestbildende Epiphyten). Die oft sehr mächtige, z. B. bei l^nl Mimn a1ti88imum kopfgroße, kugelige oder kuchenartig ausgebreitete Wurzelmasse wi'rd durch negativ heliotropische und zugfeste Haftwurzeln an der Unterlage befestigt; die Nährwurzeln, die in diesem Fall ihren Nährboden' oberhalb ihre eignen Körpers zu suchen haben, sind dagegen durch negativen Geotropismus ausgezeichnet und stellen sich bei beliebiger Lage der Pflanze stets in die Richtung des Erdradius nach oben.

Wurzel (botanisch)

Bild 16.787: Wurzel (botanisch)
* 13 Wurzel.

Ausgezeichnete Beispiele dieser Gruppe aus der westindischen Flora bilden das schon genannte Onenlium, dessen Wurzel [* 13] nest außen von korbähnlich verflochtenen, federkieldicken Haftwurzeln gebildet wird, im Innern aber Hunderte von nadelförmigen, kurzen Nährwurzeln aufweist, und die Aracee ^.mimiium Hus^elii, deren oft über einen Kubikfuß mächtiges Wurzelgeflecht den kurzen Stamm überragt und zahlreiche Verästelungen zwischen die am Grund humusbergende Blattrosett V aussendet; mit dem Wechsel der trocknen und nassen Jahreszeit geht das Absterben und Neuauftreten zahlreicher nadeldünner Wurzelspitzen Hand [* 14] in Hand, während die Haftwurzeln auch während der Zeit der Dürre unversehrt bleiben.

Dem ^utlnn'inm ähnlich und gleich diesem die Humusstoffe in den Blatttrich: tern ansammelnd verhalten sich auch einige Farne des tropischen Amerika und Javas;

bei indischen Arten von ^ol^poäwm und bei kin^'c^rium klciooi'us ist die Aufgabe des Festhaltens von Humus und der ge. ! wohnlichen Kohlenstoffassimilation sogar auf un^ gleicheund entsprechend ausgebildete Blätter verteilt. ^ Diesen Pflanzen schließt sich endlich auch visobiäiü^ KM'1 eine Asklepiadee des ostindischen Archi! pels, an, deren Blattschläuche Wasser und Humus aufspeichern.

Während bei den vorausgehenden Epiphyten die Wurzeln eine ziemlich ausgedehnte Fläche der Unterlage bedecken, nehmen dieselben bei einer vierten Gruppe, welche ausschließlich durch baumbewohnende Bromeliaceen gebildet wird, kaum ein Areal von der Größe einer Hand ein und sind dabei weder dick noch zahlreich, aber der Baumrinde so fest aufgekittet, daß sich die betreffenden Pflanzen nur schwer von ihrer Anhaftunsssstelle lostrennen lassen. Offenbar sind diese überdies mehr oder weniger abgestorbenen Wurzeln außer stände, so stattliche Gewächse wie die epiphytischen Bromeliaceen zu ernähren.

Daa.ea.en b Uden die Blattrosetten der letztern eine Art von Trichter oder Zisterne, in welchem Humus und am Grund auch Wasser, bisweilen mehr als ein Liter, sich ansammelt. A. F. W. Schimper stellte durch Vermche! mit verschiedenen leicht welkenden Bromeliaceen fest,! daß diese nach dem Abschneiden der Wurzeln, Ücerl ziehen der wurzeltragenden Teile mit Kanadabalsam^ und durch Begießen der Blätter wochenlang weiter zu wachsen vermögen, während die ebenso be Handel ten, aber nicht begossenen Pflanzen in viel kürzerer Zeit abstarben.



Epiphyten (Abstammung,

Bild 17.303: Epiphyten (Abstammung, systematische Zugehörigkeit) [unkorrigiert]
* 15 Seite 17.303.

Daraus geht hervor, daß der in" Blatttrichter aufgespeicherte Wasservorrat für oaö Leben dieser Pflanzen unentbehrlich ist; auch besitzen die mit anderweitigen Haftorganen versehenen Bromeliaceen, wie die in kühlern Waldlandschaften des tropischen Amerika sehr verbreitete ^i1!3.n^3ia us-N6 (»iä im entwickelten Zustand überhaupt keine Wurzeln. Die grauen, bis 3 m langen, zweizeilig beblätterten, schweifähnlichen Sprosse dieser Pflanze, welche nicht selten so massenhaft auftreten, daß sie das Laub der von ihnen besetzten Bäume völlig

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decken, umwickeln mit ihrer Basis einen stützenden Ast und finden auf diese Weife den nötigen Halt; sie verbreiten sich dadurch, daß ein Zweig vom Wind abgerissen und auf einen andern Baumast geführt wird, den er umwindet, um dann neue, sich bald wieder ablösende Seitenfprosfe zu treiben; auch die Vögel [* 16] tragen zur Verbreitung der Pflanze bei. Die in physiologischer Beziehung sehr merkwürdige Wasseraufnahme der Bromeliaceenblätter wurde durch direkte > Versuche Schimpers außer Zweifel gestellt, und zwar i wird dieselbe durch eigentümliche, flach aufliegende, ^ am Rand hautartig geflügelte Schuppenhaare vermit-, relt, deren Zellen zum Tett nur Luft enthalten, aber bei Zenetzung sich sofort mit Wasser anfüllen, da bestimmte Partien des Haars im Gegensatz zu der Umgebung sehr dünne und unverkork:e Zellwände haben und daher das eindringende Wasser leicht durchtreten lassen.

Lykios - Lykopodiaceen

Bild 11.5: Lykios - Lykopodiaceen
* 24 Lykopodiaceen.

Außerdem ist bei den Arten mit nicht einge-! senkten und daher weniger geschützten Schuppenhaaren ! »'in aus stark verdickten Äußenzellwandungen gebil-! deter Deckel vorhanden, welcher als Schutzmittel der darunterliegenden unverkorkten Zellen gegen Wasserverlust dient und beim Befeuchten des Haars durch die Ausdehnung [* 17] der vorher zusammengedrückten Zellenm die Höhe gehoben wird; die Schuppenhaare haben somit die Doppelaufgabe der Wasseraufnahme und ^ des Transpirationsschutzes. Auch der Bau der Blätter ist entsprechend der ihnen hier zugewiesenen Rolle der Wafferamnahme stark umgestaltet, indem sie bei den rosettenbildenden Bromeliaceen durch stark entwickelte Luftlücken sich auszeichnen; die Arten ohne äußere Wasserspeicher, wie^üllmäftik N5n^,i6e?, tragen die Schuppenhaare nicht bloß an der Basis, sondern anf der Gesamtoberfläche der Blätter und weisen eine ganz auffallende Reduktion ihrer leitenden Gefäßbündelelemente, ähnlich wie die Wasserpflanzen, [* 18] auf, was offenbar mit der direkten Wasseraufnahme durch die Blätter bedingt wird. Als Schutzmittel gegen Wasserverdunstung dient bei den mit Wasseririchter versehenen Arten eine löffelartige Ausbauchung des Blattgrundes, dessen übereinander greifende Scheiden ein 'zwiebelähnliches Gebilde mit vielen großen Hohlräumen herstellen; die erdständigen, nicht baumbewohnenden Arten haben mit wenigen Ausnahmen bis zur Vasis schmale und durch Zwischenräume getrennte Blätter ohne Wassertrichter und entbehren dann auch der absorbierenden Schuppen. Nach dem geschilderten Verhalten scheinen die Epiphyten aus ursprünglich erdbewohnenden Formen hervorgegangen zu sein, die zunächst ohne Änderung ihres Baues zur atmosphärischen Lebensweise überzugehen im stände waren. Das Streben nach Aufnahme reichlicherer Nahrung hat dann zur Ausbildung von baumbewohnenden Arten geführt, die entweder mit langen, abwärts wachsenden Nährwurzeln dem El dboden Nährstoffe entziehen oder Humusstosse in vogelnestartigen Wurzelbildungen oder in Blatttrichtern ansammeln, um dieselben durch aufwärts wachsende Nährwurzeln aufzunehmen. Die mit ihren Blättern Wasser aufnehmenden Epiphyten scheinen direkt von terrestrischen Formen abzustammen, welche die Vorrichtungen zur Verwertung der atmosphärischen Niederschläge bereits besahen. Die stärkste Umformung unter den Organen der Epiphyten erlitten die Wurzeln, die unter Umständen, z. B. bei ^6ramku8, sämtliche vegetative Funktionen übernehmen können, oder aber, z. B. bei 'l.'i11a,llsl8i3. U8ueoiä68, bis auf früh verschwindende Anhängsel verkümmert erscheinen. Nächst ihnen weisen die Blätter die auffallendsten Anpassungen auf, cndem bei den Bromeliaceen durch Neouttion schließ lich Formen (lüi Hnäßia. uftneoiäes) entstanden sind, welche in ihrer Lebensweise, im Habitus und im innern Bau eine ganz durchgreifende Ähnlichkeit [* 19] mit Arten von H,ei-lNltIiu8 besitzen, deren ganzer Körper aber fast nur aus umgewandelten Wurzeln besteht. Beide Formen hängen'von Baumästen herab, haben eine graugrüne Farbe und saugen wie Löschpapier jeden Wassertropfen auf; sie sind beide von einem Mantel von Aufnahmezellen bedeckt; die Außen-, resp. Innenhaut dieses Mantels ist mit stark verkorkten Schutz- und mit engen, unverkorkten Durchgangsstellen versehen 2c. Trotzdem besteht die eine Form aus blattlosen, aber die Funktion der Blätter mit übernehmenden Wurzeln, die andre aus wurzellosen Sprossen, deren Blätter, wie sonst die Wurzeln, Organe der Wasseraufnahme geworden sind. Eine treffendere Illustration des Satzes, daß morphologisch ganz ungleichwertige Organe durch die Anpassung zu biologisch gleichen Bildungen umgestaltet werdentönnen, ist kaum denkbar. Durchmustert man die tropische Flora auf die systematische Zugehörigkeit ihrer Glieder [* 20] zu den Epiphyten, so zeigt sich, daß die Zahl derzudieser Pflanzengenossenschaft beisteuernden Familien nur eine sehr geringe ist, daß aber anderseits einzelne Familien, wie die Farne, die Orchideen, Bromeliaceen, Araceen, Gesneraceen und Vacciniaceen, durch sehr zahlreiche epiphytische Arten vertreten sind. Die baumbewohnenden Gewächse stimmen sämtlich darin überein, daß ihre Samen [* 21] zur Übertragung auf Baumäste geeignet sind und dort hängen zu bleiben und zu keimen vermögen. Ihre Früchte uno Samen haben nämlich teils eine fleischige Hülle und pflegen in diesem Fall von baumbewohnenden Tieren, wie Affen, [* 22] Vögeln 2c., weggetragen zu werden, teils sind sie, wie die Samen der Orchideen und die Sporen der Farne, so leicht und klein, daß sie vom Wind in Rindenrisse oder Moospolster verweht werden, teils endlich besitzen sie bei etwas mehr Größe besondere Flug- oder Haftapparate. Diese Einrichtungen sind nicht als Anpassungen, sondern als ursprünglich vorhandene, ererbte Anlagen zu deuten. Familien mit großen und schweren Samen ohne Flugapparate, wie die Leguminosen [* 23] und Euphorbiazeen, sind dagegen für die Verbreitung auf Bäumen nicht geeignet. Viele Epiphyten bewohnen wegen der Verbreitungsfähigkeit ihrer Samen ein sehr großes Areal; manche Furnes Lykopodiaceen [* 24] und auch einige Phanerogamen bewohnen sowohl die westliche als die östliche Halbkugel; sehr zahlreiche Arten der Epiphyten folgen dem tropisch amerikanischen Urwald in seiner ganzen Ausdehnung und gehen teilweise, wie manche 1^ lanäsik-Arten in Florida und Virginia sowie andere Formen in Chile [* 25] und Argentinien, über die Grenzen [* 26] desselben hinaus. Fast überall zeigen die Epiphyten Amerikas trotz ihrer Artunterschiede einen gleichartigen physiognomischen Charakter; vorwiegend treten die Bromeliaceen (Arten von 1iI1auä8i2, ^.ecklukk u. a.), daneben zwei Gattungen der Araceen (Aurtm^ i'imn und k'kilosittiiäi'Oll), ferner viele Orchideen, darunter die Gattungen ?i6Ul0ttiaI!i8 und Lpiäeu^ cirum. in Hunderten von Arten, außerdem verschiedene Peperomien, Gesneraceen, Kakteen [* 27] und viele Farne auf, während die sonstigen Epiphyten aus andern Fa^ milien, mit Ausnahme von Ow8ia und einigen F'jcu8-Arten, sehr zurücktreten. In den Savannengebieten (Llanos, Catmgas, Campos u. a.), in welchen stellenweise lichte Gebüsche und Wälder mit Gras' flächen abwechseln, fehlen die Epiphyten nicht ganz; sie treten hier aber nur da mit größerm Reichtum der Arten und Individuen auf, wo größere Feuchtigkeit, wie an

Fortsetzung Epiphyten: → Seite 17.304 || Flußufern oder Gebirgsabhängen, herrscht. Die auf dem Gipfel der Bäume wachsenden, Trockenheit

Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888

Epiphyten.

Die biologischen Eigentümlichkeiten dieser Pflanzengruppe bestehen zunächst in Einrichtungen behufs Befestigung an der Unterlage. Schon bei der Keimung der Epiphyten handelt es sich darum, die Keimlinge möglichst rasch an der fremden Zweigoberfläche anzuheften; aus diesem Grunde entsteht z. B. an dem untern abgeflachten Ende des Keimlings der Cyrtandree Aeschynanthus pulchra auf Java, deren Samen sich durch außerordentliche Kleinheit auszeichnen, eine Art von Haftscheibe, wie solche sonst bei den Keimpflanzen echter Parasiten (z. B. Loranthus) auftreten.

Auch das Ankleben der Samen selbst findet bei manchen Epiphyten, z. B. bei der Kaktee Rhipsalis Cassytha (vgl. Sukkulenten), ferner bei den Rubiaceen Myrmecodia und Hydnophytum, in ähnlicher Weise wie bei den parasitischen Loranthaceen statt (s. Schmarotzerpflanzen). Ähnliche Haftscheibenbildungen kommen auch bei niedern Pflanzen, wie z. B. Lebermoosen (Lejeunia, Radula), und bei epiphytisch auf Wasserpflanzen wachsenden Algen (Coleochaete, Myrionema vulgare, Polysiphonia Binderi) vor.

Unter den höhern Gewächsen sind vor allem die in rasch strömendem Wasser auf Steinen aufsitzenden moosartigen Pflänzchen mancher Podostemoneen (z. B. Arten von Terniola in Indien) durch flach aufliegende, thallusartige Vegetationskörper ausgezeichnet, die sich der Unterlage außerordentlich fest anschmiegen, und denen büschelartig gestellte kleine Blätter von reduziertem Bau entspringen; diese Thallusgebilde kommen durch Verschmelzung von Sproßachsen zu stande. Manche baumbewohnende Epiphyten bilden durch Verwachsung ihrer Wurzeln eigentümliche, meist stellenweise durchbrochene Hohlröhren, welche den Wirtsstamm mantelartig einhüllen und z. B. bei tropischen Clusia- und Ficus-Arten eine Höhe von 4-9 m zu erreichen vermögen; diese Wurzelgürtel verhindern nicht selten auf mechanischem Wege das Dickenwachstum der von ihnen umschlossenen Stämme und führen deren Absterben herbei.

Blatt (Blattstellung)

Bild 2.1013: Blatt (Blattstellung)
* 28 Blatt.

Die Einrichtungen für gesteigerte Wasseraufnahme treten in einfacher Form schon bei epiphytischen Lebermoosen auf, deren Blätter durch sogen. Wassersäcke ausgezeichnet sind; dieselben bilden sich dadurch, daß sich das Blatt [* 28] an der Spitze in zwei ungleiche Lappen, einen größern Ober- und einen kleinern Unterlappen, teilt; letzterer schlägt sich dann so ein, daß sein freier Rand der Unterseite des Oberlappens anliegt und auf diese Weise ein hohles, an der Mündung verengertes Gebilde (z. B. bei tropischen Arten von Lejeunia, auch bei der einheimischen Frullania dilatata) entsteht.

Bei einigen tropischen Lebermoosen kommt es sogar zur Bildung einer die Öffnung des Wassersackes verschließenden Klappe, die ähnlich wie der Verschluß an den Schläuchen der tierfangenden Utricularia wirkt. Auch siedeln sich in diesen Wassersäcken kleine Tierchen, wie Rotatorien, Krustaceen, Wasserälchen u. a., an, ohne daß jedoch ein gegenseitiges Anpassungsverhältnis zwischen denselben und der Pflanze nachzuweisen ist. Vielmehr unterbleibt bei Frullania die Bildung der Wassersäcke, sobald die Pflänzchen längere Zeit feucht gehalten werden, aber die Rotatorien verschwinden trotzdem nicht.

Bei höher organisierten Epiphyten (Orchideen, Araceen) sind oft die Luftwurzeln mit besondern Einrichtungen zur Wasseraufnahme, nämlich mit einer Wurzelhülle, versehen, deren anatomischer Bau ein rasches Aufsaugen von Wasser ermöglicht und außerdem die Wurzel gegen Transpirationsverluste schützt. In einigen Fällen, z. B. bei Taeniophyllum Zollingeri auf Java, können die Luftwurzeln in Form flacher, bandartiger Assimilationsorgane auftreten, während die gewöhnlichen grünen Blätter vollständig fehlen.

Brasilien

Bild 3.333a: Brasilien
* 29 Brasilien.

Andre Epiphyten, wie viele Bromeliaceen, nehmen das Wasser direkt durch die Blätter auf, und die sonst mit dieser Funktion betrauten Wurzeln verkümmern; auch die von ihren Blattrosetten hergestellten Wasserbehälter beherbergen nach Martius in Brasilien [* 29] bisweilen eine reichlich entwickelte Tierwelt von Laubfröschen und deren Larven, Spinnen, [* 30] Phalangiden, ja sogar von kleinen Baumschlangen. Als Wasserspeicher der Epiphyten dienen teils fleischige Blätter und Stengel [* 31] gewöhnlicher Form, teils besonders organisierte Knollen, so z. B. bei Nephrolepis tuberosa, einem javanischen Farnkraut, das sich nach Herausnahme aus der Erde ohne Wasserzufuhr von außen mehrere Tage frisch zu erhalten vermag, solange die Knollen den Wasserbedarf decken.

Bei zwei Polypodium-Arten Javas (P. patelliferum und P. sinuosum) entwickelt der kriechende, seiner Baumunterlage dicht angedrückte Stamm im Innern ein großzelliges Wassergewebe, das aber in ältern Teilen vertrocknet; dadurch entsteht eine Zentralhöhle, und in den zitzenförmigen Blattbasen bilden sich Kammern, die mit der Zentralhöhle in Verbindung stehen. Die Hohlräume werden von zahlreichen roten, bissigen Ameisen bewohnt, ohne daß in diesem Falle nach Göbel ein Nutzen der letztern für die Pflanze ersichtlich ist.



Erasmus - Erblichkeit

Bild 18.266: Erasmus - Erblichkeit
* 32 Seite 18.266.

Die oft beschriebenen, von Ameisen bewohnten Knollen von Myrmecodia und Hydnophytum werden nach Treub und Göbel als Verdickung des unter den Kotyledonen befindlichen Stengelgliedes der Keimpflanze angelegt; in demselben bildet sich mit Hilfe eines eigentümlichen Korkkambiums sehr bald eine zentrale Höhlung aus, indem die von jenem Korkgewebe umgebene Schicht einschrumpft und abstirbt. Den Ameisen kommt dabei irgendwelche Rolle nicht zu. Die zur Zeit der Entstehung der ersten Höhlung nur etwa haselnußgroßen Knollen wachsen später durch Parenchymbildung des Korkkambiums zu bedeutenden Dimensionen heran, so daß die Knollen von Myrmecodia einen Durchmesser von 20, die von Hydnophytum tortuosum einen solchen von 60 cm erreichen; auch entstehen auf ähnliche Weise, wie bei der erstgebildeten Höhlung, neue Hohlräume (Galerien), die miteinander in Verbindung stehen.

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Offenbar stellen auch diese Knollen ursprünglich Wasserspeicher vor, da sich die bemessenden Pflanzen auch nach Ablösung von dem Wirtsstamm tagelang frisch erhalten. Die Beziehungen der Knollen zu den in ihnen sich ansiedelnden Ameisen sind nach Göbel durchaus nicht aufgeklärt, weil auch hier ein direkter Nutzen der Tiere für die Pflanzen nicht nachgewiesen werden kann. Mit demselben Rechte könnte man bei der südamerikanischen Tiliacee Bodelschwingia macrophylla, deren mit Wasser gefüllte Hohlstämme nach Schomburgk regelmäßig von einer Laubfroschart (Hyla venulosa) bewohnt werden, von einer Anpassung der Pflanze an Frösche [* 33] sprechen. Jedenfalls aber haben die geschilderten Knollen als Vorstufen zu ähnlichen Hohlbildungen bei den echten Ameisenpflanzen (s. d., Bd. 17) Bedeutung.

Eine Reihe von Epiphyten besitzt Einrichtungen zum Ansammeln von Humus, durch welchen es ihnen ermöglicht wird, ohne Bezug von Nährstoffen aus ihrem Wirtsstamm dennoch zu beträchtlicher Größe heranzuwachsen. Der Vogelnestfarn (Polypodium Nidus) auf Java trägt rings um seinen kurzen Stamm eine große Zahl ansehnlicher Blätter, die zusammen eine Art von Nest bilden, in welchem sich vermoderte Blätter, Zweigbruchstücke u. dgl. ansammeln und die Wurzeln Nahrung finden.

Andre Farne besitzen sogen. Nischenblätter, die sich mit breiter Basis dicht an den Stamm anlegen; entweder dienen als solche gewöhnliche Laubblätter, oder es tritt Arbeitsteilung ein, indem die Nischenblätter ihren Laubblattcharakter verlieren. Für den ersten Fall bietet z. B. das in Java häufige, ca. 2,5 m hohe Polypodium Heracleum ein schönes Beispiel, dessen kriechender Stamm oberseits mit einer Doppelreihe starker, fiederteiliger Blätter besetzt ist; letztere sitzen mit ihrer breiten, herzförmigen Basis dicht auf und können an dieser Stelle Humus ansammeln.

Häufiger bilden aber die Blätter, indem sie sich teilweise decken, die Außenwand einer Nische, deren Hinterwand der Baumstamm selbst herstellt, während der Stamm des Farns den Abschluß nach unten bildet. In einer solchen Nische sammeln sich oft bedeutende Humusmassen an, die von den Farnwurzeln durchzogen und ausgenutzt werden; auch nach dem Absterben der Blätter bleibt die Humusmasse als starker Vorsprung oder auch in Treppenform auf dem Tragstamm erhalten.

Eine kleine Zahl von Polypodium-Arten (z. B. P. quercifolium) erzeugt zweierlei Blätter, nämlich gestielte Laubblätter von gewöhnlicher Form und Bedeutung nebst eichenblattartig gestalteten größern, ungestielten Nischenblättern; letztere bilden auch in diesem Falle durch dichtes Anlegen an den Stamm Räume, in welchen sich Humusmassen ansammeln. Sie sterben rasch ab und färben sich braun, aber ihre starken Rippen bleiben lange Zeit hindurch stehen und halten den Humus fest.

An den Keimpflanzen des genannten Farns treten zuerst gestielte, einfache Blätter und abwechselnd mit diesen ungestielte mit breiter Basis auf, später finden sich neben typischen Nischenblättern auch solche, welche den Charakter von Laub- und Nischenblättern in sich vereinigen und dauernd grün sind. Noch eigentümlicher sind die Anpassungen des Blattes bei der Gattung Platycerium, die ebenfalls zwei verschiedene Blattformen erzeugt, nämlich gestielte und geweihartig verzweigte Laubblätter und außerdem Nischen- oder Mantelblätter, die von frühern Autoren zum Teil für Prothallien gehalten worden sind.

Die Nischenblätter von Platycerium grande sind ungestielt, haben eine sehr breite Basis und sitzen dem Baume, auf welchem der Farn wächst, oder auch den ältern Blättern des letztern dicht auf; ihr oberer Teil steht dagegen vom Stamme ab und ist in eine Anzahl von Lappen geteilt. Die absterbenden untern Teile bilden eine Anzahl von dicht übereinanderliegenden Blätterlagen, zwischen denen sich die Wurzeln des Farns ausbreiten, während die Oberteile im Verein mit dem Tragstamm eine mächtige Nische herstellen, in der sich Humus von dem Gewicht mehrerer Zentner ansammeln kann.

Die Mantelblätter von Platycerium alcicorne dagegen bilden unverzweigte, der Unterlage dicht angedrückte Organe und schützen die darunter liegenden Wurzeln, indem sie sich wie Blätter eines Buches zahlreich aufeinanderlegen und schnell absterben. Da genannter Farn auf seinen Wurzeln zahlreiche Adventivsprosse zu erzeugen pflegt, welche zunächst nur Mantelblätter bilden, so entstehen an dem Tragstamm oft mächtige, ganz aus den abgestorbenen Lagen der Mantelblätter gebildete Polster.

Den Mantelblättern ähnliche Organe treten auch bei der epiphytischen Orchidee Oncidium Limninghii auf, bei welcher die Blätter und die linsenförmig abgeflachten Knollen sich ebenfalls der Unterlage dicht anlegen; letztere dienen teils als Reservespeicher, teils als Schutzdecke für die darunter liegenden Wurzeln. Eine indische Asklepiadee (Conchophyllum imbricatum) hat paarweise gegenüberstehende, fleischige, unten muschelförmig ausgehöhlte Blätter, welche ebenfalls die darunter liegenden, aus dem dünnen Stammteil der Pflanze entspringenden Wurzeln schützen.

Denkt man sich die konkave Unterseite dieser Blätter noch mehr vertieft, so entstehen Urnenblätter, wie sie die merkwürdige Dischidia Rafflesiana Javas zeigt. Auch bei dieser Asklepiadee stehen die Blätter in Paaren, aber sie erzeugt außer schlauchförmigen auch gewöhnliche flache Blätter; ihre Urnenblätter haben eine enge, meist nach oben oder seitlich stehende Mündung, und ihr zur Regenzeit mit Wasser gefüllter Innenraum wird regelmäßig von einem Wurzelgeflecht eingenommen, so daß hier also das Blatt gleichzeitig die Rolle eines Wasserspeichers und eines Wurzelschutzorgans ausübt.

Vgl.   Göbel, Pflanzenbiologische Schilderungen (Marb. 1889).