peter-hug.ch

Erkältung | eLexikon | Medicin - Krankheiten und deren Behandlung - Allgemeines

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz

Erkältung

(Verkühlung), die Schädigung, welche der Körper durch raschen Wechsel der Temperaturen und zwar auch solcher Temperaturen erleidet, welche an sich ganz wohl erträglich und in der That schon oft ohne Schaden ertragen worden sind. Die Erkältung wirkt um so entschiedener nachteilig auf die Gesundheit ein, wenn die kühlere Luft zugleich in einem gewissen Grad von Bewegung begriffen ist (Zug, Zugluft), und wenn sie solche Teile der Haut [* 2] trifft, welche sonst bedeckt getragen werden oder im Moment der Erkältung zufällig schwitzen.

Die Thatsache der Erkältung und der dadurch bewirkten Schädigung des Körpers an sich wird gewiß niemand bezweifeln mögen; im Gegenteil wird sehr häufig sowohl von Ärzten als von Laien die Erkältung ganz gedankenlos als Krankheitsursache bezeichnet, wo dies höchst zweifelhaft oder doch nicht sicher zu erweisen ist. Allein was bei der Erkältung denn eigentlich im Organismus vor sich geht, vermöge welcher Verknüpfung der Verhältnisse eine kühlere Temperatur oder eine Zugluft dem Körper Schaden bringen könne, das ist noch in tiefes Dunkel gehüllt.



Erkel - Erkenntnis

Bild 5.788: Erkel - Erkenntnis
* 3 Seite 5.788.

Viele gesunde und kränkliche Leute müssen sich Tag für Tag Temperaturwechseln aussetzen, ohne sich zu erkälten. Im harten Winter, wo zwischen der warmen Zimmerluft und dem Freien ein Temperaturunterschied von 30 und mehr Grad besteht, kommen bekanntlich seltener Erkältungen vor als im Frühjahr und Sommer. Es ist deshalb schwer zu bestimmen, ob eine Krankheit mit Erkältung zusammenhängt, wenn sie einen Menschen betrifft, der sich alltäglich solchen Temperaturwechseln aussetzt. Allein es liegt in alledem kein hinreichender Grund, die Thatsache der Erkältung selbst abzuleugnen. Denn zwei Umstände deuten auf den Zusammenhang der

mehr

Krankheit mit einer Verkühlung: einmal empfindet der sich Erkältende die kühlere Temperatur unangenehm, bekommt bald allgemeines Frösteln, und zweitens schließt sich daran sehr bald ein allgemeines Krankheitsgefühl und der Eintritt bestimmter Krankheitssymptome. Die Krankheiten, welche entschieden durch Erkältung entstehen, sind besonders die sogen. rheumatischen Affektionen, also mit herumziehenden Schmerzen verbundene Leiden [* 4] der Muskeln [* 5] und Gelenke, dann Katarrhe der Schleimhäute der Nase, [* 6] des Kehlkopfes, der feinern Luftwege, aber auch des Darms, zumal des Dickdarms.

Auch als Gelegenheitsursache zum Ausbruch gewisser Infektionskrankheiten, z. B. der Cholera, des Wechselfiebers etc., scheint die Erkältung eine Rolle zu spielen. Merkwürdig ist die Thatsache, daß zwischen dem erkälteten Hautteil und diesem nahegelegenen Organen eine ganz bestimmte Beziehung besteht. Erkältung des Halses führt bekanntlich leicht zu Kehlkopfkatarrh, den Schnupfen bekommt man leicht, wenn man aus heißen Zimmern in die Kälte kommt, doch auch umgekehrt; Menstruationsstörungen entstehen durch der Füße oder des Unterleibes, Durchfälle durch Erkältung des Bauches etc. Ebenso bekannt aber ist die Thatsache, daß jedermann, welcher einen »schwachen Teil«, z. B. eine nicht ausgeheilte Wunde, eine sehr zu Katarrhen neigende Luftröhre, eine Verhärtung seiner Lungenspitze etc., besitzt, an diesem erkrankt, welchen Körperteil die Erkältung auch betroffen haben möge.

Nerven I

Bild 12.57a: Nerven I
* 7 Nerven.

Zur Erklärung aller dieser zum Teil schwer zu vereinigenden Thatsachen hat man verschiedene Theorien der Erkältung aufgestellt. Zuerst stellte man sich vor, daß durch Erkältung die Hautsekretion unterdrückt, daß dadurch ein dem Organismus schädlicher Stoff im Blut zurückgehalten werde, dessen Ablagerung in irgend einem Organ die Krankheit des letztern verursache. Diese Annahme beruht auf lauter unerwiesenen oder falschen Vermutungen. Denn es ist gar nicht erwiesen, daß durch eine Erkältung die Hautperspiration geändert wird; auch hat niemand den schädlichen Stoff im Blut oder im Krankheitsherd jemals nachgewiesen, und endlich sind die Erscheinungen der unterdrückten Hautausdünstung ganz verschieden von denjenigen bei der Erkältung. Eine andre Theorie nimmt die Nerven [* 7] zu Hilfe, indem sie behauptet, daß bei der Erkältung eine Alteration der sensibeln Hautnerven stattfinde, welche reflektorisch auf die Gefäßnerven, sei es der erkälteten, sei es einer andern Provinz, übertragen werde und somit Zirkulationsstörungen an den letztern Orten hervorrufe.

Diese Ansicht kann nicht ganz von der Hand [* 8] gewiesen werden, ist aber bisher in keiner Weise positiv begründet worden. Die praktische Medizin hat sich schon längst mit der Aufgabe beschäftigt, einesteils den Körper vor zu großer Empfänglichkeit für Erkältungen zu bewahren, andernteils, wenn dieselben eingetreten sind, deren nachteilige Folgen wenigstens zu vermindern. Das erste Erfordernis ist eine von früher Jugend an geübte Abhärtung durch kalte Waschungen und Bäder sowie durch eine zwar zweckmäßige, den verschiedenen Jahreszeiten [* 9] angemessene, doch immerhin den wohlthätigen Einfluß der Luft auf die Haut nicht allzusehr abhaltende Bekleidung.

Wärmeeffekt - Wärmelei

Bild 16.393: Wärmeeffekt - Wärmeleitung
* 10 Wärme.

Auch fleißige Bewegung in frischer Luft, Turnen, Reiten etc. sind anzuraten, um dadurch die Widerstandsfähigkeit des Körpers zu vermehren. Hat aber eine Erkältung eingewirkt, fühlt man sich infolge davon unbehaglich, zu Frost geneigt, beginnen die Vorboten eines fieberhaften oder sonstigen krankhaften Zustandes, dann ist die gleichmäßige Wärme [* 10] des Bettes gleichzeitig mit dem Genuß warmen Thees etc., zeitig genug angewendet, oft das beste Mittel zur Verhütung ernstlicher Erkrankung.

Die früher viel häufiger als jetzt noch angewendete Schwitzkur hat ihre volle Berechtigung und ist oft die sicherste Methode zur Abwendung von schweren Lokalkrankheiten, welche andernfalls sich einzustellen drohen. Wer aber einmal zu Erkältung sehr geneigt ist und vermöge seines Berufs und seiner Beschäftigung der Einwirkung wechselnder Temperaturen sich nicht wohl zu entziehen im stande ist, dem ist neben der Abhärtung durch kalte Bäder u. dgl. namentlich in der kältern Jahreszeit oder in feuchten Gegenden das Tragen von flanellener oder seidener Bekleidung auf der bloßen Haut anzuraten.