Feldtelegraphie | eLexikon
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Militärtelegraphie
(Kriegstelegraphie) zerfällt in die Feldtelegraphie und Festungstelegraphie. Erstere gliedert sich nach der Art und dem Bereich ihrer Thätigkeit in vier Zonen und zwar: 1. Zone die Kriegstelegraphenlinien, welche das große Hauptquartier mit der Heimat verbinden;
2. Zone die Etappentelegraphenlinien, welche das große Hauptquartier mit den Oberkommandos der einzelnen Armeen und der Armeekorps in Verbindung setzen;
3. Zone die Feldtelegraphenlinien zur Verbindung der Generalkommandos unter sich und mit den Divisionsstäben;
4. Zone die weitern Verbindungen zu den Brigaden, den Vorposten, zu größern Detachements oder zur Befehlsübermittelung im Gefecht selbst.
Diese verschiedenen Aufgaben bedingen ein verschiedenes Telegraphenmaterial; während die stehenden Linien der 1. Zone fast ausschließlich der Staatstelegraphie angehören, werden bei der 2. schon häufig Anschlüsse durch die Feldtelegraphie zu bewirken sein, aber nach Art stehender Leitungen zur Ausführung kommen. Die Leitungen der 3. Zone werden fast ausschließlich aus dem Material der Feldtelegraphenabteilungen hergestellt werden. Die häufigen Quartierwechsel bedingen einen ebenso schnellen Bau wie Abbau der Linien und daher ein leicht bewegliches fahrbares Material. In der 4. Zone endlich wird an das fahrbare das tragbare Material sich anschließen. Die Feldtelegraphenleitungen sind entweder oberirdische Stangen- (Luft-) Leitungen aus verzinktem Eisen- oder aus blankem Kupferdraht auf Stangen mit Isolatoren, oder Auslagen von Kabeln (isoliertem Leitungsdraht) auf der Erde, an Bäumen etc. ohne Anwendung von Isolatoren; zur Überschreitung von Flüssen dienen mit Draht [* 3] übersponnene Flußkabel.
Geschichtskarten von D
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Deutschland.Deutschland [* 4] besitzt im Frieden keine Telegraphentruppe. Im Krieg werden 9 Feld-, 6 Reserve-Feldtelegraphenabteilungen und 4 Etappen-Telegraphendirektionen aufgestellt. Jede der Telegraphenabteilungen besteht aus einem Telegraphendetachement und einer Trainkolonne, ersteres aus 3 Offizieren, etwa 90 Pionieren, welche von den Pionierbataillonen, und 7-11 Telegraphenbeamten, welche von der Staatstelegraphie abgegeben werden; sie haben die Telegraphenlinien zu bauen und in Betrieb zu nehmen, die Trainkolonne hat das Material zum Bau derselben, 23 km Leitung in blanken Drähten (Kupferdraht 2 mm) und 12 km isolierten Draht und 313 m Flußkabel, auf 14 Wagen mitzuführen. Die Feldtelegraphenabteilungen bauen die Leitungen zunächst dem Feind zurück bis zu den Generalkommandos und werden beim weitern Vorgehen der Armeen hier von den Reserve-Feldtelegraphenabteilungen abgelöst. Zwischen ihnen und den Kriegs- oder ¶
Militärtransporthäuser
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Staatstelegraphenlinien bilden die Etappen-Telegraphendirektionen das vermittelnde Zwischenglied. Im großen Hauptquartier befinden sich der Chef der Militärtelegraphie, 2 Feld- und 1 Reserve-Feldtelegraphenabteilung. Die gesamte Militärtelegraphie im Feld bleibt aber behufs Ergänzung des Beamtenpersonals und Nachschubs an Material aller Art durch ihren Chef und die General-Etappeninspektion im organischen Zusammenhang mit der Staatstelegraphie. Die Feldabteilungen führen demnach das Material für 525 km oberirdische Leitung und 4,7 km Flußkabel, die Etappentelegraphie 764 km Leitung mit ins Feld. Die Militärtelegraphie arbeitet ausschließlich mit dem Morse-Schreibapparat. Im Frieden besteht in Deutschland eine Inspektion der Militärtelegraphie (in Berlin). [* 6] Sie verwaltet das gesamte Kriegstelegraphenmaterial, hat die Erfindungen auf dem Gebiet der Telegraphie zu prüfen und für die Armee nutzbar zu machen und die obere technische Leitung der Festungstelegraphie und deren Anlage. - In Österreich [* 7] besteht seit 1883 ein Eisenbahn- und Telegraphenregiment aus 2 Bataillonen à 4 Kompanien, welches bei der Mobilmachung aufgelöst wird und je 3 Feldtelegraphendirektionen erster und zweiter Linie, 43 Feld- und 3 Gebirgstelegraphenabteilungen aufzustellen hat. Jede Abteilung gliedert sich wie in Deutschland in ein Bau- und Betriebsdetachement und eine Trainkolonne. Jedem Armeekommando wird eine Telegraphendirektion erster Linie zugeteilt. - In Frankreich ist 1884 das Militärtelegraphenwesen neu geregelt worden. Das Personal wird aus den Beamten des Ministeriums der Post und Telegraphie entnommen, zu welchen noch Kommandierte aus der Armee hinzutreten. Im Frieden besteht keine Telegraphentruppe, nur ein höherer Beamter der Telegraphie ist jedem Generalkommando zugeteilt. - Rußland hat 8 Telegraphenparke, deren jeder aus 3 Abteilungen, einer fliegenden (Feldtelegraphie), einer mobilen (Etappentelegraphie), einer Reserveabteilung (für vorhandene Linien), besteht.
Die Festungstelegraphie besitzt unterirdische Leitungen und Stationen in einzelnen Werken, die mit der Zentralstation, meist in der Kommandantur, in Verbindung stehen und je nach Bedarf im Frieden in Betrieb erhalten werden. Im Vorpostendienst kommen die tragbaren Vorpostentelegraphen zur Verwendung, welche aus 2 Tornistern und 1 Kabelkasten mit je 500 m Kabelleitung, 2 Batterien Siemensscher Pappelemente, 2 Morse-Schreibapparaten und 4 Verbindungskabeln bestehen, denen in neuerer Zeit auch noch 2 Telephone hinzugetreten sind.
Eine solche Linie von 1500 m Länge wird in 30-40 Minuten durch einen Trupp aus 2 Telegraphisten (Telephonisten) und 2 Hilfsarbeitern ausgelegt und in Betrieb erhalten. Diese Telegraphenapparate mit Telephonen werden besonders von der Artillerie bei ihren Schießbeobachtungen benutzt und befinden sich zu diesem Zweck auf den Schießplätzen schon seit Jahren im Gebrauch. Die Vorpostentelegraphen werden ebenso wie die Festungstelegraphen ausschließlich von Militärmannschaften unter Leitung der örtlichen Fortifikation bedient.
Der Angreifer von Festungen erhält seine telegraphischen Verbindungen durch die Feldtelegraphie. Ob das Telephon auch für den Kriegsgebrauch sich eignet, darüber sind die Ansichten ebenso geteilt wie über den Nutzen der optischen Telegraphie, deren man sich nur aushilfsweise unter günstigen Umständen und dann mit verabredeten Zeichen, z. B. auf Vorposten oder bei Beobachtungen der Artilleriewirkung, bedient. Zum Telegraphieren des Morse-Alphabets dienen bei Tag 4 Signalrahmen, nachts 2 rote und 2 weiße Laternen, wobei die senkrecht gehaltenen Rahmen oder die roten Laternen Punkte, die wagerecht gehaltenen Rahmen oder weißen Laternen Striche bedeuten. In Frankreich ist die Kavallerie für den Vorpostendienst mit farbigen Signallichtern ausgerüstet.
Vgl. Buchholtz, Die Kriegstelegraphie (Berl. 1877);
Fischer-Treuenfeld, Kriegstelegraphie (Stuttg. 1879);
Derselbe, Die Kriegstelegraphie in den neuern Feldzügen Englands (Berl. 1884);
Merling, Die Telegraphentechnik der Praxis im ganzen Umfang (Hannov. 1879);
v. Chauvin, Organisation der elektrischen Telegraphie in Deutschland für die Zwecke des Kriegs (Berl. 1884);
May, Geschichte der Kriegstelegraphie in Preußen [* 8] (das. 1875).