Festung | eLexikon | Militärwesen - Befestigungen
- ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
Titel
Elemente zu Festung:Die verschiedenen Befestigungssysteme.
Festung,
Festung (Allgemeines;
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Festung.[* 2] ein im Frieden mit allen erreichbaren Mitteln derart befestigter Ort, daß er gegen einen mit allen Angriffsmitteln ausgerüsteten, der Zahl nach überlegenen Gegner nachhaltig verteidigt werden kann (s. Festungskrieg). Die Anlage, die Erbauung einer Festung geschieht nach gewissen Grundsätzen, die mit den jeweiligen Waffen [* 3] und bautechnischen Hilfsmitteln in Wechselbeziehung stehen, und die in der Lehre [* 4] von der beständigen Befestigung zu einer besondern Wissenschaft ausgebaut sind.
Zweck der Festung kann sein: eine Schutzwehr für militärische Fabriken (Artilleriewerkstätten, Geschützgießereien, Kriegswerften etc.), für große Niederlagen von Kriegsmaterial für die Landarmee und die Marine, einen Ausgangspunkt für die Angriffsbewegungen eines Heers oder der Flotte zu bilden;
wichtige Heeresstraßen, Eisenbahnen, namentlich beim Übergang über große Flüsse [* 5] und im Gebirge oder beim Überschreiten der Landesgrenze, zu sichern oder zu sperren (Sperrplätze);
auch können Festungen als Sammelplätze, Zufluchtsorte für geschlagene Armeen dienen, doch wird ihre Bedeutung in dieser Beziehung häufig überschätzt.
In der Regel hat eine Festung mehrere dieser Aufgaben gleichzeitig zu erfüllen, z. B. Köln, [* 6] Mainz, [* 7] Straßburg, [* 8] Thorn, [* 9] die nicht nur wichtige Depotplätze und Brückenköpfe an Stromübergängen großer Verkehrsstraßen, sondern auch Stütz- und Ausgangspunkte für Operationen und Sammelplätze bei etwanigem Rückzug bilden. Ihrer Lage nach ist eine Festung Land- oder Küsten- oder auch Grenzfestung, zu letztern würden auch die Sperrforts zu zählen sein; diese werden auch wohl Defensivplätze, die großen Festungen mit Forts, wie Straßburg, Köln, Posen, [* 10] Toul, [* 11] Verdun [* 12] etc., Offensiv- oder Lagerfestungen genannt, letzteres, weil Armeen unter ihrem Schutz lagern können. Die Festungen werden auch als solche ersten, zweiten etc. Ranges bezeichnet oder in Klassen (Frankreich) je nach ihrem Umfang oder ihrer Wichtigkeit eingeteilt. Solche sorgsame Klassifikation hat wenig praktischen Wert; am bezeichnendsten ist heute die Unterscheidung zwischen ¶
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Festung mit oder ohne Forts und Sperrfort; ihre Wichtigkeit kann durch den Krieg und ihr Verhalten in demselben bedingt werden. In Deutschland [* 14] werden die Festungen nur in solche mit Armierung erster oder zweiter Ordnung eingeteilt. Die erstern sind zur Verteidigung gegen eine förmliche Belagerung, letztere nur gegen einen gewaltsamen Angriff ausgerüstet; maßgebend hierfür ist die strategische Wichtigkeit der Festung, die ihrerseits von den Wandlungen der politischen Verhältnisse stark beeinflußt wird. In dieser Beziehung haben die Festungen Schlesiens verloren (Kosel, [* 15] Schweidnitz, [* 16] Silberberg sind eingegangen), die in Preußen [* 17] gewonnen (Posen, Thorn, Lötzen, Königsberg). [* 18]
Paris
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Paris.Die Ansichten über die für die Verteidigung eines Landes erforderliche Anzahl Festungen sind verschieden. Während Deutschland sich für die Anlage weniger, aber großer Festungen, deren strategische Bedeutung durch ihre Grenzlage gegen Frankreich und Rußland augenfällig ist, und welche für die Offensivbewegungen der Feldarmee sichernde und fördernde Ausgangs- und Stützpunkte sind, entschied, hat Frankreich ein vollständiges Absperrungssystem durch die Anlage zahlreicher Sperrforts und großer Festungen längs seiner Ostgrenze und durch eine zweite Reihe großer Festungen in dem Raum zwischen der Grenze und Paris [* 19] mit dem Kostenaufwand von etwa einer halben Milliarde zur Ausführung gebracht, in welchem Paris, das Zentrum des Systems, für sich ein Komplex von Festungen ist.
Abgesehen von den ungeheuern Bau- und Unterhaltungskosten eines solchen Landesverteidigungssystems, erfordert die kräftige Verteidigung so vieler Festungen auch entsprechend große Streitkräfte (in Frankreich gegen 500,000 Mann), die den Feldarmeen zum großen Teil verloren gehen. Dieses System zwingt also zur Führung eines Defensivkriegs. Ein Volk, in welchem offensiver Geist lebt, wird in der Ausdehnung [* 20] der Befestigungsanlagen, die immer einem gewissen Gefühl der Schwäche entspringen, Maß halten. Viel umstritten ist auch die Frage, ob die Landeshauptstadt zu befestigen ist. Im Altertum war die Hauptstadt jedes größern Reichs (Babylon, Ninive) eine Festung, mit welcher in der Regel die Selbständigkeit des Volkes stand und fiel (Karthago, [* 21] Jerusalem). [* 22] In der Neuzeit hat sich diese Ansicht geteilt. Rom, [* 23] Paris sind Festungen, Berlin, [* 24] Wien [* 25] nicht.
Die verschiedenen Befestigungssysteme.
Soll eine Festung ihre Aufgabe erfüllen können, so muß sie sturmfrei, d. h. gegen einen gewaltsamen Angriff mit Leiterersteigung ohne förmliche Belagerung gesichert sein, sie muß unter den günstigsten Bedingungen den Gebrauch der Waffen, überhaupt die Verteidigung ermöglichen und für alle Streitkräfte, Streit- und Lebensmittel eine gegen feindliche Zerstörung gesicherte Unterkunft bieten. Diese Anforderungen an eine Festung waren zu allen Zeiten im großen und ganzen die gleichen, nur war die Art und Weise, wie ihnen entsprochen wurde, verschieden, da hierfür die jeweilige Art der Verteidigungs- und Angriffswaffen maßgebend war.
Aus dieser Wechselwirkung gingen nach und nach die vielen Befestigungssysteme hervor. Den einfachen Pfahlwerken, den Erd- und Steinwällen folgten die Mauern, die an Dicke und Höhe mit der Zerstörungskraft der Angriffsmaschinen zunahmen. Die Krone der Mauer diente als Aufstellungsraum für die Verteidiger, auf Pfeilschußweite vorspringende Türme zu ihrer Flankierung. Eine Brüstungsmauer am vordern Rand, später mit Schießschlitzen, Zinnen, versehen, deckte die Verteidiger. Um auch die äußere Mauerfläche bestreichen, den an ihr aufklimmenden Feind bekämpfen zu können, ließ man auf der Krone große Hausteine vorkragen und setzte auf diese die Brüstung, so daß man zwischen ihr und den Kragsteinen hindurch die Mauerflucht bestreichen konnte; so entstanden die Senkscharten oder Maschikulis.
Verstand - Versteigeru
![Bild 66.297: Verstand - Versteigerung [unkorrigiert] Bild 66.297: Verstand - Versteigerung [unkorrigiert]](http://peter-hug.ch/meyers/thumb/66/66_0297.jpeg)
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Verstärkung.Die Erfindung der Widder führte zur Verstärkung [* 26] der Mauer an der Innenseite durch Strebepfeiler, die anfangs mit Balken überdeckt, später überwölbt wurden, wodurch Bogengänge und Kasematten entstanden. Die Ägypter, Assyrer, Perser haben großartige Befestigungen in dieser Weise ausgeführt. Thapsos an der Nordküste Afrikas hatte im 9. Jahrh. v. Chr. bereits eine dreifache Umwallung, deren innere Mauern schon mehrere Stockwerke in Kasematten zeigten (vgl. Jähns »Atlas [* 27] zur Geschichte des Kriegswesens«, Blatt [* 28] 9, Berl. 1880). Großartig waren die Befestigungen der Römer, [* 29] die auch eine kluge Anpassung an das Terrain erkennen lassen, wie z. B. in Pompeji. [* 30] In Deutschland entwickelten sich aus ihnen, vielfach auf ihren Fundamenten und unter Benutzung ihrer Mauerreste, die Städtebefestigung und die Ritterburg (s. Burg).
Waereghem - Waffenplät
![Bild 66.440: Waereghem - Waffenplätze [unkorrigiert] Bild 66.440: Waereghem - Waffenplätze [unkorrigiert]](http://peter-hug.ch/meyers/thumb/66/66_0440.jpeg)
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Waffenplätze.Beide bestanden aus einer 2-3 m starken frei stehenden Mauer mit Zinnenkrönung, meist ohne Graben davor, aber von solcher Höhe, daß sie sturmfrei war. Etwa im Abstand von 40 m vorspringende Türme gewährten ihnen Flankierung. Vor die Thore legte man häufig halbmondförmige Waffenplätze, [* 31] gleichzeitig zur Deckung und als Sammelplätze für Ausfalltruppen dienend. Die Einführung der Geschütze [* 32] forderte bald bedeutende Umgestaltungen. Um die ungedeckten Festungsmauern der Zerstörung durch Geschützfeuer aus der Ferne zu entziehen, versenkte man sie unter den Bauhorizont, indem man einen breiten und tiefen Graben vor ihnen aushob und die aus ihm gewonnene Erde hinter der Mauer zu einer deckenden Brustwehr [* 33] mit Wallgang dahinter aufschüttete, um Platz für die Aufstellung der Geschütze zu finden, den die schmale Mauerkrone nicht bieten konnte. Auch die Türme mußten zur Aufnahme von Geschützen erweitert, konnten aber der größern Schußweite wegen weiter auseinander gestellt werden. Sie wurden nun Basteien oder Rondelle genannt, aus denen später nach Entwickelung des Geschützwesens die Bastione hervorgingen. Veranlassung boten die Kriege Anfang des 16. Jahrh., welche die Be-
[* 2] ^[Abb.: Fig. 1. Altitalienische [* 34] Manier.]
Festung (Bastionärsyst
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Seite 6.181.[* 2] ^[Abb.: Fig. 2. Neuitalienische [* 35] Fronte.] ¶
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festigung zahlreicher Städte in Italien [* 37] notwendig machten. Es entstand die altitalienische Manier [* 36] (Fig. 1), in welcher Micheli 1527 Verona [* 38] befestigte. Die senkrecht zum Mittelwall (Kurtine) stehende Flanke c des Bastions a war zur niedern Grabenbestreichung halb zurückgezogen; das kleine Mittelbastion b deckte die lange Kurtine, diese flankierend. Nächst Micheli war Tartaglia Hauptvertreter dieses Systems, welches gegen das 16. Jahrh. durch Cataneo (1570) und Marchi (1599) dadurch wesentlich verbessert wurde, daß sie die Bastione erheblich vergrößerten, zur Hauptgeschützaufstellung in dieselben einen überhöhenden Kavalier c [* 36] (Fig. 2), vor die Kurtine das diese deckende Ravelin b und vor die Kontreskarpe den gedeckten Weg g mit den Waffenplätzen w legten, vor denen das 2 m hohe Glacis sich gleichmäßig abböschte. Die Eskarpe erhielt 7,5 m Höhe. Das Bastionärsystem war hiermit in allen wesentlichen Teilen hergestellt.
Paderbornisch - Padua
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Padua.Aber auch Deutschland besaß in Albrecht Dürer einen genialen Kriegsbaumeister, der in seinem Werk »Etliche Unterricht zu Befestigung der Stadt, Schloß und Flecken« (Nürnb. 1527) Festungspläne entwarf, die bereits die Grundzüge enthalten, aus denen sich die deutsche Befestigung des 19. Jahrh. entwickelt hat. Sein Hauptwall von polygonalem Grundriß wurde durch kasemattierte Bastione flankiert, wie er denn auch bombensichere Geschütz- und Wohnkasematten in ausgedehntester Weise, sogar kasemattierte Turmforts [* 36] (Fig. 3 u. 4) anwendet, deren Gräben durch Galerien a und Kaponnieren b bestrichen werden. Wien, Padua [* 39] u. a. O. wurden nach seinen Vorschlägen befestigt. Ähnliche Grundsätze unter Anwendung großer Bastione und Ravelins bei vollständiger Deckung des Mauerwerks befolgten Speckle (gest. 1589) und Rimpler (gest. 1683) und der ältere Landsberg [* 40] (1648), der zuerst den tenaillierten Grundriß anwendet. Durch Anlage von Abschnitten und Reduits suchten sie die innere Verteidigung und durch eine rampenförmige Kontreskarpe die Offensive (Ausfälle) zu begünstigen.
Bregthalbahn - Bremen
![Bild 67.215: Bregthalbahn - Bremen [unkorrigiert] Bild 67.215: Bregthalbahn - Bremen [unkorrigiert]](http://peter-hug.ch/meyers/thumb/67/67_0215.jpeg)
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Breite.Eine eigenartige Anwendung fand die italienische Manier in den Niederlanden. Während des Kampfes gegen die spanische Herrschaft mußten schnell Befestigungen hergestellt werden. Die Grundwasserverhältnisse des Landes nötigten dazu, hinter breiten Wassergräben Erdwälle ohne Mauerbekleidung aufzuführen und zur niedern Bestreichung des sehr breiten Grabens vor den Hauptwall noch einen Niederwall (Faussebraie) zu legen. In den Hauptgraben legte man noch zahlreiche Außenwerke und vor denselben den gedeckten Weg. Diese Befestigungsmanier wurde von Freitag 1630 beschrieben und unter Festhaltung ihrer Grundzüge von Coehoorn (schrieb 1685) in Rücksicht auf eine offensive und abschnittsweise innere Verteidigung im Sinn seines Zeitgenossen Rimpler wesentlich verbessert. Er gab dem Hauptgraben G [* 36] (Fig. 5) zwischen dem Hauptwall A und dem Niederwall R eine Breite [* 41] von 30 m, gemauerte Eskarpe und Kontreskarpe, letzterer eine Reversgalerie S zur niedern Grabenbestreichung, um hier den eingedrungenen Feind noch hartnäckig bekämpfen zu können. Vor den Niederwall R, von ihm durch einen breiten nassen Graben getrennt, legte er die Couvreface C, vor dieselbe abermals einen nassen Graben und davor einen breiten gedeckten Weg W, um so eine stufenweise Verteidigung zu ermöglichen. Das Festsetzen in diesen Werken wurde dem Angreifer dadurch erschwert, daß gedeckter Weg und Hauptgraben bis nahe zum Grundwasserspiegel versenkt waren.
Die französische Befestigung, durch das unter Heinrich IV. von Sully begründete Ingenieurkorps entwickelt, hatte im allgemeinen von den Italienern das Profil, von den Holländern den Grundriß entlehnt. Nach den Ingenieuren Errard de Bar-le-Duc (»La fortification démontrée«, 1604) und Graf Pagan trat der vielgefeierte Kriegsbaumeister Vauban auf (gest. 1707), der in langem, thatenreichem Leben 53 Belagerungen leitete (vgl. Festungskrieg), 33 Festungen neu baute und etwa 300 verbesserte. Vauban wählte seine Formen, ohne sich zu sehr an feste Regeln zu binden, stets mit Rücksicht auf das Terrain; im allgemeinen lassen sich aber drei Manieren unterscheiden, nach denen die meisten ältern Festungen gebaut sind. Man nennt die Linie a b [* 36] (Fig. 6 u. 7) die Polygonseite, gewöhnlich 300-380 m lang; a e und b f die Defenslinien, die Bastionsfacen a g und h b = 2/7 a e; g und h die
[* 36] ^[Abb.: Fig. 3. Dürers System, Turmfort.]
[* 36] ^[Abb.: Fig. 4. Querschnitt von A nach B in
Fig. 3.]
[* 36] ^[Abb.: Fig. 5. Profil nach Coehoorn.] ¶
Fortsetzung Festung:
→ Seite 6.182 || Schulterpunkte, e und f die Kurtinenpunkte, eh und gf, senkrecht zu ae und bf, die Flanken,
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Festung
[* 2] und Festungskrieg. Die Einführung der Brisanzgeschosse (s. d., Bd. 17) und der Schrapnells bei den Haubitzen und Mörsern hat auf das Festungswesen einen Einfluß ausgeübt, dessen Wirksamkeit noch nicht beendet, dessen Tragweite auch noch nicht abzusehen ist. Noch gehen die Meinungen darüber sehr weit auseinander. Während die einen (Major Scheibert) die allseitig geschlossene Festung nur noch in Ausnahmefällen (z. B. Sperrfort), sonst nur in der Richtung feindabwärts offener befestigter Stellungen (Positionsbefestigung) angewendet wissen wollen, meinen die andern, daß durch die Einführung jener Geschosse [* 42] und neuer Waffen im ganzen wenig geändert sei, die ¶