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Gartenanlagen in Städten | eLexikon

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
Titel
Elemente zu Gesundheitspflege:

[Die Volkskrankheiten oder Seuchen.]

[Marktpolizei.]

[Wohnungen, Schul- und Gewerbehygieine.]

[Heil- und Krankenwesen.]

[Litteratur.]

Gesundheitspflege,

öffentliche (Gesundheitspolizei), der Inbegriff alles dessen, was zum Zweck der Erhaltung und Förderung der Gesundheit eines Volkes oder einer Bevölkerungsgruppe geschieht. Die ö. Gesundheitspflege ruht auf der Basis derjenigen Wissenschaft, welche als öffentliche Gesundheitslehre oder als öffentliche Hygieine bezeichnet wird; sie ist die praktische Bethätigung der Regeln und Vorschriften, welche die öffentliche Gesundheitslehre auf wissenschaftlichem Weg zu entwickeln und festzustellen hat.

Die ö. Gesundheitspflege ist ein Gegenstand von ganz eminenter Bedeutung und von der allergrößten praktischen Tragweite. Die Überzeugung hiervon beginnt sich nach und nach auch in weitern Kreisen mächtig Bahn zu brechen, wenn wir vorläufig auch noch weit davon entfernt sind, daß alle Gesellschaftskreise zu dieser für ihr Wohlergehen so wichtigen Erkenntnis gekommen wären. Denn während die im Interesse der öffentlichen Gesundheit angeordneten Maßregeln noch vielfach als überflüssig, ja als lästiger Zwang und als Beschränkung der persönlichen Freiheit des Einzelnen empfunden werden, fehlt es anderwärts an der rechten Teilnahme, an Interesse und Verständnis für das, was auf die Forderung des Volksgesundheitswesens Bezug hat.

Namentlich der letztere Umstand, der Mangel an Interesse und Verständnis, ist für die Entwickelung des öffentlichen Gesundheitswesens jederzeit das schwerste Hemmnis gewesen, und vielfach ist das Interesse dafür erst mit dem Augenblick geweckt worden, wo das Individuum mit seinem Geldbeutel zur Einführung sanitärer Maßregeln dieser oder jener Art in Anspruch genommen werden mußte. Gleichwohl ist die öffentliche Gesundheit ein überaus wichtiger Faktor nicht bloß für die Wohlfahrt des Individuums, sondern auch für das gesamte staatliche und wirtschaftliche Leben.

Allerdings hat jeder Mensch zunächst für seine eigne und für die Gesundheit derer zu sorgen, welche seiner Obhut unmittelbar anvertraut sind (private Hygieine). Allein er vermag dies nur insofern mit Erfolg zu thun, als es sich um solche schädliche Einwirkungen auf den Organismus handelt, gegen welche der Einzelne ihrer Natur nach überhaupt anzukämpfen vermag. Es gibt aber zahlreiche Krankheitsursachen, welche hervorgehen aus dem Zusammenleben der Menschen, aus den jeweilig herrschenden gesellschaftlichen Einrichtungen und aus der besondern Stellung, welche der Einzelne in der Gesellschaft einnimmt.

Glied (künstliches)

Bild 58.75: Glied (künstliches)
* 4 Glied.

Solche Krankheitsursachen bedrohen die öffentliche Gesundheit, weil jedes Glied der [* 4] Gesellschaft ihnen ausgesetzt ist, solange es eben einem bestimmten sozialen Verband [* 5] angehört. Solchen aus dem Boden des sozialen Lebens hervorsprossenden Schädlichkeiten steht der Einzelne ohnmächtig gegenüber. Hier muß die Gesamtheit, die Korporation, die Gemeinde, der Staat helfend eintreten. In letzter Linie ist es immer der Staat, welcher nicht bloß die Pflicht, sondern auch das Interesse hat, sich der öffentlichen Gesundheitspflege anzunehmen.

Das Interesse des Staats an der öffentlichen Gesundheitspflege hängt zusammen mit der nationalökonomischen Bedeutung der Gesundheit seiner Bürger. Auf der Gesundheit beruht die geistige und wirtschaftliche Produktionskraft des Einzelnen wie des ganzen Volkes. Mit der Kraft [* 6] und Gesundheit steigt und sinkt die Erwerbsfähigkeit des Individuums. Der Kranke leistet nichts für die Gesamtheit, er wird häufig sogar zu einem störenden und lästigen Element für diese.

Hanc veniam etc. - Han

Bild 8.65: Hanc veniam etc. - Hand
* 7 Hand.

Mit der Häufigkeit und Ausbreitung der Krankheiten geht eine hohe Sterblichkeit Hand [* 7] in Hand. Zahlreiche Individuen verfallen dem Tod, bevor sie noch zur vollen Entwickelung ihrer Produktionskraft gelangt sind; ihre Auferziehung erfolgte auf Kosten des Gemeinwesens, für welches sie gleichwohl wegen ihres frühen Todes nichts zu leisten vermögen. Der Staat erleidet also durch Krankheiten und Tod einen Verlust an Kräften, welche zur Förderung des allgemeinen Wohlstandes mitzuwirken berufen gewesen wären.

Die Pflicht des Staats, sich der öffentlichen Gesundheitspflege anzunehmen, ergibt sich daraus, daß der Einzelne, indem er einer Gemeinschaft beitritt, bis zu einem gewissen Grade die Möglichkeit verliert, Herr seiner Gesundheit zu bleiben und sich gewisser seine Gesundheit bedrohenden Schädlichkeiten zu erwehren. Namentlich wird er sich der Einwirkung solcher krank machenden Einflüsse nicht zu entziehen vermögen, welche durch das Zusammenleben der Menschen an sich, durch die jeweilig gegebenen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse und vorzugsweise durch seine besondere Stellung im Staat oder in der Korporation bedingt sind. Je mehr daher das Individuum aus irgend einem Grund in seiner Freiheit durch das Gemeinwesen beschränkt ist, und je mehr dasselbe vermöge seiner sozialen Stellung gesundheitswidrigen Einflüssen ausgesetzt ist, um so mehr hat die Verwaltung der öffentlichen Gesundheitspflege die Pflicht, sich dieses Individuums in Rücksicht auf seine Gesundheit anzunehmen, schützend und fördernd für dieselbe einzutreten.



Gesundheitspflege (Seu

Bild 7.258: Gesundheitspflege (Seuchen, Marktpolizei)
* 9 Seite 7.258.

Das Gebiet, auf welchem die ö. Gesundheitspflege ihre Thätigkeit zu entwickeln hat, ist ein so universelles, daß jede Art meteorologischer, tellurischer Einwirkungen auf den Menschen, seine Wohnung, Ernährung, seine Bekleidung, seine gewerbliche Thätigkeit mit all ihren gesundheitsschädigenden Momenten, die Gefahren, denen er durch gifthaltige Möbel, [* 8] Tapeten, Kunst- und Schmuckgegenstände ausgesetzt ist, die Vorbeugungsmaßregeln gegen Menschen- und Tierseuchen

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und zahlreiche andre Vorkommnisse unter den Gesichtspunkt der öffentlichen Gesundheitspflege fallen. Nur einzelnes kann deshalb hier hervorgehoben werden.

[Die Volkskrankheiten oder Seuchen.]  

Da die Seuchen auf einem Ansteckungsstoff beruhen, welcher, in den menschlichen Organismus verpflanzt, diesen erkranken macht, so wird die höchste Aufgabe der öffentlichen Gesundheitspflege immer darin zu suchen sein, daß die Entstehung und Vermehrung jener Ansteckungsstoffe nach Kräften verhütet werde. Die Medien, an welche bei weitem die meisten Ansteckungsstoffe gebunden sind, und von wo aus sie in den menschlichen Organismus gelangen können, sind der Boden, das Wasser und die Luft. In diesen Medien entwickeln sich aber die betreffenden Ansteckungsstoffe nur dann, wenn sie verunreinigt werden durch organische Substanzen, welche in Zerfall und Fäulnis übergehen.

Gase (Physikalisches)

Bild 6.930: Gase (Physikalisches)
* 10 Gase.

Nicht bloß die Leichen der Menschen und Tiere sowie absterbende und faulende Pflanzenteile, sondern auch die menschlichen Abfallstoffe, namentlich die Kotmassen, ferner die beim Wirtschafts- und Fabrikbetrieb entstehenden Schmutzflüssigkeiten muß man demnach in einer Weise zu entfernen und umzuwandeln suchen, daß eine gefährliche Verunreinigung des Bodens, des Wassers und der Luft dabei nicht eintreten kann. Bei Fabriken, welche schädliche Gase [* 10] produzieren, muß durch zweckmäßige Lage der Gebäude zu Wohnhäusern, durch hohe Schornsteine etc. für hinreichende Ventilation gesorgt werden. (Vgl. § 16 der Gewerbeordnung.) Ferner hat die ö. Gesundheitspflege zu sorgen für zweckmäßige Auswahl und Anlegung der Begräbnisplätze, für die Art der Entfernung der menschligen ^[richtig: menschlichen] Fäkalstoffe (eine Frage, welche in den letzten Jahren in der lebhaftesten Weise erörtert worden ist und in dem Schlagwort: »Kanalisation oder Abfuhr« gipfelt), weiterhin für zweckmäßige Einrichtung der Abtritte (Waterclosets, Erdklosette, s. Desinfektion), [* 11] für die Einrichtung besonderer Schlachthäuser, für Verhütung der Verunreinigung der Flüsse [* 12] und Wasserbecken durch die Schmutzwasser der Fabriken etc. Beim Herannahen einer Seuche sind umfangreiche und strenge Absperrungsvorsichtsmaßregeln (Quarantäne) sowohl im Land- als im Seeverkehr zu treffen; jeder etwa entstandene Erkrankungsherd ist sofort zu isolieren.

Brunnen (artesische Br

Bild 3.519: Brunnen (artesische Brunnen)
* 13 Brunnen.

Ist eine Seuche zum Ausbruch gekommen, so hat die ö. Gesundheitspflege durch Maßregeln rein polizeilicher Natur dafür zu sorgen, daß die Krankheit auf einen möglichst kleinen Herd beschränkt werde. Zu diesem Zweck ordnet sie an, daß ein jeder Erkrankungsfall sofort zur Anzeige kommt, nimmt je nach der Natur des der Seuche zu Grunde liegenden Ansteckungsstoffs eine Absperrung der bereits Erkrankten vor oder unterwirft die der Krankheit Verdächtigen einer Quarantäne, richtet geeignete und genügende Räume zur Aufnahme von Kranken, namentlich von armen und sonst hilfsbedürftigen, her, sorgt dafür, daß das erforderliche Heil- und Wartepersonal zur Hand sei, daß die Leichen alsbald aus dem Bereich der Lebenden entfernt und schnell beerdigt werden, daß alle etwa angehäuften Unreinigkeiten sofort entfernt werden etc. Auch die Sorge für die Beschaffung guten Trinkwassers, die Beaufsichtigung der Brunnen, [* 13] die Absperrung verdächtiger oder notorisch verunreinigter Brunnen, die Beschaffung gesunder und ausreichender Nahrungsmittel [* 14] für Ärmere bilden bei ausbrechenden Epidemien eine Aufgabe der öffentlichen Gesundheitspflege.

Ferner hat dieselbe darauf Bedacht zu nehmen, daß dicht belegte Wohnräume evakuiert, daß Gefangene, Hospitaliten und dergleichen Personen aus dem Bereich eines etwa vorhandenen Ansteckungsherdes entfernt, die Schulen geschlossen werden etc. Besondere Aufmerksamkeit ist endlich der Desinfektion (s. d.) zuzuwenden, und alle sanitätspolizeilichen Maßregeln der genannten Art sind um so dringender indiziert, wenn es sich um Personen handelt, die aus irgend einem Grund ihrer freien Selbstbestimmung beraubt sind (Gefangene, Soldaten etc.). Endlich ist es auch Sache der öffentlichen Gesundheitspflege, daß das Publikum beizeiten in geeigneter Weise darüber belehrt werde, wie sich der Einzelne bei dem etwanigen Ausbruch einer Epidemie in sanitärer Beziehung zu verhalten habe, um der auch ihm drohenden Gefahr möglichst zu entgehen.

Imphee - Importants

Bild 8.906: Imphee - Importants
* 15 Impfung.

Bei einzelnen Seuchen kommt die Anwendung ganz spezifischer Schutzmittel in Frage, so namentlich bei den Pocken die einmalige und wiederholte Impfung, [* 15] wie sie für das Deutsche Reich [* 16] durch das Reichsimpfgesetz von 1873 vorgeschrieben ist. Eine andere die ö. Gesundheitspflege vielfach beschäftigende ansteckende Krankheit ist die Syphilis. Da es nicht in der Macht der Gesetzgebung und Verwaltung steht, die Gelegenheitsursache zur syphilitischen Ansteckung, nämlich den unreinen Beischlaf, zu beseitigen, so sieht sich die ö. Gesundheitspflege dieser Krankheit gegenüber darauf angewiesen, durch Regelung des Prostitutionswesens in größern Städten, als Hauptquelle der Ansteckung, namentlich durch Errichtung obrigkeitlich kontrollierter Häuser (Bordelle) oder durch strenge ärztliche Überwachung der Prostituierten selbst, die Gelegenheit zur Ansteckung auf ein Minimum zu reduzieren.

Ganz anders verhält es sich mit denjenigen (endemischen) Seuchen, welche nicht von Mensch zu Mensch übertragen werden, sondern auf einem Miasma, auf giftigen Bodenausdünstungen, beruhen (Wechselfieber, Sumpffieber). Hier hat die ö. Gesundheitspflege, da sie der Krankheit selbst gegenüber machtlos ist, durch Vorbeugungsmaßregeln einzugreifen. Es handelt sich bei diesen Krankheiten darum, den Boden von den Produkten der Verwesung und Fäulnis organischer (meist pflanzlicher) Substanzen zu befreien oder denselben doch unter solche Bedingungen zu versetzen, daß dergleichen gefährliche Umsetzungen der abgestorbenen Organismen in ihm unmöglich werden.

Quelle

Bild 13.510: Quelle
* 17 Quelle.

Dieser Zweck wird erreicht durch künstliche Entwässerung des Bodens (Drainierung), durch Trockenlegung von Sumpfstrecken, durch Regulierung der Flußläufe etc. Um aber die Luft über solchem verdächtigen Boden zu verbessern und die in ihr enthaltenen Miasmen zu zerstören, empfiehlt es sich, Baumpflanzungen anzulegen und überhaupt den Boden mit einer grünen Pflanzendecke zu überziehen. Endlich sind noch die ansteckenden und auf Menschen übertragbaren Tierkrankheiten zu erwähnen (Hundswut, Milzbrand, Rotz etc.). Dieselben stellen an die ö. Gesundheitspflege ganz ähnliche Aufgaben wie die Seuchen überhaupt. Nur ist hier die Handhabung der sanitätspolizeilichen Maßregeln eine viel leichtere und im allgemeinen auch sicherere, weil durch sofortige Tötung der kranken oder verdächtigen Tiere die Quelle [* 17] der Ansteckung alsbald abgeschnitten werden kann.



Gesundheitspflege (Pri

Bild 7.259: Gesundheitspflege (Privat- und öffentliche Gebäude, Gewerbehygieine, Krankenwesen)
* 18 Seite 7.259.

[Marktpolizei.]  

Auch auf die Nahrungsmittel, das Trinkwasser, die Genußmittel (Bier, Wein etc.) hat demnächst die ö. Gesundheitspflege sich zu erstrecken. Zwar hat jeder Mensch zunächst selbst zu entscheiden, was ihm von Speisen und Getränken nützlich oder schädlich ist, und hat demnach sein Verhalten einzurichten. Aufgabe der öffentlichen Gesundheitspflege aber ist es, darüber zu wachen, daß die zum Leben unentbehrlichen Nahrungs- und Genußmittel in einer der Gesundheit unschädlichen Gestalt, unverfälscht und unverdorben, dem Publikum zugänglich gemacht werden. Dies ist im wesentlichen die Aufgabe der

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Marktpolizei. Allein die ö. hat sich in dieser Beziehung viel weiter zu erstrecken. Wir erinnern nur an die so überaus wichtige sanitätspolizeiliche Fleischbeschau, welche neuerdings z. B. in Berlin [* 19] mit großer Umsicht und sichtbarem Erfolg geübt wird. Sache der öffentlichen Gesundheitspflege ist es, die Brunnen zu überwachen, aus denen das Trinkwasser bezogen wird, überhaupt die ausreichende Menge gesunden Trinkwassers zu beschaffen, ferner die notwendigsten Nahrungsmittel, wie Mehl, [* 20] Brot, [* 21] Milch, bezüglich ihrer Qualität zu kontrollieren, Verfälschungen und gesundheitswidrige Verunreinigungen derselben sowie der Genußmittel, wie des Biers und Weins, zu ermitteln und solche Gegenstände unschädlich zu machen etc. Zur Zeit einer Epidemie ist im Interesse der ärmern Bevölkerung [* 22] allen diesen Dingen nur um so größere Aufmerksamkeit zuzuwenden.

Man sieht leicht, daß die Nahrungsmittelhygieine ein ebenso weitschichtiges wie für die private und öffentliche Gesundheit wichtiges Kapitel der öffentlichen Gesundheitspflege repräsentiert. Allein gerade hierbei zeigt es sich, daß sanitätspolizeiliche Maßregeln allein das wenigste auszurichten vermögen, daß vielmehr eine geläuterte Einsicht des Individuums in das, was ihm heilsam und seiner Gesundheit förderlich, unerläßlich ist. Und was der Einzelne als solcher nicht erreichen kann, das wird er auf dem Weg der Association erreichen können, sobald volle Klarheit über die zu erreichenden Ziele und die dabei aufzuwendenden Mittel besteht.

[Wohnungen, Schul- und Gewerbehygieine.]  

Die Wohnungen der Menschen sind von nicht geringerm Einfluß auf die Gesundheit. Auch hier bietet sich der öffentlichen Gesundheitspflege ein ungemein weites und dankbares, leider noch sehr wenig angebautes Feld der Thätigkeit dar (Bau- oder Wohnungshygieine). Der Reiche und Wohlhabende wird sich überall seine Wohnung so zu wählen und einzurichten wissen, daß sie den Anforderungen der Gesundheitspflege entspricht; der Arme dagegen, der Kranke und Gefangene, der Soldat in der Kaserne, das Kind in der Schulstube müssen hinnehmen, was sich ihnen gerade darbietet.

Mit Rücksicht auf sie hat also die b. Gesundheitspflege einzuschreiten. Sie hat dafür zu sorgen, daß gewisse Räume, welche ihrer Natur nach, z. B. weil sie unter der Erde liegen, weil sie feucht, lichtlos, zu eng sind etc., die Gesundheit jedes Insassen notwendig beeinträchtigen müssen, überhaupt nicht bewohnt werden dürfen. Feuchte Kellerräume sollten als Wohnungen für Menschen schlechterdings nirgends benutzt werden dürfen. Sodann muß jeder Wohnraum für die bestimmte Anzahl von Menschen, welche sich in demselben aufhalten sollen, einen bestimmten minimalen Kubikinhalt haben, damit die Luftverschlechterung durch die Atmung nicht alles Maß überschreite. In öffentlichen Anstalten, in welchen sich die Insassen häufig gegen ihren Willen aufhalten, ist nicht bloß dafür zu sorgen, daß jedem Individuum ein bestimmtes ausreichendes Volumen von Luft vorbehalten sei, sondern auch die sonstigen Bedingungen der Gesundheit müssen in solchen Räumen erfüllt sein; namentlich müssen sie trocken, gehörig hell, zu heizen und zu ventilieren sein.

Heizung (Lokalheizung:

Bild 8.338: Heizung (Lokalheizung: verbesserter Kamin)
* 23 Heizung.

Überhaupt gehört die Frage nach der zweckmäßigsten Art der Heizung [* 23] und der Ventilation zu den wichtigsten der ganzen Hygieine. Selbstverständlich wird bei der Anlage und Einrichtung öffentlicher Anstalten auch die nötige Sorgfalt auf die Wahl eines gesunden und sonst geeigneten Baugrundes, auf die Ermittelung seiner Grundwasserverhältnisse, auf die Situation des Gebäudes (Sonnen- und Wetterseite) und auf tausend andre Umstände zu verwenden sein.

Schulhygieine. Diese hat sich nicht bloß mit der gesundheitsgemäßen Anlage und Einrichtung der Schulhäuser und Klassenzimmer, sondern auch mit Thun und Lassen der Kinder in der Schule zu befassen. Sie hat die zeitliche Ausdehnung [* 24] des Unterrichts für verschiedene Altersklassen festzusetzen, für angemessene Abwechselung der körperlichen und geistigen Thätigkeiten, namentlich auch für den Turnunterricht und allerhand Leibesübungen, zu sorgen, sich mit der Zimmerventilation, den Beleuchtungsverhältnissen und der darauf beruhenden Pflege der Augen, mit der Herstellung zweck- und gesundheitsgemäßer Subsellien und vielen andern Dingen zu befassen.

Gewerbehygieine. Noch mannigfacher vielleicht sind die Aufgaben der Fabrikhygieine, insofern bei den zahlreichen die Gesundheit der Arbeiter bedrohenden Gewerbszweigen die allerverschiedenartigsten Schädlichkeiten in Frage kommen (vgl. Gewerbekrankheiten, Gaseinatmungs- und Staubeinatmungskrankheiten, Phosphor-, Arsenik-, Blei-, Quecksilbervergiftung etc.). Auch die Produkte vieler Gewerbe fallen in fertigem Zustand unter die Aufsicht der öffentlichen Gesundheitspflege, so die Giftstoffe, der Handel mit feuergefährlichen explodierenden Präparaten, Pulver und Schießbaumwolle. Besonders ist das Publikum über die Gefahren zu belehren und eventuell dagegen zu schützen, welche aus der Benutzung von Gerätschaften, Kleiderstoffen, Tapeten, Spielsachen, Tuschkasten etc. hervorgehen, bei deren Herstellung metallische und vegetabilische Giftstoffe benutzt worden sind.

[Heil- und Krankenwesen.]  

Prinzipiell freilich und in der Regel kann sich die Verwaltung nicht der Heilung des einzelnen Individuums widmen, noch kann dieselbe die Heilthätigkeit der Ärzte bis in das Detail überwachen. Vielmehr hat die Verwaltung nur darauf zu sehen, daß ein tüchtig herangebildetes Heilpersonal vorhanden und für jedermann zugänglich sei, sowie darauf, daß die erforderlichen Heil- und Pfleganstalten für Mittellose etc. vorhanden seien.

Auch muß sie durch Gewährung von Geldzuschüssen und andern Vorteilen zu bewirken suchen, daß auch ärmere und für den Arzt weniger lohnende Gegenden niemals des notwendigsten Heilpersonals beraubt seien. Die Gemeinde hat ihrerseits durch Anstellung von Armenärzten auf die öffentliche Gesundheit einzuwirken. Früher ließ es sich der Staat auch angelegen sein, der Kurpfuscherei, Quacksalberei und dem Handel mit Geheimmitteln (s. d.) entgegenzutreten. Allein man ist immer mehr zu der Einsicht gekommen, daß der Staat in dieser Richtung ohnmächtig bleibt, wenn das Publikum nicht selbst zur Einsicht dessen, was ihm nützlich oder schädlich ist, zu bringen ist, und wenn es nicht selbst die Absicht hat, sich vor solchen Gefahren zu schützen.

Daher sind neuerdings im Deutschen Reich die gesetzlichen Bestimmungen gegen Medikasterei etc. aufgehoben worden; ein jeder darf nun kurieren und sich kurieren lassen, von wem er will, und der Staat sorgt nur dafür, daß zwischen approbierten Ärzten und nicht approbierten Personen ein Unterschied gemacht werde. Dagegen bildet das Apothekenwesen nach wie vor einen wichtigen Gegenstand der Medizinalpolizei. Der Staat übt ein Aufsichtsrecht über die Apotheken aus und schreibt den Apothekern eine Medizinaltaxe vor. Gegenwärtig aber ventiliert man die Frage, ob das Apothekergewerbe im Deutschen Reich ein privilegiertes Gewerbe unter staatlicher Oberaufsicht

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