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Geschäftsordnung | eLexikon | Rechtswissenschaft - Verfassung - Geschäftsordnung

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Geschabte Manier - Ges

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Geschäftsordnung

452 Wörter, 3'497 Zeichen

Rechtswissenschaft — Verfassung — Geschäftsordnung

Geschäftsordnung,

Hessen

Bild 8.467a: Hessen
* 5 Hessen.

die Gesamtheit der Regeln, welche für die geschäftsmäßige Behandlung und Erledigung der vor eine Behörde, eine Volksvertretung oder eine sonstige Körperschaft gehörigen Angelegenheiten maßgebend sind. So bestehen nicht nur für parlamentarische, sondern auch für andre Versammlungen: Gemeindekollegien, Fraktionen, Vertretungen von Kommunalverbänden, Richterkollegien etc. Geschäftsordnungen. Allerdings sind die parlamentarischen Geschäftsordnungen von besonderer Wichtigkeit, und nach Analogie derselben wird vielfach auch außerhalb der Parlamente, z. B. in Volksversammlungen in Ansehung des Präsidiums, des Schriftführeramts, der Meldung zum Worte, des Schlusses der Diskussion, der Abstimmung etc., verfahren. Die Geschäftsordnungen der deutschen Landtage (Landtagsordnungen) haben in manchen Staaten den Charakter wirklicher Gesetze, so in Bayern [* 3] (Gesetz vom 19. Jan. 1872), Braunschweig [* 4] (Gesetz vom 30. Mai 1871 und Nachtragsgesetz vom 10. Nov. 1873), Hessen [* 5] (Gesetz vom 17. Juni 1874), Sachsen [* 6] (Landtagsordnung vom 12. Okt. 1874), Sachsen-Meiningen (Gesetz vom 23. April 1868), Sachsen-Weimar (Gesetze vom 28. Juni 1851, 3. Mai 1853 und 13. Febr. 1869) etc. Dabei besteht in manchen Staaten (Bayern, Sachsen, Sachsen-Meiningen) die Eigentümlichkeit, daß innerhalb des Rahmens des Landtagsgesetzes die Kammern befugt sind, autonomische Bestimmungen über die Geschäftsbehandlung zu treffen. In andern Staaten beruht die Geschäftsordnung lediglich auf autonomischer Feststellung des Landtags, resp. jeder von beiden Kammern, sofern das Zweikammersystem besteht; so in Preußen, [* 7] den preußischen Fürstentümern, Waldeck, [* 8] Württemberg [* 9] etc. Auch der deutsche Reichstag hat nach der Reichsverfassung (Art. 27) das Recht, seinen Geschäftsgang und seine Disziplin durch eine Geschäftsordnung selbst zu regeln.

Die (revidierte) Geschäftsordnung datiert vom 10. Febr. 1876 (s. Reichstag). Die meisten parlamentarischen Geschäftsordnungen sind mehr dem französischen als dem englischen Muster nachgebildet, indem die eigenartigen Bestimmungen der englischen Geschäftsordnung auf dem Kontinent nur wenig Eingang fanden. Auch der deutsche Bundesrat (s. d.) hat seine eigne (revidierte) Geschäftsordnung vom 26. April 1880. In den Parlamenten und namentlich auch im deutschen Reichstag bestehen vielfach besondere Geschäftsordnungskommissionen, welche die Ausführung der Geschäftsordnung zu überwachen, etwanige Bedenken und Anträge, welche in Ansehung der geschäftlichen Behandlung von Reichstagsangelegenheiten vorliegen, zu erörtern und nötigen Falls durch kommissarische Vorberatung für die Beschlußfassung im Plenum vorzubereiten haben.

Bemerkungen »zur Geschäftsordnung« können in den Sitzungen jederzeit gemacht werden, d. h. das Wort zur Geschäftsordnung wird auch außer der Reihenfolge der zur Sache gemeldeten Redner erteilt. Hierdurch wird zuweilen eine besondere Geschäftsordnungsdebatte veranlaßt, welche sich zwischen die Debatte über den eigentlichen Gegenstand der Beratung einschiebt.

Vgl.   außer den Hand- und Lehrbüchern des Staatsrechts: R. v. Mohl, Staatsrecht, Völkerrecht und Politik, Bd. 1, S. 207 ff. (Tübing. 1860);

Derselbe, Kritische Erörterungen über Ordnung und Gewohnheiten des Deutschen Reichs (in der Tübinger »Zeitschrift für die gesamten Staatswissenschaften« 1875, S. 38 ff.);

Schleiden, Die Disziplinar- und Strafgewalt parlamentarischer Versammlungen über ihre Mitglieder (Berl. 1879, 2 Hefte);

May, Treatise upon the law, privileges and proceedings of parliament (9. Aufl. 1883; deutsch, 2. Aufl., Leipz. 1880).