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Gewerkvereine | eLexikon | Volkswirtschaft - Genossenschaftswesen

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Titel
Elemente zu Gewerkvereine:

Die Gewerkvereine (Trades' unions) in England.

1) einen angemessenen Arbeitslohn; 2) eine humane Arbeitszeit und Arbeitsart; 3) die Sicherung einer ordentlichen

1) die Gewährung von Unterstützung für den Fall der Arbeitslosigkeit

Die deutschen Gewerkvereine.

Frankreich, Italien, Nordamerika.

Gewerkvereine

(Gewerksgenossenschaften) sind eine besondere Art von Arbeitervereinen, speziell der gewerblichen Arbeiter, mit einer eigentümlichen Organisation und besondern Zielen und Aufgaben. Sie sind bei richtiger Organisation und bei der Beschränkung auf die rechten Ziele und Aufgaben ein wesentliches Hilfsmittel der sozialen Reform, ein notwendiges Glied [* 2] des volkswirtschaftlichen Organismus in dem System der freien Konkurrenz, wie es bei den heutigen Kulturvölkern besteht. Diesen Charakter und diese Bedeutung haben die in England (trades' unions), wo sie zuerst entstanden und noch heute am verbreitetsten sind.

Die Gewerkvereine (Trades' unions) in England.

Die englischen Gewerkvereine sind dauernde Verbindungen von Lohnarbeitern eines bestimmten Gewerkes des Landes. Ihr allgemeiner Zweck ist, die Lage ihrer Mitglieder zu bessern, deren Interessen zu wahren und zu fördern. Sie wollen insbesondere die Nachteile verhindern, welche sich für den einzelnen Arbeiter und die ganze Arbeiterklasse des betreffenden Gewerkes ergeben, wenn der Arbeiter isoliert dem Arbeitgeber, namentlich einem größern, gegenübersteht (s. Industrielle Arbeiterfrage).



Gewerkvereine (in Engl

Bild 7.301: Gewerkvereine (in England)
* 4 Seite 7.301.

Der Landesgewerkverein (mit einem Zentralausschuß) setzt sich aus Ortsvereinen zusammen. Die verschiedenen Landesgewerkvereine bilden zusammen noch wieder einen Verband [* 3] (mit einem gemeinsamen Zentralausschuß). Streng sind die Anforderungen an die Qualifikation der Mitglieder. Aufgenommen werden nur gelernte Arbeiter, welche ihre Lehrzeit ordentlich durchgemacht haben und Bürgschaft von zwei Mitgliedern beibringen, daß sie gute Arbeiter seien, welche außerdem nachweisen, daß sie einen bestimmten Minimallohn verdienen, und daß sie guten Leumund haben. Die englischen Gewerkvereine halten an diesen strengen Bedingungen fest, weil sie den Arbeitgebern gegenüber eine ebenbürtige Macht nur dann sein können, wenn der Verein nur diejenigen Elemente der Lohnarbeiter des Gewerkes umfaßt, ohne welche der Betrieb der Unternehmungen unmöglich ist, die nicht, wenn sie die Arbeit einstellen, durch andre ersetzt werden können. Die Organisation der englischen Gewerkvereine ist also keine

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Organisation der ungelernten Arbeiter, des fünften Standes, sondern der bessern Elemente der gelernten Arbeiter, des vierten Standes. Ihre Bestrebungen sind teils rein ökonomische, das Arbeitsverhältnis der Mitglieder betreffende, teils allgemeine, auf ihre sozialen und sonstigen Lebensverhältnisse bezügliche. Die erstern zielen darauf ab, den Arbeitern als Arbeitern auf Grund ihres Arbeitsvertrags eine genügende ökonomische Existenz zu schaffen. Zu diesem Zweck erstreben die Gewerkvereine 1) einen angemessenen Arbeitslohn;

2) eine humane Arbeitszeit und Arbeitsart;

3) die Sicherung einer ordentlichen Behandlung;

4) die Regulierung des Arbeitsangebots. Zu 1) Der Gewerkverein überläßt zunächst die Abrede des Lohns dem einzelnen Arbeiter, aber wenn eine Benachteiligung der Genossen durch ihre Isolierung droht, tritt der Verein für dieselben ein. Man will namentlich Lohnherabsetzungen verhindern, wo solche nicht durch die allgemeine Lage des Gewerkes und die speziellen Verhältnisse des betreffenden Arbeitgebers gerechtfertigt sind, und will Lohnerhöhungen erreichen, wenn die allgemeine Geschäftslage und die Reinertragsverhältnisse der Unternehmungen dies gestatten; man will insbesondere, daß die Lohnarbeiter auch an den günstigen Konjekturen, welche den Unternehmern Extragewinne bringen, partizipieren.

Durch die Organisation der Gewerkvereine wird die Verteilung des Ertrags der Unternehmungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zwischen Kapital und Arbeit, nicht bloß Gegenstand des individuellen Vertrags zwischen dem einzelnen Unternehmer und seinem Arbeiter, sondern Gegenstand der Verhandlungen zwischen den Klassen der Unternehmer und der Arbeiter. Treten Differenzen über die Lohnhöhe ein, so hat zunächst der Ortsverein die Aufgabe, mit dem Arbeitgeber zu verhandeln und, wenn ihm nicht der gütliche Ausgleich gelingt, an den Zentralausschuß zu berichten, der nun, wenn er den Anspruch der Mitglieder gerechtfertigt findet, mit dem betreffenden Arbeitgeber in Verhandlungen tritt.

Das äußerste Zwangsmittel des Gewerkvereins gegen den Unternehmer ist der Streik. Aber der Verein sucht diesen zu vermeiden, namentlich auch durch die Organisation von Einigungsämtern (s. d.). Eine Unterstützung der Genossen durch den Gewerkverein im Streitfall tritt nur ein, wenn der Zentralausschuß den Streik billigt. Zu 2) In gleicher Weise sucht man eine humane Arbeitszeit und Arbeitsart, soweit dieselbe nicht schon durch die Gesetzgebung und die Fabrikinspektoren herbeigeführt wird, zu erreichen. Zu 3) Bezüglich der ordentlichen persönlichen Behandlung ist das Hauptaugenmerk auf die Fabrikordnungen gerichtet, daß nicht durch Bestimmungen derselben die Gewerkvereinsmitglieder in eine unwürdige Abhängigkeit von den Unternehmern und deren Beamten geraten. Zu 4) Eine Hauptaufgabe und gerade des Zentralausschusses besteht darin, das Angebot von Arbeitskräften möglichst der Nachfrage anzupassen, insbesondere das Angebot und die Nachfrage in den verschiedenen Gegenden und Orten des Landes auszugleichen. Zu diesem Zweck werden genaue Listen über die unbeschäftigten Arbeiter des Gewerkes geführt und wird der lokale Begehr von Arbeitern stetig kontrolliert.

Die Gewerkvereine sind Arbeitsnachweisebüreaus. Der Zentralausschuß dirigiert unbeschäftigte Arbeiter dahin, wo Arbeiter gesucht werden; folgen die Arbeiter nicht der Weisung, so verlieren sie die ihnen vom Gewerkverein im Fall der Arbeitslosigkeit gewährte Unterstützung. Man ist ferner bemüht, die übermäßige Beschäftigung von ungelernten Arbeitern, ebenso von jugendlichen Arbeitern und von Lehrlingen zu verhindern, um den gelernten Arbeitern die Erwerbsquelle zu sichern, und stellt zu diesem Zweck Normen über die entsprechenden Zahlenverhältnisse auf. Man wirkt auch einer irrationellen Armenpflege entgegen, welche der übermäßigen, unmoralischen Kindererzeugung Vorschub leistet und dadurch das Angebot von Arbeitskräften unnatürlich und in einer der Arbeiterklasse schädlichen Weise erhöht. Man unterstützt endlich bei einer Überfüllung des Gewerkes die Auswanderung, um eine Lohnverringerung zu verhindern.

Zu diesen ökonomischen Bestrebungen kommen als weitere allgemeine soziale, um die Arbeiterlage zu bessern und zu einer befriedigenden zu gestalten:

1) die Gewährung von Unterstützung für den Fall der Arbeitslosigkeit, der Krankheit, der Arbeitsunfähigkeit, des Todes, event. der Auswanderung;

Hebriden, Neue - Hebun

Bild 8.262: Hebriden, Neue - Hebung
* 5 Hebung.

2) die Sorge für die Hebung [* 5] der Bildung und der Moral ihrer Mitglieder;

3) die Fürsorge für andre nützliche Einrichtungen (Konsumvereine, Speiseanstalten, Baugenossenschaften etc.). Die Gewährung von Unterstützungen in jenen Fällen ist für alle englischen Gewerkvereine charakteristisch und ein Hauptgegenstand ihrer Thätigkeit, zugleich eine der wesentlichsten Ursachen der großartigen Entwickelung der in England. Die Mittel für ihre Aufgaben beschaffen sich die Vereine durch Eintrittsgelder, regelmäßige Wochenbeiträge und außerordentliche Auflagen.



Gewerkvereine (in Deut

Bild 7.302: Gewerkvereine (in Deutschland etc.)
* 7 Seite 7.302.

Bei dem bedeutendsten der englischen Gewerkvereine, der Gesellschaft der vereinigten Maschinenbauer, beträgt beispielsweise das Eintrittsgeld, je nach dem Alter, 15 Schilling bis 2 Pfund 10 Schill., der Wochenbeitrag 1 Schill. Ein Mitglied, welches 12 Monate dem Gewerkverein angehört, hat Anspruch auf folgende Unterstützungen: a) das Geschenk bei Arbeitslosigkeit, 10 Schill. wöchentlich während 14 Wochen, 7 Schill. für jede der folgenden 10 Wochen, 6 Schill. für jede der darauf folgenden 10 Wochen; b) bei Krankheit, 10 Schill. wöchentlich in den ersten 26 Wochen, 5 Schill. nachher, solange die Krankheit dauert; c) bei Auswanderung, unter gewissen Voraussetzungen, bis 3 Pfd. Sterl.; d) bei dauernder Arbeitsunfähigkeit, ohne Verschulden des Mitgliedes, 100 Pfd. Sterl.; e) die Altersunterstützung, bei einem Alter über 50 Jahre, wenn jemand 18 Jahre Mitglied ist, 7 Schill. wöchentlich, wenn jemand 25 Jahre Mitglied ist, 8 Schill., wenn jemand 30 Jahre Mitglied ist 10 Schill.; f) die Begräbnisunterstützung, 12 Pfd. Sterl. an die Witwe, resp. den vom Gestorbenen zur Empfangnahme Genannten oder seinen nächsten Anverwandten; beim Tode der angetrauten Gattin erhält ein Mitglied 5 Pfd. Sterl., für sein eignes Begräbnis werden aber dann nur noch 7 Pfd. Sterl. gezahlt; g) bei unverschuldetem Verlust der Werkzeuge [* 6] durch Feuer, Diebstahl etc., bis 5 Pfd. Sterl. Der Verein zahlte 1851-1875 als Geschenke bei Arbeitslosigkeit 614,480 Pfd. Sterl., an Krankenunterstützung 294,950, an Altersunterstützung 111,395, an Begräbnisunterstützung 95,260, an Unfallunterstützung 25,900 etc., zusammen 1,184,063 Pfd. Sterl. Nach seinem Jahresbericht für 1884, in welchem Jahr der Verein am Schluß 430 Vereine umfaßte und 50,681 Mitglieder zählte, betrugen die Einnahmen 157,484 Pfd. Sterl. (Beiträge der Mitglieder inkl. außerordentlicher Auflagen, veranlaßt durch einen großen Streik in Sunderland, für den 29,430 Pfd. Sterl. gezahlt wurden, 66,50 Mk. fürs Jahr), die Ausgaben 172,841 Pfd. Sterl. (an arbeitslose Mitglieder 59,056, Altersinvaliden 30,519, für Unfälle 2100, an streikende Mitglieder 20,475 Pfd.

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Sterl. etc.);

der Kassenbestand war 162,768 Pfd. Sterl. Der Schwerpunkt [* 8] der Unterstützungen der englischen Gewerkvereine liegt in der Unterstützung an arbeitslose Mitglieder;

die Gewerkvereine sind freilich auch Kampf- und Streikvereine, der Streik ist ihre ultima ratio, falls sie ihre Forderungen nicht durchsetzen können;

aber es ist doch ein Hauptbestreben der Gewerkvereine, Ausgaben für Streiks zu vermeiden, und die Zentralausschüsse stimmen nur im äußersten Notfall für diese Maßregel.

Auf dem letzten, 18. Jahreskongreß der englischen Gewerkvereine (im September 1885) wurde von dem Präsidenten bezüglich dieses Punktes ausdrücklich in seiner Eröffnungsrede hervorgehoben, daß die Vereine sich hüten, ihr Geld in böswilligen Streiks zu vergeuden, daß die sieben größten Vereine innerhalb der letzten fünf Jahre von einer Totalausgabe von 53,263,600 Mk. an arbeitslose Mitglieder 24,143,600 Mk., an Altersinvaliden, verunglückte, abgebrannte oder sonst in Not geratene Mitglieder etc. nebst Verwaltungskosten 19,501,040 Mk. und nur 3,773,600 Mk. für Streiks verausgabt haben.

Eine charakteristische allgemeine Einrichtung der englischen Gewerkvereine als Hilfskassen ist, daß nicht besondere Kassen für die einzelnen Unterstützungszwecke bestehen, sondern nur eine Kasse und aus dieser Kasse auch die Unterstützung an streikende Mitglieder gezahlt wird, so daß also angesammelte Reserven auch für diesen Zweck verbraucht werden können. Über die Zweckmäßigkeit dieser Einrichtung sind die Ansichten geteilt. Für dieselbe wird namentlich geltend gemacht, daß gerade sie die Vereine zu äußerster Vorsicht in der Genehmigung von Streiks veranlaßt; indes ist die große Gefahr derselben unleugbar.

Die englischen Gewerkvereine sind entschiedene Gegner der Sozialdemokratie. Ihre Existenz ist eine der Ursachen, daß die Sozialdemokratie in England nur sehr vereinzelte Anhänger fand. Bis vor wenigen Jahren hielten die Gewerkvereine sich von der Politik fern; politische Fragen durften in den Vereinen nicht verhandelt werden, ihre Erörterung war sogar ein Ausschließungsgrund. In den letzten Jahren tritt aber doch ein entschiedenes Bestreben der Gewerkvereine hervor, im Interesse der Arbeiterklasse einen Einfluß auf die Politik des Landes, namentlich bei den Wahlen, auszuüben, und wenn auch noch auf dem letzten Kongreß stark betont wurde, daß die Arbeiter weder eine besondere politische Partei bilden, noch ein eignes politisches Programm aufstellen sollen, welches nicht mit den Interessen der ganzen Nation in Harmonie ist, wurde doch von demselben Kongreß eine Ansprache an die Arbeiter beschlossen, in welcher es als die Pflicht derselben bezeichnet wurde, wo Arbeiter bei den Parlamentswahlen als Kandidaten auftreten, für deren Wahl thätig zu sein und bei andern Kandidaten darauf zu bestehen, daß sie für folgende Punkte eintreten: für die Verbesserung des Haftpflichtgesetzes von 1880;

Vermehrung der Zahl der Fabrik- und Werkstattinspektoren;

fernere Vermehrung der Grubeninspektoren;

Ausdehnung (der festen

Bild 2.109: Ausdehnung (der festen und flüssigen Körper)
* 9 Ausdehnung.

ein Gesetz, den verhütbaren Lebensverlust zur See zu verhindern;

Ausdehnung [* 9] des Haftpflichtgesetzes von 1880 auf die Schiffahrt;

ein Gesetz für die bessere Regulierung der Eisenbahnen und Verhinderung von Unfällen;

Atteste der Fähigkeit der Leute, welchen auf dem Lande Dampfmaschinen [* 10] anvertraut werden, wie es bereits zur See obligatorisch ist;

Beseitigung aller unnötigen Hindernisse, welche der Anstellung von Arbeitern im Zivil- und Magistratsdienst im Wege stehen;

Aufhebung der Eigentumsqualifikation im Lokalregierungswesen;

eine Reform der Landesgesetze, die geeignet ist, die Quellen der nationalen Industrie freizulegen und den heimischen Verbrauch von Industrieerzeugnissen zu befördern;

Wiedererstattung von Bildungs- und andern Stiftungen für die Zwecke, für welche sie ursprünglich beabsichtigt waren.

Arbeitervereine entstanden in England schon im 18. Jahrh., aber die eigentliche Entwickelung der Gewerkvereine zu der vorstehend geschilderten, für die Arbeiterklasse und das Land segensreichen Institution beginnt doch erst mit der Koalitionsfreiheit 1824 ihre großartige Ausbreitung, und die stetig zunehmende Durchführung einer maßvollen, praktischen, besonnenen Gewerkvereinspolitik erfolgte seit den 50er Jahren. Seitdem entwickelte sich auch erst die Organisation in zentralisierten Landesvereinen, vorher waren die Gewerkvereine zumeist selbständige Ortsvereine ohne Verbindung der verschiedenen Ortsvereine eines Gewerkes.

Die Zahl ihrer Mitglieder ist nicht genau bekannt, sie wird auf 8-900,000 geschätzt; auf dem letzten Kongreß hatten 161 Delegierte, die 136 Vereine mit 560,976 Mitgliedern vertraten, ihre Mandate eingereicht; schon 1869 berichtete die Parlamentskommission auf Grund einer sehr umfassenden Enquete über die Trades' Unions, »daß es keine Industrie gebe (abgesehen von wenigen äußerst zweifelhaften Ausnahmen), welche die Gewerkvereinsbewegung nicht ergriffen hat, und sehr wenige Teile des Landes, wo sie nicht vorherrscht«. Die Hauptagitation der englischen Gewerkvereine ist jetzt auf die Durchsetzung des achtstündigen Arbeitstags gerichtet.

Geschichtskarten von D

Bild 4.772a: Geschichtskarten von Deutschland V
* 11 Deutschland.

Die deutschen Gewerkvereine.

In Deutschland [* 11] stehen die Gewerkvereine, was ihre Verbreitung und ihre Bedeutung für die Arbeiterklasse und für die praktische Lösung des sozialen Problems betrifft, sehr weit hinter den englischen zurück. Bis zum Erlaß des Sozialistengesetzes waren sozialdemokratische und antisozialdemokratische Gewerkvereine zu unterscheiden. Erstere waren lediglich Organe der Sozialdemokratie, der sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands, [* 12] und sahen ihre Hauptaufgabe darin, für die Zwecke und Ziele dieser Partei thätig zu sein.

Sie sind seit 1878 verschwunden. Zu den letztern, den entschiedenen Gegnern aller sozialdemokratischen und sozialistischen Bestrebungen, gehören namentlich die von Max Hirsch [* 13] und Franz Duncker zuerst 1868 gegründeten und seitdem von Hirsch als ihrem Anwalt geleiteten Gewerkvereine (sogen. Hirsch-Dunckersche Gewerkvereine). Die Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine streben dem englischen Vorbild nach, zeigen aber von diesem doch manche sehr wesentliche Unterschiede. Es existieren bei ihnen nicht die strengen Aufnahmebedingungen.

Ferner fehlt in ihrer Organisation die Vereinigung und straffe Zentralisierung der Ortsvereine eines Gewerkes in einem Landesgewerkverein unter einem den Verein dirigierenden Vorstand. Ihre Organisation baut sich auf den Berufsvereinen der einzelnen Orte (Ortsvereine) auf. Diese Ortsvereine sind neben Zentralrat und Anwaltschaft die Hauptorgane. Jeder Ortsverein wählt seinen Vorstand und Ausschuß und verwaltet seine Angelegenheiten und Kassen ganz selbständig.

Mehrere Ortsvorstände eines bestimmten Berufs bilden einen Gewerkverein. Die Ortsvereine eines Ortes bilden einen Ortsverband. Alle Gewerkvereine und selbständigen Ortsvereine bilden zusammen den Verband der deutschen Gewerkvereine (Hirsch-Duncker), dessen Organe der Verbandstag (Abgeordnete der verbundenen Gewerkvereine und selbständigen Ortsvereine), der Zentralrat als zentrales Verwaltungsorgan, der Anwalt (jetzt Hirsch) und die Ortsverbände sind. Ein weiterer Unterschied ist, daß für die verschiedenen Unterstützungszwecke streng gesonderte Kassen bestehen, der praktisch wichtigste aber, daß eine Unterstützung bei Arbeitslosigkeit (die

Fortsetzung Gewerkvereine: → Seite 7.303 || unterstützung der englischen G.) nur von ganz wenigen Vereinen und in geringem Maß gewährt