peter-hug.ch

Guerrázzi | eLexikon | Litteratur - Italienische Literatur - Schriftsteller

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
  • ️Sun Aug 12 1804

Guerrázzi

(spr. gue-), Francesco Domenico, ital. Politiker und Schriftsteller, geb. 12. Aug. 1804 zu Livorno, [* 3] studierte die Rechte in Pisa, [* 4] schon damals seiner politischen Gesinnung halber vielfach verfolgt, und lebte dann als Sachwalter in Livorno, immer im Kampf mit den Machthabern, ein Freund Mazzinis. Im J. 1828 erschien zu Florenz [* 5] sein origineller, kraftgenialischer Roman »La battaglia di Benevento« (Flor. 1828),

Blatt (Blattstellung)

Bild 2.1013: Blatt (Blattstellung)
* 7 Blatt.

Guerrazzis bestes Werk, in zahlreichen Auflagen verbreitet. 1830 und wiederum 1834 auf die Insel Elba verbannt, schrieb er dort einen zweiten, ebenfalls sehr beifällig aufgenommenen Roman: »L'assedio di Firenze« (unter dem Pseudonym Anselmo Gualandi, Par. 1836, 5 Bde.; deutsch von Fink, Stuttg. 1850), der seinen Namen auch in Deutschland [* 6] bekannt machte. Seit der Thronbesteigung Pius' IX. wuchs sein politischer Einfluß in Toscana. Sein offener Brief an Mazzini zog ihm 1847 eine neue Verbannung nach Porto Ferrajo zu. In die durch Leopold II. mit einer Verfassung beschenkte Heimat zurückgekehrt, gab er zu Florenz ein republikanisches Blatt: [* 7] »L'Inflessibile«, heraus, wurde zum Deputierten gewählt und dann ins Ministerium berufen als Kabinettspräsident mit dem Portefeuille des Innern.

Nach der Flucht des Großherzogs ward Guerrázzi von der Nationalversammlung mit Montanelli und Mazzoni in das leitende Triumvirat gewählt, und das Übergewicht seiner energischen Natur war so groß, daß man ihn als Diktator bezeichnete. Er suchte der hereinbrechenden Anarchie entgegenzuarbeiten und widersetzte sich der Proklamation der Republik und dem Anschluß Toscanas an die römische Republik Mazzinis. Als darauf nach der Niederlage der Italiener bei Novara eine Gegenrevolution in Florenz ausbrach und die großherzogliche Regierung wieder ans Ruder kam, wurde Guerrázzi festgenommen und in das Staatsgefängnis nach Volterra gebracht.

Corry - Corsica

Bild 4.292: Corry - Corsica
* 8 Corsica.

Hier schrieb er die bekannte »Apologia della vita politica di Guerrázzi« (Flor. 1851). Nach dreijähriger Haft zu 15jährigem Gefängnis mit Zwangsarbeit verurteilt, aber vom Großherzog zu lebenslänglicher Verbannung begnadigt, lebte er zunächst auf Corsica, [* 8] seit 1855 in Savona und Genua, [* 9] bis die politischen Verhältnisse 1859 ihm die Rückkehr in seine Vaterstadt gestatteten. Er vermochte sich indessen, obgleich mehrmals ins Parlament gewählt, mit der neuen Ordnung der Dinge nicht zu befreunden und nahm an dem öffentlichen Leben keinen thätigen Anteil mehr. Er verbrachte den Rest seiner Tage meist auf seinem Landhaus in der Nähe von Livorno, wo er 23. Sept. 1873 starb.

Von Guerrazzis Schriften sind außer den bereits genannten besonders noch hervorzuheben: »Orazioni funebri d'illustri Italiani« (1835; 8. Aufl., Palermo [* 10] 1861);

ein historisches Drama: »I Bianchi ed i Neri« (Flor. 1847);

eine Reihe historischer Erzählungen, die alle zahlreiche Auflagen erlebten: »Veronica Cybo, duchessa di San Giuliano« (Livorno 1837),

»Isabella Orsini« (das. 1844),

»Beatrice Cenci« (Flor. 1854, 2 Bde., deutsch, Hamb. 1858),

ein Roman, der außerordentlichen Beifall fand, jedoch den wirklichen Sachverhalt schief darstellt;

ferner: »Pasquale Sottocorno« (Turin [* 11] 1857),

»La torre di Nonza« (1857),

»Pasquale Paoli« (Mail. 1860),

die in ihrer Einfachheit anziehende Erzählung »Il buco nel muro« (das. 1862),

»Paolo Peliccioni« (das. 1864) u. a. Ein seltener genanntes, aber merkwürdiges Buch von Guerrázzi ist: »L'asino, un sogno« (6. Aufl., Mail. 1863),

worin mit staunenswerter Gelehrsamkeit das, was die Litteratur und die Geschichte der Völker über den Esel darbietet, zu einer großartigen Satire verarbeitet ist.

Noch sind seine »Memorie« (Livorno 1848) und »Vita di Andrea Doria« (Mail. 1863, 3. Aufl. 1874) zu erwähnen. Aus seinem Nachlaß gab Guerrini den Roman »Il secolo che muore« (Rom 1885, 4. Bde.) heraus. Origineller, von Schwulst nicht freier Stil, rege, zu Ungeheuerlichkeiten geneigte Phantasie kennzeichnen Guerrázzi namentlich als Romanschriftsteller, dem jedoch die ungewöhnliche Begabung nur als Mittel galt, freiheitlichen und nationalen Gedanken einen packenden Ausdruck für die Massen zu geben. Seine Briefe sammelte Carducci (Livorno 1880-82, 2 Bde.).

Vgl.   Bosio, e le sue opere (Livorno 1865);

Fenini, Manzoni und Guerrázzi, kritische Studien (a. d. Ital. von Kitt, Mail. 1875).