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Holberg | eLexikon | Litteratur - Nordische Literaturen - Dänemark

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
  • ️Sun Dec 03 1684

Holberg,

Ludwig, Freiherr von, der Vater des dänischen Lustspiels und der Schöpfer der neuern dänischen Litteratur, geb. 3. Dez. 1684 zu Bergen [* 2] in Norwegen, [* 3] war von seinem Vater, der sich vom gemeinen Soldaten zum Oberstleutnant aufgeschwungen hatte, für den Militärdienst bestimmt, wurde, 10 Jahre alt, in ein norwegisches Regiment eingereiht, durfte jedoch später, da er im Soldatenstand keine Befriedigung fand, in Kopenhagen [* 4] Theologie studieren und ward 1702 Hauslehrer.

Spottiswoode - Sprache

Bild 15.177: Spottiswoode - Sprache (physiologisch)
* 5 Sprache.

Darauf erhielt er die geringe Stelle eines Pfarrvikars in Norwegen, erübrigte sich aber durch Privatunterricht so viel, daß er seine Lust, fremde Länder und Sitten kennen zu lernen, befriedigen und Holland und Frankreich bereisen konnte. Geldmangel nötigte ihn zur Rückkehr nach Kopenhagen, wo er nun als Lehrer der englischen, französischen und italienischen Sprache [* 5] lebte, worauf er eine Reise nach England und von da als Hofmeister eines jungen Grafen nach Deutschland [* 6] unternahm.

Einige geschichtliche Arbeiten verschafften ihm 1714 eine außerordentliche Professur an der Universität Kopenhagen und den Auftrag, die deutschen Universitäten zu besuchen. Statt dessen ging er aber nach Paris, [* 7] wo er während eines zweijährigen Aufenthalts sich mit der komischen und satirischen Litteratur Frankreichs innigst vertraut machte. Nachdem er noch Rom [* 8] besucht hatte, kehrte er in sein Vaterland zurück, wurde 1717 Professor der Metaphysik und 1720 Professor der Beredsamkeit zu Kopenhagen. Um diese Zeit begann er seine schriftstellerische Thätigkeit mit einigen polemischen Schriften auf historischem Boden und legte die ersten Proben seines poetischen Talents in dem Gedicht »Peder Paars af Hans Mikkelsen Borger i Kallundborg« (1719-20; neueste Ausg. von Liebenberg, Kopenh. 1879; deutsch, das. 1764) ab. »Peder Paars« ist ein in Alexandrinern abgefaßtes komisches Heldengedicht, das in klassischen Gestalten und Situationen alle Borniertheit und philiströse Selbstgefälligkeit der Zeit dem Leser vorführt, während das parodistische Element untergeordnet ist.

Das Gedicht rief einen wahren Sturm hervor, machte aber auch mit einem Schlag berühmt. Darauf folgten: »Hans Mikkelsens fire Skjemtedigte« (1722) und später »Hans Mikkelsens Metamorphoses eller Forvandlinger« (1726). Ein Zufall machte ihn zum Bühnendichter, und schnell hintereinander schrieb er eine große Anzahl Lustspiele, die unter dem Titel: »Hans Mikkelsens Komedier« (1723-25, 3 Bde.) erschienen (eine neue vermehrte Auflage in 7 Bdn. erschien u. d. T.: »Den danske Skueplads« 1731-1754; neueste Ausg. von Liebenberg, Kopenh. 1876) und auch in viele fremde Sprachen (deutsch in Auswahl von Öhlenschläger, Leipz. 1822-23; 4 Bde.; von R. Prutz, Hildburgh. 1868; in der ältesten deutschen Übersetzung hrsg. von Hoffory und Schlenther, Berl. 1885) übertragen wurden.

Als die vorzüglichsten müssen erwähnt werden: »Der politische Kannegießer«, der über die Lust der Handwerker, die schwierigsten politischen Fragen zu debattieren, satirisiert;

»Jakob v. Thyboe«, der in der Art des Plautus einen großprahlerischen Soldaten lächerlich macht: »Erasmus Montanus«, der über die gelehrte Pedanterie und Disputiersucht der Studenten an der Kopenhagener Universität spottet;

»Ulysses von Ithacia«, der mit allen Geschützen des Lachens die deutschen Komödien damaliger Zeit angreift;

»Jeppe vom Berge«, der mit großartigem Humor das jämmerliche Leben des damaligen dänischen Bauern darstellt;

»Don Ranudo de Colibrados«, worin über Dummstolz und damit verbundene Armut satirisiert wird, und »Die Wochenstube« welche uns eine ganze Reihe komischer Weibertypen damaliger Zeit vorführt.

Thrombus - Thugut

Bild 15.676: Thrombus - Thugut
* 9 Thron.

Durch sie ward Holberg der Stifter der komischen Bühne der Dänen und bereicherte das von ihm gegründete Nationaltheater zu Kopenhagen (s. Dänische Litteratur, S. 521). Von anhaltender Arbeit erschöpft, unternahm er 1725 seine fünfte und letzte Reise nach dem Ausland. Christian VI., der kurz vor Holbergs Rückkehr den Thron [* 9] bestiegen hatte, hemmte als Feind jeglichen Vergnügens den Erguß von Holbergs komischem Talent, der sich nun mehr mit gelehrten Arbeiten beschäftigte. Er wurde 1730 zum Professor der Geschichte, 1735 zum Rektor, 1737 zum Quästor der Universität ernannt und 1747 geadelt. Holberg starb 28. Jan. 1754 in Kopenhagen. Den größten Teil seines bedeutenden Vermögens vermachte er der Ritterakademie zu Sorö, wo er auch bestattet ward. Am 31. Okt. 1875 wurde in Kopenhagen seine Bronzestatue (von Th. Stein) vor dem neuen Nationaltheater enthüllt; eine andre (von dem schwedischen Bildhauer Börjesson modelliert) schmückt seit 1884 die Vaterstadt des Dichters.

Außer den Lustspielen, die das Thun und Treiben des dänischen Volkes, vorzüglich des Bürger- und Handwerkerstandes, auf das meisterhafteste schildern und sich durch lebendige, kräftige Laune, gediegenen Scherz und originelle Charaktere auszeichnen, machte besonders noch Holbergs satirisch-humoristischer Roman »Niels Klims unterirdische Reise«, in lateinischer Sprache (»Nicolaii Klimii iter subterraneum«, Leipz. 1741; zuletzt Kopenh. 1866; deutsch von Wolf, Leipz. 1829; dän. von Baggesen, 1789, und von N. V. Dorph, mit historisch-litterarischen Erläuterungen von Werlauff, 1841),

seinen Namen unsterblich. Als Geschichtschreiber hat sich Holberg durch seine »Danemarks Riges Historie« (1732-35, 3 Bde.; neu hrsg. von Levin, Kopenh. 1856),



Holcus - Hölderlin

Bild 8.652: Holcus - Hölderlin
* 10 Seite 8.652.

seine »Almindelig Kirke Historie« (1738-40, 2 Bde.; Ausg. von Liebenberg, Kopenh. 1867-68, 2 Bde.) und die »Beømmellge Mænds og Heltes sammenlignede Historier« (das. 1739; neu hrsg. von Liebenberg, das. 1864-65,

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2 Bde.) nebst den »Heltinders eller navnkundige Damers sammenlignede Historier« (das. 1745; neu hrsg. von Rode, das. 1861), worin er vergleichende Darstellungen berühmter Männer und Frauen nach Plutarchs Vorbild gibt, Verdienste erworben. Wie bei allem, was Holberg geschrieben, ist auch in diesen geschichtlichen Werken der moralische Gesichtspunkt von überwiegender Bedeutung. Ganz selbständig tritt derselbe in mehreren seiner letzten Schriften auf, wie in den »Moralske Tanker« (Kopenh. 1744; neu hrsg. von Roden, das. 1760) und in vielen seiner »Epistlar« (das. 1748-54, 5 Bde.; Ausg. von Brunn, das. 1865-76), die im übrigen Holbergs Vielseitigkeit und Gelehrsamkeit noch einmal in ihrer vollen Kraft [* 11] zeigen.

Noch ist seine interessante, in kultur- und litterarhistorischer Hinsicht wichtige Selbstbiographie (in 3 latein. Briefen, 1727-43) zu erwähnen. Eine kritische Behandlung von Holbergs Schriften versuchten zuerst K. L. Rahbek und Nyerup in der von ihnen veranstalteten Sammlung von Holbergs »Udvalgte Skrifter« (Kopenh. 1804-14, 21 Bde.). Nach ihnen hat sich besonders A. E. Boye durch seine Ausgaben der Lustspiele (1832 u. öfter) und des »Peder Paars« (1832 u. öfter) um die Herstellung des echten Textes verdient gemacht.

Eine kritisch erläuterte Ausgabe der »Komedier« besorgte ferner die durch Liebenberg 1842 zu Kopenhagen gestiftete Holberg-Gesellschaft (Kopenh. 1848-53, 8 Bde.; neue Ausg. 1884 ff.).

Vgl.   Rahbek, Om Holberg som Lystspildigter og om hans Lystspil (Kopenh. 1815-17, 3 Bde.);

Werlauff, Historiske Antegnelser til L. Holbergs Lystspil (das. 1838, 2. Ausg. 1858);

Prutz, L. Holberg, sein Leben und seine Schriften (Stuttg. 1857);

Smith, Om Holbergs Levnet og populäre Skrifter (Kopenh. 1858);

Skavlan, Holberg som Komedi forfatter (Christ. 1872);

Holm, Holbergs statsretlige og politiske Standpunkt (Kopenh. 1879);

G. Brandes, Ludw. und seine Zeit (Berl. 1885).