Jean Paul | eLexikon | Litteratur - Deutsche Literatur - Neuere Dichtung seit 1500
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Jean Paul | ursprünglich Schriftstellername für Jean Paul Friedrich Richter (s. d.). / 10 |
Jean Paul _2 | (spr. schang), s. Richter, Joh. Paul Friedr. / 9 |
Jean Paul
19 Wörter, 141 Zeichen
Litteratur — Deutsche Literatur — Neuere Dichtung seit 1500
Jean
Paul, ursprünglich Schriftstellername für Jean Paul Friedrich Richter (s. d.).
Richmond - Richter
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* 2
Seite 13.810.Richter
(hebr. Schofetim), in der luther. Bibelübersetzung Bezeichnung derjenigen Personen, welche in dem Zeitraum von Josuas Tod bis auf Samuel, von ca. 1450 bis etwa 1100 v. Chr., da die Hebräer eines gemeinsamen Oberhaupts entbehrten, entweder durch Wahl und Aufruf oder aus freiem Entschluß von Zeit zu Zeit an die Spitze des israelitische Volkes oder einzelner Stämme desselben traten. Ihre Namen sind: Othniel, Ehud, Schamgar, Barak, Gideon, Abimelech, Thola, Jair, Jephtha, Ibzan, Elon, Abdon, Simson, Eli, Samuel. Auch eine Richterin, Deborah, welche, mit Barak vereint, gegen die Feinde zog, wird genannt. Die Thaten der einzelnen Schofetim sind in dem alttestamentlichen Buch der Richter (die Elis und Samuels im 1. Buch Samuelis) nur fragmentarisch erzählt. Kommentare zu demselben lieferten Studer (2. Aufl., Bern [* 3] 1842), Bertheau (2. Aufl., Leipz. 1884), Keil (2. Aufl., das. 1874).
Richter
Deutsche Altertümer -
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Deutsche.(Judex), die mit der Ausübung der staatlichen Gerichtsbarkeit betraute Person; insbesondere der zur Ausübung der Rechtspflege in einem bestimmten Bezirk und in einem bestimmten Umfang berufene Beamte (Berufsrichter, Beamtenrichter). Die Zuständigkeit der Gerichte und der bei denselben thätigen Richterbeamten ist in jedem geordneten Staatswesen durch Gesetz und Verordnung normiert (s. Gericht); für das Deutsche Reich [* 4] ist dies namentlich durch das Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Jan. 1877 geschehen.
Doch werden die Verwaltungsrechtspflege und die freiwillige Gerichtsbarkeit durch die Reichsgesetzgebung nicht berührt. Dagegen enthält das Gerichtsverfassungsgesetz die Garantien für die Unabhängigkeit des Richterstandes, indem es zugleich die Voraussetzungen für die Fähigkeit zum Richteramt festsetzt. In letzterer Beziehung wird dreijähriges Studium der Rechtswissenschaft auf einer Universität verlangt und Ablegung zweier Prüfungen, zwischen denen ein dem Vorbereitungsdienst gewidmeter Zeitraum von mindestens drei Jahren liegen muß.
Übrigens ist auch jeder ordentliche öffentliche Rechtslehrer an einer deutschen Universität zum Richteramt qualifiziert. Überhaupt ist jeder, der in einem Bundesstaat die Fähigkeit zum Richteramt erlangt hat, zu jedem Richteramt im ganzen Umfang des Deutschen Reichs befähigt; nur für die Mitglieder des Reichsgerichts wird noch erfordert, daß sie das 35. Lebensjahr vollendet haben. Das Gerichtsverfassungsgesetz schreibt ferner die Ernennung der Richter auf Lebenszeit vor; die Richter sollen einen festen Gehalt mit Ausschluß von Gebühren beziehen, auch darf denselben wegen vermögensrechtlicher Ansprüche aus ihrem Dienstverhältnis, insbesondere auf Gehalt, Wartegeld oder Ruhegehalt, der Rechtsweg nicht verschlossen werden.
Richter (Personenname)
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Seite 13.811.Ebenso ist der Grundsatz der sogen. Inamovibilität der Richter sanktioniert, durch die Bestimmung nämlich, daß Richter wider ihren Willen nur kraft richterliche Entscheidung und nur aus den Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andre Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden können, abgesehen von unfreiwilligen Verletzungen infolge einer Veränderung in der Organisation der Gerichte oder ihrer Bezirke. Diese sämtlichen Vorschriften beziehen sich jedoch nur ¶
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auf die Berufsrichter, also nicht auf die Handelsrichter, welche aus dem Handelsstand zu Beisitzern in die Handelskammern der Landgerichte gewählt werden, und deren Amt ein Ehrenamt ist, ebensowenig auf die Gewerbtreibenden, welche Mitglieder der Fabrik- und Gewerbegerichte sind, und auf diejenigen, welche als Schöffen oder Geschworne fungieren; auch auf die zur Verhütung von Prozessen bestellten Schiedsmänner oder Friedensrichter finden diese Vorschriften keine Anwendung.
Die Grunde, welche einen in Ansehung einer einzelnen Untersuchungs- oder Zivilprozeßsache unfähig machen, sind in der deutschen Strafprozeßordnung und in der Zivilprozeßordnung aufgeführt; so ist z. B. ein in einer Untersuchung unfähig, in welcher er selbst der Verletzte, in einer Prozeßsache, in welcher er selbst Partei, in einer Rechtssache, in der er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist, etc. Auch kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit aus allen Gründen abgelehnt werden, welche geeignet sind, Mißtrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen.
Vgl. Deutsche Strafprozeßordnung, § 22 ff.; Zivilprozeßordnung, § 41 ff.; Gerichtsverfassungsgesetz, § 1-11.
Titel
Elemente zu Richter:1) Joseph, dramat. Dichter und Publizist
2) Jean Paul Friedrich, gewöhnlich mit dem Schriftstellernamen
3) Adrian Ludwig, Maler und Zeichner
4) Ämilius Ludwig, ausgezeichneter Lehrer des Kirchenrechts
5) Hermann Eberhard, Mediziner
6) Ernst Friedrich, Komponist und Musiktheoretiker
7) Gustav, Maler, geb. 3. Aug. 1823 zu Berlin
8) Hieronymus Theodor, Hüttenchemiker
9) Eugen, deutscher Politiker
10) Karl Thomas, Nationalökonom und Dichter
11) Hans, bedeutender Musikdirigent
[13.810] Richter (hebr. Schofetim)
[13.810] Richter (Judex)
Richter,
Wien
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Wien.1) Joseph, dramat. Dichter und Publizist, geb. 16. März 1748 zu Wien, [* 6] ist historisch merkwürdig dadurch, daß er der erste Theaterdichter war, welcher eine Tantieme und zwar die Einnahme der dritten Aufführung seiner Stücke erhielt. Auch ist er der Gründer einer im österreichischen Dialekt geschriebenen Zeitschrift: »Eipeldauer Briefe« (gegründet 1785),
die nach ihm von Gewey, Bäuerle, Gleich, Weiß und Anton Langer (unter dem Titel: »Briefe des Hans Jörgel«) fortgesetzt wurde und eine reiche Quelle [* 7] für interne Sittengeschichte und den Volksdialekt bildet. Richter polemisierte auch gegen den Hanswurst. Von seinen eignen Stücken, für die Gegenwart ohne Wert, wurden die »Zimmerherren in Wien« und das Schauspiel »Das Räubermädchen von Baden« [* 8] noch im ersten Viertel des 19. Jahrh. auf Wiener Vorstadtbühnen gegeben. Richter hatte fremde Länder besucht und in Frankreich den Encyklopädismus kennen gelernt, den er auch durch sein »ABC-Buch für große Kinder« nach Wien zu verpflanzen suchte und zwar mit vielem Erfolg. Er war rastlos in der Polemik gegen alle, welche Kaiser Joseph bekämpften; starb 16. Juni 1813. Seine »Sämtlichen Schriften« erschienen in 12 Bänden (Wien 1813).
2) Jean Paul Friedrich, gewöhnlich mit dem Schriftstellernamen, den er selbst gewählt hatte, Jean Paul genannt, der gefeiertste unter den deutschen Humoristen, wurde 21. März 1763 zu Wunsiedel geboren. Sein Vater, dort Rektor und Organist (die Mutter war aus Hof [* 9] gebürtig, Tochter eines wohlhabenden Tuchmachers), erhielt, als Jean Paul zwei Jahre zählte, die Pfarrstelle des unweit Hof lieblich gelegenen Dorfs Joditz, und hier verbrachte der Dichter seine Kindheitsjahre in stiller, häuslicher Beschränkung, meist sogar von der Dorfschule fern gehalten.
Aus jener Zeit stammte die Neigung Jean Pauls zum Stillleben, zum »geistigen Nestmachen«, der er sein ganzes Leben lang treu blieb. In dem nahen Schwarzenbach, wohin der Vater 1776 versetzt wurde, besuchte der Knabe zuerst regelmäßig die öffentliche Schule, blieb aber im übrigen meist auf selbstgewählte Bildungsmittel angewiesen. Er las schon damals in regellosem Durcheinander alles, was ihm vorkam; in Exzerptenhefte, welche bald zu Foliantendicke anschwollen, trug er, wie er das bis ins Alter fortgetrieben hat, die mannigfaltigsten Notizen ein.
Das unermeßliche Detail aus den verschiedenartigsten Wissensgebieten, welches er in dieser Art zusammenhäufte, diente ihm später nicht eben vorteilhafterweise zur Verwertung in seinen Schriften. Um Ostern 1779 bezog er das Gymnasium in Hof. Bald darauf starb sein Vater. Die Mittellosigkeit der Mutter wurde zwar anfangs für Jean Paul wenig fühlbar, weil seine Familie Unterstützung bei den Hofer Großeltern fand. Als aber nach kurzer Zeit auch diese starben, ohne daß von ihrem Vermögen etwas an Jean Pauls Mutter kam, kehrte bei dieser bitterste Armut ein, unter welcher auch der Dichter lange Jahre schwer zu leiden hatte.
Leipzig
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Leipzig.Schon während seiner Gymnasialzeit regte sich in Jean Paul schriftstellerische Produktionslust. So schrieb er 1780 eine Anzahl Aufsätze über philosophische und naturwissenschaftliche Gegenstände. Unter den ihm damals bekannten Schriftstellerei wirkte Hippel am stärksten auf ihn. 1781 ging er nach Leipzig, [* 10] um Theologie zu studieren; es war ihm jedoch mit seiner Brotwissenschaft von Anfang an kein rechter Ernst. Unter den Professoren, welche er hörte, fesselte ihn der Philosoph Platner eine Weile; bald aber zog er sich fast ausschließlich auf litterarische Privatstudien zurück.
Jetzt wurde Rousseau sein Lieblingsautor, auch von den englischen Humoristen und Satirikern fühlte sich das wahlverwandte Element in ihm mächtig angezogen. Zu den elf großen Quartbänden von Exzerpten, die er nach Leipzig mitgebracht, gesellte sich hier eine weitere stattliche Reihe. Jean Paul trug mit bienenartiger Emsigkeit unglaubliche Massen von Notizen zusammen; in zierlicher Schrift wurden Sammlungen witziger Einfälle, interessanter Begebenheiten, Anekdoten u. dgl. angelegt und fortgeführt; ein besonderes Buch, welches den Titel »Thorheiten« trug, füllte sich mit Stoff zu künftigen Satiren.
Als aber gegen Ende 1781 die materielle Bedrängnis immer höher stieg und die Hoffnung auf Gelderwerb durch Unterricht fortwährend unerfüllt blieb, beschloß er, aus schriftstellerischen Arbeiten den Lebensunterhalt für sich und die Seinigen zu gewinnen. Er arbeitete zunächst, angeregt durch des Erasmus »Encomium moriae«, ein (bis jetzt ungedrucktes) »Lob der Dummheit« aus, in welchem diese redend eingeführt wird und ihr Eigenlob verkündigt. Das Buch fand keinen Verleger. Dagegen gelang es Jean Paul, einen solchen für eine Sammlung einzelner satirischer Aufsätze zu finden, die anonym unter dem Titel: »Grönländische Prozesse« (Berl. 1783) erschien und Satiren über Schriftsteller, Theologen, Weiber, Stutzer, den Ahnenstolz u. dgl. enthielt.
Der Stil des Buches ist schon echt Jean-Paulisch, insofern es darin von oft sehr gesuchten, oft aber auch überaus treffenden Gleichnissen wimmelt und die Antithese bereits als eine bis zum Übermaß gebrauchte Form der Diktion dort vorherrscht. Es weht ein Geist freisinniger Auflehnung gegen alles Dumme und Schlechte durch das Buch; aber schon hier, wie in allen spätern Werken Jean Pauls, ist zu merken, daß der Verfasser die Welt und das Leben mehr aus Büchern als aus unmittelbarer Erfahrung kannte.
Richter (Jean Paul)
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Seite 13.812.Die »Grönländischen Prozesse« fanden bei Publikum und Kritik kühle Aufnahme, der Verleger Voß hatte keine Lust zu weitern Experimenten mit dem jugendlichen Autor; dennoch arbeitete dieser rüstig fort und schrieb neue satirische Aufsätze. Aber mitten in dieser Thätigkeit sah er sich von der Not gedrängt, seinen Gläubigern durch heimliche Entfernung von Leipzig auszuweichen. Im November 1784 traf er, fast erstarrt vor Kälte und mit erfrorner rechter Hand, [* 11] in Hof ein, wo jetzt seine Mutter in den beschränktesten Umständen lebte. Unter mannigfaltiger Störung und Entbehrung setzte ¶
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er dort seine Studien und Arbeiten fort. Versuche, durch Vermittelung berühmter Schriftsteller (er wandte sich an Herder, Wieland, Lichtenberg u. a.) einen Verleger zu gewinnen, schlugen fehl. Zu Anfang 1787 bot sich endlich dem Dichter wenigstens ein Unterkommen als Hauslehrer dar, er übernahm den Unterricht eines jüngern Bruders seines Freundes Örthel zu Töpen. Seine dortige Stellung war jedoch unbehaglich, und schon im Sommer 1789 kehrte er nach Hof zurück.
Inzwischen schrieb er neue Satiren unter dem Titel: »Auswahl aus des Teufels Papieren« (Gera [* 13] 1789), die ebensowenig Aufsehen erregten wie Jean Pauls Erstlingsbuch. Im März 1790 übernahm dieser aufs neue ein Lehramt. Einige Familien zu Schwarzenbach beriefen ihn zum Unterricht ihrer Kinder, und jetzt betrieb der Dichter sein Amt in angenehmen persönlichen Verhältnissen mit wahrhaft begeisterter Freudigkeit. Die Sonntagsbesuche in Hof gewährten erquickliche Erholung, und in dem damals mit seinem dortigen Freund Otto immer inniger geschlossenen Herzensbund erwuchs ihm ein köstlicher Besitz für sein ganzes späteres Leben. Um jene Zeit beschloß der Dichter, sich zuerst in einer größern Schöpfung, einem pädagogischen Roman, zu versuchen.
Ehe derselbe aber in Angriff genommen wurde, entstanden einige kleinere Humoresken: »Die Reise des Rektors Fälbel und seiner Primaner«, »Des Amtsvogts Freudels Klaglibell über seinen verfluchten Dämon« und das »Leben des vergnügten Schulmeisterleins Maria Wuz in Auethal«. Sogleich nach Vollendung des »Wuz« begann Richter den beabsichtigten großen Roman. Während der Arbeit zwar verflüchtigte sich der ursprüngliche Plan, die »Unsichtbare Loge« (Berl. 1793, 2 Bde.) blieb unvollendet; »eine geborne Ruine« nannte der Dichter selbst sein Werk, in welchem neben einzelnen unvergleichlich schönen Stellen bereits die ganze Unfähigkeit Jean Pauls zu plastischer Gestaltung, die maßlose Überwucherung der phantastischen Elemente und alles, was sonst den reinen Genuß an seinen Dichtungen stört, zu Tage trat.
Gleichwohl bildet das Erscheinen des Buches in Jean Pauls Leben einen Wendepunkt günstigster Art. Das verhältnismäßig hohe Honorar, das es eintrug, endete zunächst die materielle Not des Dichters; nicht minder wirkte es geistig befreiend und ermutigend auf ihn. Im Herbst 1792 legte er seine Hand an einen neuen Roman, den »Hesperus« (Berl. 1795),
der sich gleich der »Unsichtbaren Loge« eines großen Erfolgs beim Publikum erfreute. Seit dem Frühling 1794 wieder in Hof bei der Mutter weilend, schrieb er in den nächstfolgenden Jahren: »Das Leben des Quintus Fixlein« (Bair. 1796),
ein humoristisches Idyll wie das Leben Wuz', nur in breiterer Anlage;
die »Biographischen Belustigungen unter der Gehirnschale einer Riesin« (Berl. 1796),
ein Romantorso mit satirischem Anhang;
die »Blumen-, Frucht- und Dornenstücke, oder Ehestand, Tod und Hochzeit des Armenadvokaten Siebenkäs« (das. 1796-97, 4 Bde.), in gewissem Sinn die beste Schöpfung des Dichters, welcher in den Persönlichkeiten des sentimentalen Siebenkäs und des satirischen Leibgeber die entsprechenden Elemente seiner eignen Natur zu verkörpern versuchte.
Weilburg - Weimar
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* 14
Weimar.Noch während der Arbeit an dem letztgenannte Roman empfing Jean Paul eine briefliche Einladung nach Weimar, [* 14] von weiblicher Hand geschrieben. In der Ilmstadt, meldete die Briefstellerin, die sich Natalie nannte (welchen Namen der Dichter alsbald einer Gestalt im Siebenkäs anheftete), seien die besten Menschen von Jean Pauls Werken entzückt. Ohne Verzug folgte dieser dem Ruf. Seine Aufnahme übertraf alle seine Erwartungen; vor allen andern begegnete ihm Charlotte v. Kalb (die pseudonyme Briefschreiberin) mit glühender Verehrung. »Sie ist ein Weib wie keines«, berichtete Jean Paul an Freund Otto, »mit einem allmächtigen Herzen, mit einem Felsen-Ich, eine Woldemarin.« Zurückhaltender empfingen Goethe und Schiller den Hesperusverfasser, der sich in Weimar meist im Kreis [* 15] des ihm wahlverwandten Herder bewegte. In jene Zeit fallen die Anfänge des »Titan«, die Abfassung des »Jubelsenior« (Leipz. 1797) und die Schrift »Das Kampanerthal, oder: Die Unsterblichkeit der Seele« (Erfurt [* 16] 1798). Im Sommer 1797 trat eine neue weibliche Gestalt auf die Lebensbühne des Dichters, Emilie v. Berlepsch, eine junge und schöne Witwe, mit der Jean Paul eine Reihe wunderlich exaltierter Szenen durchmachte.
Hilde - Hildebrand
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* 17
Hildburghausen.Fast hätte eine (vermutlich unglückliche) Heirat den dramatischen Abschluß gebildet. Im Oktober 1797 führte eine Reise nach Leipzig den nun berühmt Gewordenen auf den Schauplatz seiner einstigen Kümmernis, und jetzt drängten sich die Bewunderer um ihn. 1798 folgte auf Einladung der Herzogin Amalie ein abermaliger Besuch in Weimar. Nach einem kurzen Aufenthalt in Hildburghausen [* 17] (Frühjahr 1799), wo er vom Herzog den Titel eines Legationsrats erhielt, ging Jean Paul nach Berlin, [* 18] in der Absicht, sich dort dauernd niederzulassen. Im Mai 1801 verheiratete er sich daselbst mit der Tochter des Tribunalrats Meyer, aber eine vom König erbetene Versorgung blieb versagt. Von den damals entstandenen Werken sind hervorzuheben: »Palingenesien« (Gera 1798, 2 Bde.);
»Jean Pauls Briefe und bevorstehender Lebenslauf« (das. 1799) und die »Clavis Fichtiana« (Erfurt 1800),
eine Satire auf den Fichteschen Idealismus. In Berlin behagte es dem Dichter nicht auf die Dauer;
bald nach seiner Hochzeit nahm er seinen Wohnsitz in Meiningen, [* 19] wo er zum Herzog Georg in vertraute Beziehungen trat und den »Titan« (Berl. 1800-1803, 4 Bde.) vollendete.
Schon im Mai 1803 verließ er Meiningen wieder und siedelte sich nach kurzem Aufenthalt zu Koburg [* 20] in Baireuth [* 21] an, wo er bis zu seinem Tod wohnen blieb. Das nächste größere Werk des fortan in nur selten unterbrochene idyllischer Zurückgezogenheit lebenden Dichters war ein philosophisches, die »Vorschule der Ästhetik« (Hamb. 1805, 3 Bde.; Tübing. 1813),
ein Buch voll geistreichster Einfälle, aber auch voll konfuser Theoreme. Danach folgte die Abfassung der »Flegeljahre« (Tübing. 1804-1805, 4 Bde.). Auch in diesem Roman, welcher zu den genialsten Schöpfungen Jean Pauls gehört und ihm selbst die liebste blieb, hat er die eigne Doppelnatur, die Gemütsinnigkeit und die humoristische Neigung seines Wesens, jene in dem weich gestimmten Walt, diese in dessen Zwillingsbruder Vult, zur Darstellung bringen wollen. In der »Levana, oder Erziehungslehre« (Braunschw. 1807, 3 Bde.; Stuttg. 1815, 4. Aufl. 1861) sollten die in der »Unsichtbaren Loge«, im »Titan« und in den »Flegeljahren« in Romanform dargelegten Grundsätze theoretisch ausgeführt wiederkehrt. Während der Zeit der französischen Fremdherrschaft schrieb Jean Paul zu eigner und seines Volkes Erheiterung die Humoresken: »Des Feldpredigers Schmälzle Reise nach Flätz« (Tübing. 1809) und »Doktor Katzenbergers Badereise« (Heidelb. 1809; Bresl. 1823),
zwei Erzählungen von derbster Komik. Aber auch in ernsthaftern, wenngleich an satirischen Schlaglichtern reichen Schriften suchte er den gesunkenen Mut der Nation aufzurichten, so in der »Friedenspredigt in Deutschland« [* 22] ¶
Fortsetzung Richter:
→ Seite 13.813 || (Heidelb. 1808) und den "Dämmerungen für Deutschland" (Tübing. 1809). Das letztere