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Juristentag | eine freie Vereinigung deutscher und österreichischer Juristen, welche zuerst 1860 durch die / 461 |
Juristentag _2 | # Die Verhandlungen des 21. deutschen Juristentages, welche vom 10.-12. Sept. 1891 in Köln stattfande / 338 |
Juristentag
3 Seiten, 799 Wörter, 6'170 Zeichen
Rechtswissenschaft — Justiz — Juristische Aemter
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Titel
Elemente zu Juristentag:1) für Privatrecht, insbesondere Obligationen- und Pfandrecht
Juristentag,
eine freie Vereinigung deutscher und österreichischer Juristen, welche zuerst 1860 durch die Juristische Gesellschaft in Berlin [* 2] infolge eines von Franz v. Holtzendorff (s. d.) gestellten Antrags nach Berlin berufen, seitdem in meistenteils jährlichen, zuweilen auch längern Zwischenräumen zusammentritt und den Charakter einer Wanderversammlung angenommen hat. Ihr Zweck ist: eine Vereinigung für den lebendigen Meinungsaustausch unter den deutschen Juristen zu bilden, auf den Gebieten des Privatrechts, des Prozesses und des Strafrechts den Forderungen nach einheitlicher Entwickelung immer größere Anerkennung zu verschaffen, die Hindernisse, welche dieser Entwickelung entgegenstehen, zu bezeichnen und sich über Vorschläge zu verständigen, welche geeignet sind, die Rechtseinheit zu fördern. - Zur Mitgliedschaft im J. sind nur Sachverständige (Professoren und Doktoren der Rechte, Richter, Advokaten, Notare etc.) berechtigt.
Nach seinen Statuten bilden politische, kirchliche und staatsrechtliche Fragen keinen Gegenstand der Verhandlung, vielmehr teilt sich die Plenarversammlung des Juristentags in folgende vier Abteilungen:
1) für Privatrecht, insbesondere Obligationen- und Pfandrecht, juristisches Studium und praktische Ausbildung;
2) für Handels-, Wechsel-, See- und internationales Recht;
3) für Strafrecht, Strafprozeß und Gefängniswesen;
4) für Gerichtsverfassung und Zivilprozeß. Diese Abteilungen beraten gesondert und lassen alsdann in den Plenarversammlungen ihre Beschlüsse durch Referenten vortragen, woselbst eine neue Diskussion und Beschlußfassung beantragt werden kann. Zur Vorbereitung der Diskussion wirkt eine aus 19 Mitgliedern zusammengesetzte ständige Deputation, deren Ehrenpräsident der Vorsitzende des legten Juristentags ist. Die Verhandlungen des Juristentags, die Gutachten, Mitgliederverzeichnisse werden von der ständigen Deputation herausgegeben.
Wiesbaden und Umgebung
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* 3
Wiesbaden.Bis zum Herbst 1886 hat sich der J. 18mal versammelt, zuletzt in Wiesbaden; [* 3] seine Mitgliederzahl schwankt zwischen 2000 und 3000. Die im J. 1866 durch die Lostrennung Österreichs eingetretene Krise überstand er glücklich, obwohl seine Auflösung damals in Erwägung gezogen worden war. Nach wie vor sind die österreichischen Juristen zur Mitgliedschaft des deutschen Juristentags berechtigt. Unter dem Präsidium angesehenster Juristen (Wächter, Bluntschli, Gneist, auf dem J. in Leipzig [* 4] 1880 Simson als Ehrenpräsident und der Senatspräsident Drechsler als geschäftsleitender Vorsitzender, 1886 Gneist) hat der J. der deutschen Rechtseinheit erheblichen Vorschub geleistet und zur Überwindung des in den Beamtenkreisen tief eingewurzelten Partikularismus viel beigetragen.
Seine Arbeiten, Gutachten und Beratungen hatten für viele Gesetzgebungsfragen, die nachmals an den norddeutschen und deutschen Reichstag gelangten, die Bedeutung eines juristischen Vorparlaments. Im großen und ganzen überwog in ihm bisher die einer freisinnigen und volkstümlichen Reform und der nationalen Rechtseinheit günstige Richtung. Auch auf das Ausland gewann das Beispiel des Juristentags Einfluß. Nach seinem Vorgang organisierten sich größere, periodisch wiederkehrende Versammlungen von Juristen in der Schweiz, [* 5] in den Niederlanden, in den skandinavischen Ländern, in Italien; [* 6] nirgends jedoch zeigte sich eine so lebendige Anteilnahme wie gerade in Deutschland, [* 7] wo Wanderversammlungen der verschiedenen modernen Berufsklassen gleichsam zu einem Bestandteil des nationalen Lebens geworden sind.
Vgl. die »Verhandlungen« des 1. bis 18. deutschen Juristentags (Berl., seit 1860);
hierzu das Generalregister von Kissling: »Die Verhandlungen der ersten zehn Juristentage« (das. 1873).
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Titel
Elemente zu Juristentag:[9.333] Juristentag eine freie Vereinigung deutscher und österreichischer
Juristentag.
Köln
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* 8
Köln.Die Verhandlungen des 21. deutschen Juristentages, welche vom 10.-12. Sept. 1891 in Köln [* 8] stattfanden, haben wie ihre Vorgänger gezeigt, daß die oft geäußerte Ansicht, mit dem Zusammenbruch des Deutschen Bundes habe der J. Zweck und Bedeutung verloren, nicht zutreffend ist. Allerdings kann es sich nicht mehr darum handeln, die Entwickelung eines einheitlichen Rechtes für Deutschland und Österreich [* 9] zu fördern. Aber um so mehr ist es seither dem J. vergönnt gewesen, für den engern Kreis [* 10] des Deutschen Reiches mit Erfolg an der Herstellung der Rechtseinheit mitzuarbeiten.
Juristentag (Köln 1891
![Bild 19.515: Juristentag (Köln 1891) [unkorrigiert] Bild 19.515: Juristentag (Köln 1891) [unkorrigiert]](http://peter-hug.ch/meyers/thumb/19/19_0515.jpeg)
* 12
Seite 19.515.Und auch der deutsch-österreichische Charakter dieser Vereinigung ist keineswegs gegenstandslos geworden; denn wenn auch eine formelle Rechtseinheit für beide Reiche nicht mehr angestrebt werden kann, so bringt doch die Gleichheit in Sitte und Kultur das Bedürfnis nach gleichem Recht mit sich. So strebt denn auch Österreich nach einer Reform des Zivilprozesses auf derjenigen Grundlage, auf welcher die Zivilprozeßordnung für das Deutsche Reich [* 11] beruht; ebenso sind die Ziele, welche deutsche wie österreichische Juristen sich in den Fragen einer Umgestaltung des Strafgesetzbuchs stecken, zum Teil der gleichen Art; ferner sind das Handelsgesetzbuch und die Wechselordnung beiden Ländern gemeinsam, so daß auch ein gemeinsames Interesse an der gleichheitlichen Fortbildung von Handels- und Wechselrecht besteht. Auch anderwärts sehen wir die Juristen stammverwandter, aber politisch getrennt lebender Völker zu gleichem Streben vereinigt, so im nordischen J., welchem dänische, norwegische und schwedische Juristen angehören. Das Zusammenhalten der deutschen und österreichischen Juristen im deutschen J. ist daher heute noch voll berechtigt, was auch in Österreich ¶
forlaufend
neuer-501
dings wieder mehr und mehr empfunden wird. Inner- j halb des Deutschen Reiches aber hat in den letzten Jahren der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches das Interesse an den Arbeiten des Juristentags er- i heblich gesteigert. Der Besuch des Iuristentages in Köln ließ das erkennen; es waren 563 Mitglieder anwesend, während in den Vorjahren die Zahl 400 ! regelmäßig nicht überstiegen wurde. Der zuletzt erwähnte Gesetzentwurf bildete naturgemäß den Hauptgegenstand der Verhandlungen.
Seit dem 13. I. (Salzburg [* 13] 1876) tauchte vereinzelt in den der Begutachtung unterstellten Fragen der Ausdruck »bürgerliches Gesetzbuch« auf. Im ersten Jahre nach Abschluß des Entwurfs, auf dem 19. I. zu Stettin [* 14] (1888) standen 13 Fragen zur Beratung, wovon 8 sich auf den Entwurf bezogen;
der folgende Tag zu Straßburg [* 15] (1889) befaßte sich ausschließlich mit diesem Entwurf und zwar in 15 Punkten;
auf der Tagesordnung zu Köln Jeder der drei Abteilungen waren fünf Beratungsgegenstände zugeteilt, wovon die dritte Abteilung jedoch nur drei erledigen konnte;
aus Mangel an Referenten wurde von der Tagesordnung die Frage abgesetzt, ob an Stelle der Ehescheidungsstrafen in der Weise, wie der Entwurf des bürgerlichen Gesetzbuches dies beabsichtigt, nur eine Verpflichtung des für den schuldigen Teil erklärten Ehegatten zur Gewährung des Unterhaltes an den andern der Unterstützung bedürftigen Gatten einzuführen sei.
Ferner wurde die Frage, ob Änderungen des geltenden Rechtes in betreff des Verhältnisses zwischen Geld- und Freiheitsstrafen erwünscht seien, deshalb vertagt, weil es sich empfehle, die Veröffentlichung der Verhandlungen abzuwarten, welche die internationale kriminalistische Vereinigung auf ihrer dritten Jahresversammlung Ende August 1891 gepflogen hatte. Nach Erstattung des von Professor Eck-Berlin als Schriftführer des Iuristentages vorgetragenen Berichts über die..Fortschritte der Gesetzgebung in Deutschland und Österreichseitdemletzten I. begannen die Abteilungssitzungen, welche die Arbeitszeit des 10. und 11. Sept. in Anspruch nahmen.
Das Ergebnis der hier gepflogenen Beratungen wurde durch die von den Abteilungen hierzu aufgestellten Berichterstatter in der zweiten Plenarsitzung 12. Sept. zur Kenntnis gebracht. Über die Mittel zur Bekämpfung der Mißbräuche, welche sich bei den Abzahlungsgeschäften herausgestellt haben, war kein Abteilungsbeschluß zu stände gekommen. Es wurde zwar allgemein angenommen, daß erhebliche Mißstände in dieser Richtung vorhanden seien, aber die Mitglieder waren verschiedener Meinung nicht nur darüber, ob diese Geschäfte ganz zu verbieten oder ob nur die Mißbräuche abzuschneiden seien, sondern ebenso über die Mittel, mit oenen das letztere erfolgreich angestrebt werden könne.
Bemerkenswert erscheint besonders der Vorschlag, daß der Veräußerer, welcher von dem Rechte der Zurück nähme des verkauften Gegenstandes Gebrauch macht, Äon den bisher erfolgten Zahlungen nur so viel solle behalten dürfen, als nach richterlichem Ermessen der Abnutzung entspreche, und daß, wenn mehrere Gegenstände zugleich oder nacheinander verkauft worden seien, der Richter nach freiem Ermessen bestimmen solle, welche Gegenstände als durch die bisherigen Leistungen vollständig bezahlt zu erachten seien.
Hinsichtlich der Anfechtbarkeit von Schenkungen wegen Verletzung des Pflichtteiles wurde das französische System einpfohlen, wonach die Schenkungen unter Lebenden denen von Todes wegen in diesem Punkte gleichgestellt sind, dagegen abgelehnt der Standpunkt des gemeinen Rechtes, welches die Verletzung des angemessenen Verhältnisses zwischen Schenkung und Vermögen voraussetzt. Der Pflichtteil soll von dem unter Einrechnung sämtlicher Schenkungen ermittelten Nachlaßbetrag berechnet werden.
Die Regelung des Inventarrechts veranlaßte sehr eingehende Beschlüssederersten Abteilung, welche einen möglichst wirksamen Schutz der Gläubiger und Vereinfachung des Inuentarrechts bezwecken. Bezüglich der an die Indossierung von Lagerscheinen zu knüpfenden Rechtswirkungen wurde hervorgehoben, daß von der Indossierung zum Zwecke der Verpfändung nur sehr geringer Gebrauch gemacht werde. An die Indossierung der Lagerscheine ist zu knüpfen der Übergang aller Rechte aus dem indossierten Papier gegen das Lagerhaus und dieselbe rechtliche Wirkung, welche mit derübergabe der Güter selbst eintreten würde.
Die gesetzliche Einführung von Lagerpfandscheinen wurde aus obigem Grunde gemißbilligt. Der Stellung des Testamentsvollstreckers hat die zweite Abteilung ein ganzes System von Vorschlägen gewidmet. Hiernach soll der Testaments-Vollstrecker nicht als gesetzlicher Vertreter des Erben behandelt werden; vielmehr ist ihm gegenüber den Erben eine freiere und unabhängige Stellung einzuräumen. Insbesondere muß das dem Erben zugedachte Recht, durch seinen Widerspruch Ausführungshandlungen des Testamentsvollstreckers zu hemmen, beseitigt und der Erbe auf den Weg der Klage gegen den Testamentsvollstrecker verwiesen werden.
Dem letztern gebührt in allen Fällen, in denen die Erreichung der ihm vom Erblasser anvertrauten Zwecke es fordert, ein selbständiges Klagerecht gegen den Erben. Anderseits ist der Testamentsvollstrecker nicht nur den Erben, sondern allen Beteiligten gegenüber zur Ausführung des letzten Willens zu verpflichten und für die gehörige Erfüllung der Amtspflichten verantwortlich zu machen. Die Bestimmung des Umfanges der rechtlichen Macht des Testamentsvollstreckers ist in erster Linie in den Willen des Erblassers zu stellen.
Der Wille des Erblassers kann vorbehaltlich gewisser Schranken die Befugnisse des Testamentsvollstreckers auch über den vom Gesetz begrenzten Kreis erweitern. Für den Fall, daß ihm die Verwaltung des Nachlasses eingeräumt wird, ist diese vom Gesetz im Sinne der freien Vertrauensstellung des Testamentsvollstreckers auszugestalten;
dem letztern gebührt der Besitz;
er ist als rechter Kläger und Beklagter in Ansehung des Nachlasses zu behandeln;
während der Dauer seiner Verwaltung ist die Zwangsvollstreckung in den Nachlaß nur auf Grund eines gegen ihn vollstreckbaren Titels zuzulassen.
Wer sich dem Erblasser gegenüber zur Übernahme der Testamentsvollstreckung bereit erklärt hat, darf nach Eintritt des Erbfalles mindestensdie nächste Fürsorge nicht ablehnen; wer das Amt formell übernommen hat, darf es nicht einseitig, sondern nur aus erheblichen Gründen mit Bewilligung des Nachlaßgerichts niederlegen. Bezüglich der Verschollenheits- und Todeserklärung beschloß die Abteilung: die Unfallverschollenheit ist unter die Anlässe der Todeserklärung aufzunehmen. Der Tod des Verschollenen ist von dem Zeitpunkt an zu datieren, in welchem der ¶