Kaukasusvölker | eLexikon
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Kaukasusvölker
oder Kaukasische Bergvölker, russ. Kawkáskije Górzy, auch kurzweg Górzy, heißen im allgemeinen die Bewohner der Gebirgsthäler des Kaukasus und seiner Ausläufer sowie der nach dem Kaspischen und Schwarzen Meer hin und im S. vom Rion und der Kura anliegenden Berglandschaften. Die Völker sind ihren Nachbarn selten unter dem Namen bekannt, den sie sich selbst geben, und oft sind aus zufälligen Benennungen (Spitz- und Schimpfnamen) Völkernamen entstanden.
Jedes kleine Völkchen hat außer dem eigenen Namen wenigstens noch so viel andere Benennungen, als es Nachbarn mit verschiedenen Sprachen und Dialekten besitzt, und so ergiebt sich eine scheinbar außerordentlich große Zahl von Stämmen, während die Anzahl der wirklich verschiedenen Völker viel geringer ist. Wenn man von den Russen, Georgiern, Armeniern u. a. absieht, so kann man folgende größere Gruppen unterscheiden. I. Die westliche Gruppe. Dahin zählen die Völker, welche den Küstenstrich des Schwarzen Meers und den Westabhang des Kaukasus vom Flüßchen Ochura im S. bis zur Halbinsel Taman im N. sowie die große Landfläche zwischen dem Kuban und dem Gebirge bewohnen und an der Kuma, dem Podkumok, der Malka, dem Baksan und Terek etwa bis Mosdok sich niedergelassen haben.
Karte zur Geschichte d
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Türkei.Viele dieser Völker sind in die Türkei [* 2] ausgewandert, sodaß sich die angegebenen Grenzen [* 3] verschieben. Hierher gehören 1) die Abchasen (s. d.) und ihre Stammesgenossen, die Abasinzen, die im 17. Jahrh. über den Hauptkamm herüber kamen und sich an den Zuflüssen des Kuban, der Großen und Kleinen Laba, dem Selentschuk, Urup u. dgl. niederließen. Beide zusammen umfassen 42205 Seelen. 2) Die Tscherkessen (Adyge), welche früher wohl die Meeresküste bewohnten.
Kaukerfe - Kaulbach
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Seite 60.260.
Die Reste der
Tscherkessen (im Zeitraum 1858–65 sind gegen ½ Mill. in die
Türkei ausgewandert) wohnen jetzt hauptsächlich
im
Kubangebiet, nur sehr wenige am
Schwarzen
Meer. Sie zerfallen in Abadsechen, Bscheduchen, Kabardiner (82 000 im
Terekgebiet),
Vesleneewer, Schapsugen u. s. w. Die Gesamtzahl der
Tscherkessen beträgt jetzt nicht über 152000 Seelen.
3) Die
Ubychen; sie wohnten einst am
Schwarzen
Meer nordwestlich von den Dschigeten zwischen den
Flüssen Chosta und
Schache. 1883 waren
im
Kaukasus
(Kubangebiet) nur noch 80 Seelen vorhanden, die übrigen sind nach 1864 allmählich nach
Kleinasien ausgewandert.
Sie selbst gaben sich den
Namen Pjoch. – II. Die östliche Gruppe. Zu dieser gehören zahlreiche
Stämme,
welche in
Dagestan, am Südabhang des östl.
Teils des
Kaukasus und am Nordabhang der andischen
Wasserscheide wohnen. Hierher
rechnet man 1) die
¶
mehr
Tschetschen oder Tschetschenzen. Sie bewohnen den Nordabhang der andischen Wasserscheide und die vorliegende Ebene, welche von der Sunscha und deren Zuflüssen bewässert wird. Sie nennen sich selbst Nachtschuoi oder Nachtschi, vom Worte Nach = Volk. Man teilt die Tschetschenzen in der Regel in Hochländer und Bewohner der Ebene und unterscheidet fünf Hauptstämme: a. die eigentlichen Tschetschenzen (im Kreis [* 5] Grosnyj);
b. die Auchower (Kreis Chasaw-Jurt);
c. die Itschkerier;
d. die Inguschen (Kreis Wladikawkas);
ferner die Bergtschetschenzen (Kisten, Tscheberloi, Dsumsoi und Gulgai).
Knochen
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Knochen.Hierher rechnet man auch einen Teil der Tuschen. Die Gesamtzahl der Tschetschenzen beträgt 224 131 Köpfe. Sie sind alle ohne Ausnahme Mohammedaner (Sunniten). 2) Die Lesghier, welche nach ihren noch wenig erforschten Sprachen und nach ihren Wohnsitzen in den abgeschlossenen Schluchten Dagestans in verschiedene Stämme geteilt werden. Hier sind die Awaren mit über 150 000 Köpfen, mit welchen die Didoier und Chwartiner (etwa 6000) nahe verwandt scheinen. Dann die Darginer (etwa 90 000), die Kuriner (mit Rutulern und Zachuren, etwa 160 000), die Laken oder Kasi-Kumuchen etwa 35 000, die Tabasaraner etwa 17 000 und die Udinen am Südabhang des östl. Kaukasus 7273 Seelen. – III. Ferner ist noch zu verzeichnen eine dritte Gruppe von Völkern mongol. Stammes: 1) Reine Mongolen: die Kalmücken (11 837). Sie sind Buddhisten und teilen sich in zwei Klassen: «Weiße Knochen», [* 6] d. i. der Adel, und «Schwarze Knochen», d. i. das gemeine Volk.
2) Türkische Völker: Nogaier (über 70 000), mit ihnen verwandt sind die Kumyken (etwa 80 000), dann die Karatschaier (20 000) und ihre Verwandten im Oberlauf des Backsan, Tschegem und Tscherek: die Urusbier, Tschegemer, Bolkaren, Bisingier und Chulamer (etwa 14 000). – Zu den Bergvölkern rechnet man endlich noch von Völkern iranischen Stammes die Osseten (oder Ironen) etwa 150 000 Köpfe, die Taten (111 000), Talyschiner (etwa 50 000) und Kurden (etwa 82 200), die beiden letzten im Kleinen Kaukasus. –
Vgl. außer ältern Werken von Klaproth und Güldenstedt: Bodenstedt, Die Völker des Kaukasus (2. Aufl., 2 Bde., Berl. 1855);
Berger, Die Bergvölker des Kaukasus (in Petermanns «Mitteilungen», 1860);
von Seidlitz, Ethnographie [* 7] des Kaukasus in Karte und Tabelle (in Petermanns «Mitteilungen», 1880, Bd. 26),
und Die Völker des Kaukasus nach ihrer Sprache [* 8] und topogr.
Verbreitung (in der «Russischen Revue», 1881).
– S. auch die Litteratur bei Kaukasus und Kaukasische Sprachen.