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Lipsius | eLexikon | Philologie und Alterthumskunde - Philologen - Klassische Philologen

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
  • ️Sat Oct 18 1547
Titel
Elemente zu Lipsius:

1) Justus, eigentlich Joest Lips, berühmter Philolog

2) Richard Adelbert, protest. Theolog

3) Konstantin, Architekt, Bruder des vorigen

4) Justus Hermann, Philolog, Bruder des vorigen

5) Marie, unter dem Pseudonym La Mara bekannte Musikschriftstellerin

Lipsĭus,

Non-ens - Nonne

Bild 12.210: Non-ens - Nonne
* 10 Nonius.

1) Justus, eigentlich Joest Lips, berühmter Philolog, geb. 18. Okt. 1547 zu Oberrissche bei Brüssel, [* 2] gebildet in Ath und bei den Jesuiten zu Köln, [* 3] studierte seit 1563 zu Löwen [* 4] die Rechte, besonders aber Humaniora, wurde 1567 infolge der »Variarum lectionum libri III« als Sekretär [* 5] seines Gönners, des Kardinals Granvella, nach Rom [* 6] berufen, kehrte 1569 nach Löwen zurück, ging aber bald darauf nach Wien [* 7] und folgte 1572 einem Ruf als Professor der Beredsamkeit und Geschichte nach Jena. [* 8] Wegen Mißhelligkeiten mit seinen Amtsgenossen wendete er sich 1574 nach Köln, wo er seine »Antiquarum lectionum libri V« (Antwerp. 1575) schrieb, hielt seit 1576 in Löwen Vorlesungen, wurde 1578 unter Übertritt zur reformierten Kirche Professor der Geschichte zu Leiden, [* 9] enthob sich 1591, nachdem seine Stellung durch die Abhandlung »De una religione« und seine »Politicorum libri IV« bereits unhaltbar geworden war, durch Rücktritt zur katholischen Kirche selbst seines Amtes und wirkte seit 1592 als Professor der alten Geschichte in Löwen, wo er, kurz vorher auch zum Historiographen des Königs ernannt, 23. März 1606 starb. 1853 wurde ihm daselbst ein Denkmal errichtet. Lipsius' Verdienste erstrecken sich besonders auf die römischen Antiquitäten und die Kritik lateinischer Texte, vorzugsweise archaistischer und aus der silbernen Latinität. In letzterer Beziehung heben wir seine Leistungen zu Plautus, Nonius, [* 10] Vellejus, Valerius Maximus, dem Philosophen Seneca, des Plinius »Panegyricus«, besonders aber seine Ausgabe des Tacitus (Antwerp. 1574; zuletzt 1600, 1607 u. 1668) hervor. Dem entsprechend ist auch sein lateinischer Stil eine Verschmelzung der archaistischen Latinität mit der des Apulejus, Tertullian, Cyprian und Arnobius und blieb nicht ohne nachteiligen Einfluß auf die Schreibweise der nächstfolgenden Philologen. In der Philosophie war er, wie sein Werk »De constantia in malis publicis« (Antwerp. 1575) beweist, Anhänger der Stoiker.

Seine Briefe wurden von ihm selbst (Leiden 1586-90, 2 Bde.) und von Burmann (Amsterd. 1725, 5 Bde.) gesammelt. Daneben verfaßte er: »Epistolicarum quaestionum libri V« (Antwerp. 1577). Seine »Opera omnia« erschienen zu Antwerpen [* 11] (1585, 8 Bde.), vollständiger zu Wesel [* 12] (1675, 4 Bde.).

Vgl.   Reiffenberg, De J. Lipsii vita et scriptis (Brüssel 1823);

Nisard, Le [* 13] triumvirat littéraire au XVI. siècle (Par. 1852);

Halm, Über die Echtheit der dem Justus Lipsius zugeschriebenen Reden (Münch. 1882);

Amiel, Un publiciste du XVI. siècle, Juste Lipsius (Par. 1884);

van der Haeghen, Bibliographie Lipsienne (Gent [* 14] 1886 ff.).

Gerabronn - Gerade und

Bild 7.154: Gerabronn - Gerade und Ungerade
* 15 Gera.

2) Richard Adelbert, protest. Theolog, geb. 14. Febr. 1830 zu Gera, [* 15] Sohn von Karl Heinrich Adelbert Lipsius (gest. 1861 als Rektor der Thomasschule in Leipzig), [* 16] studierte bis 1848 zu Leipzig Theologie, ließ sich 1855 daselbst als Privatdozent nieder. Nachdem er 1859 zum außerordentlichen Professor vorgerückt war, wurde er als Ordinarius 1861 nach Wien, 1865 nach Kiel, [* 17] 1871 nach Jena berufen. An der österreichischen Generalsynode von 1864 beteiligte er sich als Abgeordneter der Universität;

auf dem Protestantentag zu Osnabrück [* 18] 1872 erstattete er Bericht über die Bekenntnisfrage;

auf der ersten Landessynode des Großherzogtums Weimar [* 19] 1874 war er Führer der liberalen Partei;

seit 1875 redigiert er die »Jahrbücher für protestantische Theologie«.

Unter seinen zahlreichen Schriften heben wir hervor: »Die Paulinische Rechtfertigungslehre« (Leipz. 1853);

»De Clementis Romani epistola ad Corinthios priore« (das. 1855);

»Der Gnostizismus« (das. 1860);

»Zur Quellenkritik des Epiphanios« (Wien 1865);

»Chronologie der römischen Bischöfe bis zur Mitte des 4. Jahrhunderts« (Kiel 1869);

»Glaube und Lehre. [* 20] Theologische Streitschriften« (das. 1871);

»Die Pilatus-Akten« (das. 1871, neue Ausg. 1886);

»Die Quellen der römischen Petrussage« (das. 1872);

»Über den Ursprung des Christennamens« (Jena 1873);

»Die Quellen der ältesten Ketzergeschichte« (Leipz. 1875);

»Lehrbuch der evangelisch-protestantischen Dogmatik« (Braunschw. 1876, 2. Aufl. 1879),



Lips Tullian - Liquid

Bild 10.824: Lips Tullian - Liquid
* 21 Seite 10.824.

dazu

mehr

»Dogmatische Beiträge zur Verteidigung und Erläuterung meines Lehrbuchs« (Leipz. 1878);

»Die edessenische Abgar-Sage« (Braunschw. 1880);

»Die apokryphen Apostelgeschichten und Apostellegenden« (das. 1883-87, 2 Bde.);

»Philosophie und Religion« (das. 1885).

3) Konstantin, Architekt, Bruder des vorigen, geb. 20. Okt. 1832 zu Leipzig, bildete sich auf der Baugewerksschule und der Kunstakademie daselbst und von 1851 bis 1854 auf der Kunstakademie zu Dresden [* 22] unter Nicolai. Nach einer Studienreise nach Venedig [* 23] und Paris [* 24] ließ er sich in Leipzig nieder, wo er unter anderm das neue Johanneshospital (1872) erbaute und 1876 Direktor der Bauschule wurde. 1881 erhielt er einen Ruf als Nachfolger Nicolais an die Dresdener Kunstakademie. Er hat ferner die Johanniskirche zu Gera, die neue Peterskirche zu Leipzig (mit Hartel) und das neue Gebäude der Kunstakademie im Renaissancestil zu Dresden erbaut. Er schrieb: »Gottfried Semper in seiner Bedeutung als Architekt« (Berl. 1880).

Meißen - Meißner

Bild 11.436: Meißen - Meißner
* 25 Meißen.

4) Justus Hermann, Philolog, Bruder des vorigen, geb. 9. Mai 1834 zu Leipzig, studierte daselbst 1850-55, wirkte seit 1856 an der dortigen Nikolaischule und Thomasschule, wurde 1857 Oberlehrer in Meißen, [* 25] 1860 Oberlehrer und dann Professor in Grimma, [* 26] 1863 Konrektor und 1866 Rektor an der Nikolaischule zu Leipzig, daneben 1869 außerordentlicher Professor der klassischen Philologie an der Universität, Ostern 1877 ordentlicher Professor an derselben und Direktor des russischen philologischen Seminars, worauf er Michaelis 1877 sein Rektorat niederlegte. Wir verdanken ihm besonders eine Augabe ^[richtig: Ausgabe] von Demosthenes' »De corona« (Leipz. 1876) und eine neue Bearbeitung von Meiers und Schömanns Werk »Der attische Prozeß« (Berl. 1883-1885, 2 Bde.). Mit Curtius, Lange und Ribbeck begründete er 1878 die »Leipziger Studien«, deren Mitherausgeber er noch ist.

5) Marie, unter dem Pseudonym La Mara bekannte Musikschriftstellerin, Schwester des vorigen, geb. 30. Dez. 1837 zu Leipzig, hat sich besonders durch ihr anziehendes und vielverbreitetes Werk »Musikalische Studienköpfe« (Leipz. 1868-82, 5 Bde.; zum Teil mehrfach aufgelegt) einen Namen gemacht. Außerdem veröffentlichte sie: »Musikalische Gedanken-Polyphonie«, eine Sammlung von Aussprüchen berühmter Musiker über ihre Kunst (Bresl. 1873);

»Beethoven« (2. Aufl., Leipz. 1873);

»Im Hochgebirge, Skizzen aus Oberbayern etc.« (das. 1876);

Bairak - Baireuth

Bild 2.268: Bairak - Baireuth
* 27 Baireuth.

»Das Bühnenfestspiel in Baireuth« [* 27] (das. 1877);

»Sommerglück«, Skizzen (das. 1881),

und »Musikerbriefe aus fünf Jahrhunderten« (das. 1886, 2 Bde.) sowie eine deutsche Bearbeitung von Liszts Werk »Friedrich Chopin« (das. 1880).