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Mickiewicz | eLexikon | Litteratur - Polnische Literatur

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
  • ️Mon Dec 24 1798

Mickiewicz

(spr. mizkjéwitsch), Adam, der bedeutendste poln. Dichter, geb. 24. Dez. 1798 zu Nowogrodek in Litauen, studierte in Wilna, [* 2] wo 1822 die erste Sammlung seiner Balladen und Romanzen erschien, und ward sodann Professor der Litteratur am Gymnasium zu Kowno. Unglückliche Liebe inspirierte den Dichter hier zu seiner ersten größern Schöpfung, einem dramatischen Fragment, »Dziady« (»Totenfeier«, 1823; deutsch von S. Lipiner, Leipz. 1887) genannt, worin er neben seinem persönlichen Schmerz den Verzweiflungsruf seiner geknechteten Nation in ergreifender Weise ertönen läßt.

Moskau (Industrie, Han

Bild 11.829: Moskau (Industrie, Handel)
* 3 Moskau.

Wegen Teilnahme an einer Studentenverbindung 1824 verhaftet und nach dem Innern Rußlands verbannt, lebte er in Moskau, [* 3] besuchte von hier aus die Krim, [* 4] die er in »Sonetten aus der Krim« besang (deutsch von P. Cornelius, Leipz. 1868),

und ließ sich dann in Petersburg [* 5] nieder. Sein erstes Epos: »Konrad Wallenrod« (Petersb. 1828, Leipz. 1858; deutsch von Kannegießer, das. 1834; von Weiß, Brem. 1871),

Banco - Banda

Bild 2.309: Banco - Banda
* 12 Band.

künstlerisch vollendeter als die »Totenfeier«, gewann unter den Polen die Popularität eines Nationalepos und trug viel zur Weckung des Nationalgefühls bei. Der Stoff dieses Gedichts wie auch zu Mickiewicz' zweiter epischer Dichtung: »Grażyna« (deutsch von Nabielak und Werner, Posen [* 6] 1851; von Weiß, Prag [* 7] 1876), ist den Verzweiflungskämpfen der Litauer gegen den Orden [* 8] der Deutschherren entlehnt. Seit 1829 bereiste Mickiewicz Deutschland, [* 9] Frankreich und Italien. [* 10] Auf die Nachricht von dem Ausbruch der polnischen Revolution wollte er nach Polen eilen, ward aber in Posen zurückgehalten und ging hierauf nach Paris, [* 11] wo er seinen Dichtungen, die 1828 in 3 Bänden erschienen waren, 1832 einen 4. Band [* 12] hinzufügte. In seiner Schrift »Księgi narodu polskiego i pielgrzymstwa polskiego« (Par. 1832; deutsch u. d. T.: »Die Bücher des polnischen Volkes und der polnischen Pilgerschaft«, das. 1833) behandelte er in einer der Heiligen Schrift nachgebildeten Diktion die Bestimmung Polens in der Vergangenheit und Zukunft.

Zwei Jahre später erschien seine dritte epische Dichtung: »Pan [* 13] Tadeusz« (Par. 1834, 2 Bde.; deutsch von Spazier: »Herr Thaddäus, oder der letzte Sajasd in Litauen«, Leipz. 1836; von Weiß, das. 1882; von Lipiner, das. 1882), das vollendetste Werk des Dichters und die Perle der slawischen Litteraturen überhaupt. Die Fabel spielt im Jahr 1812, das durch Napoleons I. Feldzug die polnische Nation ihre Wiederherstellung hoffen ließ, und dreht sich um eine Nachbarfehde und einen Überfall (zajazd), einen der vielen Mißbräuche, woran sich Polens Eintracht und Kraft [* 14] zersplitterten.

Der epische Faden, [* 15] der sich durch das Gedicht zieht, ist nur ein dünner; desto reicher reihen sich daran Schilderungen litauischen Volkslebens, idyllische Landschaftsgemälde und komische Genrebilder. Unter den Naturschilderungen verdient die Beschreibung der grauenvollen Waldeinsamkeit der litauischen Urwälder besondere Hervorhebung. Nach diesem Werk hat Mickiewicz kein größeres Produkt mehr geliefert, sondern sich in historische Studien über das Slawentum vertieft.



Micklucho-Maclay - Mid

Bild 11.590: Micklucho-Maclay - Middelburg
* 17 Seite 11.590.

Nach kurzem Aufenthalt zu Lausanne, [* 16] wo er eine Professur der lateinischen Litteratur bekleidete, wurde ihm 1840 die Professur der slawischen Litteraturen am College de France übertragen. Seine 1840-43 hier gehaltenen Vorträge (»Vorlesungen über slawische Litteratur und Zustände«, deutsch, Leipz. 1843-44, 4 Bde.; 2. Ausg. 1849), obschon mehr durch Schwung der Phantasie als durch gründliches Quellenstudium ausgezeichnet, erregten anfangs großes Aufsehen; als sie aber nach seiner Bekanntschaft mit dem Schwärmer Towianski allmählich in eine Verherrlichung des sogen. Messianismus ausarteten, wurde er durch ein Dekret vom 12. April 1844 seiner Professur entsetzt und dieselbe seinem Freunde, dem Dichter A. Chodzko, übertragen. Not und Mangel zogen jetzt in das Haus des Dichters; auch sein Familienglück begann zu schwinden. Ludwig Napoleon ernannte ihn 1852 zum Bibliothekar einer der kaiserlichen Bibliotheken. Während

mehr

des orientalischen Kriegs reiste als Abgesandter der französischen Regierung nach der Türkei; [* 18] indes griff das ungewohnte Lagerleben, dem er sich unterziehen mußte, seine Gesundheit dergestalt an, daß er bereits 28. Nov. 1855 in Konstantinopel [* 19] starb. Der Leichnam wurde nach Paris gebracht und auf dem Friedhof zu Montmorency beerdigt. ist der eigentliche Reformator der polnischen Litteratur und ohne Zweifel der bedeutendste Dichter, den die Slawen bis jetzt aufzuweisen haben.

Neben der Volkspoesie haben Shakespeare, Goethe und vorzugsweise Byron auf ihn eingewirkt. Er ward so der Bannerträger der Romantik in seinem Land; allein er wußte dieselbe so glücklich mit den nationalen Elementen zu verschmelzen, daß er mit Recht als der polnische Nationaldichter verehrt wird. In Posen ward ihm 1859 ein Denkmal errichtet. Seine vielfach aufgelegten Schriften (»Pisma«) erschienen unter anderm gesammelt Paris 1860-61, 11 Bde.;

Leipzig [* 20] 1862-69, 5 Bde.;

Lelienbergh - Lemberg

Bild 10.678: Lelienbergh - Lemberg
* 21 Lemberg.

in einer Volksausgabe (von Malecki) Lemberg [* 21] 1885 ff., 4 Bde. Aus dem Nachlaß wurden veröffentlicht: »Pierwsze wieki historii polskiéj« (»Das erste Jahrhundert der polnischen Geschichte«, Par. 1868);

Mickiewicz' Briefwechsel (das. 1870-76, 3 Bde.) und »Mémorial de la légion polonaise de 1848 créée en Italie« (das. 1877).

Vgl.   »Adam eine biographische Skizze« (Leipz. 1857);

Fontille (Mainard), Adam Mickiewicz, sa vie et sa croyance (Par. 1862).