Minister | eLexikon | Rechtswissenschaft - Verwaltung - Verwaltungsbeamte
- ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
- ️Sun Apr 16 1871
Titel
Elemente zu Minister:1) die Beratung der Krone entweder durch persönlichen Vortrag der einzelnen M. oder durch kollegialische Antragstellung
1) Die politische Verantwortlichkeit wegen zweckwidriger
Minister
(lat., eigentlich »Diener«, Staatssekretäre), die Inhaber der höchsten Verwaltungsstellen; Ministerium, die oberste Verwaltungsbehörde eines Staats. Das Institut der Ministerien ist eine Schöpfung des modernen Staats, und zwar erscheint dieselbe namentlich in Frankreich seit der Revolution, in Preußen [* 2] seit der Stein-Hardenbergschen Periode, und seitdem hier die Bedeutung des alten Staatsrats mehr und mehr zurücktrat, als vollendet. In England fehlt noch heute die Titulatur Minister für die Inhaber der dortigen Staatssekretariate.
Nach der innern Einrichtung der gegenwärtigen Ministerien erscheint als gemeinsamer Wirkungskreis derselben:
1) die Beratung der Krone entweder durch persönlichen Vortrag der einzelnen oder durch kollegialische Antragstellung seitens eines gesamten, die einzelnen Ministerien in sich schließenden Staatsministeriums (Gesamtministerium);
2) die Ausführung der Gesetze entweder auf Grund besonderer in Gesetzen enthaltener Ermächtigung oder vermöge der allgemeinen Befugnis der ausführenden Gewalt;
3) die Gegenzeichnung (Kontrasignatur) allgemeiner, von der Krone ausgehender Regierungsakte sowohl im Sinn einer Beglaubigung als auch zum Zweck der Feststellung der Ministerverantwortlichkeit;
4) die Anweisung der Behörden bezüglich der Ausführungsweise bestimmter Gesetze oder Verordnungen durch ministerielle Reskripte oder Instruktionen;
5) die Stellenbesetzung entweder direkt auf Grund monarchischer Delegation an die oder thatsächlich im Weg des Vorschlags an den Herrscher. Was die verwaltungsrechtliche Einrichtung der Ministerien anbelangt, so können zwei Systeme unterschieden werden: das sogen. Kollegialsystem, wonach in wichtigern Fällen das Staatsministerium durch Stimmenmehrheit entscheidet, und das sogen. parlamentarische System, wonach an der Spitze des Ministeriums eine »leitende Person«, ein Premierminister oder Ministerpräsident, steht, der die politische Richtung der Regierung nach außen oder auch gegenüber den Parteien zu vertreten und eine gewisse Unterordnung unter die leitenden Gesichtspunkte von den übrigen Ministern zu fordern hat.
Geschichtskarten von D
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Deutschland.Vorausgesetzt sind bei einer derartigen Einrichtung die vollkommene Gleichartigkeit der das Ministerium bildenden Elemente und die Ernennung der einzelnen Fachminister auf Vorschlag des Premiers durch die Krone. Unter den neuern Staatsmännern ist es namentlich Fürst Bismarck, welcher diesem letztern System das Wort geredet hat, freilich ohne Anerkennung der englischen Praxis, nach der das jeweilige Kabinett aus der Parlamentsmajorität gebildet wird, deren Anwendbarkeit aber für Deutschland [* 3] jedenfalls so lange zweifelhaft erscheint, als Minister überhaupt nicht Mitglieder der Kammer zu sein brauchen.
Abgesehen von England und den seinem Beispiel folgenden Staaten, wie Belgien, [* 4] Holland und Italien, [* 5] kann die Krone vielmehr ohne Rücksicht auf parlamentarische Majoritäten und Minoritäten die Minister wählen. Nach deutschem Verfassungsrecht sind die Minister Vertreter der Kronprärogativen und deswegen den Kammern gegenüber mit besondern Rechten ausgerüstet. Sie können zu jeder Zeit in denselben erscheinen und müssen gehört werden, ein Recht, welches nach der deutschen Reichsverfassung (Art. 9) auch den Mitgliedern des Bundesrats in Ansehung des Reichstags eingeräumt ist.
Auch können sich die Minister zur Vertretung der Regierungsvorlagen Kommissare substituieren. Ob Minister, welche nicht Mitglieder der Kammer sind, wegen Verletzung der parlamentarischen Ordnung vom Vorsitzenden eine Rüge empfangen dürfen, ist eine Streitfrage. Die gegenwärtig in den größern Staaten üblichen Fachministerien sind folgende:
1) Ministerium der Finanzen;
3) Marineministerium, in Preußen lange Zeit hindurch mit dem Kriegsministerium verbunden, jetzt unter dem Titel »Kaiserliche Admiralität« auf das Reich übernommen; in Frankreich auch mit der Verwaltung der Kolonien betraut, während in England ein besonderes Staatssekretariat für die dort hochbedeutenden Kolonien besteht;
4) Ministerium für Handel und Gewerbe;
5) Ministerium für öffentliche Arbeiten;
6) Ministerium des Ackerbaues;
7) Ministerium des Innern und der Polizei;
8) Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten;
9) Ministerium der Justiz;
10) Ministerium für Kultus und Unterricht, in Preußen mit dem Ministerium für Medizinalangelegenheiten verbunden, während in Frankreich die Verwaltung der Kultusangelegenheiten mit dem Justizministerium vereinigt ist. Das in vielen Staaten bestehende Hausministerium (Ministerium des königlichen Hauses), welches mit der Verwaltung des Kronvermögens oder der Zivilliste betraut ist, bildet keinen Bestandteil des politischen Staatsministeriums. Neben den Fachministern kommen aber auch Minister ohne Portefeuille vor, die dem Gesamtministerium angehören und im Ministerrat Sitz und Stimme haben, ohne an der Spitze eines besondern Ministeriums zu stehen.
Ministerialen - Minist
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Seite 11.661.Neben der Teilung nach Arbeitsfächern können bei der Organisation der Ministerien auch örtliche und territoriale Gesichtspunkte in Betracht kommen. Schon in der Errichtung kolonialer Ministerien ist dies der Fall. In England ist überdies der schottische Lord Advocate Ratgeber für die Behandlung schottischer Angelegenheiten. Vor der Einverleibung Lauenburgs in den preußischen Staat bestand auch eine besondere Ministerialabteilung für lauenburgische Sachen. In kleinern Staaten zerfällt das Ministerium in verschiedene Departements oder Abteilungen, welche verantwortlichen Departements- oder ¶
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Abteilungsvorständen unterstehen. Die Minister sind vorgesetzte Behörden der Verwaltungsstellen, daher auch verpflichtet und berechtigt, Beschwerden über diese entgegenzunehmen und darüber zu entscheiden. Sie werden dabei unterstützt durch den Vortrag nicht kollegialisch arbeitender Dezernenten, sogen. Ministerial- oder Regierungsräte. Selbst das Justizministerium kann in dieser Richtung auf den Gang [* 7] der Strafrechtspflege durch Anweisung der ihm unterstellten Staatsanwaltschaft einwirken. Im Deutschen Reich werden die Fachministerien durch die alles überwiegende Stellung des Reichskanzlers ersetzt, wenn auch die Einrichtung eines verantwortlichen Reichsministeriums wiederholt angeregt worden ist.
Die für das konstitutionelle Staatsrecht wichtigste Frage der Gegenwart bezieht sich auf die Verantwortlichkeit der Minister gegenüber den Kammern und Volksvertretungen. Schon in der ständischen Monarchie des Mittelalters, namentlich in Deutschland, finden sich zahlreiche Beispiele für die Berechtigung der Stände, die höchsten Beamten der Krone zur Verantwortung zu ziehen. In ihrer gegenwärtigen Gestalt jedoch ist die Ministerverantwortlichkeit dem englischen Staatsrecht entnommen, welchem dann zunächst seit 1789 das französische und ebenso das amerikanische Staatsrecht folgten. Grundsatz des englischen Staatsrechts ist nämlich: »der König kann kein Unrecht thun«, d. h. der König ist zwar für seine Person unverantwortlich, aber jede Gesetzesverletzung ist durch die im Auftrag des Königs handelnden Staatssekretäre oder Minister zu vertreten. Dieser Grundsatz ist in die Verfassungsurkunden der konstitutionellen Monarchien der Gegenwart übergegangen, und auch die deutsche Reichsverfassung vom 16. April 1871 (Art. 17) bestimmt, daß die im Namen des Reichs erlassenen Verfügungen und Anordnungen des Kaisers zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Reichskanzlers bedürfen, welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt. Es ist aber in Ansehung der Ministerverantwortlichkeit zu unterscheiden:
1) Die politische Verantwortlichkeit wegen zweckwidriger, dem Staatswohl nachteiliger Handlungen, z. B. wegen einer das äußere Ansehen der Krone vermindernden Maßregel, wegen schädlichen Abschlusses von Bündnisverträgen mit dem Ausland oder wegen unvorteilhafter Begebung einer bewilligten Staatsanleihe. Diese kann eine Grundlage gerichtlicher Prozedur nicht bilden; wohl aber kann sie zu einem sogen. Mißtrauensvotum der Kammer Veranlassung geben, wodurch in England der Regel nach der Rücktritt eines unpopulären Ministeriums erreicht wird. In den kontinentalen Staaten kann zwar von einer solchen Wirkung keine Rede sein; doch erscheinen die Kammern berechtigt, ein unzweckmäßiges Verhalten des Ministeriums in Form einer Beschwerde oder Adresse zur Erwägung der Krone zu bringen.
2) Die strafrechtliche Verantwortung wegen solcher politischer Verbrechen, die schon in den Strafgesetzbüchern vorgesehen sind. Das Bedürfnis, diese Verantwortlichkeit durch ein konkurrierendes Anklagerecht der Kammern zu verstärken, liegt um deswillen vor, weil eine administrativ abhängige Anklagebehörde oder Staatsanwaltschaft sich nur schwer dazu entschließen wird, ihren eignen Vorgesetzten in den Anklagestand zu versetzen.
3) Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit, insofern die und namentlich der Finanzminister für die budgetmäßige Verwendung der Staatsmittel den Kammern verantwortlich sind, welche ihnen die Decharge (s. d.) verweigern können.
4) Die staatsrechtliche Verantwortlichkeit für die strafgesetzlich nicht bedrohte Verletzung der Verfassung oder der Gesetze schlechthin. Dahin gehören folgende Hauptfälle: die unterlassen Kontrasignatur einer vom Monarchen ausgegangenen und von den Ministern ausgeführten Verordnung, die Verletzung der Gesetzgebungsrechte der Kammern durch verfassungswidrige Publikation sogen. Verordnungen, die unterlassene Ausführung eines verfassungsmäßigen Gesetzes, die Unterlassung der Einberufung der Kammern zur gesetzlich vorgeschriebenen Zeit, verfassungswidrige Erhebung von Steuern und endlich die unterlassene Abhilfe gegenüber den Gesetzesverletzungen untergeordneter Beamten, sofern solche zur Kenntnis der Minister gebracht sind.
Wer das Anklagerecht gegen verfassungsverletzende Minister auszuüben habe, wird in den Verfassungen nicht überall gleichmäßig bestimmt. In England ist es das Unterhaus, welches anklagt, das Oberhaus, welches entscheidet. Diesem Vorbild ist die amerikanische Verfassung gefolgt, indem sie den Senat als Urteilsbehörde über die Anklagen des Kongresses berufen hat, ähnlich die norwegische Verfassung. In Deutschland ist entweder jede Kammer für sich dazu befugt oder ein übereinstimmender Beschluß beider Kammern erforderlich.
Selbstverständlich ist für solche Fälle ein sogen. Staatsgerichtshof nötig, der entweder ein ständiger ist, wie das ehemalige preußische Obertribunal, oder für den einzelnen Anklagefall unter Mitwirkung der Kammern und der Krone zusammengesetzt wird. Als eine Genugthuung für die von Ministern ausgegangenen Verfassungs- und Gesetzesverletzungen kann ohne Rücksicht auf etwa nebenher verwirkte Strafe nur Amtsverlust und Amtsunfähigkeit betrachtet werden.
Auch könnte der Endzweck der Ministerverantwortlichkeit vereitelt werden, wenn der Krone auch hier ein Begnadigungsrecht eingeräumt wäre.
Vgl. R. v. Mohl, Die Verantwortlichkeit der Minister (Tübing. 1837);
Derselbe, Geschichte und Litteratur der Staatswissenschaften, Bd. 1 u. 2 (Erlang. 1855);
Samuely, Prinzip der Ministerverantwortlichkeit (Berl. 1869);
Kerchove de Denterghem, De la responsabilité des ministres (Gent [* 8] 1866);
Rößler, Studien zur Fortbildung der preußischen Verfassung, Bd. 2, S. 86 (Berl. 1864).
Minister.
In den meisten Staaten Bezeichnung für die Regierungsmitglieder, auch für höhere Diplomaten.