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Mutterkorn | eLexikon | Botanik - Pilze - Ascomycetes

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Mutterbänder - Mutterk

Bild 11.946: Mutterbänder - Mutterkuchen
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3 ArtikelTextanfang / Anzahl Wörter
Mutterkorn(Secale cornutum), Pflanzenkrankheit, wird durch einen zwischen den Spelzen von Roggen, Gerste, / 595
Mutterkorn _2(lat. Secale cornutum; frz. ergot oder seigle ergoté; engl. black grain of corn oder blighted / 355
Mutterkorn _3(das Secale cornutum oder der Clavus secalis der Apotheker), schwarzviolette, oft gebogene, / 701

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Mutterkorn

2 Seiten, 1'651 Wörter, 11'934 Zeichen

Botanik — Pilze — Ascomycetes

Mutterkorn

Pilze I

Bild 13.64a: Pilze I
* 5 Pilz.

(Secale cornutum), Pflanzenkrankheit, wird durch einen zwischen den Spelzen von Roggen, Gerste, [* 2] Weizen und zahlreichen Gräsern wachsenden, walzenförmigen, etwas gekrümmten, schwarzvioletten, inwendig weißen Körper, das Sklerotium eines Schmarotzerpilzes, Claviceps purpurea Tul., hervorgerufen (s. Tafel »Pflanzenkrankheiten«, [* 3] Fig. 18 bis 23). Sein Mycelium findet sich nur im Fruchtknoten der jungen Blüte, [* 4] welcher dadurch frühzeitig zerstört wird, so daß an seiner Stelle zunächst ein schmutzig weißer, weicher, an der Oberfläche durch ganz unregelmäßig gewundene Furchen unebener Pilzkörper [* 1] (Fig. 19 a) entsteht, dessen peripherische Fäden ovale, farblose Sporen (Konidien) abschnüren, welche in einer von dem Pilz [* 5] abgeschiedenen, süß schmeckenden, milchartig getrübten Flüssigkeit in sehr großer Menge enthalten sind und mit derselben weiter verbreitet werden; denn dieselbe dringt zwischen den Spelzen hervor, tropft ab und stellt den sogen. Honigtau im Getreide [* 6] dar, welcher hiernach der Vorläufer des Mutterkorns ist.

Knochenöl - Knolle

Bild 9.883: Knochenöl - Knolle
* 7 Knollen.

Dieser Pilz bildet die erste Generation der C. purpurea; er wurde früher für einen selbständigen Pilz, Sphacella segetum Lév. [* 1] (Fig. 20), gehalten. Im Grunde der Sphacelia entwickelt sich aus besondern Myceliumästen desselben das eigentliche Mutterkorn, welches durch Umbildung neuer Myceliumfäden zu immer größerer Länge auswächst und endlich, wenn es zwischen den Spelzen hervortritt, die alsdann vergehende Sphacelia als ein helles Mützchen auf seiner Spitze trägt. Es besteht aus einem Pseudoparenchym, dessen unregelmäßig polygonale Zellen fest miteinander verwachsen sind und an der Peripherie des Körpers dunkelviolette, übrigens farblose Membranen besitzen. Das ist ein Ruhezustand des Myceliums (Sklerotium), für den Pilz ungefähr dasselbe wie die Knollen [* 7] für die Kartoffelpflanze. Gerät das Sklerotium auf oder in feuchten Boden, so läßt es Ende Mai und Anfang Juni des folgenden Jahrs kugelige, rote, gestielte Köpfchen [* 1] (Fig. 21 und 21 a im Längsschnitt) hervorwachsen, in deren Peripherie die zahlreichen Perithecien [* 1] (Fig. 22) mit ihren Sporenschläuchen eingesenkt sind.

Aus den frei stehenden Mündungen [* 1] (Fig. 23 A) derselben werden die fadenförmigen Sporen [* 1] (Fig. 23 B) ausgestoßen, sobald sie ihre Reife erlangt haben. Durch Infektion gesunder Roggenblüten mit den Sporen des Schmarotzers entsteht Mutterkorn, indem dieselben daselbst keimen und zu dem Mycelium sich entwickeln, und zwar bringen die im Frühjahr von den auf der Erde liegenden fruktifizierenden Mutterkörnern stammenden Sporen die ersten Anfänge der Krankheit hervor, während die ungemein rasch keimenden Konidien der Sphacella, wenn sie durch Regen oder Insekten [* 8] auf gesunde Ähren gelangen, die unmittelbare Verbreitung des Übels auf demselben Feld bewirken.

Gräser

Bild 7.629: Gräser
* 9 Gräser.

Man kann der Krankheit nur vorbeugen, wenn man kein mit Mutterkorn verunreinigtes Saatgut verwendet, durch zeitiges Abmähen an Mutterkorn reicher Felder oder durch Absammeln der Mutterkörner das Ausfallen derselben in den Boden verhindert, durch Sorge für ein gleichmäßiges Aufgehen und Entwickeln der Saat die Zeit der Ansteckbarkeit durch die Konidien möglichst abkürzt und solche wild wachsende Gräser, [* 9] welche häufig von Mutterkorn heimgesucht sind, aus der Nähe der Felder, besonders von den Rainen, fern hält.

Das Mutterkorn wirkt in größern Dosen scharf narkotisch. Der fortgesetzte Genuß von Brot, [* 10] welches mit Mutterkorn verunreinigt ist, hat in Gegenden, wo der Roggen stark daran leidet, zu allgemeinen eigentümlichen Krankheiten der Bevölkerung [* 11] (s. Kriebelkrankheit und Antoniusfeuer) Veranlassung gegeben. Man entdeckt das Mutterkorn im Mehl [* 12] durch alkalisches Wasser, welches dadurch violett, bei Säurezusatz rot gefärbt wird, oder an dem Geruch nach Heringen beim Erwärmen des Mehls oder Brots mit Kalilauge.

Man benutzt auch als Arzneimittel, namentlich wegen seiner kräftig zusammenziehenden Wirkung auf die Gebärmutter. [* 13] Der wirksame Bestandteil sind zwei Alkaloide, Ergotin und Ekbolin; außerdem enthält es ca. 25 Proz. fettes Öl und eine eigentümliche Zuckerart (Mykose). Über die Entwickelung des Mutterkorns vgl. Tulasne, L'ergot des glumacées (»Ann. des sc. nat.«, Ser. 3, Bd. 20); Kühn, Die Entwickelung etc. des Mutterkorns (Halle [* 14] 1863); Kobert, Bestandteile und Wirkungen des Mutterkorns (Leipz. 1884).