Nassau | eLexikon | Geschichte - Nassau
- ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
- ️Fri Dec 17 1255
Nassau,
ehemaliges deutsches Herzogtum, das infolge des Kriegs von 1866 an den preußischen Staat kam und gegenwärtig (mit den Kreisen Frankfurt [* 2] a. M. und Hinterland oder Biedenkopf) den Regierungsbezirk Wiesbaden [* 3] der Provinz Hessen-Nassau [* 4] (s. d.) bildet. Das Herzogtum umfaßte 4700 qkm (85½ QM.) mit (1864) 468,311 Einw.
Mainz (Stadt: hervorra
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Mainz.Geschichte. In den Gegenden zwischen dem Rhein, dem Main und der Lahn, also im heutigen Nassauischen, wohnten zur Zeit der Römer [* 5] und diesen unterthan erst die Mattiaken, eine kattische Völkerschaft (bei Wiesbaden), später Alemannen. Das Christentum ist hier schon im 4. Jahrh. von Mainz [* 6] und Trier [* 7] aus gepredigt worden; später gehörte das Land zu den Erzdiözesen Mainz und Trier, zum kleinsten Teil zu Köln. [* 8] Nach der Unterwerfung der Alemannen durch Chlodwig 496 wurden diese Gebiete zum fränkischen Reiche geschlagen und von fränkischen Einwohnern besetzt und kamen durch den Vertrag von Verdun [* 9] 843 zum ostfränkischen, d. h. Deutschen, Reich.
Siegel - Siegen
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Siegen.Seit 815 finden wir als Grafen im Gau Kunigessundra (Ämter Wiesbaden und Hochheim) Hatto I. und seine Nachkommen. Mit diesem Geschlecht scheinen die Grafen von Laurenburg (in der Herrschaft Esterau gelegen, wofür seit 1643 der Name Grafschaft Holzappel aufkam) durch verwandtschaftliche Bande zusammenzuhängen. Als erster ist um 970 Drutwin, Herr von Laurenburg, nachzuweisen. Von ihm oder wahrscheinlicher von seinem Bruder Dudo stammen ab: Graf Dudo und Drutwin von Laurenburg (etwa 1076-1124), zwei Brüder, welche auf einem Berg auf dem linken Ufer der Lahn die Burg Nassau erbauten. Dieser Name findet sich in Urkunden erst 915 für ein Hofgut (curtis Nassowa) Drutwins Nachkommen nannten sich Grafen von Nassau. Die Lehnshoheit über die Burg Nassau ging 1192 von dem Erzstift Trier auf das Reich über. Um 1195 wurde Weilburg erworben. Graf Heinrich (gest. 1247) schenkte die Hälfte der Stadt Siegen [* 10] (1224) dem Erzstift zu Köln, was zu einem 200jährigen Streit zwischen seinen Nachkommen und dem Erzstift führte, bis dieses seine Ansprüche auf Siegen wieder aufgab.
Von seinen Söhnen erhielt bei der Teilung vom 17. Dez. 1255 Walram II. die Besitzungen auf dem linken Lahnufer und wurde Stifter der Walramschen Hauptlinie, Otto I., welchem die Lande auf dem rechten Ufer zufielen, Stammvater der Ottonischen oder Nassau-Oranischen Linie, welch letztere den Thron [* 11] der Niederlande [* 12] einnimmt. Von Walrams Söhnen trat der ältere, Diether, in den Dominikanerorden und ward 1300 Erzbischof von Trier; der jüngere, Adolf, übernahm die Verwaltung des väterlichen Erbes 1277 und ward 1292 zum deutschen König erwählt, verlor aber in der Schlacht bei Göllheim (2. Juli 1298) Thron und Leben. Bei der Teilung (1355) unter Adolfs Enkel begründete Adolf II. die alte Idsteiner Linie (Herrschaften Idstein und Wiesbaden), Johann I. die alte Weilburger Linie (mit Weilburg, Kleeberg, Bleidenstadt); doch behielten beide Brüder gemeinschaftlich mit dem nassau-oranischen Haus die Burg Nassau, die Esterau und die Vogtei Schönau. Die alte Idsteiner Linie, welche 1540 evangelisch wurde, erlosch 1605, und ihre Besitzungen fielen an die Weilburger Linie.
Saarburg - Saargemünd
![Bild 64.121: Saarburg - Saargemünd [unkorrigiert] Bild 64.121: Saarburg - Saargemünd [unkorrigiert]](http://peter-hug.ch/meyers/thumb/64/64_0121.jpeg)
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Saarbrücken.Der Stifter der alten Weilburger Linie, Graf Johann I. (gest. 1371), wurde 1366 in den Reichsfürstenstand erhoben, auf welche Würde seine Nachkommen aber verzichteten. 1442 teilten seine beiden Enkel Philipp II. und Johann II., indem der erstere im Stammland den Weilburger Namen fortsetzte, Johann II. aber in den linksrheinischen Besitzungen die alte Saarbrücksche Linie stiftete, welche mit seinem Enkel Johann III. 1574 erlosch. Philipp III. von Weilburg (1523-59) trat zur protestantischen Kirche über; sein Enkel Ludwig II. vereinigte nach dem Erlöschen der alten Idsteiner Linie (1605) die Lande derselben mit den seinigen. Er hinterließ 1627 drei Söhne, Wilhelm Ludwig, Johann und Ernst Kasimir, welche die väterlichen Besitzungen so teilten, daß Wilhelm Ludwig, als Stifter der neuen Saarbrückschen Linie, Ottweiler, Saarbrücken [* 13] und Usingen, Johann, als Stifter der neuen Idsteiner Linie, Idstein, Wiesbaden und Lahr [* 14] erhielt, während Ernst Kasimir in Weilburg, Kirchheim, Merenberg und Kleeberg die neue Weilburger Linie begründete.
Nassau (Geschichte)
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Seite 11.1019.Die Idsteiner Linie erlosch schon 1721 mit Georg August Samuel, welchem 1688 von dem Kaiser Leopold I. die Erneuerung der alten Fürstenwürde bewilligt worden war, worauf ihre Besitzungen an die Linie Nassau-Saarbrücken fielen. Der Stifter der neuen Saarbrückschen Linie, Wilhelm Ludwig, hinterließ 1640 drei Söhne, die 1659 eine neue Teilung vornahmen. Johann Ludwig nämlich erhielt Ottweiler, Gustav Adolf Saarbrücken und Walrad Usingen. Die Linie Nassau-Ottweiler starb 1728 aus, und ebenso erlosch die Saarbrücksche Nebenlinie bereits 1723. Länger bestand die Usingische Linie, deren Stifter Walrad 1688 gleichfalls in den Fürstenstand erhoben wurde und sich als Feldherr in den Diensten der Generalstaaten der Vereinigten [* 15] Niederlande Ruhm erwarb. Sein Enkel Karl (1718-75), nach dem Erlöschen der Saarbrückschen und Ottweilerschen Linie Herr aller neusaarbrückschen Besitzungen, teilte mit seinem Bruder Wilhelm Heinrich II. und nahm für sich die Länder diesseit des Rheins. Sein Sohn Karl Wilhelm schloß 1783 mit Nassau-Saarbrücken, Nassau-Weilburg und Nassau-Dietz (dem Oranischen Zweig) den nassauischen Erbverein, ¶
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durch welchen die Zusammengehörigkeit und Unveräußerlichkeit von ganz Nassau und das Recht der Erstgeburt anerkannt wurden. Durch den Frieden von Lüneville verlor er die Erbschaft Wilhelm Heinrichs II., der die Saarbrückschen Lande jenseit des Rheins besessen (1100 qkm oder 20 QM. mit 60,200 Einw.), ward aber beim Reichsdeputationshauptschluß 1803 mit den mainzischen Ämtern Königstein, Höchst, Rüdesheim, Hochheim, Oberlahnstein, Eltville, Kastel (dies ward 1806 an Frankreich abgetreten) u. a., mit dem pfälzischen Amt Kaub, den kurkölnischen Ämtern Deutz und Königswinter, den hessischen Ämtern Katzenelnbogen, Braubach, Ems, [* 17] Kleeberg, den Abteien Limburg, [* 18] Romersdorf, Bleidenstadt, Sayn, der Grafschaft Sayn-Altenkirchen und den Reichsdörfern Soden und Sulzbach, im ganzen 1982 qkm (36 QM.) mit 92,000 Einw., entschädigt.
Braunschweig
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Braunschweig.Ihm folgte 1803 sein Bruder Friedrich August, der mit seinem Vetter Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg dem Rheinbund und nach der Auflösung desselben dem Deutschen Bund beitrat, worin Nassau mit Braunschweig [* 19] zusammen die 13. Stimme, im Plenum zwei Stimmen erhielt. Durch den Vertrag mit Preußen [* 20] vom 31. Mai 1815 erhielt er gegen Abtretung mehrerer Ämter, wie Ehrenbreitstein etc., die oranisch-deutschen Besitzungen Dietz, Hadamar, Dillenburg und Beilstein. Schon bei dem Zutritt zu dem Rheinbund war Nassau zu einem unteilbaren Herzogtum erklärt und durch Besitzungen der Oranischen Linie vergrößert worden, die es aber 1813 und 1814 zum Teil zurückgeben mußte. Friedrich August regierte als souveräner Herzog gemeinschaftlich mit dem gleichfalls souveränen Fürsten Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg, an welches nach dem am 24. März 1816 erfolgten Tod Friedrich Augusts, als des letzten Sprossen der Nassau-Usingischen Linie, sämtliche Besitzungen desselben fielen.
Dem Stifter der Nassau-Weilburger Linie, Ernst Kasimir, folgte 1655 sein Sohn Friedrich und diesem 1675 sein Sohn Johann Ernst, der, gleichfalls Fürst 1688, als kaiserlicher Generalfeldmarschall 1703 die Reichstruppen am Rhein gegen die Franzosen befehligte. Zwar ging durch den Lüneviller Frieden für Nassau-Weilburg unter Friedrich Wilhelms Regierung das Amt Kirchheimbolanden (440 qkm oder 8 QM. mit 18,000 Einw.) verloren; dafür aber ward es mit den kurtrierschen Ämtern Ehrenbreitstein, Montabaur, Limburg u. a., zusammen 881 qkm (16 QM.) mit 37,000 Einw., entschädigt. Friedrich Wilhelm starb 9. Jan. 1816. Sein Sohn Wilhelm vereinigte 24. März 1816, wie erwähnt, alle Lande der Walramschen Hauptlinie, 4515 qkm (82 QM.) mit 340,000 Einw., über die er seitdem als über ein unteilbares Herzogtum regierte.
Der Stifter der jüngern Linie des Hauses Nassau, der Ottonischen, Graf Otto I., der zweite Sohn Heinrichs des Reichen, dem bei der Teilung 1255 die nassauischen Besitzungen auf dem rechten Lahnufer zufielen, hinterließ 1290 drei Söhne, von denen der älteste, Heinrich I., die Linie Nassau-Siegen und 1328 nach dem Tod seines jüngsten Bruders, Johann, den er beerbte, die Linie Nassau-Dillenburg, der zweite, Emich I., die alte Hadamarer Linie begründete. Letztere erlosch 1394 im Mannesstamm, und ihre Besitzungen fielen meist an Nassau-Dillenburg.
Belgien und Luxemburg
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Luxemburg.Hier teilten nach dem Tod Heinrichs I. seine beiden Söhne, und der jüngere, Heinrich, begründete auf dem Westerwald die Nebenlinie Nassau-Beilstein, die 1561 ausstarb. Der ältere, Otto II., regierte in Dillenburg bis 1350; seine vier Enkel, die seit 1416 gemeinsam regierten, erwarben 1420 die Grafschaft Vianden im Herzogtum Luxemburg. [* 21] Der älteste, Adolf, gewann durch Heirat die Grafschaft Dietz 1384 und hinterließ bei seinem Tod 1420 die Hälfte derselben dem Haus. Nassau. Dem dritten, Engelbert I., welcher allein diese Linie fortsetzte, fielen infolge seiner Vermählung mit der Erbtochter der Herren von Polanen, Johanna, ausgedehnte Besitzungen in den Niederlanden (Breda) zu. Seine Enkel teilten: Engelbert II. erhielt 1475 die Gebiete in den Niederlanden, Johann V. in Nassau. Des letztern Sohn Wilhelm der Reiche (1516-59) führte die Reformation in seinem Land ein und beendete den langjährigen katzenelnbogenschen Erbfolgestreit mit dem Landgrafen von Hessen [* 22] 1557 durch einen Vergleich, wodurch er 450,000 Gulden und den hessischen Anteil an Nassau-Dietz erhielt; seitdem nannte er sich Graf von Nassau-Katzenelnbogen.
Sein Bruder Heinrich III. hatte 1504 von seinem Oheim Engelbert II. die niederländischen Besitzungen geerbt; Heinrichs Sohn Renatus aber erwarb 1530 aus der Erbschaft seiner Mutter das Fürstentum Orange in Südfrankreich und hinterließ es, da er 1544 kinderlos starb, seinem Vetter Wilhelm I., dem Schweiger, dem Sohn Wilhelms des Reichen. Wilhelm I., der durch freiwilligen Verzicht von den nassauischen Stammlanden ausgeschlossen war, begründete die alte Linie Nassau-Oranien.
Nach des großen Oraniers Ermordung (1584) folgte zunächst sein ältester Sohn, Philipp Wilhelm, bis 1618, hierauf der zweite, Moritz, der Erbstatthalter in den Niederlanden, bis 1625, dann der jüngste, Friedrich Heinrich (näheres s. Oranien). Dessen zweiter Nachfolger, Wilhelm III., bestieg nach Jakobs II. Vertreibung den Thron von England (1688); da er aber 1702 kinderlos starb, so erlosch mit ihm die alte Linie Nassau-Oranien. Wilhelms des Reichen ältester Sohn, Johann VI. (1559-1606), der in Nassau-Dillenburg gefolgt war, hob in seinem Lande die Leibeigenschaft auf.
Nach seinem Tod begründete von seinen Söhnen Johann der Mittlere die Linie Nassau-Siegen, die sich später in einen katholischen und einen reformierten Zweig teilte und erst 1743 erlosch. Ihre Besitzungen fielen an die Linie Nassau-Dietz (Neu-Oranien). Johannes VI. zweiter Sohn, Georg, ward Stifter der neuen Linie. Nassau-Dillenburg, die aber 1739 wieder ausstarb. Ein Seitenzweig dieser Linie war Nassau-Schaumburg, dessen Besitzungen 1676 an Anhalt-Bernburg fielen. Der dritte Sohn Johanns, Ernst Kasimir, Statthalter von Friesland und Groningen, hatte 1606 die Linie Nassau-Dietz (Neu-Oranien), den jetzt allein noch fortblühenden Zweig der Ottonischen Hauptlinie, gegründet.
Neuenburg (Stadt) - Ne
![Bild 62.265: Neuenburg (Stadt) - Neuenburger See [unkorrigiert] Bild 62.265: Neuenburg (Stadt) - Neuenburger See [unkorrigiert]](http://peter-hug.ch/meyers/thumb/62/62_0265.jpeg)
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Neuenburg.Sein Sohn Wilhelm Friedrich wurde 1654 zum Reichsfürsten erhoben, dessen Enkel Johann Wilhelm Friso erbte 1702, nach dem Tode des Königs Wilhelm III. von England, alle Besitzungen des Hauses Nassau-Oranien, mit Ausschluß von Orange, Mörs, Lingen, Neuenburg [* 23] und Valengin, die der König dem Haus Brandenburg [* 24] vermacht hatte. Doch ward das Fürstentum Orange 1713 an Frankreich abgetreten. Johann Wilhelm Frisos Nachfolger Wilhelm IV. Karl Heinrich Friso vereinigte 1743 alle Nassau-Ottonischen Lande und erhielt 1748 die Erbstatthalterwürde der Vereinigten Niederlande. Ihm folgte 1751 sein Sohn Wilhelm V., der anfangs unter Vormundschaft seiner Mutter, der englischen Prinzessin Anna, regierte. Er legte, da die Niederlande von den Franzosen besetzt worden waren, 1795 die Erbstatthalterwürde nieder und erhielt im Lüneviller Frieden die Abteien Fulda [* 25] und Korvei zur Entschädigung zugewiesen, worauf ¶
Nassau (Geschichte)
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Seite 11.1020.mehr
er 9. April 1806 starb. Sein Sohn Wilhelm VI. verlor 1806 die Abteien und sogar seine nassauischen Stammlande, da er sich weigerte, dem Rheinbund beizutreten, ward aber nach Napoleons I. Sturz 1815 als Wilhelm I. zum König der Vereinigten Niederlande erhoben und für die in Deutschland [* 27] verlornen Territorien mit dem Großherzogtum Luxemburg entschädigt (s. Niederlande, Geschichte). Er starb 1843, nachdem er 1840 abgedankt hatte, und ihm folgte sein Sohn Wilhelm II. und diesem 17. März 1849 dessen Sohn, König Wilhelm III., mit welchem die oranische Linie im Mannesstamm aussterben wird. Ein vierter Sohn des oben genannten Johann VI. von Nassau-Dillenburg, Johann Ludwig, stiftete die neue Hadamarer Linie, stellte in seinem Lande die katholische Religion wieder her und wurde 1650 vom Kaiser in den Reichsfürstenstand erhoben. Als sein Enkel Franz Alexander 1711 ohne männliche Erben starb, fielen seine Besitzungen an die damals noch übrigen Linien Nassau-Dietz und Nassau-Dillenburg.
Die gemeinsame Regierung der Fürsten Friedrich August von Nassau-Usingen und Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg (1803-16) huldigte in mancher Hinsicht dem Fortschritt. So hoben dieselben die Leibeigenschaft 1808 auf, erließen 1811 ein auf dem Grundsatz gleichheitlicher Besteuerung beruhendes Steuergesetz und stellten die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, ihre Gleichberechtigung zu allen Ämtern gesetzlich fest. Ihrem Land gaben sie 1. und 2. Sept. 1814, zuerst von allen deutschen Fürsten, eine landständische Verfassung.
Doch wurde die erste Landesversammlung erst von Herzog Wilhelm (1816-39) 1818 berufen und geriet mit der Regierung, an deren Spitze der dem Metternichschen System geneigte Minister v. Marschall stand, besonders wegen der Domänenfrage in Konflikt. Der Minister stellte die Domänen dem Patrimonialgut des herzoglichen Hauses gleich, behielt ihre Erträge als Zivilliste dem Herzog vor und verlangte sogar, daß die Staatssteuerkasse alljährlich einen Beitrag von 140,000 Gulden als Entschädigung für die durch Aufhebung der Leibeigenschaft erlittene Einbuße an die herzogliche Domänenkasse zahle.
Haag
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Haag.Schließlich bewilligten die Stände den Zuschuß bis 1820. Nach längern Zwistigkeiten während der 30er Jahre einigte sich endlich 1836 die Regierung mit den Ständen dahin, jene 140,000 Guld., zu 2,400,000 Guld. kapitalisiert, als 3proz. Domänenschuld auf das Land zu übernehmen, und 1837 wurden die Domänen für unveräußerlich erklärt. Am 1. Jan. 1836 trat Nassau dem Deutschen Zollverein bei; 27. Juni ward im Haag [* 28] mit dem König der Niederlande ein Vertrag wegen Abtretung der agnatischen Ansprüche auf Luxemburg abgeschlossen, zufolge dessen Nassau 750,000 Guld. ausgezahlt erhielt.
Am 20. Aug. 1839 starb der Herzog Wilhelm und hatte seinen Sohn Adolf (geb. 24. Juli 1817) zum Nachfolger. Dieser gab den Wünschen der durch die Februarrevolution erregten Bevölkerung [* 29] nach und vereinbarte mit einem nach einem neuen Wahlgesetz berufenen Landtag, der nur eine aus indirekten Wahlen hervorgegangene Kammer enthielt, eine neue Verfassung, welche 28. Dez. 1849 publiziert wurde. Der Herzog erklärte bereits unterm 29. Juni 1850 seinen Beitritt zu dem Dreikönigsbündnis, wozu die Kammer die Genehmigung erteilte. 1851 brachte die Regierung ein neues Wahlgesetz bei der Kammer in Vorschlag, stieß jedoch auf Widerstand und schickte die Deputierten heim (2. April). Nun lenkte man in das reaktionäre Fahrwasser wieder ein. Die Regierung publizierte 27. Sept. den Bundesbeschluß wegen Aufhebung der Grundrechte, beseitigte 28. Nov. die Verfassung und erließ ein neues Wahlgesetz. Seitdem gab es wieder zwei Kammern. Im Dezember 1851 trat der Ministerpräsident v. Wintzingerode, der seit 1849 an der Spitze der Verwaltung gestanden hatte, zurück und hatte im Februar 1852 den Fürsten Sayn-Wittgenstein-Berleburg zum Nachfolger. Während in den 50er Jahren das konservative Element im Landtag überwog, errang zuerst 1863 die liberale Partei, welche die Wiederherstellung der Verfassung von 1849 als ihre Hauptaufgabe betrachtete, bei den Wahlen die Oberhand. Unmittelbar nach Eröffnung des Landtags wurde (3. April 1864) Werren zum Direktor der Landesregierung ernannt, doch bedeutete dies keinen Systemwechsel.
Verstand - Versteigeru
![Bild 66.297: Verstand - Versteigerung [unkorrigiert] Bild 66.297: Verstand - Versteigerung [unkorrigiert]](http://peter-hug.ch/meyers/thumb/66/66_0297.jpeg)
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Verstärkung.Als die Zweite Kammer sich 9. Aug. für die Wiederherstellung der Verfassung vom Dezember 1849 und des Wahlgesetzes vom April d. J. erklärte, wies die Regierung dies entschieden zurück und führte im Dezember die Auflösung des Landtags herbei. Bei den Neuwahlen zur Ersten und Zweiten Kammer Anfang 1865 errang die Opposition zwar den Sieg; doch gelang es den äußersten Anstrengungen der Regierung, ihre Partei um einige Stimmen zu verstärken. Die gouvernementale und klerikale Minderheit blieb aber bald aus den Sitzungen weg, so daß die Kammer beschlußunfähig ward. Wiederum schritt die Regierung zu einer Kammerauflösung, erreichte jedoch nur eine ansehnliche Verstärkung [* 30] der liberalen Elemente.
Jetzt endlich entschloß sich der Herzog, Werren zu entlassen und durch eine Persönlichkeit von gemäßigterer Gesinnung, Winter, zu ersetzen. Allein für die innere Verwaltung blieb Werrens Einfluß auch noch ferner entscheidend, während der Adjutant des Herzogs, General v. Zimiecki, die auswärtige Politik Nassaus im österreichischen Sinn leitete. Unter diesen Umständen war es nicht anders zu erwarten, als daß der Herzog von Nassau im Sommer 1866 zu den entschiedensten Anhängern Österreichs zählte.
Die österreichische Anfrage vom 16. März beantwortete er zustimmend und verfügte bereits 4. Mai die Mobilisierung seines Kontingents. Die Kammern wurden auf drei Wochen vertagt. Nachdem sie 5. Juni wieder zusammengetreten waren, erging an sie die Forderung eines außerordentlichen Kredits im Betrag von ca. 500,000 Guld. für Kriegszwecke. Gegen den Willen des Landtags stimmte die Regierung dem Bundesbeschluß vom 14. Juni zu und beantwortete die wiederholte Ablehnung der Kreditforderung (26. Juni und 6. Juli) mit einer Kammerauflösung. Mittlerweile war die Lage in Deutschland eine wesentlich andre geworden, die Schlacht von Königgrätz [* 31] vorüber und der Herzog von Nassau jeden Augenblick einer feindlichen Okkupation seines Landes gewärtig. Sein Kontingent, eine Brigade, ließ er zwischen der Wetterau und Nassau hin- und hermarschieren; dasselbe sollte eine Vereinigung mit dem 8. Bundesarmeekorps suchen, zugleich aber auch die Einfälle preußischer Landwehrbataillone abwehren. Später wurden die nassauischen Truppen bei Günzburg an der Donau konzentriert und erst 8. Sept. ihres Eides und Dienstes durch den Herzog entlassen. Bereits Anfang Juli erging an die Bewohner Nassaus eine Proklamation des Fürsten von Hohenzollern, [* 32] als des Generalgouverneurs von Rheinland und Westfalen, [* 33] und Teile des Herzogtums wurden durch die Preußen besetzt. Der Herzog verließ 15. Juli nach dem Treffen von Aschaffenburg [* 34] seine Hauptstadt, um sich zur Armee, d. h. fürs erste nach Mainz und dann nach Augsburg, [* 35] zu begeben. Wenige Tage ¶
Fortsetzung Nassau:
→ Seite 11.1021 || auf erschienen die Preußen in Wiesbaden und Biebrich und mit ihnen der bisherige Landrat von