Niagara | eLexikon | Geographie - Amerika - Flüsse
- ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
Niagara
(engl. meist neiäggĕrĕ gesprochen), der Verbindungsstrom zwischen dem Erie- und Ontariosee, der die Grenze zwischen dem brit. Canada und dem nordamerik. Unionsstaat Neuyork [* 2] bildet. Sein Lauf in nördl. Richtung hat eine Länge von 55 km, und der Niveauunterschied zwischen den beiden Seen beträgt 101 m. Etwa 10 km unterhalb Fort Erie (an seinem Ausfluß) [* 3] teilt er sich in zwei Arme, welche die zu Neuyork gehörige Insel Grand-Island umfließen und nach einem Laufe von kaum 15 km sich wieder vereinigen; vor dem Ausfluß des westl. Arms liegt das brit. Inselchen Navy.
Niagara-Falls - Nibelu
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Seite 62.311.Etwa 7 km weiter unterhalb, bei einer scharfen Biegung von Westen nach Norden, [* 4] Détour genannt, bildet der Strom den berühmten Niagarafall, den großartigsten Stromfall der Welt. Durch die Ziegeninsel (Goat-Island) oder Irisinsel (so genannt wegen des über ihr erscheinenden Regenbogens) wird der Niagarafall in zwei ungleiche Arme geschieden. Der östliche, der Amerikanische oder Fort-Schlosser-Fall, ist 330 m breit und in der Mitte 47 m hoch; der westliche, der Große Fall oder Horseshoe-Fall (d. h. Hufeisenfall), 578 m breit und 44 m hoch. Die Wassermasse, welche in einer Stunde hinabstürzt, wird auf 30 Mill. cbm geschätzt. Aus der Tiefe der von 75 bis 90 m hohen Felsenwänden eingefaßten Kluft, in die das Wasser stürzt, steigen weiße Schaum- und Wolkenmassen empor, die viele Kilometer weit gesehen werden; auch ¶
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309 das Tosen der Fälle ist weithin, zuweilen 60 km hörbar. 1855 ward eine Hängebrücke unterhalb der Fälle, zwischen diesen und dem sog. Wirbel (Whirlpool), vom deutschen Baumeister J. Röbling für die Neuyork-Centraleisenbahn erbaut. Dieselbe liegt 75 m über dem Wasserspiegel, hat eine Spannung von 240 m und ist 11 m breit. Zwischen dieser Brücke [* 6] und den Fällen ist 1869 eine zweite Hängebrücke für Wagen und Fußgänger errichtet, die, 1889 fortgerissen, sogleich erneuert wurde.
Südlich von der Eisenbahnbrücke, etwas oberhalb der Wirbel, führt eine 1883 erbaute 278 m lange Cantileverbrücke über den Fluß. Bis zu den Stromschnellen ist der Fluß abwärts schiffbar. Etwa 1 km unterhalb der Fälle zeigt sich das Wasser so ruhig, daß eine völlig sichere Fähre hat errichtet werden können; 7 km weiter abwärts aber wird durch eine plötzliche Wendung des Flusses ein Wirbel gebildet, der alles zerstört, was in seinen Bereich kommt. Die ungeheure Wassermasse der Fälle stürzt über ein 25 m dickes, fast ganz horizontales Kalksteinlager herab, unterhalb dessen weiche Schiefermassen von derselben Mächtigkeit liegen.
Hufeisen - Hufeland
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Hufeisen.
Diesen geognost. Verhältnissen ist es zuzuschreiben, daß das Wasser die ganze Höhe, nicht in Terrassen, herabfällt, und
daß von dem unterwaschenen Kalkstein die nicht mehr unterstützten Teile herabstürzen, wie dies namentlich 1818 und
im Sept. 1853 am Tafelfelsen, 1828 am Hufeisen
[* 7] geschehen ist, wodurch ein allmähliches Zurückweichen der Fälle bewirkt
wird. Indem man das durchschnittliche jährliche Zurückweichen von einem Fuß bis zu einem Zoll geschätzt hat, ist die Zeit,
in der die Fälle von Queenstown bis zu ihrer jetzigen Stelle sechs engl. Meilen weit zurückgewichen sind,
auf 30000 bis 400000 Jahre berechnet worden. Da die Niagarafälle alle direkte Wasserverbindung völlig unterbrechen, so
hat man auf der canad.
Seite einen Schiffahrtskanal, den wichtigen Wellandkanal (s. d.), angelegt. Eine elektrische Bahn läuft am Ufer von den Fällen
bis zum Bluff oberhalb Queenstown. Das Land auf beiden Seiten der Fälle ist zu staatlichen Reservationen
erklärt. Als Wasserkraft betrachtet, liefern die Fälle gegen 17 Mill. Pferdestärken. Davon werden etwa 120000 Pferdestärken
durch Turbinen ausgenutzt. Eine großartige, 1894 in Betrieb gesetzte Turbinenanlage dient dazu, die Wasserkraft mittels elektrischer
Kraftübertragung für größere Entfernungen nutzbar zu machen; so sind allein für das 32 km entfernte
Buffalo 50000 Pferdestärken in Aussicht genommen. –
Vgl. Hollay, Niagara; ist history and geology, incidents and poetry (Toronto 1872);
Book of Niagara (Buffalo 1893).