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Niederlande | eLexikon | Geschichte - Niederlande

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  • ️Wed Dec 31 1879

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Niederlagen - Niederla

Bild 12.139: Niederlagen - Niederlande
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NiederlandeKönigreich der (Koninkrijk der Nederlanden, auch bloß Nederland, hierzu Karte "Niederlande / 15805
Niederlande _2Die Einwohnerzahl der Niederlande wurde Ende 1889 auf 4,548,596 Seelen berechnet. Die Resultate / 1323
Niederlande _3Nederland, Königreich der N., liegt zwischen 50° 45’ und 53° 30’ nördl. Br. und 3° / 10163

Seite 12.139

Niederlande

4 Seiten, 27'295 Wörter, 195'910 Zeichen

Geschichte — Niederlande

Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888

Titel
Elemente zu Niederlande:

Niederlande Niederlande

Physische Beschaffenheit.

Areal und Bevölkerung.

Bildung und Unterricht.

Ackerbau und Viehzucht.

Fischerei und Forstwirtschaft.

Bergbau und Industrie.

Handel und Schiffahrt.

Staatsverfassung und Verwaltung.

Heer und Flotte.

1) Infanterie, 1 Regiment Grenadiere und Jäger zu 4 Bataillonen

2) Kavallerie, 3 Husarenregimenter (à 5 Eskadrons

Kolonien, Wappen und Orden.

Geschichte.

Herrschaft der Häuser Burgund und Habsburg.

Der Aufstand gegen Spanien.

Gründung der Republik der Vereinigten Niederlande.

Höchste Macht und Blüte der Niederlande.

Der Verfall der Republik.

Die Niederlande während der Revolutionszeit.

Die Niederlande mit Belgien vereinigt.

Neueste Zeit.

Niederlande,

Niederlande

Bild 12.139a: Niederlande
* 2 Niederlande.

[* 2] Königreich der (Koninkrijk der Nederlanden, auch bloß Nederland, hierzu Karte »Niederlande«),

europäisches Königreich, zwischen 50° 45' 49''-53° 32' 21'' nördl. Br. und 3° 23' 27''-7° 12' 20'' östl. L. v. Gr. gelegen, grenzt im NO. an die preußische Provinz Hannover, [* 3] im O. an Westfalen [* 4] und Rheinpreußen, im S. an Belgien, [* 5] im Norden [* 6] und W. an die Nordsee und hat einen Flächeninhalt von (1879) 32,999,92 qkm (599,3 QM., nach dem Kataster von 1877 nur 32,972,68 qkm), wobei der Zuidersee, die Wadden und der niederländische Teil des Dollart, welche zusammen etwa 5345 qkm repräsentieren, nicht gerechnet sind. Der Gewinn an Land durch Eindeichungen und Trockenlegungen beträgt vom 16. Jahrh. an bis 1879: 3846 qkm. Obgleich der verlorne Boden den gewonnenen an Größe weit übertrifft, ist doch der Wert des letztern viel größer als der des erstern (man schätzt, um 30 Mill. Gulden); auch hat man weitere Eindeichungen und Trockenlegungen im Zuidersee, den Wadden und dem Dollart in Aussicht genommen.

Diluvium

Bild 4.978a: Diluvium
* 7 Diluvium.

Physische Beschaffenheit.

Der Boden besteht teils aus Alluvium (59,15 Proz.), teils aus Diluvium. [* 7] Zum Alluvium gehören: die Küstenstriche des Dollart und der Wadden, ein großer Teil der Provinzen Groningen und Friesland, ein breiter Streifen der Provinz Overyssel längs des Zuidersees, der größte Teil von Nordholland, ganz Südholland und Zeeland, der nördliche und westliche Teil von Nordbrabant, ein Teil von Gelderland, Drenthe und ein sehr kleiner Teil von Limburg. [* 8] Mit Ausnahme der Dünen und Sandanhäufungen ist der Alluvialboden flach und sehr fruchtbar und wird als Wiesland oder Ackerboden benutzt.

Uterus - Utrecht

Bild 16.28: Uterus - Utrecht
* 10 Utrecht.

Zwischen dem Alluvialboden und auf dem Diluvialboden findet man verschiedene Strecken Torfboden, den man in niedrigen (lage veenen) und hohen (hooge veenen) unterscheidet; hier und da findet sich auch Morasttorfboden (moeras veenen). Niedrigen Torfboden findet man in Groningen von Harkstede südwärts bis zum Südlaarder See und von dem Hunsrücken (dem Hügel, worauf die Stadt Groningen liegt) bis an die Grenzen [* 9] von Friesland, ferner in Friesland von Rinsumageest bei Dokkum südlich und westlich bis Lemmer und Stavoren, in Overyssel eine breite Strecke am Zuidersee, in Utrecht [* 10] zwischen der Vecht und dem höhern Gooiland, in Nord- und Südholland von Alkmar und Hoorn ab bis zur Maas und Waal, in Nordbrabant zwischen Herzogenbusch, Breda und der Dintel, in Limburg kleine Strecken östlich von der Maas.

Morasttorfboden findet sich in Groningen, Friesland, Overyssel und Drenthe, weiter in Gelderland beim Dorfe Vorden, unweit Zütphen, und im Thalgrund zwischen Wageningen und Rhenen, in Nordbrabant im Peel etc. Von hohem Torfboden endlich gibt es neun Strecken: eine im NO. von Groningen, im O. Frieslands, bei Hoogeveen (Drenthe) und am Dedemsvaart (Overyssel), die von Almelo, die von Hellendoorn und Ryssen sowie die bei Gronau an der preußischen Grenze (Amstveen genannt) in der Provinz Overyssel, die von Haaksbergen und einige kleinere Strecken in Overyssel und Gelderland, der Peel in Nordbrabant und die von Rosendaal, gleichfalls in Nordbrabant.

Calabrese - Calais

Bild 3.728: Calabrese - Calais
* 11 Calais.

Die Unterlage des hohen Torfbodens ist Sandboden, der zum Teil mit Kieselsteinen vermischt ist. Einen großen Raum nehmen im Innern des Landes die Sandverstäubungen ein, namentlich in Friesland, Drenthe, Overyssel, Utrecht und Nordbrabant. Allein auf der Veluwe in Gelderland bedecken dieselben eine Fläche von 100 qkm. Die niederländischen Dünen bilden einen Teil der Dünenkette, welche bei Calais [* 11] anfängt, sich mit einigen Unterbrechungen längs der ganzen Nordseeküste hinzieht und beim Skagerrak endet.

An der niederländischen Küste fangen die Dünen bei Sluys auf dem Festland Zeelands an und laufen, bald als breiter, bald als schmaler Streifen, über die zeeländischen und südholländischen Inseln, längs der ganzen Küste von Süd- und Nordholland, von der Ecke (Hoek) von Holland bis an den Helder und weiter über die Inseln Texel, Vlieland, Terschelling, Ameland, Schiermonnikoog und Rottum. Nur auf der Insel Walcheren (Zeeland) und in Nordholland, zwischen Petten und Camperduin, wo sie durch Deiche ersetzt sind, welche das Land gegen den Andrang der Meeresfluten schützen, findet eine Unterbrechung derselben statt.

Haarkalk - Haarmensche

Bild 58.612: Haarkalk - Haarmenschen
* 13 Haarlem.

Diese Dünen bilden entweder Hügelketten (duinheuvels) oder flache Strecken und Einsenkungen (duinpannen) und haben eine Breite [* 12] von 200-2300 m. Die Hügel erheben sich selten auf 60 m ü. M., die meisten sind niedriger; die flachen Strecken liegen aber ebenfalls über dem mittlern Meeresspiegel und meistens höher als die höchste Fluthöhe. Einer der höchsten und breitesten Hügel, der Blinkert, liegt unweit Haarlem. [* 13] Am Fuß der Hügel finden sich häufig Quellen.

Die innern Dünen, südlich von Haarlem und in der Nähe vom Haag, [* 14] sind meist bewaldet oder in Wiesland verwandelt; auch werden sie hier und da als Ackerland benutzt. Auf den Meeresdünen dagegen wachsen nur wenige Pflanzen, am häufigsten der Halm (Psamma arenaria), der mit seinen langen, kriechenden Wurzeln den Boden zusammenhält und gegen Verstäubungen sichert. Der Dünensand besteht aus abgerundeten, oft mit kleinen Muschelfragmenten vermischten Quarzkörnchen und wird besonders zu Bodenerhöhungen benutzt; auch dient er vielfach zur Verbesserung des Bodens.



Aus tertiärer und sekundärer Formation besteht ein Teil des Bodens von Twenthe in Overyssel, der östlichste Teil der Provinz Gelderland und ein Teil von Limburg, wo Tuffkreide und Kreide [* 15] mit und ohne Feuerstein vorkommen; doch nimmt die tertiäre Formation nur einen Raum von 1386 Hektar, die sekundäre einen von 1516 Hektar ein. Die Gegend von Twenthe und Gelderland bildet einen Teil des nördlichen Randes des Beckens von Münsterland. Außerhalb dieses Randes liegen innerhalb der Grenzen der Niederlande als Tertiärbildungen die Gegenden von Ootmarsum, Hengelo und Delden in Overyssel und ein Streifen Torfboden östlich von Groenlo und Winterswyk in Gelderland. Während die Diluvialhügel bei Arnheim und Apeldoorn sich 104-110 m ü. M. erheben, beträgt die größte Höhe dieses Bodens nur 74 m. In einigen Teilen des Landes bilden die Hügel Gruppen, wie in Overyssel, auf der Veluwe und längs der Waal bei Nimwegen [* 16] in Gelderland, im S. der Provinz Limburg; andre Hügel stehen mehr isoliert, wie in


Maßstab [* 18] 1:1.300.000.

Die Provinzhauptstädte sind doppelt, die Arrondissements-Hauptorte einfach unterstrichen.

Dampferlinien. Die Zahlen bedeuten die Fahrzeit in Stunden bez. Tagen (T.)



Niederlande (Flüsse)

Bild 12.140: Niederlande (Flüsse)
* 19 Seite 12.140.

Zum Artikel »Niederlande«.

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Groningen, Drenthe, Utrecht und Holland. Die höchsten Hügel und Dünen sind folgende: in Limburg der Krikelenberg oder Ubachsberg (240 m), der Vaalser Berg bei Vaals (198 m);

in Gelderland das Imbosch (110 m), der Philippsberg (107 m);

in der Veluwe der Hettenheuvel bei Zevenaar (105 m), der Hoenderberg (Hühnerberg) bei Nimwegen (100 m);

in Overyssel der Lemeler Berg bei Ommen (81 m), der Tankenberg bei Oldenzaal (80 m);

in Utrecht die Austerlitzer Pyramide bei Zeist (65 m), der Soester Berg bei Soest [* 20] (64 m);

in Nordholland der Blinkert, eine Düne bei Haarlem (60 m).

Die mittlere Höhe des Bodens beträgt 23 m. Große Strecken liegen aber mitunter bedeutend niedriger als der Meeresspiegel (z. B. der Zuidplas-Polder bei Gouda, der Nieuwkooper und der Haarlemermeer-Polder, die 4-5,61 m unter dem Meer liegen) und werden nur mittels der Dünen und durch Dämme gegen Überschwemmung durch das Meer geschützt. Die Steinkohlenformation in Limburg gehört zu dem Teil des großen Belgisch-Aachener Beckens, welchen man nach dem Flüßchen Worm Wormmulde genannt hat. Man hat Steinkohlenminen bei Kerkrade und Bocholtz in Limburg entdeckt. Sie bilden die sogen. dominale mynen, welche in einer Tiefe von 38-40 m in Flözen von 1,2-1,5 m liegen (Produktion 400,000 Gulden). Neuerdings hat man durch Bohrungen auch bei Heerlen Kohlenlager entdeckt, welche sowenig wie die Braunkohlenlager im O. von Gelderland und Overyssel ausgebeutet werden können.

Emmenthalbahn - Emmeri

Bild 56.86: Emmenthalbahn - Emmerich
* 21 Emmerich.

Die beiden Hauptflüsse der Niederlande sind der Rhein und die Maas, während von der Schelde nur die Mündungen den Niederlanden angehören. Der Rhein tritt unterhalb Emmerich [* 21] bei Lobith auf niederländisches Gebiet, verliert bei Pannerden, wo das Rheindelta anfängt, ⅔ von seinem Wasser an die breite Waal und teilt sich oberhalb Arnheim bei Westervoort, wo er wieder ⅓ seines Wassers abgibt, nochmals in zwei Arme, wovon der rechte den Namen Yssel oder Geldersche Yssel führt, bei Doesburg die Alte Yssel, bei Zütphen die Berkel, bei Deventer die Schipbeek (den Schiffbach), bei Hattem die Grift aufnimmt, bei Kampen sich in zwei Arme teilt, ein Delta [* 22] (Kamper Insel) bildet und in den Zuidersee mündet.

Schiff II

Bild 14.454d: Schiff II
* 23 Schiffe.

Der linke Arm behält den alten Namen Rhein und fließt an Arnheim, Wageningen und Rhenen vorbei nach Wijk bei Duurstede, wo er sich scheinbar zum drittenmal in zwei Arme teilt. Der linke Arm fließt unter dem Namen Lek an Culemborg, Vianen, Schoonhoven und Nieuport vorbei und vereinigt sich unterhalb Krimpen a. d. Lek mit dem Noord zur Nieuwe Maas (Neue Maas), Scheur und Nieuwe Waterweg. Der nördliche Zweig, früher der Hauptfluß, trägt den Namen Kromme Ryn. Jetzt ist derselbe nicht mehr als ein Arm zu betrachten. Er ist bloß für sehr kleine Schiffe [* 23] fahrbar, hat keine Verbindung mit dem Hauptfluß und dient nur zur Entwässerung und Berieselung der tiefer gelegenen Äcker der Provinz Utrecht.

Bei Utrecht kann also auch von keiner vierten Teilung des Rheins die Rede sein. Der Utrechter Vecht und der Oude Ryn sind jetzt vielmehr abgeschlossene Kanäle. Der erste fließt in nordwestlicher Richtung an Weesp und Muiden vorbei nach dem Zuidersee; der Oude Ryn (Alte Rhein) ist jetzt ein schmales Flüßchen geworden, fließt bei Woerden und Leiden [* 24] vorbei, verlor sich früher in den Dünen bei Katwijk, ist aber seit 1805 durch einen Kanal [* 25] mit der Nordsee verbunden. Die Waal fließt in westlicher Richtung, bei Nimwegen, Tiel und Bommel vorbei, zwischen der Betuwe am rechten, dem Land von Maas und Waal (dem Masewaalschen) und dem Bommeler Waard am linken Ufer, nimmt an der westlichen Spitze des letztern, unterhalb des Forts Loevestein die Maas auf und strömt dann unter dem Namen Merwede weiter.

Maascijk - Maastricht

Bild 61.429: Maascijk - Maastricht [unkorrigiert]
* 26 Maastricht.

Die Maas tritt oberhalb Maastricht [* 26] in die Niederlande ein, bildet bis Steevenswert die Grenze gegen Belgien, fließt dann durch Niederländisch-Limburg und bildet weiter die Grenze zwischen dieser Provinz und Nordbrabant gegen Gelderland bis Loevestein. Die aus ihrer Vereinigung mit der Waal entstandene Merwede fließt bis Dordrecht, [* 27] sendet aber unweit Werkendam einen kanalisierten Arm südwestlich, zwischen dem Biesbosch (jetzt eine Gruppe Inseln) und der Insel von Dordrecht, unter dem Namen Neue Merwede; dieses Wasser nimmt nach seiner Vereinigung mit der Amer bei Moerdyk den Namen Hollandsch-Diep an, welchen es bis Willemstadt behält, wo es sich wieder verzweigt.

Rotten Row - Rotterdam

Bild 13.1004: Rotten Row - Rotterdam
* 28 Rotterdam.

Der nördliche Arm, Haringvliet genannt, fließt zwischen den Inseln Beierland, Voorne und Putten am rechten und Overflakkee am linken Ufer der Nordsee zu, während der südwestliche Arm zwischen der Insel Overflakkee und Nordbrabrant Volkerak, zwischen der nämlichen Insel und Tholen Krammer genannt wird und gleichfalls in die Nordsee mündet. Bei Dordrecht verzweigt sich die Merwede zum zweitenmal; der nördliche Arm, zwischen der Insel Ysselmonde und dem Alblasser Waard, vereinigt sich bei Krimpen mit der Lek (s. oben), und der aus dieser Vereinigung entstandene Strom fließt unter dem Namen Nieuwe Maas (Neue Maas) an Rotterdam, [* 28] Delfshaven, Schiedam und Vlaardingen vorüber.

Der südliche Arm der Merwede fließt von Dordrecht, zwischen den Inseln von Dordrecht und Beierland am linken Ufer und Ysselmonde am rechten Ufer, unter dem Namen Oude Maas (Alte Maas) bis an die westliche Spitze der letztgenannten Insel, wo er sich mit der Neuen Maas vereinigt und dann bei Brielle vorbei unter dem alten Namen Maas der Nordsee zufließt. Bei Maassluis beginnt: der 6-7½ m tiefe Kanal, welcher neuerdings gegraben ist und durch die »Ecke von Holland« (Hoek van Holland) unter dem Namen Neuer Wasserweg Rotterdam zu einer Seestadt macht, indem große Segel- und Dampfschiffe von dieser Handelsstadt nach der Nordsee und umgekehrt hierher fahren können.

Holland (Sir Henry Thu

Bild 59.294: Holland (Sir Henry Thurstan) - Hollar
* 29 Holländische.

Die Maas und ihre Arme nehmen in den Niederlanden außer einigen Bächen die Jekker oder Jaar, Geul, Roer, Niers (in Limburg), Dieze (Zusammenfluß der Dommel und Aa bei Herzogenbusch in Nordbrabrant), Linge, Holländische [* 29] Yssel, Rotte und Schie (in Südholland) auf. Das Dordter Hochwasser (Kil) vereinigt die Merwede mit dem Holländischen Diep, das Spui die Alte Maas und der Kanal von Voorne die Maas mit dem Haringvliet. Die Schelde tritt unterhalb des belgischen Forts Lillo in die Niederlande, wo sie sich früher in zwei Arme teilte, von denen jedoch der nördliche jetzt durch einen Damm versperrt ist.



Niederlande (Seen, Kan

Bild 12.141: Niederlande (Seen, Kanäle, Inseln, Klima, Areal, Bevölkerung)
* 30 Seite 12.141.

Der südliche Arm fließt unter dem Namen Westerschelde zwischen dem zeeländischen Flandern links und den Inseln Südbeveland und Walcheren rechts der Nordsee zu und erhält an seiner Mündung, wo er durch Sandbänke geteilt wird, die Namen Wielingen, Spleet und Deurlo. Der jetzt abgedämmte Arm hat den alten Namen Osterschelde behalten, ist durch den Südbevelandkanal mit der Westerschelde verbunden und fließt zwischen den Inseln Südbeveland, Nordbeveland und Walcheren links, Tholen, Duiveland und Schouwen rechts unter dem Namen Roompot (Romanorum Portus?) der Nordsee zu. Durch das Mastgat und die Zype zwischen

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Duiveland, Tholen und Philipsland steht die Osterschelde in Verbindung mit dem Krammer und deshalb auch mit der Maas. Die Niederlande sind überdies sehr reich an kleinern Flüssen, welche darum von Bedeutung sind, weil sie oft fruchtbares Marschland in der Mitte des dürren Landes ins Leben riefen, den Bau von Kanälen erleichterten und die Verstärkung [* 31] der Festungen durch Inundation ermöglichten. Außer der Ems, [* 32] deren Mündung in den Dollart die Grenze gegen Preußen [* 33] (Hannover) bildet, sind zu nennen: die Westerwolder Aa, in den Dollart mündend, die Hunse in Drenthe und Groningen, das Schwarze Wasser in Overyssel, die Eem in Utrecht, die Amstel in Nordholland, die Holländische Yssel in Südholland etc.

In den nördlichen Provinzen finden sich trotz der Trockenlegungen noch bedeutende Seen (Süßwasserseen), so in Friesland: der Sloter, Sneeker, Tjeuke-, Bergumer, Heeger und Fluessensee;

in Groningen: der Südlaarder und Schildsee;

in Overyssel: der Giethoornsche See, das Belter, das Beulakker Wyde;

in Nordholland: der Naarder und der Alkmarer oder Lange See.

Auch findet man eine Menge seeartiger Torfpfuhle (veenplassen). Kein Land besitzt so zahlreiche Kanäle zur Beförderung der Schiffahrt und der Abfuhr zu Wasser wie die Niederlande. Die bedeutendsten sind: der große Nordholländische Kanal (s. d.);

der neue (1876 eingeweihte) Nordseekanal, zur kürzern Verbindung Amsterdams mit der Nordsee;

Amsdorf - Amsterdam

Bild 1.508: Amsdorf - Amsterdam
* 34 Amsterdam.

der Kanal, welcher Amsterdam [* 34] mit der Utrechter Vecht verbindet, die durch den Vreeswijker Kanal, Rheinische Fahrt genannt, wieder mit der Lek verbunden ist;

der Zederikkanal (s. d.);

der Kanal von Voorne in Südholland (1827-29 angelegt), der bei Helvoetsluys in die Nordsee mündet, genügte nicht für die Schiffahrt von Rotterdam, weshalb man den Kanal durch die »Ecke von Holland« gegraben hat;

die Süd-Wilhelmsfahrt (s. d.);

die Wilhelmsfahrt in Overyssel, nur ca. 3 km lang, zur Verbindung des Schwarzen Wassers bei Zwolle mit der Yssel;

die Dedemsfahrt (s. d.);

das Damster Diep (s. d.) und der Emskanal von Groningen nach Delfzyl;

das Winschoter Diep von Groningen nach Winschoten, zum Teil das Schuitendiep genannt;

der Stadtkanal, der Kommunikationsweg für die Torfkolonien in der Provinz Groningen;

das Hoendiep von Groningen nach den friesischen Grenzen und dessen Fortsetzung in Friesland;

das Kolonels- oder Kaspar Robles-Diep, die Verbindung der friesischen Seen mit dem Zuidersee;

der Nord-Wilhelmskanal (s. d.) und dessen Fortsetzung, die Drenther Haupt- oder Smildefahrt, von Assen nach Meppel mit ihren Zweigen, dem Oranjekanal und der Hoogeveenschen Fahrt;

Gent (Beschreibung der

Bild 7.111: Gent (Beschreibung der Stadt)
* 35 Gent.

der Kanal von Terneuzen (in Zeeland), welcher letzteres mit der belgischen Stadt Gent [* 35] verbindet;

der Kanal durch die Insel Walcheren von Vlissingen über Middelburg nach Veere;

der Südbevelandkanal (s. oben) etc. Zu den niederländischen Inseln gehören die in dem Scheldedelta: Walcheren, Nordbeveland, Südbeveland, Schouwen und Duiveland, St. Philipsland und Tholen;

die in dem Maasdelta: Ysselmonde, Voorne und Putten, Rosenburg, Beierland, Goeree und Overflakkee, die Insel von Dordrecht, Tien-Gemeten und einige kleinere, durch Trockenlegung gewonnene;

die vor dem Eingang des Zuidersees und nördlich von Friesland und Groningen liegenden: Texel, Vlieland, Terschelling, Ameland (jetzt durch einen Damm mit dem Festland verbunden), Schiermonnikoog und Rottum oder Rottumer Oog;

die im Zuidersee: Wieringen, Marken und Urk und die Overysseler Insel Schokland (seit 1859 verlassen);

ferner das Ysseldelta in Overyssel: Kamper Insel, Mandjes- und Katjeswaard und die durch Rhein und Waal gebildete Betuwe;

endlich die Inseln des Biesbosch.

Köberle - Koblenz

Bild 9.896: Köberle - Koblenz
* 37 Koblenz.

Das Klima [* 36] der Niederlande ist im allgemeinen milder als das von Norddeutschland. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt 9,89° C. und stimmt somit überein mit der von Koblenz, [* 37] Teplitz, Krakau, [* 38] Odessa [* 39] und dem südlichen England. Im W. des Landes ist die Luft wegen der Nähe des Meers feuchter und wärmer als im östlichen Teil. An vier verschiedenen Punkten des Landes beträgt die mittlere Wärme: [* 40]

Winter Sommer Jahres­durch­schnitt
Gronin­gen 2.2° C. 17.2° C. 9.5° C.
Amsterdam 3.1° C. 16.7° C. 9.7° C.
Utrecht 2.4° C. 17.7° C. 9.89° C.
Maastricht 3.4° C. 19.7° C. 11.2° C.

Flüsse

Bild 56.938: Flüsse
* 42 Flüsse.

Die jährliche Regenmenge betrug von 1848 bis 1886 zu Utrecht im Durchschnitt 705,6 mm, und zwar war der Regenfall im Juli, August und September resp. 75,5, 82,8, 67,5, im Februar, März, April resp. 45,7, 43,7 und 38,6 mm. Im Winter fällt eine erhebliche Menge Schnee, [* 41] und die zahlreichen Flüsse, [* 42] Kanäle, Seen, sogar bisweilen der Zuidersee, gefrieren. In heißen, trocknen Sommern sind die Ausdünstungen der Kanäle und stehenden Gewässer der Gesundheit sehr nachteilig; aus diesem Grund gelten einige sumpfige Strecken von Zeeland, Nordholland, Südholland und Friesland für ungesund. Ein besseres Klima haben die innern Provinzen. Die vorherrschenden Winde [* 43] sind der Nord- und der Südwestwind; Stürme aus dem Westen sind bei hohem Wasserstand gefährlich, weil sie oft Deichbrüche und Überschwemmungen herbeiführen.

Areal und Bevölkerung.

Die Niederlande hatten nach der Volkszählung vom 31. Dez. 1879: 4,012,693 Einw. und zerfallen in elf Provinzen (s. Karte »Niederlande«),

deren Größe (nach dem Kataster von 1877) und Einwohnerzahl folgende sind:

Provinz QKilo­meter QMei­len Einw. 1879 Einw. 1887
Drenthe 2662.50 48.4 118.845 127.309
Fried­land 3320.34 60.3 329.877 335.597
Gelder­land 5088.96 92.4 466.805 502.049
Gronin­gen 2297.70 41.7 253.246 270.608
Lim­burg 2204.30 40.0 239.453 254.846
Nordbrabant 5127.73 93.1 466.497 500.315
Nordhol­land 2739.56 49.8 679.990 786.116
O­veryssel 3344.95 60.7 274.136 291.462
Südhol­land 3022.86 54.9 803.530 911.534
Utrecht 1384.11 25.1 191.679 212.454
Zee­land 1778.60 32.3 188.635 198.567
Summa: 32.971.61 598.8 4.012.693 4.390.857

Die Bevölkerung, [* 44] welche 1829 erst 2,613,491 Seelen betrug, hat sich in 50 Jahren um 1,399,206 Einw. vermehrt und wurde (Januar 1887) auf 4,390,857 Seelen berechnet. Die Zahl der Auswanderer, die sich meist nach Nordamerika [* 45] wandten, ist 1882-86 von 34,321 auf 11,924 Personen gesunken, doch waren davon nur 7304, resp. 2024 Niederländer. Am dichtesten sind die Provinzen Nord- und Südholland bevölkert, indem hier die städtische Bevölkerung die ländliche überwiegt. Sie beträgt im ganzen Reich 121 (neuerdings 133) Seelen auf das QKilometer. Nach dem Geschlecht unterschied man 1879: 49,5 Proz. Männer und 50,5 Proz. Frauen. Auf 100 Personen entfielen unter den

Män­nern Frauen
Ledige 62.4 59.4
Verheiratete 33.9 33.1
Verwitwete 3.7 7.4

Fortsetzung Niederlande: → Seite 12.142 || Im J. 1886 fanden 30,298 Eheschließungen statt; die Zahl der Gebornen belief sich auf 158,658

Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888

Titel
Elemente zu Niederlande:

[12.139] Niederlande Königreich der

Niederlande.

[* 2] Die Einwohnerzahl der Niederlande wurde Ende 1889 auf 4,548,596 Seelen berechnet. Die Resultate der am 31. Dez. des Jahres 1889 gehaltenen Volkszählung sind noch unbekannt. Von der Bewegung der Bevölkerung während der letzten 5 Jahre vor 1889 gibt nachfolgende Tabelle ein Bild:

Jahre Mittlere Bevölke­rung Eheschließun­gen Le­bendgeborne Totgeborne
  Zahl von 1000 See­len Zahl von 1000 See­len Zahl von 1000 See­len
1884 4.251.669 30.528 7.2 148.480 34.9 7600 48.6
1885 4.307.142 29.894 6.9 148.028 34.4 7792 50.0
1886 4.363.434 30.298 6.9 150.851 34.6 7807 49.2
1887 4.420.864 30.924 7.0 149.157 33.7 7749 49.4
1888 4.478.401 30.862 6.9 151.094 33.7 7771 48.9

.

Jahre Sterbefälle Überschuß der Le­bendgebor­nen über die Gestor­be­nen
Zahl von 1000 See­len Zahl von 1000 See­len
1884 94.413 22.2 54.067 12.7
1885 90.304 21.0 57.724 13.4
1886 95.289 21.8 55.642 12.7
1887 87.093 19.7 62.064 14.0
1888 91.249 20.4 59.853 13.4



Niederlande (Statistis

Bild 18.658: Niederlande (Statistisches, Geschichte)
* 46 Seite 18.658.
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Landwirtschaft. Die Einteilung der Bodenfläche war 1889 folgende: Wiesen und Weiden 1,138,932 Hektar (34,6 Proz.), Ackerland 860,186 (26,1 Proz.), Gemüsegärten 28,300 (0,9 Proz.), Obst- und Blumengärten 24,443 (0,8 Proz.), Wald 227,534 (6,9 Proz.), Unland 713,260 (21,6 Proz.), Gewässer und Moräste 128,784 Hektar (3,9 Proz.) etc. Bepflanzung des Ackerbodens (in Hektaren): Weizen 85,194, Roggen 204,018, Wintergerste 30,226, Sommergerste 14,851, Hafer [* 47] 115,448, Buchweizen 48,078, Bohnen 33,494, Erbsen 22,769, Flachs 15,582, Tabak [* 48] 1321, Krapp 898, Runkelrüben 19,135, Ölsamen 8213, Kartoffeln 147,386. Die Zahl der Fabriken betrug 3470, die der Dampfkessel [* 49] 4542; die Zahl der Dampfmaschinen [* 50] betrug 4137, deren Pferdekraft (nominell) 54,033.

Eisen I

Bild 5.406a: Eisen I
* 51 Eisen.

Der Handelsverkehr im J. 1889 betrug (in Millionen Gulden): Einfuhr zum Verbrauch 1137, Ausfuhr aus dem freien Verkehr 992, Durchfuhr mit Umladung 371, ohne Umladung 2004. Anteil der vornehmsten Artikel am Totalwert der Einfuhr zum Verbrauch: Eisen [* 51] und Eisenwaren 7,70 Proz., Getreide [* 52] 15,72, Droguen 10,28, Kaffee 3,65, Garn 3,71, Rohzucker 3,08, Steinkohlen 2,02, Baumwolle [* 53] 2,02, Reis 3,15, Steine 2,93, Manufakturwaren 2,02 Proz., desgleichen am Totalwert der Ausfuhr aus dem freien Verkehr: Eisen und Eisenwaren 6,82 Proz., Droguen 9,76, Getreide 10,78, Butter 6,29, Kaffee 2,55, Manufakturwaren 3,38, raffinierter Zucker [* 54] 3,54, Garn 2,62, Baumwolle 1,59, Schlachtvieh 1,34 Proz. Anteil einiger Länder an der Einfuhr: Preußen 22,4 Proz., Großbritannien [* 55] 26,8, Belgien 12,4, Rußland 9,9, Niederländisch-Ostindien 9,3, Vereinigte Staaten von Nordamerika 4,9, Hamburg [* 56] 2,4, Britisch-Ostindien 2,3, Frankreich 1,4 Proz. Anteil einiger Lander an der Ausfuhr: Preußen 45,9 Proz., Großbritannien 26,7, Belgien 13,1, Niederländisch-Ostindien 4,2, Vereinigte Staaten von Nordamerika 3,5, Italien [* 57] 0,7, Hamburg 1,6, Rußland 0,4, Spanien [* 58] 0,1 Proz.

Die Handelsflotte betrug 1890: 500 Segelschiffe von 388,003 cbm und 110 Dampfboote von 311,170 cbm, zusammen 610 von 699,173 cbm. Schiffsverkehr: Eingelaufen mit Ladung 8348 von 13,873,000 cbm (96 Proz.), in Ballast 738 von 583,000 cbm (4 Proz.). Ausgelaufen mit Ladung 6045 von 8,468,000 cbm (58,7 Proz.), in Ballast 2973 von 5,946,000 cbm (41,3 Proz.). Anteil der vornehmsten niederländischen Häfen am Schiffsverkehr:

Häfen Eingelaufene Schiffe Ausgelaufene Schiffe
Ton­nen­gehalt Proz. Ton­nen­gehalt Proz.
Amsterdam 2.677.000 19.3 1.618.000 19.1
Rotterdam 7.214.000 52.0 4.058.000 47.9
Vlissin­gen 1.798.000 13.0 1.871.000 22.1

Im Budget für 1890 sind die Einnahmen auf 122,209,900 Gulden, die Ausgaben auf 134,648,825 Guld. veranschlagt. Die Staatsschuld betrug 1050¼ Mill. Guld.

Geschichte. Durch den Rücktritt des Kolonialministers Keuchenius wurden Veränderungen im Ministerium notwendig. Die Ultramontanen beanspruchten eine Berücksichtigung durch Aufnahme eines dritten Katholiken in dasselbe. Doch glaubten die Antirevolutionäre auf sie keine Rücksicht nehmen zu müssen, und während der bisherige Minister des Innern und Vorsitzende im Ministerium Mackay die Kolonien übernahm, wurde für das Innere de Savornin Lohman, einer der entschiedensten Antirevolutionäre, berufen, dessen Hauptaufgabe die Ausführung des neuen Schulgesetzes und die Vernichtung der konfessionslosen Schule war.

Gold (Gewinnung aus ge

Bild 7.477: Gold (Gewinnung aus geschwefelten Erzen)
* 59 Gold.

Obwohl Mackay Indien nicht aus eigner Anschauung kannte und daher über Kolonialfragen nur mangelhaft unterrichtet sein konnte, und obwohl die Verhältnisse in Indien, namentlich in Atschin, keineswegs günstig lagen, so wurde ihm doch das Budget bewilligt. In Atschin brachen von neuem Aufstände aus, die Atschinesen machten einen erfolgreichen Angriff auf den niederländischen Schutzstaat Edi. In Java gab es infolge der schlechten Kaffeeernte eine beträchtliche Mindereinnahme, und der Generalgouverneur Pynakker Hordyk forderte seine Entlassung, weil die von ihm der schwer bedrängten indischen Zuckerindustrie bewilligte Ermäßigung der Eisenbahntarife von dem Minister nicht genehmigt wurde. In Surinam lag die niederländische Regierung in Streit mit Frankreich über einen bisher von ihr beanspruchten Landstrich, in welchem sich Gold [* 59] gefunden und den darauf die Franzosen besetzt hatten; zwar vereinigte man sich, die schiedsrichterliche Entscheidung dem Zaren zu übertragen, einstweilen aber breiteten sich die Franzosen aus.

Im Innern waren die Antirevolutionäre und die Ultramontanen bemüht, die öffentlichen konfessionslosen Schulen durch neuerrichtete kirchliche zu verdrängen und, wo dies nicht möglich war, Einfluß auf die erstern zu gewinnen; die Anschauungen der reformierten Orthodoxen gaben sich in ihrer Opposition gegen das Impfgesetz kund, das sie eine »Vergewaltigung des christlichen Gewissens« nannten. Im Juni legte die Regierung den Kammern endlich den Gesetzentwurf über die neue Heeresorganisation und die Militärdienstpflicht vor: danach sollte das Heer künftig 115,000 Mann mit einer Reserve von 50,000 Mann stark sein;

die Dienstpflicht muß persönlich geleistet werden und dauert für die Marine sechs, für das Landheer acht Jahre, woran sich eine fünfjährige Dienstpflicht für die Landwehr schließt;

Theologen (auch katholische Ordensmitglieder), einzige Söhne, Ehemänner und Witwer mit Kindern sollten frei sein, Brüder miteinander tauschen dürfen.

Die Dienstpflichtigen zerfallen in vier Kategorien:

1) solche, welche vollständig einexerziert werden (1-1½ Jahre), 2) die drei Monate bei den Depottruppen zu üben haben, 3) und 4) Ergänzungsreserven; jährlich sollten 16,300 Mann durch das Los eingestellt und bei der Land- und Seemacht eingeübt werden. Der Dienst beim Landsturm dauert bis zum 40. Jahre. Die Mehrkosten der neuen Organisation wurden auf 1,322,000 Gulden jährlich angeschlagen. Die Ultramontanen sprachen sich aufs heftigste gegen den Gesetzentwurf aus, obwohl der Kriegsminister Bergansius zu ihrer Partei gehörte, und erklärten, daß sie sich die Einführung der persönlichen Dienstpflicht nie und nimmer gefallen lassen würden; die Antirevolutionäre traten ebenso entschieden für sie ein. In der Thronrede, mit welcher die Regierung 16. Sept. die Session der Generalstaaten eröffnete, betonte sie die Dringlichkeit des Militärgesetzes. Die Finanzen des Mutterlandes wiesen einen Überschuß von 2 Mill. für das neue Etatsjahr auf, während das Budget Indiens einen Fehlbetrag von 20 Mill. hatte wegen der mißratenen Kaffeeernte.



Niederländische Litter

Bild 18.659: Niederländische Litteratur (Lyrik, Roman und Novelle)
* 60 Seite 18.659.

Die öffentliche Aufmerksamkeit wurde von den Verhandlungen der Generalstaaten durch den Zustand des Königs abgelenkt, der Ende September wieder eine bedenkliche Wendung genommen hatte. Die Minister überzeugten sich, daß er nicht mehr im stande war, Staatshandlungen vorzunehmen, und auf ihren Antrag beschlossen die Generalstaaten 28. Okt., den

mehr

Staatsrat mit der Ausübung der königlichen Gewalt zu beauftragen. Die Gesetzvorlage des Staatsrats, welche die Königin Emma zur Regentin ernannte, wurde 14. Nov. von den Generalstaaten angenommen, und die Königin leistete 20. Nov. vor den Kammern im Haag den Eid. Jedoch schon 23. Nov. starb Wilhelm III. im Schlosse Loo. Mit ihm erlosch das Haus Oranien im Mannesstamm, und dem Thronfolgegesetz gemäß folgte ihm seine Tochter Wilhelmine auf dem Thron, [* 61] während deren Minderjährigkeit die Königin Emma Regentin blieb.

Der lange erwartete Thronwechsel, welcher Luxemburg (s. d.) gänzlich von den Niederlanden trennte, vollzog sich ohne jeden Zwischenfall in vollster Ruhe. Doch hatte er die Folge, daß bei der Beratung des Budgets in den Kammern die üblichen Angriffe auf die Minister sehr beschränkt wurden, obwohl die Zustände in den Kolonien und namentlich die auswärtige Politik des Ministers Hartsen, der durch seine Weigerung die Beschlüsse der Brüsseler Congokonferenz zu genehmigen, die Mißbilligung aller Mächte hervorrief, der er endlich auch nachgeben mußte, manchen Anlaß zum Tadel gegeben hätten.

Noch vor Ende des Jahres 1890 wurde das Budget erledigt. Eines der unbedeutendsten Mitglieder des Ministeriums war der Marineminister Dyserinck, unter dem die niederländische Flotte ihrem völligen Verfall entgegenging. Als er einen Marineoffizier, der als Abgeordneter die herrschenden Mißstände wiederholt dargelegt hatte, deswegen nicht beförderte, erregte er einen solchen Sturm der Entrüstung, daß er zurücktreten mußte. Die Beratung des Kriegsdienstgesetzes, für welches sich auch die Liberalen erklärten, begann erst im April 1891.

Zur Litteratur: Mohr, Das moderne Holland, Skizzen und Umrisse (Berl. 1888);

W. J. ^[Wilco Julius] van Welderen Rengers, Schets eener parlementaire geschiedenis van Nederland (Haag 1889 ff.).

Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910

Titel
Elemente zu Niederlande:

[12.139] Niederlande Königreich der

Niederlande,

[* 2] Nederland, Königreich der Niederlande, liegt zwischen 50° 45’ und 53° 30’ nördl. Br. und 3° 20’ bis 7° 10’ östl. L. von Greenwich und hat ohne die Meeresteile 32538 qkm. (Hierzu eine Karte: Niederlande.)

Oberflächengestaltung. Fast das ganze Land ist Tiefland und Fortsetzung der großen deutschen Ebene. Der größte Meerbusen an der Nordsee ist der Zuidersee (s. d.), nächst diesem der Dollart (s. d.) und der Lauwerzee an der Nordküste. Die Hauptflüsse des Landes sind der Rhein, die Maas und die Schelde. Außerdem ist das Land von zahlreichen Nebenflüssen durchschnitten, in welche die anliegenden, eingedämmten, durch Entwässerung urbar gemachten Ländereien, die sog. Polder (s. d.), das zuströmende Wasser durch Abzugsgräben und Schöpfräder ableiten.

Von den Landseen war das Haarlemer Meer (s. d.) der größte, ist aber 1848‒53 trocken gelegt worden. Wegen seiner niedrigen Lage ist der größte Teil des Landes unaufhörlich der Gefahr der Überschwemmung ausgesetzt, welche durch jede gewaltige Meeresflut, am meisten aber durch Eisversperrungen in den Flüssen am Ende der Winterzeit hervorgerufen wird. Daher die zahlreichen schrecklichen Verheerungen durch das Wasser, welche in der niederländ. Geschichte verzeichnet sind.

Dänemark

Bild 4.500a: Dänemark
* 62 Dänemark.

Daher aber auch die zahlreichen trefflichen Deiche und Wasserbauwerke, durch welche die niederländ. Ingenieure weltberühmt sind und zufolge deren bedeutende Überschwemmungen denn auch selten geworden sind. (S. die Deichkarte, Bd. 4, S. 881.) Gegen das Meer ist das Land durch die Dünen, eine Reihe natürlicher Sandhügel (welche von Nordfrankreich bis Kap Skagen in Dänemark [* 62] sich erstreckt), und, wo diese unterbrochen ist, durch kostspielige Deiche geschützt.

Das südl. Niederland ist eine Fortsetzung der großen sandigen Heide, die sich von der Ostsee durch Brandenburg, [* 63] Lüneburg [* 64] und Westfalen bis an die Schelde erstreckt, nur durch die fruchtbare Betuwe, das zwischen der Waal und dem eigentlichen Rhein gelegene Land der alten Bataver, unterbrochen wird und sich dann über Nordbrabant ausdehnt. Südwärts erstreckt sich das aus Heide, Sand und Morast bestehende Peel- oder Kempenland bis tief in das ehemalige Bistum Lüttich. [* 65]

Das Klima ist in den höher liegenden südöstl. Gegenden sowie auch in Geldern, Utrecht, Oberyssel und Drenthe gesund, während in Seeland, Holland und Friesland die Unbeständigkeit der Witterung und die stehenden Gewässer Fieberkrankheiten verursachen. Den meisten Landbau haben Seeland und Groningen; schöne Wiesen und Viehweiden giebt es besonders in Holland und Friesland. Die wilde Flora ist fast ganz die des nordwestl. Deutschlands, [* 66] aber durch intensive Kultur sehr zurückgedrängt.

Königreich Sachsen

Bild 14.126a: Königreich Sachsen
* 67 Sachsen.

Bevölkerung. Die Niederlande haben (1892) 4.609.576 (2309547 männl., 2.360.029 weibl.) E., d. i. 141 E. auf 1 qkm, darunter 2.728.125 Protestanten, 1.596.482 Katholiken und 97324 Israeliten. Die ländliche Bevölkerung beträgt 32,2, die städtische (in den 21 Orten mit mehr als 20000 E., namentlich in Holland) 67,8 Proz. Am dichtesten besiedelt sind die beiden Holland, dann Utrecht, Groningen, Limburg; am schwächsten Drenthe. Die Bewohner sind german. Stammes: Franken, Sachsen [* 67] und Friesen.

Eine Berufszählung fehlt. Im Ausland geboren waren (1890) 47888 Personen, darunter 28767 in Deutschland [* 68] und 13697 in Belgien. Der Überschuß der Geburten betrug (1894) 66752; Inländer wanderten aus 1146 (nur nach Nordamerika), im ganzen aber aus holländ. Häfen 15138. Die prot. Bevölkerung gehört zum allergrößten Teile der reform. Kirche an; Lutheraner, Arminianer, Mennoniten, Herrnhuter und andere kleine Religionsparteien zählen zusammen an 533.000 Seelen.

Die Angelegenheiten der Reformierten erhalten durch die Allgemeine Synode, unter welcher 10 Provinzial-Kirchenregierungen und 1347 Kirchspiele stehen, ihre oberste Leitung. Die Katholiken, die in Brabant und Limburg vorwiegen und selbst noch in Nordholland, Geldern, Südholland und Oberyssel ansehnliche Teile der Bevölkerung bilden, machen eine einzige «kirchliche Provinz» aus, die seit 1853 in fünf Diöcesen zerfällt: das Erzbistum Utrecht und die Bistümer Haarlem, Herzogenbusch, Breda und Roermond. Außerdem haben noch die Altkatholiken (Jansenisten, s. d.) ein eigenes Kirchenwesen, dem ein Erzbischof zu Utrecht und zwei Bischöfe zu Haarlem und Deventer vorstehen, obgleich die Zahl derselben in 26 Gemeinden nur 7687 beträgt. Die Israeliten haben im ganzen 178 Gotteshäuser.

Kolonien. Die Niederlande sind als Besitzerin der ostind. Inselwelt eine der wichtigsten Kolonialmächte der Erde, doch ist das Mutterland nicht im stande, seinen Besitz auch wirtschaftlich zu beherrschen. Die ostind. Besitzungen (Näheres s. Niederländisch-Ostindien) bedecken 1,873 Mill. qkm mit rund 36 Mill. E. Westindien [* 69] besteht aus dem Gouvernement Curaçao mit Aruba, Bonaire, St. Martin, Saba und St. Eustatius und aus Niederländisch-Guayana (s. Guayana), d. i. das Gouvernement Surinam mit insgesamt 130.230 qkm und 120.000 E.



Niederlande (Industrie

Bild 62.328: Niederlande (Industrie. Handel)
* 72 Seite 62.328.

Landwirtschaft und Fischerei. [* 70] In einem nach Flächeninhalt so beschränkten und doch stark bevölkerten Küstenlande, das seine Hauptrichtung auf den Seehandel genommen hat, kann die Landeskultur nicht bedeutend sein, dennoch hat sie große Anerkennung erworben. Die Landschaft von Haarlem nach Amsterdam und von Amsterdam nach Utrecht gleicht einem unermeßlichen Garten. [* 71] Die schönsten Teile von Nordholland waren bis zum Anfang des 17. Jahrh. Seen, sind aber in fruchtbares Land verwandelt worden. Noch sind weite Flächen, die als Ried, Moor u. s. w. daliegen (etwa 21 Proz. der Bodenoberfläche), der Landwirtschaft

mehr

bisher nicht nutzbar geworden, namentlich in Drenthe und der Veluwe. Es giebt 582.485 Grundbesitzer mit einem Gesamtbesitz von 3.299.992 ha, darunter aber 412.267 mit Grundstücken, wofür die Grundsteuer weniger als 25 Fl. beträgt. Von den übrigen bezahlen 6882: 1000‒5000 Fl., nur 407 über 5000 Fl. 1891 hatten 96288 Besitzer ihren Boden in eigenem Betrieb, darunter 83405 mit Grundstücken kleiner, 12883 mit Grundstücken größer als 20 ha, dagegen gab es 70145 Pächter, 57594 mit Grundstücken kleiner, 12551 mit Grundstücken größer als 25 ha. Besitzer, welche über 100 ha in Betrieb hatten, gab es 126, Pächter 80. Es werden zwar alle Getreidearten, doch nicht in hinreichender Menge gewonnen.

Viehzucht (Futterverwe

Bild 16.193: Viehzucht (Futterverwertung, Vererbung)
* 73 Viehzucht.

Diese nahmen 1893 eine Fläche von 441.051 ha ein, während für die Kultur von Kartoffeln 151.970, von Buchweizen 38099, Bohnen 38914, Erbsen 24161, Ölfrüchten 7354, Flachs 13529, Runkelrüben 28379, Tabak 617 und Krapp 792 ha in Anspruch genommen wurden. Auch die sehr wichtige Blumenzwiebelkultur erstreckt sich besonders südlich von Haarlem über eine bedeutende Fläche. Die fruchtbarsten Gegenden des Landes aber, die Marschen, eignen sich mehr zur Viehzucht [* 73] als zum Feldbau; 34,5 Proz. des Landes werden durch Wiesen eingenommen, 26,2 Proz. sind Ackerland.

Die Viehzucht und vorzugsweise die Rindviehzucht (1½ Mill. Rinder) [* 74] befriedigt nicht nur sehr reichlich den Bedarf des Landes, sondern gestattet auch eine sehr bedeutende Ausfuhr an Schlachtvieh (jährlich über 200.000 Stück) und besonders an Butter (jährlich etwa 10 Mill. kg) und Käse (jährlich 29 Mill. kg). Pferde [* 75] gab es (1891) 271900; besonders die in Friesland zeichnen sich durch Größe, Stärke [* 76] und Ausdauer aus. Die Schafzucht (810600 Stück) ist nur in den sandigen Gegenden von Gelderland und Drenthe, vorzüglich auf der Insel Texel, beträchtlich.

Bienenzucht (Stöcke mi

Bild 2.908: Bienenzucht (Stöcke mit unbeweglichen Waben)
* 79 Bienenzucht.

Schweinezucht wird stark betrieben (987900 Stück). In den Seedünen halten sich zahllose verwilderte Kaninchen [* 77] auf. Hasen, wildes und zahmes Geflügel sind im Überfluß vorhanden, besonders verschiedene Wad- und Schwimmvögel. [* 78] An der Mündung der Maas brütet der Löffelreiher, die in Deutschland fast ausgerottete Bartmeise ist nicht selten. Die Bienenzucht [* 79] ist auf den Heiden in Geldern und besonders Drenthe nicht unbeträchtlich. Austern, Muscheln, [* 80] Garneelen, alle Sorten See- und Flußfische, namentlich Kabeljau, Schellfisch, Stint, Butten, Schollen, Lachs, Aal, Anchovis und Heringe, sind in Menge an den Küsten, in den Flüssen und Binnengewässern vorhanden.

Holywood - Holz

Bild 8.668: Holywood - Holz
* 81 Holz.

Sehr wichtig ist daher die Fischerei, in der im J. 1894: 5151 Boote mit 17286 Mann beschäftigt waren. Allein der Heringsfang hatte 5,6 Mill. Fl. Wert. Austern wurden 18,6 Mill. Stück gewonnen. Auf Flüssen ist besonders bedeutend der Lachsfang; auf dem Markt zu Kralingen bei Rotterdam wurden (1892) 65481 Lachse verkauft. Ausgeführt wurden 1892 an frischem Fisch 3.571.000 kg (2410000 nach Belgien, 540.000 kg nach Deutschland), 333.107 Tonnen gesalzene Heringe (276353 nach Deutschland), gesalzene Kabeljaus 83000, gedörrte Stockfische 18 Mill., Garneelen 2,3 Mill. (nach England 2,1 Mill.), Austern 1 Mill. (1890 sogar 4,2 Mill.), Anchovis etwa 70 Mill. Stück. – Den Mangel an Holz [* 81] ersetzt der Torf, welcher namentlich in Holland, Friesland und Drenthe in Menge gegraben wird. Die wichtigsten Mineralien [* 82] sind Seesalz, Thon und Pfeifenerde. Der Pietersberg bei Maastricht versorgt das Land mit Bausteinen. ^[]

Industrie. Außer in einigen Gruben zu Limburg finden sich keine Steinkohlen. Besonders wegen dieses Mangels ist die Industrie nicht sehr bedeutend und sogar nicht im stande, die eigenen Kolonien zu versorgen. Berühmt sind die Segeltuchfabriken und die Werkstätten für Tauwerk in Rotterdam, Amsterdam, Gouda. Vorzügliche Leinenwaren werden in Leiden und Brabant fabriziert. In der Tuchfabrikation, mit deren Erzeugnissen die Niederlande einst das stärkste Geschäft in Europa [* 83] machten, sind dieselben von Belgien längst überflügelt; doch liefern Leiden, Delft, Utrecht, Tilburg, Maastricht und Roermond immer noch ausgezeichnete Waren.

Auch die Baumwollmanufaktur hat sich seit 1830 mehr entwickelt, namentlich in Nord- und Südholland, Brabant und besonders in Oberyssel. Altberühmt ist die Lederfabrikation, und vorzüglich liefern Amsterdam und Maastricht das beste Sohlenleder. Ansehnlich ist die Seifenfabrikation (91 Betriebe). Porzellan liefert nur Amsterdam, Delft dagegen hat gute Fayencefabriken, und Gouda ist noch immer bekannt durch seine, freilich in der jüngern Zeit von der Cigarre stark aus dem Gebrauche zurückgedrängten holländ. Thonpfeifen.

Papiermühlen bestehen besonders bei Zaandam und in der Veluwe. Auf dem Betriebe des Seehandels beruht hauptsächlich der starke Absatz der 514 Branntwein-, namentlich der Wacholder- oder Geneverbrennereien; Schiedam allein hat deren über 300, doch ist hier diese Industrie in der letzten Zeit stark zurückgegangen. Außerdem sind mit dem Seehandel verknüpft die großen Tabakfabriken, besonders zu Amsterdam und Rotterdam, die Stearinkerzenfabriken zu Gouda, Amsterdam und Schiedam und die 30 Zuckerfabriken. Großen Aufschwung nimmt die Kakaofabrikation. Brauereien bestehen 514.

Niederländer Band - Ni

Bild 62.338: Niederländer Band - Niederländische Eisenbahnen
* 84 Niederländische.

Handel. Seit fünf Jahrhunderten findet die Industrie der Niederlande ihren Mittelpunkt im Seehandel. Zur Beförderung dieses Zwecks wurde für den ind. Handel 1824 die königl. Niederländische [* 84] Handelsgesellschaft (Matschappij) gestiftet, welche als ausschließlicher Agent der Regierung alle Produkte der Regierungskulturen (s. Java) in Indien auf den europ. Märkten zu verkaufen hat. Andere große Aktiengesellschaften sind die Deli-Gesellschaft, welche in Deli (Ostsumatra) höchst bedeutende Tabakpflanzungen hat, die Billiton-Gesellschaft, welche die Zinnbergwerke Billitons in Betrieb hat, die Afrikanische Gesellschaft u. s. w. Außer zahlreichen Versicherungsgesellschaften befördert die Niederländische Bank (s. d.), eine der wichtigsten Kreditanstalten Europas, den Verkehr.



Niederlande (Verfassun

Bild 62.329: Niederlande (Verfassung und Verwaltung. Finanzen)
* 87 Seite 62.329.

Die Niederlande haben Freihandel; es bestehen nur einige niedrige Zölle fiskalischen Charakters. Man berechnet den Wert der Einfuhr zum Verbrauch auf (1894) 1461, den der Ausfuhr eigener Erzeugnisse auf 1115 Mill. Fl.; sehr bedeutend ist auch die Durchfuhr von und nach Belgien und Westdeutschland. Die wichtigsten Einfuhrwaren sind Getreide und Mehl [* 85] (für 260 Mill. Fl.), Spezereien (203), Eisen und Stahl (135), Textilwaren (85), Kupfer [* 86] (48), Kohlen (44), Zucker (41), Reis (36), Kaffee (34), Holz (33), Sämereien (27) und Margarine (für 21 Mill. Fl.). In der Ausfuhr stehen obenan Spezereien (für 133 Mill. Fl.), Getreide u. s. w. (133), Eisen und Stahl (92), Textilwaren (86), Margarine (50), Kupfer (46), Zucker (44), Gemüse (22), Papier (21) und Felle (für 18 Mill. Fl.). Die wichtigsten Verkehrsländer (Werte in Millionen Gulden) zeigt folgende Tabelle (1894):

mehr
Verkehrs­länder Einfuhr Ausfuhr
Deutsch­land 287 557
Groß­britannien 246 260
Belgien 161 155
Nieder­län­disch-Ostindien 225 54
Verein. Staa­ten 132 22
Brit.-­Ostindien 44 1
Ruß­land 175 5
Rumänien 34
Spanien 29 1
Frank­reich 22 12
Andere Länder 91 48

Auf Genuß- und Nahrungsmittel [* 88] entfallen 440 Mill. Fl. in der Einfuhr, 384 in der Ausfuhr, auf Rohstoffe 526 und 366, auf Fabrikate 239 und 237, auf Edelmetalle 14 und 3, auf verschiedene Waren 241 und 125 Mill. Fl. Die bedeutendsten Handelsplätze sind Amsterdam und Rotterdam, dann folgen Vlissingen, Terneuzen, Harlingen, Dordrecht, Schiedam, Delfzijl. Im ganzen liefen (1894) 9048 Schiffe mit Ladung, 705 mit Ballast ein mit zusammen 19,56 Mill. cbm Tonnengehalt. Holländ. Flagge führten 2817 Schiffe. Die Handelsflotte zählte Ende 1894: 424 Segler und 157 Dampfer. Der Küstenverkehr ist unbedeutend. Für den innern Verkehr sind neben den Landstraßen (12024 km) und den Eisenbahnen (s. Niederländische Eisenbahnen) die schiffbaren Flüsse (etwa 4800 km) und das dichte Kanalnetz von 3067 km. Postbureaus bestehen 1277, die Telegraphen [* 89] sind nur zum Teil staatlich (Drahtlänge 19467 km).

Verfassung und Verwaltung. Das Königreich ist nach dem 1840, 1848, 1887 und zuletzt 1896 revidierten Grundgesetz vom 24. Aug. 1815 eine eingeschränkte konstitutionelle Monarchie. Die Krone ist erblich in dem Hause des ersten Königs Wilhelm Ⅰ. dergestalt, daß immer die ältere Linie vor der jüngern, die männliche vor der weiblichen geht. Beim Erlöschen des Mannsstammes folgen zuerst die Töchter des zuletzt gestorbenen Königs; darauf nach dem Verwandtschaftsgrade seine übrigen weiblichen Verwandten oder ihre Nachkommen, die männlichen vor den weiblichen.

Die Zahl der Mitglieder der Zweiten Kammer ist nach dem Grundgesetz auf 100, die der Ersten auf 50 fixiert. Erstere werden direkt durch die Wähler, letztere aus den Höchstbesteuerten und den durch amtliche Stellung Ausgezeichneten gewählt durch die Provinzialstaaten. Das Grundgesetz macht das Wahlrecht von gewissen, durch das neue Wahlgesetz, das 19. Juni 1896 von der Zweiten Kammer angenommen wurde, näher bestimmten Bedingungen, die Fähigkeit und den Wohlstand der Wähler betreffend, abhängig (s. unten, Geschichte). Dem König steht ein verantwortliches Ministerium zur Seite. Außerdem giebt es einen Staatsrat, eine Allgemeine Rechnungskammer, einen Obersten Gerichtshof (Hooge Raad) und einen Obermilitärgerichtshof zu Utrecht.

Die 11 Provinzen sind folgende:

Provinzen qkm Einw. 1894
Nordbrabant 5128 528.718
Drenthe 2663 139.148
Fries­land 3320 337.765
Geldern 5081 534.737
Gronin­gen 2298 285.780
Nordhol­land 2770 906.136
Südhol­land 3022 1.041.865
Lim­burg 2204 268.592
Oberyssel 3345 310.299
See­land 1785 207.228
Utrecht 1384 235.378

An der Spitze der Provinzialverwaltung steht der von der Staatsregierung ernannte königl. Kommissar, der neben sich die Provinzialstaaten und einen ständigen Ausschuß aus denselben hat. Auch in den Gemeinden wird der Bürgermeister von der Staatsregierung ernannt, der mit dem Gemeinderat die Verwaltung leitet. Die Wahlberechtigung für die Gemeinderäte und Provinzialstaaten ist von denselben Bedingungen abhängig als die für die Zweite Kammer der Generalstaaten. ^[]

Löwe (Tier)

Bild 10.936: Löwe (Tier)
* 90 Löwen.

Die Gerichtspflege wird ausgeübt von 106 Kantonalgerichten, 23 Distriktstribunalen, 5 Obergerichten und dem Kassationshof (Hooge Raad) im Haag. Die 31 Gefängnisse beherbergten (1892) 2209, die Detentionshäuser 716 Personen. Die Polizei zerfällt in die staatliche Gendarmerie, die Reichs- und die Gemeindepolizei. Das Wappen zeigt den gekrönten goldenen Löwen [* 90] der Dynastie Nassau im blauen, mit goldenen Schindeln bestreuten Felde; in den Branken hält der Löwe ein Schwert und ein Pfeilbündel. Schildhalter sind zwei gekrönte Löwen,stehend auf einem blauen Bande mit der Devise «Je maintiendrai». Das Ganze deckt die Königskrone. Die Landesfarben sind Rot, Weiß, Blau. (S. Tafel: Flaggen [* 91] der Seestaaten, Bd. 6, S. 862.) Niederländ. Ritterorden sind der Militär-Wilhelmsorden (s. Wilhelmsorden), der Orden [* 92] vom Niederländischen Löwen (s. Löwenorden) und der Orden von Oranien-Nassau (s. d.).

[* 87] ^[Abb. Wappen [* 93] der Niederlande]

Finanzen. Die jetzige Staatsschuld der Niederlande stammt erst aus der Zeit der Batavischen Republik, indem infolge der Bestimmungen des Grundgesetzes von 1798 alle Schulden sowohl der Generalstaaten als der unterschiedenen Provinzen der ehemaligen Republik der Vereinigten [* 94] Niederlande zu einer einzigen nationalen Staatsschuld vereinigt wurden. Zur Zeit der franz. Nebenherrschaft wurde 1810 die Rente auf ein Drittel herabgesetzt. Bei der Wiederherstellung des niederländ. Staates ward nun, wie bis jetzt nur ein Drittel der Rente gezahlt war, so fürs erste nur ein Drittel der Schuld als wirkliche zinstragende, die übrigen zwei Drittel als aufgeschobene (uitgestelde) Schuld anerkannt; jährlich sollten nun 2 Millionen der wirklichen Schuld abgetragen und ebenso viele von der aufgeschobenen an ihre Stelle treten. Höchst bedenklich ward die Finanzlage um 1840 infolge schlechter Verwaltung, insbesondere aber des langjährigen Kriegszustandes gegenüber Belgien. Die energische Maßregel van Halls (1843) und die darauf folgende treffliche Verwaltung brachten durchgreifende Besserung. Von 1850 bis 1889 minderte sich die Schuld um 155,8 Mill. Fl. Das Budget für 1896 zeigt folgende Zahlen (in Millionen Gulden):

Einnahmen

Grundsteuer 11,91
Personalsteuer 11,71
Kapitalsteuer 6,87
Einkom­mensteuer 4,52
Accise auf Spirituo­sen und anderes 42,40
Stempel, Erbsteuer u. s. w. 19,82
Zölle 5,81
Domä­nen 2,36
Post und Telegraph 9,23
Lot­sen­gelder 1,40
Ei­senbah­nen 3,95
Verschiedenes 8,39

Ausgaben

Königl. Haus 0,80
Kabi­nett 0,67
Ministerium des Auswär­ti­gen 0,83
Justiz 5,35
In­neres 13,87
Marine 15,76
Krieg 23,79
Staats­schuld 35,02
Finanzen 19,41
Kolonien 1,40
Öffent­liche Arbei­ten 21,40
Un­vorhergesehenes 0,05

Fortsetzung Niederlande: → Seite 62.330 || Für die ostind. Kolonien besteht ein besonderes Budget. Im ganzen stehen nach dem Voranschlag